Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.375/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_375/2008

Urteil vom 14. Juli 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Parteien
M.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 20.
März 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1959 geborene M.________ war seit 15. Oktober 1998 bei der Firma G.________
AG angestellt gewesen und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) u.a. gegen die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen versichert. Am 20. Januar 1999 wurde er als Lenker eines
Personenwagens in eine Auffahrkollision verwickelt, als ihn, vor einem
Fussgängerstreifen stehend, ein Fahrzeug von hinten rammte. Die Ärzte des
Kantonsspitals X.________, in welches M.________ infolge heftiger
Nackenschmerzen mit der Ambulanz verbracht worden war, diagnostizierten eine
Distorsion der Halswirbelsäule (HWS). Die SUVA gewährte Heilbehandlung und
richtete ein Taggeld aus. Nachdem sie weitere medizinische Abklärungen getätigt
hatte, verfügte sie am 16. August 2004 die Einstellung der Leistungen auf Ende
August 2004 mit der Begründung, die noch geklagten Beschwerden stünden nicht
(mehr) in einem rechtserheblichen Zusammenhang zum versicherten Ereignis. Die
dagegen erhobene Einsprache hiess der Unfallversicherer insofern teilweise gut,
als er die gesetzlichen Leistungen auch für die Zeit des stationären
Aufenthalts in der Rehaklinik Y.________ vom 6. September bis 4. Oktober 2001
zuerkannte; im Übrigen wurde die Rechtsvorkehr abgewiesen (Einspracheentscheid
vom 19. April 2007).

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern mit Entscheid vom 20. März 2008 ab.

C.
M.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die
Gewährung der ihm zustehenden Unfallversicherungsleistungen.

Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer über den 31. August 2004
hinaus Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung hat.

2.1 Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die Bestimmungen über
den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs.
1 UVG [in Verbindung mit Art. 4 ATSG]) und die einzelnen Leistungsarten im
Besonderen (Art. 10 Abs. 1 UVG [Heilbehandlung], Art. 16 Abs. 1 UVG [Taggeld])
richtig wiedergegeben. Gleiches gilt für die Grundsätze über den für einen
Leistungsanspruch nebst anderem vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod;
BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen). Ebenfalls zutreffend dargelegt ist
die Rechtsprechung über den im Weiteren erforderlichen adäquaten
Kausalzusammenhang. Danach spielt im Sozialversicherungsrecht die Adäquanz als
rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen Kausalzusammenhang
ergebenden Haftung des Unfallversicherers im Bereich organisch objektiv
ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da sich hier die adäquate
weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt (BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103
mit Hinweisen). Anders verhält es sich bei natürlich unfallkausalen, aber
organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerden. Hier ist bei der
Beurteilung der Adäquanz vom augenfälligen Geschehensablauf auszugehen, und es
sind je nachdem weitere unfallbezogene Kriterien einzubeziehen (BGE 117 V 359
E. 6 S. 366 ff. und 369 E. 4 S. 382 ff., 115 V 133 E. 6 S. 138 ff.). Bei
psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall werden diese Adäquanzkriterien unter
Ausschluss psychischer Aspekte geprüft (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), während
bei Schleudertraumen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 367; vgl. auch E. 2.2.2 hiernach)
und äquivalenten Verletzungen der HWS (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67, E. 2) sowie
Schädel-Hirntraumen (BGE 117 V 369 E. 4b S. 383) auf eine Differenzierung
zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet wird (vgl. zum
Ganzen ferner BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 und SVR 2007 UV Nr. 8 S. 27, E. 2.1
und 2.2, U 277/04, je mit Hinweisen).
2.2
2.2.1 Zu ergänzen ist, dass sich an den Prinzipien zu dem für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten
natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang mit Inkrafttreten des ATSG auf den
1. Januar 2003 nichts geändert hat (RKUV 2005 Nr. U 555 S. 322, E. 1 in fine, U
458/04; Urteil U 161/06 vom 19. Februar 2007, E. 3.1). Keine
materiellrechtliche Änderung beinhaltet auch der redaktionell neu gefasste
Unfallbegriff des Art. 4 ATSG (RKUV 2004 Nr. U 530 S. 576, E. 1.2, U 123/04).
Für die Frage des intertemporal anwendbaren Rechts ist somit nicht von Belang,
dass der dem hier zu beurteilenden Sachverhalt zu Grunde liegende Unfall vom
20. Januar 1999 datiert, der Fallabschluss durch die Beschwerdegegnerin (auf
Ende August 2004) und der für die richterliche Überprüfungsbefugnis in
zeitlicher Hinsicht relevante Erlass des Einspracheentscheids (vom 19. April
2007) aber erst nach Inkrafttreten des ATSG ergingen (vgl. BGE 130 V 318, 329
und 445).
2.2.2 Anzufügen bleibt im Weiteren, dass das Bundesgericht jüngst die
sogenannte Schleudertrauma-Praxis in zweierlei Hinsicht präzisiert hat: Zum
einen wurden die Anforderungen an den Nachweis einer natürlich unfallkausalen
Verletzung, welche die Anwendung dieser Praxis bei der Prüfung des adäquaten
Kausalzusammenhangs rechtfertigt, erhöht. Zum anderen wurden die Kriterien,
welche abhängig von der Unfallschwere gegebenenfalls in die Adäquanzbeurteilung
einzubeziehen sind, teilweise modifiziert (BGE 134 V 109 E. 9 und 10 S. 121
ff.). Die bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätze
liess das Bundesgericht hingegen unverändert bestehen (BGE 134 V 109 E. 6.1 S.
116). Diese Grundsätze finden auch auf den vorliegenden Fall Anwendung (Urteil
8C_57/2008 vom 16. Mai 2008, E. 4.2 mit Hinweisen).

