Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.421/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_421/2008

Urteil vom 6. November 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Müller,
Toggenburgerstrasse 61, 9500 Wil,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
16. April 2008.

Sachverhalt:

A.
A.________, geboren 1959, ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern (geboren
1985 und 1987). Nach dem Besuch der Schulen und dem Abschluss einer
Verkäuferinnenlehre zog sie im 20. Lebensjahr aus dem Kosovo zu ihrem Vater in
die Schweiz. Abgesehen von den Jahren 1985 bis 1988 war A.________ seit ihrer
Einwanderung in die Schweiz praktisch immer vollzeitlich erwerbstätig, zuletzt
vom 29. Juli 2002 bis 30. Juni 2004 (letzter Arbeitstag) als
Betriebsmitarbeiterin im Auslieferungslager der Firma X.________ AG. Diese
Arbeitsstelle verlor sie wegen seit Januar 2004 anhaltender Arbeitsunfähigkeit
im Umfang von 50 bis 100 %. Am 16. November 2004 meldete sich die perfekt
Schweizerdeutsch sprechende Versicherte bei der IV-Stelle des Kantons Thurgau
infolge seit Dezember 2003 bestehender Beschwerden zum Bezug einer
Invalidenrente an. Nach verschiedenen Abklärungen, insbesondere einer
polydisziplinären Begutachtung in der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS)
Y.________ (MEDAS-Gutachten vom 9. Januar 2006), sprach die IV-Stelle der
Versicherten mit Verfügungen vom 13. Juni 2007 für die befristete Dauer vom 1.
Januar bis 30. November 2005 eine ganze Invalidenrente zu.

B.
Dagegen liess A.________ beschwerdeweise beantragen, die Verfügungen vom 13.
Juni 2007 seien insofern aufzuheben, als diese zeitlich bis zum 30. November
2005 befristet seien. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, der Versicherten
rückwirkend ab Dezember 2005 eine halbe Invalidenrente auszurichten.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2008 drohte das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau A.________ eine reformatio in peius an und bot ihr Gelegenheit zum
Beschwerderückzug. Die Versicherte hielt an ihrer Beschwerde fest, worauf das
kantonale Gericht androhungsgemäss die Verfügungen der IV-Stelle vom 13. Juni
2007 mit der Feststellung aufhob, dass A.________ für die Zeit vom 1. Januar
bis 30. November 2005 keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe. Im Übrigen
wies die Vorinstanz die Beschwerde ab (Entscheid vom 16. April 2008).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihr sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids für die
Dauer vom 1. Januar bis 30. November 2005 eine ganze Invalidenrente zu
gewähren.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1
BGG) und prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden.
Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem
Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
Die Beschwerdeführerin beantragt letztinstanzlich einzig, ihr sei unter
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheids für die Dauer vom 1. Januar bis 30.
November 2005 eine ganze Invalidenrente zu gewähren. Nach der Bindungswirkung
an das Rechtsbegehren der beschwerdeführenden Partei (Art. 107 Abs. 1 BGG)
steht die Befristung der von der IV-Stelle ursprünglich für die Dauer vom 1.
Januar bis 30. November 2005 zugesprochenen ganzen Invalidenrente nicht mehr
zur Diskussion. Hatte die Versicherte im kantonalen Beschwerdeverfahren noch
beantragt, die Verfügungen vom 13. Juni 2007 seien "insofern aufzuheben, als
sie zeitlich bis zum 30. November 2005 befristet sind" (Rechtsbegehren Ziff.
1), und die IV-Stelle sei "zu verpflichten, der Beschwerdeführerin rückwirkend
per 4. November 2005 (Auszahlung ab dem 1. Dezember 2005) eine halbe
Invalidenrente zu gewähren" (Rechtsbegehren Ziff. 2), verzichtete sie im
letztinstanzlichen Beschwerdeverfahren auf die Erneuerung dieser Anträge.

