Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.348/2008
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_348/2008

Urteil vom 7. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Lanz.

Parteien
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

F.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, Hauptstrasse 11a,
8280 Kreuzlingen.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 8. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1966 geborene F.________ hat Ausbildungen zum Maurer, zum Bauführer und zum
Verkaufskoordinator absolviert. Zuletzt war er ab 2001, unterbrochen von Phasen
der Arbeitslosigkeit und einem kurzzeitigen Einsatz als Vorsorgeberater im
Aussendienst, als Bauführer resp. Bauführer/Bauarbeiter tätig. Im September
2003 meldete er sich unter Hinweis auf gesundheitliche Beschwerden, welche zu
wiederholten Arbeitsunfähigkeiten geführt hatten, bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen holte Arzt- und
Arbeitgeberberichte sowie einen Auszug aus dem individuellen Konto ein. Eine
BEFAS-Abklärung im August 2004 wurde nach fünf Tagen vorzeitig abgebrochen. Die
Verwaltung veranlasste hierauf ein MEDAS-Gutachten, welches am 15. August 2006
erstattet wurde. Mit Verfügung vom 6. Juni 2007 verneinte die IV-Stelle einen
Anspruch auf berufliche Massnahmen. Hingegen sprach sie F.________ mit
Verfügung vom 15. November 2007 rückwirkend ab 1. August 2003 bei einem
Invaliditätsgrad von 50 % eine halbe Invalidenrente (nebst Zusatzrente für die
Ehegattin und Kinderrenten) zu.

B.
Beschwerdeweise beantragte F.________, es sei die Verfügung vom 15. November
2007 aufzuheben und mit Wirkung ab 1. August 2004 mindestens eine
Dreiviertelsrente zuzusprechen; eventuell sei die Sache zur Neuberechnung des
Invaliditätsgrades und zur neuen Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen.
Vernehmlassungsweise machte die IV-Stelle geltend, bei genauer Betrachtung
seien die Voraussetzungen für eine Invalidenrente zu verneinen. Die im
MEDAS-Gutachten vom 15. August 2006 diagnostizierte Somatisierungsstörung,
welche zur verfügten Rentenzusprechung geführt habe, sei als überwindbar zu
betrachten. Es sei daher festzustellen, dass der Versicherte keinen
Rentenanspruch habe. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen führte
einen zweiten Schriftenwechsel durch. Mit Entscheid vom 8. April 2008 hiess es
die Beschwerde teilweise gut. Es hob die Verfügung vom 15. November 2007 auf
und wies die Sache zur weiteren Abklärung und zur neuen Verfügung im Sinne der
Erwägungen an die Verwaltung zurück. Es bejahte dabei den invalidisierenden
Charakter der Somatisierungsstörung und führte aus, mit den ergänzenden
Abklärungen solle das Ausmass der psychisch bedingten Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit in vom Versicherten ausgeübten Berufen bestimmt werden
(Entscheid vom 8. April 2008).

C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Sache an
die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Aufforderung, dem Versicherten die
Einstellung der Rente als reformatio in peius anzudrohen; eventuell sei
festzustellen, dass kein Rentenanspruch bestehe.

F.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist auf Grund der Vorbringen in
der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene kantonale
Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und
beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht, Völkerrecht oder kantonale
verfassungsmässige Rechte verletzt (Art. 95 lit. a-c BGG), einschliesslich
einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1,
Art. 105 Abs. 2 BGG). Hingegen hat unter der Herrschaft des BGG eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheids in tatsächlicher Hinsicht zu
unterbleiben, ausser wenn sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die
Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder
Unfallversicherung richtet (Art. 97 Abs. 2 BGG).

2.
Da der vorinstanzliche Entscheid auf Rückweisung der Sache an die IV-Stelle
lautet, stellt sich zunächst die Frage der Zulässigkeit der von dieser
erhobenen Beschwerde.

Das kantonale Gericht hat in seinen Erwägungen, auf welche im Dispositiv des
angefochtenen Entscheids verwiesen wird, festgestellt, dass mit der
diagnostizierten Somatisierungsstörung eine invalidisierende psychische
Gesundheitsschädigung vorliegt. Die von der Verwaltung gegen diese für sie
verbindliche Feststellung erhobene Beschwerde ist im Lichte von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG und der dazu ergangenen Rechtsprechung (BGE 133 V 477; Urteil 8C_682
/2007 vom 30. Juli 2008, in BGE 134 V 392 nicht publizierte E. 1; Urteil 9C_684
/2007 vom 27. Dezember 2007 E. 1.1, in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131) zulässig und
es ist auf sie einzutreten, da auch die übrigen Voraussetzungen hiefür gegeben
sind.

