Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.337/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_337/2008

Urteil vom 1. Juli 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Parteien
I.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Berther, Kuttelgasse 8, 8001 Zürich,

gegen

Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, Arbeitslosenversicherung,
Stampfenbachstrasse 32, 8001 Zürich, Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 13. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1962 geborene I.________ arbeitete vom 1. März 2002 bis 31. Oktober 2005
als Metzger/Geschäftsführer bei der X.________ GmbH. Das Arbeitsverhältnis
wurde aus wirtschaftlichen Gründen von der Arbeitgeberin aufgelöst. I.________
meldete sich am 6. März 2006 bei der Arbeitslosenversicherung zum
Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 12. Juli 2006 stellte das Amt für
Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) den Versicherten mit Beginn vom
30. Mai 2006 für die Dauer von 36 Tagen in der Anspruchsberechtigung ein, da er
Weisungen nicht befolgt habe. Konkret habe er sich auf eine ihm am 29. Mai 2006
zugewiesene Stelle bei der Y.________ AG zwar beworben, es sei aber wegen den
Lohnvorstellungen des Versicherten zu keinem Vertragsabschluss gekommen. Die
dagegen geführte Einsprache lehnte das AWA ab (Einspracheentscheid vom 17.
August 2006).

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde ab (Entscheid vom 13. März 2008).

C.
I.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Gerichtsentscheid und der
Einspracheentscheid seien aufzuheben; eventuell sei die Dauer der Einstellung
in der Anspruchsberechtigung auf ein angemessenes Mass zu reduzieren.
Das AWA und das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG). Eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom
Bundesgericht ebenfalls zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
lit. a BGG dar (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz,
Bern 2007, N. 24 zu Art. 97 BGG). Vom Bundesgericht frei überprüfbar ist
hingegen namentlich die falsche Rechtsanwendung (Seiler/von Werdt/Güngerich,
a.a.O., N. 9 zu Art. 95 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Pflichten des Versicherten (Art.
17 AVIG), insbesondere die Pflicht, eine vermittelte zumutbare Arbeit
anzunehmen (Art. 17 Abs. 3 AVIG), und die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung bei Nichtbefolgen der Weisungen des Arbeitsamtes ohne
entschuldbaren Grund (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG) sowie die Qualifikation der
Ablehnung einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund als schweres
Verschulden (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat in Würdigung der Aktenlage festgestellt, dass sich der
Beschwerdeführer am 6. Juni 2006 auf die ihm am 29. Mai zugewiesene Stelle
beworben habe, dass es gemäss Rückmeldung der Y.________ AG aber wegen dessen
Lohnvorstellungen nicht zu einer Anstellung gekommen sei. Diese habe von einem
Vorstellungsgespräch abgesehen, nachdem er anlässlich eines Telefongesprächs
angegeben habe, zuletzt einen Lohn von Fr. 5'600.- erhalten zu haben. Ob der
Versicherte die Arbeitsstelle bei einem Lohn von Fr. 4'600.- angenommen hätte,
könne nicht beurteilt werden. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers zu
diesem Telefongespräch sei erstellt, dass er zwar die ihm angebotene Stelle
wegen des im Vergleich zu seiner letzten Arbeitsstelle tieferen Verdienstes
nicht abgelehnt habe, dass er hingegen keine klare und vorbehaltlose
Bereitschaft zum Abschluss des Arbeitsvertrages bekundet habe. Vielmehr habe er
der Y.________ AG nur mitgeteilt, dass er sich bezüglich des Lohnes noch mit
seiner Kundenberaterin des RAV besprechen müsse, und dass er anschliessend
sehen werde, ob das Stellenangebot diesbezüglich in Ordnung sei. Damit habe er
seine Schadenminderungspflicht verletzt.

