Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.295/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_295/2008

Urteil vom 22. November 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger,
nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Parteien
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

K.________, 1992, Beschwerdegegner,
vertreten durch seinen Vater und
dieser vertreten durch lic. iur. S.________,

IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Kasernenstrasse 4, 9100 Herisau.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts von Appenzell
Ausserrhoden
vom 19. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Zwecks Familienzusammenführung reiste der 1992 geborene K.________ am 11.
Dezember 1999 zusammen mit seiner Mutter aus der Türkei in die Schweiz zu
seinem bereits seit 1998 als Flüchtling hier lebenden Vater und beantragte am
16. Februar 2000 wegen einer seit Geburt bestehenden Behinderung infolge eines
kongenitalen Hydrocephalus mit cerebralen Lähmungen erstmals Leistungen der
Invalidenversicherungen. Seit Januar 2000 war er im Besitze eines Rollstuhles.
Die IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden hat auf entsprechende Gesuche
hin mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen vom 9. Juni 2000
(betreffend Beiträge an Sonderschulung) und vom 12. April 2001 (betreffend
medizinische Massnahmen) einen Anspruch auf Leistungen der
Invalidenversicherung verneint. Am 28. Januar 2004 reichte K.________ erneut
ein Leistungsgesuch ein, worauf die IV-Stelle wiederum die Gewährung von
Eingliederungsmassnahmen ablehnte (Verfügung vom 20. April 2004). Hiegegen
erhob er am 14. Mai 2004 Einsprache.
Nachdem er und seine Mutter wegen einer Heimreise in die Türkei auf das in der
Schweiz gewährte Asyl verzichtet hatten, erlosch ihr Flüchtlingsstatus gemäss
Verfügung des Bundesamtes für Migration vom 27. April 2005. Nach der Rückkehr
in die Schweiz liess K.________ Rechtsverzögerungs- respektive
Rechtsverweigerungsbeschwerde erheben, welche das Verwaltungsgericht von
Appenzell Ausserrhoden am 25. Oktober 2006 guthiess.
Daraufhin übernahm die IV-Stelle gemäss Kostengutsprache vom 11. Dezember 2006
ein Dreirad, ein Stehgestell, eine Badewannenliege sowie einen Toilettenaufsatz
als Hilfsmittel und lehnte mit Blick auf die am 14. Mai 2004 erhobene
Einsprache den Anspruch auf Abgabe eines Rollstuhls ab (Einspracheentscheid vom
11. Dezember 2006). Mit zwei Verfügungen vom 17. Januar 2007 trat die IV-Stelle
einerseits auf das Leistungsbegehren betreffend Beiträge an Sonderschulung
nicht ein und verneinte andererseits den Anspruch auf Übernahme von
Unterschenkelschienen, eines Rollators sowie eines höhenverstellbaren Stuhles
mit Fussstützen als Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung.

B.
Gegen den Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2006 betreffend Rollstuhl sowie
gegen die Verfügung vom 17. Januar 2007 betreffend Rollator,
Unterschenkelschienen und höhenverstellbarem Stuhl mit Fussstützen liess
K.________ am 9. Januar 2007 sowie am 16. Februar 2007 je separat Beschwerde
erheben. Das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden hiess die
Beschwerden am 19. September 2007 gut, hob den angefochtenen
Einspracheentscheid und die angefochtene Verfügung auf und verpflichtete die
IV-Stelle zur Abgabe des Rollstuhls sowie zur Gewährung der beantragten
Hilfsmittel (Rollator, Unterschenkelschienen und höhenverstellbarer Stuhl mit
Fussstützen).