3.
3.1 Die Vorinstanz hat zunächst erwogen, dass keine organisch objektiv
ausgewiesenen Unfallfolgen (mehr) vorlägen, welche die persistierenden
Beschwerden zu erklären vermöchten. Diese Beurteilung ist nach Lage der
medizinischen Akten, welche verschiedene Arztberichte und die Ergebnisse
bildgebender Untersuchungen enthalten, richtig. Soweit der Beschwerdeführer
geltend macht, gemäss dem durch Dr. med. N.________ am 25. und 26. Oktober 2006
auf Grund funktioneller Magnetresonanztomographien (fMRT) der HWS sowie des
Cranio-Zervikalen-Übergangs erhobenen Befund sei eine Ruptur der
Kopfgelenkbänder, insbesondere der Ligamenta alaria, ausgewiesen, kann ihm
nicht gefolgt werden. Eine medizinisch-diagnostische Methode muss
wissenschaftlich anerkannt sein, damit der mit ihr erhobene Befund eine
zuverlässige Beurteilungsgrundlage zu bieten vermag. Als wissenschaftlich
anerkannt gilt eine Untersuchungsart, wenn sie von Forschern und Praktikern der
medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist (BGE 8C_152/2007 vom
26. Mai 2008, E. 5.1 mit Hinweisen). Wie in BGE 8C_152/2007 erwogen wurde,
stellen fMRT-Untersuchungen jedenfalls nach dem aktuellen Stand der
medizinischen Wissenschaft kein geeignetes Beweismittel zur Beurteilung der
Unfallkausalität von Beschwerden nach HWS-Traumen dar (E. 5.2-5.5). Auf die im
Bericht des Dr. med. N.________ vom 30. Oktober 2006 festgehaltenen
Untersuchungsergebnisse kann demnach nicht abgestellt werden, zumal auch Dr.
med. K.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie FMH,
SUVA-Versicherungsmedizin, in seinen Stellungnahmen vom 12. Juli und 5. Oktober
2007 zum Schluss gelangt war, dass sich die Hypothese einer Teilruptur der
Flügelbänder nicht untermauern lasse, Dr. med. H.________, Neurochirurgie FMH,
diesbezüglich mit Bericht vom 20. August 2007 auf die Möglichkeit sogenannter
"falsch positiver" Befunde ohne praktische Konsequenzen hingewiesen hatte und
Dr. med. L.________, Spezialarzt FMH für Neurologie, am 18. Januar 2007
ausführte, selbst der Nachweis einer entsprechenden Läsion ändere nichts an der
Bewertung der Symptome und könne namentlich die Beschwerden in ihrer Gesamtheit
nicht erklären.