3.
Strittig und hienach zu prüfen bleibt demnach einzig, ob die Vorinstanz zu
Recht im Wege der reformatio in peius die von der Verwaltung verfügte
befristete Invalidenrente ersatzlos aufgehoben hat.

4.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zu den Begriffen der
Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG), der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der
Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie zum
Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG), zur Ermittlung des
Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG)
und zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nach Ablauf der einjährigen Wartefrist
(Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die
Ausführungen über den Beweiswert und die Beweiswürdigung medizinischer Berichte
und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.

5.
5.1 Die IV-Stelle ging gestützt auf die Ergebnisse der MEDAS-Begutachtung davon
aus, seit der interdisziplinären Schlussbesprechung vom 4. November 2005 sei
der Beschwerdeführerin die Ausübung einer wechselbelastenden, leichten bis
mittelschweren Tätigkeit trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen ohne
Einschränkungen zumutbar. Demzufolge hätte sie seither die gemäss den
medizinischen Unterlagen als leidensangepasste Tätigkeit eingestufte, zuletzt
ausgeübte Beschäftigung als Lageristin im Grosshandel der X.________ AG bei
voller Arbeitsfähigkeit verrichten können. Die ganze Invalidenrente sei somit
nach Ablauf der einjährigen Wartezeit nur für die Dauer vom 1. Januar bis 30.
November 2005 befristet auszurichten.

5.2 Demgegenüber verneinte das kantonale Gericht, dass es im November 2005 zu
einer Verbesserung des Gesundheitszustandes gekommen sei. Zwar habe der
behandelnde Hausarzt Dr. med. J.________ der Versicherten in der angestammten
Tätigkeit ab 20. Januar 2004 eine Arbeitsunfähigkeit im Ausmass zwischen 50 und
100 % attestiert (ab 11. Februar 2004 eine anhaltende volle
Arbeitsunfähigkeit). Doch habe der Hausarzt keine vom MEDAS-Gutachten
abweichende Diagnose zu stellen vermocht. Erste Anzeichen für eine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes seien erst ab Ende 2006 erkennbar.
Sei für den Zeitraum von Januar 2005 bis gegen Ende 2006 keine erhebliche
Veränderung des Gesundheitszustandes ausgewiesen, so sei gestützt auf die
Zumutbarkeitsbeurteilung des MEDAS-Gutachtens mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin
nicht erst ab 4. November 2005, sondern bereits ab Januar 2005 die Ausübung der
als leidensangepasst geltenden angestammten Tätigkeit ohne Einschränkungen
zumutbar gewesen war. Die IV-Stelle habe der Versicherten folglich zu Unrecht
für die Dauer vom 1. Januar bis 30. November 2005 eine befristete ganze
Invalidenrente zugesprochen.

5.3 Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt. Gemäss abschliessender Beurteilung laut
MEDAS-Gutachten (S. 24) sei der Versicherten "die zuletzt ausgeübte Tätigkeit
als Lageristin im Grosshandel [...] voll zumutbar; es [habe] sich hier um eine
wechselbelastende, vorwiegend stehend-gehende Tätigkeit ohne Heben von schweren
Lasten gehandelt." Nach den anamnestischen Angaben der Beschwerdeführerin - wie
sie im MEDAS-Gutachten (S. 13) und im psychiatrischen MEDAS-Teilgutachten (S.
2) des Dr. med. M.________ korrekt erfasst und wiedergegeben worden seien -
stehe jedoch fest, dass die angestammte Tätigkeit als "schwere Lagerarbeit" zu
qualifizieren sei. Aufgabe der Versicherten sei es gewesen, die
Grossbestellungen von Waren auf Paletten zusammen zu tragen und einzupacken.
Dabei habe sie zwischen den Gestellen hin- und hergehen und sehr oft schwere
Pakete tragen müssen. Sie habe bis zu zwanzig Kilogramm schwere Palette
transportieren und zwischendurch auch noch Putzarbeiten verrichten müssen. Es
habe sich um eine sehr anstrengende Tätigkeit gehandelt. Die zuletzt im Lager
der X.________ AG ausgeübte Beschäftigung sei entgegen dem MEDAS-Gutachten den
leidensbedingten Einschränkungen nicht angepasst gewesen. Das kantonale Gericht
habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt, soweit es
betreffend Tätigkeit für die X.________ AG auf die Zumutbarkeitsbeurteilung
gemäss MEDAS-Gutachten abgestellt habe. Denn diese Beurteilung beruhe -
tatsachenwidrig - auf der Annahme, die angestammte Arbeitsstelle habe sich
durch ein angeblich leidensangepasstes Anforderungsprofil ausgezeichnet. Die
Einschätzung der Arbeitsfähigkeit des behandelnden Hausarztes stimme - nur,
aber immerhin - insofern mit den Schlussfolgerungen der MEDAS-Gutachter vom 4.
November 2005 überein, als auch er von einer vollen Arbeitsfähigkeit in Bezug
auf eine - allerdings nur leichte - leidensangepasste Tätigkeit ausgehe. Er
habe der Beschwerdeführerin jedoch hinsichtlich der schweren angestammten
Tätigkeit ab 11. Februar 2004 eine anhaltende volle Arbeitsunfähigkeit
attestiert.