3.2 Eine arbeitslose Person darf eine unzumutbare Arbeit ohne
versicherungsrechtlich nachteilige Folgen ablehnen (Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG
e contrario; BGE 114 V 345). Die Frage der Zumutbarkeit der Arbeit beurteilt
sich angesichts des identischen Begriffs nach Art. 16 AVIG. Bei lohnmässig
unzumutbarer Arbeit im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG muss sie die Stelle
annehmen, wenn sie Kompensationszahlungen nach Art. 24 AVIG erhält (Thomas
Nussbaumer, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, Rz.
843 S. 2431).
3.3
3.3.1 Vorliegend hat das kantonale Gericht keine tatsächlichen Feststellungen
darüber getroffen, ob dem Beschwerdeführer ein auch hinsichtlich des Lohnes
zumutbares Angebot gemacht worden war. Den Akten lässt sich entnehmen, dass
über den von der Firma anvisierten Lohn (Fr. 4'600.- beziehungsweise Fr.
4'600.- bis Fr. 5'200.-) überhaupt nicht gesprochen wurde. Insofern kann dem
Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er keine vorbehaltlose
Bereitschaft zum Vertragsabschluss bekundete.
3.3.2 Gemäss Beschwerdeführer dauerte das Telefongespräch mit der
Verantwortlichen der Y.________ AG nur sehr kurz. Er sei direkt gefragt worden,
was er an seiner letzten Arbeitsstelle verdient habe. Nach der entsprechenden
Auskunft sei ihm mitgeteilt worden, dass er nicht "in unsere Lohnklasse" passe.
Darauf habe er zur Antwort gegeben, "Gut, dann muss ich das mit meiner
Beraterin vom RAV besprechen, ob das in Ordnung ist". Diese Darstellung
divergiert mit der Rückmeldung der Y.________ AG zuhanden des RAV vom 20. Juni
2006, worin die Nichtanstellung mit "Lohnvorstellung zu hoch" begründet wurde.
Welche Sachverhaltsdarstellung der Realität entspricht kann jedoch
dahingestellt bleiben. Auch wenn derjenigen des Beschwerdeführers gefolgt wird,
ist davon auszugehen, dass er der Y.________ AG in Aussicht stellte, mit dem
RAV Kontakt aufzunehmen, und die Angelegenheit zu besprechen. Angesichts seiner
Ausführungen war ihm klar, dass sein früherer, relativ hoher Lohn im
Zusammenhang mit einem neuen Vertragsabschluss ein Problem darstellte. Er hätte
daher aktiv zu erkennen geben müssen, dass er sich auch mit einem tieferen Lohn
zufriedengeben würde. Konkret hätte er sich - mit oder ohne Rücksprache mit der
RAV-Beraterin - sehr kurze Zeit nach dem Anruf der Firma nochmals mit dieser in
Verbindung setzen müssen. Im Weiteren behauptet er selbst nicht, dass er sich
unmittelbar nach dem Telefongespräch mit der Y.________ AG tatsächlich mit dem
RAV in Verbindung gesetzt hätte, um sich beraten zu lassen. Beides hat er
unbestrittenermassen nicht getan. Mit diesen Unterlassungen hat er - wie das
kantonale Gericht zu Recht ausführt - seine Pflicht zur Schadenminderung
verletzt. Eine Nichtannahme zumutbarer Arbeit liegt nämlich nicht nur dann vor,
wenn die versicherte Person eine Stelle ausdrücklich zurückweist oder eine nach
den Umständen gebotene ausdrückliche Annahmeerklärung unterlässt, sondern
dieser Einstellungstatbestand erfasst grundsätzlich jedes Verhalten, welches
das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages scheitern lässt. Bei den
Verhandlungen mit dem künftigen Arbeitgeber ist klar und eindeutig die
Bereitschaft zum Vertragsabschluss zu bekunden, um die Beendigung der
Arbeitslosigkeit nicht zu gefährden (Nussbaumer, a.a.O., Rz. 844, S. 2431).
Durch seine Passivität nach der Kontaktnahme durch die Y.________ AG hat sich
der Beschwerdeführer nicht ernsthaft um die Aufnahme von Vertragsverhandlungen
bemüht und damit den Tatbestand von Art. 17 und 30 Abs. 1 lit. d AVIG erfüllt.

4.
Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Einstellungsdauer und erachtet
diese mit 36 Tagen als übersetzt.

4.1 Die Höhe der Einstellungsdauer ist eine typische Ermessensfrage, in die das
Bundesgericht auf Beschwerde hin nur eingreift, wenn die Vorinstanz den
gesetzlichen Rahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (Urteil 8C_22/2008 vom 5. März 2008).

4.2 Die vorinstanzlich bestätigte Einstellungsdauer im unteren Bereich des
schweren Verschuldens (Art. 45 Abs. 2 lit. c AVIV) von 36 Tagen ist unter
Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgabe, wonach die Ablehnung einer
zumutbaren Arbeitsstelle ohne entschuldbaren Grund als schweres Verschulden zu
qualifizieren ist (Art. 30 Abs. 3 AVIG in Verbindung mit Art. 45 Abs. 3 AVIV),
nicht zu beanstanden.

5.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als der unterliegenden Partei
aufzuerlegen (Art. 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für
Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 1. Juli 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Schüpfer