3.2 Der adäquate Kausalzusammenhang ist demnach, anders als bei organisch
objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen (vgl. E. 2.1 hievor), besonders zu prüfen.
Entgegen der von Vorinstanz und Beschwerdegegnerin vertretenen
Betrachtungsweise ist allein auf Grund des Umstands, dass spätestens ab Ende
August 2004 keine objektivierbaren Befunde mehr ausgewiesen waren, der
natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Auffahrunfall - und der dadurch
erlittenen HWS-Distorsion - sowie der danach eingetretenen Arbeits- bzw.
Erwerbsunfähigkeit nicht ohne weiteres zu verneinen. Wurde ein Schleudertrauma
der HWS diagnostiziert und liegt das dieses kennzeichnende Gemenge physischer
und psychischer Symptome vor, so ist die natürliche Kausalität in der Regel
anzunehmen (BGE 117 V 359 E. 4b S. 360). An diesem Grundsatz hat sich auch
gemäss neuester Rechtsprechung nichts geändert (BGE 134 V 109 E. 7-9 S. 118
ff.). Ob die Merkmale eines für derartige Verletzungen typischen, einer
Differenzierung kaum zugänglichen somatisch-psychischen Beschwerdebildes aber
weiterhin vorhanden sind, ein von diesem zu trennendes, eigenständiges
psychisches Leiden besteht oder aber, wie vom kantonalen Gericht erwogen, eine
psychische Störung mit Krankheitswert überhaupt ausgeschlossen werden kann,
braucht indessen, wie die nachstehenden Erwägungen zeigen, nicht abschliessend
beurteilt zu werden.
3.2.1 Der Unfall vom 20. Januar 1999 ist im Rahmen der Kategorisierung, welche
in derartigen Fällen zu erfolgen hat (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126 f., 117 V
359 E. 6a S. 366 mit Hinweis), als mittelschweres Ereignis im Grenzbereich zu
den leichten Unfällen einzustufen (vgl. die diesbezüglich massgebliche
Rechtsprechung [zur Unfallschwere bei Auffahrkollisionen auf ein haltendes
Fahrzeug]: RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, E. 5.1.2, U 380/04; Urteil U 167/06 vom
31. Januar 2007, E. 5.1). Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs wäre daher zu
bejahen, wenn die in E. 10.2.1-10.2.7 des Urteils BGE 134 V 109 (S. 127 ff.)
überarbeiteten und nunmehr in ihrer Fassung gemäss E. 10.3 (S. 130) relevanten
Kriterien gehäuft gegeben wären oder eines der Kriterien in besonders
ausgeprägter Weise vorliegen würde (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126 f.).
3.2.2 Der Auffahrunfall ereignete sich weder unter besonders dramatischen
Begleitumständen, noch war er von besonderer Eindrücklichkeit. Auch hatte der
Beschwerdeführer dabei keine Verletzungen erlitten, welche durch ihre Schwere
oder besondere Art gekennzeichnet waren (vgl. dazu BGE 134 V 109 E. 10.2.2 S.
127 f.). Ebenso wenig kann von einer die Unfallfolgen erheblich
verschlimmernden ärztlichen Fehlbehandlung oder einem schwierigen
Heilungsverlauf und erheblichen Komplikation gesprochen werden. Ausgeschlossen
werden kann sodann auch eine allein aus dem Umstand einer fortgesetzt
spezifischen ärztlichen Behandlung resultierende Zusatzbelastung bis zum
Fallabschluss (BGE 134 V 109 E. E. 10.2.3 S. 128). Was schliesslich die
Kriterien der erheblichen Beschwerden (BGE 134 V 109 E. 10.2.3 S. 128) sowie
der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen (BGE 134 V
109 E. 10.2.7 S. 129 f.) anbelangt, können diese, falls überhaupt, jedenfalls
nicht als in speziell ausgeprägter Form erfüllt betrachtet werden.

Insgesamt liegen somit maximal zwei der sieben Kriterien vor, jedoch nicht in
besonders auffallender Weise. Dies reicht zur Adäquanzbejahung praxisgemäss
nicht aus (E. 3.2.1 in fine hievor; Urteil 8C_57/2008 vom 16. Mai 2008, E.
9.8). Die Vorinstanz hat eine weitere Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin
über den 31. August 2004 hinaus demnach im Ergebnis zu Recht verneint.

4.
4.1 Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet im Verfahren nach Art.
109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit
summarischer Begründung und unter Verweis auf die Ausführungen des kantonalen
Gerichts (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.

4.2 Die Gerichtskosten sind vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. Juli 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung i.V. Berger