3.
Streitig und zu prüfen ist die vorinstanzliche Beurteilung, es liege mit der
diagnostizierten Somatisierungsstörung eine invalidisierende, wenn auch
hinsichtlich der Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit in der
bisherigen Tätigkeit masslich noch unklare und daher diesbezüglich weiter
abzuklärende Gesundheitsschädigung vor. Nach Auffassung der Beschwerde
führenden IV-Stelle bewirkt die Somatisierungsstörung keine massgebliche
Arbeitsunfähigkeit. Demgegenüber schliesst sich der Versicherte der
vorinstanzlichen Betrachtungsweise an.

3.1 Im angefochtenen Entscheid und in der Verfügung vom 15. November 2007 sind
die Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs
(Art. 28 Abs. 1 [in den bis Ende 2003 und von Anfang 2004 bis Ende 2007 gültig
gewesenen Fassungen] und 1bis [in Kraft gestanden bis Ende 2003]), über die
Entstehung des Rentenanspruchs bei bleibender Erwerbsunfähigkeit (Art. 29 Abs.
1 lit. a IVG [in der bis Ende 2007 in Kraft gestandenen Fassung]) und über die
Bestimmung des Invaliditätsgrades mittels Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG)
richtig wiedergegeben. Zu ergänzen ist, dass die im Rahmen der 5. IV-Revision
am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetzes- und Verordnungsänderungen
intertemporalrechtlich nicht anwendbar sind.

Zutreffend dargelegt ist auch die Rechtsprechung über die Frage, unter welchen
Umständen eine psychische Gesundheitsstörung, namentlich auch eine anhaltende
somatoforme Schmerzstörung, als invalidisierend betrachtet werden kann. Danach
setzt die Annahme eines solchen Gesundheitsschadens zunächst eine fachärztlich
(psychiatrisch) gestellte Diagnose nach einem wissenschaftlich anerkannten
Klassifikationssystem voraus. Wie jede andere psychische Beeinträchtigung
begründet indes auch eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung
als solche noch keine Invalidität. Vielmehr besteht eine Vermutung, dass die
somatoforme Schmerzstörung oder ihre Folgen mit einer zumutbaren
Willensanstrengung überwindbar sind. Bestimmte Umstände, welche die
Schmerzbewältigung intensiv und konstant behindern, können den Wiedereinstieg
in den Arbeitsprozess unzumutbar machen, weil die versicherte Person alsdann
nicht über die für den Umgang mit den Schmerzen notwendigen Ressourcen verfügt.
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, entscheidet sich im Einzelfall anhand
verschiedener Kriterien. Im Vordergrund steht die Feststellung einer
psychischen Komorbidität von erheblicher Schwere, Ausprägung und Dauer.
Massgebend sein können auch weitere Faktoren, so: chronische körperliche
Begleiterkrankungen; ein mehrjähriger, chronifizierter Krankheitsverlauf mit
unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerdauernde Rückbildung;
ein sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens; ein verfestigter,
therapeutisch nicht mehr beeinflussbarer innerseelischer Verlauf einer an sich
missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer
Krankheitsgewinn; "Flucht in die Krankheit"); das Scheitern einer konsequent
durchgeführten ambulanten oder stationären Behandlung (auch mit
unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) trotz kooperativer Haltung der
versicherten Person. Je mehr dieser Kriterien zutreffen und je ausgeprägter
sich die entsprechenden Befunde darstellen, desto eher sind - ausnahmsweise -
die Voraussetzungen für eine zumutbare Willensanstrengung zu verneinen (BGE 131
V 49 E. 1.2 S. 50 f. mit Hinweisen; vgl. auch den am 1. Januar 2008 in Kraft
getretenen, hier noch nicht anwendbaren Art. 7 Abs. 2 ATSG). Diese Grundsätze
gelten auch für die zum gleichem Symptomenkomplex gehörenden
Somatisierungsstörungen (vgl. Urteil I 70/07 vom 14. April 2008 E. 5).