C.
Hiegegen führt das Bundesamt für Sozialversicherungen (nachfolgend: BSV oder
Beschwerdeführer) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, der angefochtene kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben.
Während die IV-Stelle auf eine ausführliche Vernehmlassung verzichtet und
unterstützend auf die Beschwerdeschrift des BSV verweist, lässt K.________
(Beschwerdegegner) beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, der
Beschwerdeführer sei zur Bezahlung einer angemessenen Parteientschädigung zu
verpflichten und der Beschwerdegegner sei im Falle des Unterliegens von der
Bezahlung der Gerichtskosten sowie allenfalls von der Bezahlung einer
Parteientschädigung zu befreien beziehungsweise auf die Erhebung von
Gerichtskosten sei zu verzichten.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an
die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III
136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge
in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass der Beschwerdegegner in seinem
achten Lebensjahr am 11. Dezember 1999 bei einem diagnostizierten kongenitalen
Hydrocephalus mit VP-Shunt und rezidivierenden Shunt-Dysfunktionen, einer
linksbetonten spastischen Tetraparese mit Kontrakturen im Hüft-, Knie- und
Fussbereich sowie einer psycho-intellektuellen Retardierung des
Entwicklungsalters um vier Jahre zusammen mit seiner Mutter erstmals in die
Schweiz einreiste und hier als Flüchtling anerkannt wurde. Das ihm und seiner
Mutter als Angehörige des bereits 1998 hierher geflohenen Vaters bzw. Ehegatten
gewährte Asyl erlosch mit Verfügung des Bundesamtes für Migration vom 27. April
2005. Nach einer vorübergehenden Rückreise in ihr Heimatland kehrte K.________
begleitet von seiner Mutter 2005 wieder in die Schweiz zurück und erhielt hier
die Aufenthaltsbewilligung C. Laut Bericht vom 10. November 2005 bejahte Dr.
med. M.________ von der Pädiatrischen Klinik des Kinderspitals X.________ aus
fachärztlicher Sicht die Indikation zur Versorgung mit Unterschenkelschienen
sowie mit einem Rollstuhl für daheim und für die Schule ab Februar 2000 und mit
einem Rollator sowie mit einem höhenverstellbaren Stuhl mit Fussstützen ab dem
Zeitpunkt der Einschulung im Spätsommer 2000. Diese Sachverhaltsfeststellungen
werden zu Recht von keiner Seite bestritten.

2.2 Ebenso unbestritten ist, dass nach dem System des leistungsspezifischen
Invaliditätseintritts (Art. 4 Abs. 2 IVG) die für die Begründung des Anspruchs
auf die soeben genannten Hilfsmittel praxisgemäss (BGE 126 V 241 E. 4 S. 242;
126 V 157 E. 3a S. 160; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 181/
00 vom 28. März 2001 E. 2a, in: AHI 2003 S. 209; je mit Hinweisen)
erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen von Art und Schwere der
leidensbedingten Einschränkungen bereits innerhalb des ersten Jahres seit
Einreise des Beschwerdegegners in die Schweiz vom 11. Dezember 1999 gegeben
waren.

3.
3.1 In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes
Geltung haben (BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 447). Weiter stellt das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens eingetretenen
Sachverhalt ab (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243; 121 V 362 E. 1b S. 366).

3.2 Die versicherungsmässigen Voraussetzungen müssen in dem Zeitpunkt erfüllt
sein, in welchem der Anspruch auf die anbegehrte Eingliederungsmassnahme mit
Blick auf den Gesundheitszustand erstmals angezeigt ist (SVR 2008 IV Nr. 3 S.
7, I 1040/06). Der Anspruch des Beschwerdegegners auf die hier strittigen
Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung richtete sich bis zum
Verzicht vom 27. April 2005 auf das ihm anfänglich gewährte Asyl nach dem
Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1962 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und
Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (FlüB;
SR 831.131.11). Laut Art. 2 Abs. 2 FlüB haben die Nichterwerbstätigen sowie die
minderjährigen Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz
als Flüchtlinge unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger
Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, wenn sie sich
unmittelbar vor Eintritt der Invalidität ununterbrochen während mindestens
eines Jahres in der Schweiz aufgehalten haben. Den minderjährigen Kindern mit
Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz steht dieser Anspruch
überdies zu, wenn sie in der Schweiz invalid geboren sind oder sich seit der
Geburt ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben. Lag der Zeitpunkt des
leistungsspezifischen Invaliditätseintritts in Bezug auf die hier umstrittenen
Hilfsmittel (hievor E. 2) vor dem 11. Dezember 2000, waren diesbezüglich die
versicherungsmässigen Voraussetzungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 FlüB in
Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 IVG nicht erfüllt, weshalb die IV-Stelle einen
entsprechenden Hilfsmittelanspruch zu Recht verneint hat.