6.
6.1 Zunächst ist festzuhalten, dass weder IV-Stelle noch Vorinstanz die
dargelegten Einwände der Versicherten bestritten haben. Sodann steht fest, dass
die Beschwerdeführerin die angestammte Tätigkeit im Lager des
Grosshandelsbetriebes der X.________ AG gemäss Kündigungsschreiben vom 26.
April 2004 aus gesundheitlichen Gründen per 30. Juni 2004 verlor. Auf die Frage
der IV-Stelle nach der zumutbaren Arbeitsfähigkeit in einer alternativen
adaptierten Tätigkeit vertrat der behandelnde Dr. med. J.________ laut Bericht
vom 1. Dezember 2004 zwar die Auffassung, eine wechselbelastende leichte Arbeit
ohne körperliche Anstrengungen könnte der Versicherten eventuell in einem
späteren Zeitpunkt ganztags zumutbar sein. Doch attestierte er aktuell eine
volle Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf die noch im Dezember 2004
bevorstehende operative Sanierung im proktologischen Bereich. Auch die
behandelnden Ärzte des Kantonsspitals Z.________ brachten mit Bericht vom 22.
März 2005 angesichts des damals noch nicht erreichten Endzustandes der
Erkrankung und der diagnostizierten sensiblen Hemisymptomatik rechts sowie des
chronischen Schmerzsyndroms rechts mit Cerviko-Brachialgie, Lumboischialgie und
Knieschmerzen zum Ausdruck, dass "die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit [...]
nur im Rahmen eines multidisziplinären Gutachtens (MEDAS) möglich" sei.
Aktenkundig fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die von den MEDAS-Gutachtern
anamnestisch erhobenen Angaben der Beschwerdeführerin zum Anforderungsprofil
der angestammten Tätigkeit mit Blick auf ihre zuletzt ausgeübte Arbeit im Lager
der X.________ AG nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprachen. Die
Aussage der MEDAS-Gutachter, wonach es sich bei der angestammten Tätigkeit um
eine leidensangepasste Beschäftigung gehandelt habe, steht somit in einem
unauflösbaren Widerspruch zu der von ihnen selber erhobenen Berufsanamnese,
welcher zufolge die Versicherte sehr häufig schwere Pakete tragen und zwanzig
Kilogramm schwere Palette transportieren musste. Soweit die Vorinstanz gestützt
auf das MEDAS-Gutachten davon ausging, die angestammte, angeblich
leidensangepasste Tätigkeit sei der Beschwerdeführerin nicht erst seit 4.
November 2005, sondern schon ab 1. Januar 2005 uneingeschränkt zumutbar
gewesen, hat sie den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Denn
eine zuverlässige Feststellung der trotz gesundheitlicher Einschränkungen
medizinisch begründeten Zumutbarkeit einer leidensangepassten Tätigkeit war
erst ab dem Zeitpunkt der Schlussbesprechung der MEDAS-Gutachter vom 4.
November 2005 möglich.