3.2 Bei der Beurteilung der Frage, ob eine anhaltende somatoforme
Schmerzstörung - oder ein sonstiger vergleichbarer pathogenetisch (ätiologisch)
unklarer syndromaler Zustand (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 399) - mit
invalidisierender Wirkung vorliegt, gilt kognitionsrechtlich (vgl. E. 1.
hievor) folgende Abgrenzung: Zu den vom Bundesgericht nur eingeschränkt
überprüfbaren Tatsachenfeststellungen zählt zunächst, ob überhaupt eine
anhaltende somatoforme Schmerzstörung (oder ähnlich) vorliegt und -
bejahendenfalls - ob eine psychische Komorbidität oder weitere Umstände gegeben
sind, welche die Schmerzbewältigung behindern. Als Rechtsfrage frei überprüfbar
ist, ob eine festgestellte psychische Komorbidität hinreichend erheblich ist
und ob einzelne oder mehrere der festgestellten weiteren Kriterien in
genügender Intensität und Konstanz vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf
eine nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung und
somit auf eine invalidisierende Gesundheitsschädigung zu gestatten (Urteil I
683/06 vom 29. August 2007 E. 2.2, in: SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71; Urteil 8C_307/
2008 vom 30. Oktober 2008 E. 1.2).

4.
4.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, die MEDAS-Experten hätten bei der
Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit auf die Vorgaben der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (E. 3.1 hievor) abgestellt. Zu prüfen sei, ob die Gutachter
diese Vorgaben falsch angewendet hätten. Diese Prüfung ergebe Folgendes: Der
Versicherte leide an chronischen Begleiterkrankungen. Diese seien so
ausgeprägt, dass sie die Ausübung einer körperlichen schweren Arbeit
ausschlössen. Sie seien hingegen nicht geeignet, die Arbeitsfähigkeit in einer
körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeit einzuschränken. Das bedeute
aber nicht, dass sie im Alltag keine Schmerzen und keine anderen
Einschränkungen bewirkten. Auch die Überwindung der Folgen der Beeinträchtigung
der körperlichen Gesundheit setze eine ständige Willensanstrengung voraus. Im
MEDAS-Gutachten sei zudem dargelegt worden, eine Therapie der
Somatisierungsstörung hätte sehr wenig Aussicht auf Erfolg und die Prognose sei
ungünstig. Es liege also auch ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr
beeinflussbarer innerseelischer Verlauf einer missglückten Konfliktbewältigung
vor. Aufgrund dieser beiden zusätzlichen Faktoren - nebst der Diagnose einer
Somatisierungsstörung - sei die Arbeitsfähigkeitsschätzung der MEDAS-Experten
als überzeugend, ja sogar als eher streng zu qualifizieren. Damit stehe
gestützt auf das MEDAS-Gutachten mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit fest, dass der Versicherte in einer seinen körperlichen
Beschwerden angepassten Erwerbstätigkeit nur noch zu 50 % arbeitsfähig sei.
Hingegen stehe des Ausmass der Behinderung in der bisherigen Tätigkeit eines
Bauführers nicht fest, weshalb die IV-Stelle hiezu ergänzende psychische
Abklärungen zu treffen habe. Gegebenenfalls habe dies auch für die Tätigkeit
eines Verkaufskoordinators zu erfolgen. Komme keine dieser Tätigkeiten mehr in
Frage, sei entweder das zumutbare Invalideneinkommen anhand einer Hilfsarbeit
festzulegen oder auf die ablehnende Verfügung betreffend berufliche Massnahmen
zurückzukommen.