3.3 Soweit der Leistungsansprecher im Rahmen der Rechtsverzögerungs- bzw.
Rechtsverweigerungsbeschwerde vom 16. November 2005 sinngemäss geltend machte,
die Beurteilung der von ihm beantragten Versicherungsleistungen dürfte in
juristischer Hinsicht seit Verlust des Flüchtlingsstatus sogar eher noch
leichter fallen, ist festzuhalten, dass er auch als ausländischer
Staatsangehöriger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz die
versicherungsmässigen Voraussetzungen des Anspruchs auf
Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung nach Art. 6 Abs. 2 und Art.
9 Abs. 3 lit. b IVG nicht erfüllt, da der leistungsspezifische
Invaliditätseintritt (vgl. E. 2 hievor) erfolgte, bevor er sich mindestens ein
Jahr lang in der Schweiz aufgehalten hatte. Dasselbe gilt nach Art. 9 Ziff. 1
des auf den Beschwerdegegner seit seinem Verzicht auf den Flüchtlingsstatus ab
27. April 2005 anwendbaren Abkommens vom 1. Mai 1969 zwischen der Schweiz und
der Republik Türkei über soziale Sicherheit (SR 0.831.109.763.1).

3.4 Nach dem Gesagten steht fest, dass der Beschwerdegegner weder als
Flüchtling noch als in der Schweiz lebender türkischer Staatsangehöriger, weder
nach schweizerischem Recht noch gemäss einschlägigem
Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und der Republik Türkei einen
Anspruch auf die hier strittigen Eingliederungsmassnahmen der
Invalidenversicherung hat.