6.2 Unklar ist zudem, ob am angestammten Arbeitsplatz die gemäss
MEDAS-Gutachten zusätzlich zu beachtenden einschränkenden Voraussetzungen
erfüllt waren. Denn soweit der Beschwerdeführerin angesichts ihrer
gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemäss MEDAS-Gutachten (S. 24) - nur, aber
immerhin - die Ausübung einer wechselbelastenden, körperlich leichten bis
mittelschweren Tätigkeit voll zumutbar war, sollte der Anteil mittelschwerer
Arbeiten aus medizinischen Gründen nicht mehr als 50 % des Gesamtpensums
betragen. Zudem litt die Versicherte zeitweise bei körperlicher Anstrengung
respektive Stress unter einer Stuhlinkontinenz. Ein zumutbarer Arbeitsplatz
muss nach dem MEDAS-Gutachten demzufolge so gestaltet sein, dass die
Beschwerdeführerin bei Bedarf rasch eine Toilette aufsuchen kann. Die
Versicherte könne nicht in ein Team eingespannt werden, bei welchem plötzliche
Pausen unmöglich seien.

6.3 Die zuletzt genannten einschränkenden Arbeitseinsatzbedingungen beruhen auf
Restbeschwerden bei einem Status nach vierfacher Analfistelexzision (1988, im
März und November 2003 sowie im März 2004), nach Hämorrhoidalleiden mit Beginn
nach der Schwangerschaft 1985 mit mehreren Sklerosierungen, nach
Harninkontinenzoperation (2000) sowie nach lateraler Levatorplastik beidseits
und perinealer Levatorplastik am 15. Dezember 2004. Zwar konnten laut
MEDAS-Gutachten die proktologischen und gynäkologisch-urologischen Probleme
operativ recht erfolgreich angegangen werden, so dass organisch nur geringe
Befunde zurück blieben. Immerhin litt die Versicherte seit der Operation vom
15. Dezember 2004 an Schmerzen im Perianalbereich. Stuhlinkontinenz war
vermeidbar, sofern sie ihren Alltag geordnet, regelmässig und stressfrei
einrichten konnte. Sie müsse eine Einlage tragen, da gelegentlich etwas Stuhl
abgehe. Wenn sie zur Toilette müsse, müsse es rasch gehen, dann müsse eine
Toilette in der Nähe sein. Dr. med. M.________ hielt im psychiatrischen
MEDAS-Teilgutachten fest, obwohl die Beschwerdeführerin weder depressiv noch
ängstlich wirke, habe sie offenbar wegen der relativen Stuhlinkontinenz ein
gewisses soziophobes Verhalten entwickelt, was bei der somatischen Beurteilung
zu würdigen sei. Trotz dieser neben einem chronischen und therapierefraktären
Schmerzzustand im Lumbal- und Gesässbereich verbleibenden Restbeschwerden nach
zahlreichen operativen Eingriffen gelangten die MEDAS-Gutachter
nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend zur Auffassung, die relativ junge,
intelligente und gut integrierte Versicherte verfüge über genügend Ressourcen,
um unter den dargelegten Einschränkungen (E. 6.2 hievor) ab 4. November 2005
eine leidensangepasste Tätigkeit zumutbarerweise bei voller Leistungsfähigkeit
ausüben zu können.