4.2 Im MEDAS-Gutachten vom 15. August 2006 wird aus psychiatrischer Sicht eine
Somatisierungsstörung diagnostiziert, welche nach Auffassung der Experten eine
Arbeitsunfähigkeit von 50 % bewirkt. Das Gutachten setzt sich aber nicht mit
der Frage der Überwindbarkeit einer somatoformen Störung und den hiebei
rechtsprechungsgemäss (E. 3.1 hievor) zu beachtenden Zusatzfaktoren
auseinander. Wie oben dargelegt betrachtet das kantonale Gericht dennoch
gestützt auf das MEDAS-Gutachten zwei dieser Kriterien als in genügender Weise
erfüllt und bejaht deswegen einen invalidisierenden psychischen
Gesundheitsschaden im Sinne der Rechtsprechung. Die diesbezüglichen Erwägungen
überzeugen nicht. Chronische körperliche Begleiterkrankungen müssen ein
erhebliches Ausmass aufweisen, um als relevantes Zusatzkriterium
Berücksichtigung zu finden. Dass dies hier zutrifft, erscheint mit Blick auf
die gemäss MEDAS-Gutachten vom 15. August 2006 nur bescheidenen organischen
Befunde und den Umstand, dass körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten aus
somatischer Sicht vollumfänglich zumutbar sind, zumindest fraglich. Es ergeben
sich sodann weder aus der MEDAS-Expertise noch anderweitig genügende
Sachverhaltsmerkmale, um auf das Vorhandensein oder Fehlen eines
innerseelischen Verlaufs im verlangten Sinne und Ausmass (E. 3.1 hievor)
schliessen zu können. Soweit die Vorinstanz dieses Kriterium bejaht und ihm
zusammen mit dem Faktor der körperlichen Begleiterkrankungen entscheidendes
Gewicht beimisst, stützt sie sich auf diskutable Interpretationen der
gutachterlichen Aussagen. Eine verlässliche Grundlage für die Bejahung (oder
Verneinung) eines invalidisierenden psychischen Gesundheitsschadens kann darin
nicht gesehen werden. Zutreffend ist sodann zwar, dass es weiterer
psychiatrischer Abklärungen bedarf. Diese haben sich aber entgegen dem
angefochtenen Entscheid nicht auf das Ausmass einer psychisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit zu beschränken. Vielmehr sollen sie die notwendigen
Erkenntnisse für die zuverlässige Beantwortung der Frage erbringen, ob die
festgestellte Somatisierungsstörung überhaupt Folgen für die Arbeitsfähigkeit
hat, welche mit zumutbarer Willensanstrengung nicht überwindbar sind. Dabei
wird den bisher ausgeübten Berufen, aber auch Verweistätigkeiten Rechnung zu
tragen sein. Entgegen dem angefochtenen Entscheid ist indessen nicht
erforderlich, dass die Berufsberatung der IV-Stelle vorab entsprechende
Berufsprofile erstellt. Von einem psychiatrischen Experten kann erwartet
werden, dass er sich auch ohne solche Profile zuverlässig zur Frage der
psychischen Belastbarkeit in verschiedenen Berufen äussern kann.

Die Beschwerde ist somit in dem Sinne gutzuheissen, dass die vorinstanzliche
Feststellung eines invalidisierenden psychischen Gesundheitsschadens aufgehoben
wird. Ansonsten bleibt es bei der Rückweisung zur ergänzenden Abklärung - mit
den genannten Präzisierungen - und zur neuen Verfügung an die IV-Stelle.
Bestand hat daher auch der Kostenentscheid.

4.3 Die Vorbringen des Beschwerdegegners, mit welchen eine vollumfängliche
Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids begründet werden soll, führen zu
keiner anderen Betrachtungsweise. Dies gilt insbesondere auch, soweit geltend
gemacht wird, die IV-Stelle hätte, nachdem sie in der Verfügung vom 15.
November 2007 den invalidisierenden Charakter der Somatisierungsstörung
angenommen habe, im Beschwerdeverfahren nicht die gegenteilige Auffassung
vertreten dürfen. Dass die Verwaltung ihre Meinung nachträglich ändert, ist
nicht per se unzulässig. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies
hier in rechtsmissbräuchlicher Weise geschehen ist. Sollte die IV-Stelle
hingegen, wie der Beschwerdegegner geltend macht, nicht nur sehr ausnahmsweise
in Beschwerdeverfahren eine reformatio in peius beantragen, würde dies ein
ungünstiges Licht auf ihre Abklärungs- und Verfügungspraxis werfen.

4.4 Die nach dem Gesagten aufzuhebende Verfügung vom 15. November 2007 und der
vorinstanzliche Entscheid geben noch Anlass zu folgender Bemerkung: Die
Verwaltung hat zur Bestimmung des Invaliditätsgrades den Grad der
Arbeitsunfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit dem Grad der
Erwerbsunfähigkeit gleichgesetzt. Das kantonale Gericht hat sich in ähnlicher
Weise geäussert. Der direkte Schluss vom Grad der Arbeitsunfähigkeit im
angestammten Beruf auf den Grad der Erwerbsfähigkeit ist indessen nur
ausnahmsweise zulässig (vgl. Urteil 8C_294/2008 vom 2. Dezember 2008 E. 6.4.1
mit Hinweisen). Ob dies hier der Fall wäre, ist im jetzigen Zeitpunkt und
Verfahrensstadium nicht abschliessend zu beurteilen.

5.
Das teilweise Obsiegen der Beschwerdeführerin rechtfertigt, die Gerichtskosten
aufzuteilen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und die Verwaltung zu verpflichten, dem
Beschwerdegegner für das letztinstanzliche Verfahren eine reduzierte
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.

2.
Von den Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin Fr. 300.-
und dem Beschwerdegegner Fr. 200.- auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1000.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt
für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Januar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Lanz