6.4 Diese Zumutbarkeitsbeurteilung stand gemäss MEDAS-Gutachten unter dem
ausdrücklichen zeitlichen Vorbehalt der Gültigkeit ab 4. November 2005. Indem
die Vorinstanz auch hinsichtlich der weiter zurück liegenden Zeit von einer
unveränderten vollen Arbeitsfähigkeit bereits ab 1. Januar 2005 ausging, hat
sie den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Denn erst am 15.
Dezember 2004 war der operative Eingriff einer beidseitigen Levatorenplastik
und eines Rektozelenverschlusses durchgeführt worden. Und obwohl anlässlich der
Kontrolluntersuchung vom 25. Januar 2005 über ein grundsätzlich erfreuliches
Ergebnis berichtet werden konnte, blieb im Bereich des operativen Eingriffes
eine Schmerzhaftigkeit zurück. Zudem litt die Beschwerdeführerin darüber hinaus
anhaltend an einer relativen situationsabhängigen Stuhlinkontinenz, welche aus
medizinischer Sicht als einschränkender Faktor bei der Zumutbarkeit einer
leidensangepassten Tätigkeit auch nach dem 25. Januar 2005 zu berücksichtigen
war.

6.5 Soweit die IV-Stelle mit Verfügungen vom 13. Juni 2007 auf die ab 4.
November 2005 gültige Zumutbarkeitsbeurteilung des MEDAS-Gutachtens in Bezug
auf eine leidensangepasste Tätigkeit abgestellt und der Beschwerdeführerin für
die befristete Dauer vom 1. Januar bis 30. November 2005 eine ganze
Invalidenrente zugesprochen hat, ist dies im Rahmen der im letztinstanzlichen
Verfahren zu beachtenden Bindungswirkung an die Rechtsbegehren der
beschwerdeführenden Partei (E. 2 hievor) nicht zu beanstanden. Demgegenüber
kann nach dem Gesagten an der auf einer offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellung beruhenden reformatio in peius gemäss angefochtenem
Entscheid nicht festgehalten werden.

7.
7.1 Die Beschwerdeführerin obsiegt vor Bundesgericht insoweit, als die
vorinstanzliche reformatio in peius im Sinne der Dispositiv-Ziffer 1 des
angefochtenen Entscheids aufzuheben ist. Damit bleibt es bei der von der
IV-Stelle für die befristete Dauer vom 1. Januar bis 30. November 2005
ursprünglich zugesprochenen ganzen Invalidenrente, welche die Versicherte im
vorinstanzlichen Verfahren nach Androhung der reformatio in peius durch
Beschwerderückzug hätte beibehalten können. Das letztinstanzliche
Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin beschränkt sich auf das, was ihr vor
Beschwerdeerhebung im kantonalen Verfahren ohnehin bereits zustand. Mit Blick
auf den - im Vergleich zum vorinstanzlichen Verfahren - vor Bundesgericht
eingeschränkten Antrag in der Sache hätte das kantonale Gericht die Beschwerde
abweisen müssen. Die Auferlegung der Gerichtskosten für das kantonale
Beschwerdeverfahren gemäss Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids ist
somit nicht zu beanstanden.

7.2 Vor Bundesgericht sind die Gerichtskosten in der Regel der unterliegenden
Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG), wobei unnötige Kosten zu bezahlen
hat, wer sie verursacht (Art. 66 Abs. 3 BGG). Die Versicherte hat das
vorliegende Verfahren und die damit verbundenen Kosten unnötig verursacht. Es
wäre vermeidbar gewesen, hätte sich die Beschwerdeführerin schon nach Androhung
der reformatio in peius im vorinstanzlichen Verfahren zum Beschwerderückzug
entschlossen. Statt dessen verhielt sie sich widersprüchlich, indem sie
zunächst vor kantonalem Gericht an ihrem weitergehenden Rechtsbegehren
festhielt, dieses dann aber doch im letztinstanzlichen Verfahren einschränkte
und nur noch diejenigen Rentenleistungen forderte, welche das kantonale Gericht
zuvor im Wege der angedrohten reformatio in peius aufgehoben hatte. Aus diesen
Gründen sind die Kosten des unnötigen letztinstanzlichen Beschwerdeverfahrens
(vgl. THOMAS GEISER, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar
zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 22 zu Art. 66) der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, als Dispositiv-Ziffer
1 des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 16. April
2008 aufgehoben wird.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau,
der Ostschweizerischen AHV-Ausgleichskasse für Handel und Industrie und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. November 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Widmer Hochuli