4.
4.1 Während das kantonale Gericht zutreffend feststellte, dass der bis zum 27.
April 2005 als anerkannter Flüchtling in der Schweiz lebende Beschwerdegegner
hinsichtlich der strittigen Hilfsmittel die versicherungsmässigen
Voraussetzungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 FlüB nicht erfüllt und insoweit aus
dem Flüchtlingsstatus keinen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung
abzuleiten vermag, bejahte es die direkte Anwendbarkeit von Art. 26 des unter
anderem auch von der Schweiz und der Türkei ratifizierten Übereinkommens vom
20. November 1989 über die Rechte des Kindes (UNO-Kinderrechtskonvention [KRK];
SR 0.107) und leitete daraus den grundsätzlichen Anspruch auf die beantragten
Leistungen der Invalidenversicherung ab.
4.2
4.2.1 Das Bundesgericht hat unter anderem die direkte Anwendbarkeit in Bezug
auf die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 1 KRK (BGE 128 I 63 E. 3.2.2 S. 70; 125 I
257 E. 3c/bb S. 262) sowie Art. 12 KRK (BGE 124 III 90 E. 3a S. 91) bejaht,
demgegenüber hinsichtlich den Art. 9 und 10 KRK (BGE 124 II 361 E. 3b S. 367;
vgl. auch Urteil 2A.563/2002 vom 23. Mai 2003 E. 2.5 und 1.2, in: Fampra.ch
2003 S. 633), Art. 18 Abs. 1 KRK (Urteil 5C.265/2004 vom 26. Januar 2005 E.
3.1, in: Fampra.ch 2005 S. 634), Art. 23 und 26 KRK (SVR 2006 IV Nr. 7 S. 27, I
267/04 E. 2.5) sowie generell mit Blick auf die Erteilung von
fremdenpolizeilichen Bewilligungen (BGE 126 II 377 E. 5d in fine S. 392; Urteil
2C_135/2007 vom 26. Juni 2007 E. 4.2 mit Hinweisen) grundsätzlich verneint. Im
Urteil I 472/02 vom 10. Februar 2003 (E. 2.3) äusserte sich das Eidgenössische
Versicherungsgericht nicht zur Frage, ob Art. 26 Abs. 2 und Art. 28 KRK direkt
anwendbar (self-executing) seien, sondern stellte diesbezüglich lediglich fest,
dass die Sozialziele der KRK in der Schweiz auch durch die moderne
Sozialverfassung (Art. 41 und 110 ff. BV) sowie die umfangreiche
Sozialgesetzgebung auf dem Niveau des geforderten rechtlichen Schutzstandards
garantiert sind (vgl. betreffend Art. 28 Abs. 1 lit. a KRK auch BGE 133 I 156
E. 3.6.4 S. 166 mit Hinweisen).
4.2.2 Nach Art. 26 KRK erkennen die Vertragsstaaten das Recht jedes Kindes auf
Leistungen der sozialen Sicherheit einschliesslich der Sozialversicherung an
und treffen die erforderlichen Massnahmen, um die volle Verwirklichung dieses
Rechts in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht sicherzustellen (Abs.
1); die Leistungen sollen gegebenenfalls unter Berücksichtigung der
wirtschaftlichen Verhältnisse und der sonstigen Umstände des Kindes und der
Unterhaltspflichtigen sowie anderer für die Beantragung von Leistungen durch
das Kind oder im Namen des Kindes massgeblicher Gesichtspunkte gewährt werden
(Abs. 2). Im Vergleich von Art. 26 KRK mit den Bestimmungen im Sinne von Art. 7
Abs. 1 und Art. 12 KRK, welche praxisgemäss (E. 4.2.1 hievor) direkt anwendbar
sind, fällt auf, dass die Formulierungen in Art. 26 KRK sehr weit gefasst und
allgemein gehalten sind. Der Bundesrat hielt denn auch in seiner Botschaft vom
29. Juni 1994 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Übereinkommen von 1989
über die Rechte des Kindes (BBl 1994 V 1 ff.) ausdrücklich fest, dass die
Regelung im Sinne von Art. 26 KRK programmatischer Natur sei und den Inhalt der
"sozialen Sicherheit" nicht präzisiere (BBl 1994 V 52). Nichts anderes gilt mit
Blick auf die vom Beschwerdegegner ebenfalls angerufenen Art. 23 f. KRK (BBl
1994 V 50 f.; vgl. dazu auch Marie-Françoise Lücker-Babel, Inhalt, soziale und
rechtliche Bedeutung und Auswirkungen der UNO-Kinderrechtskonvention, in:
Regula Gerber Jenni/Christina Hausammann [Hrsg.], Die Rechte des Kindes - Das
UNO-Übereinkommen und seine Auswirkungen auf die Schweiz, Basel 2001 S. 17).
Die schweizerische Rechtsordnung vermag den Anliegen der KRK Rechnung zu tragen
und zwar auch in der Anwendung der hier einschlägigen Anspruchsgrundlagen von
Eingliederungsmassnahmen des für das Bundesgericht massgebenden (Art. 190 BV)
Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (BBl 1994 V 50; SVR 2006 IV Nr. 7
S. 27, I 267/04 E. 2.5). Soweit Edgar Imhof (Die Bedeutung menschenrechtlicher
Diskriminierungsverbote für die Soziale Sicherheit, in: Jusletter vom 7.
Februar 2005, Rz. 83) gestützt auf Art. 2 Abs. 1 KRK insbesondere in Verbindung
mit Art. 23 Abs. 3 KRK die Teilhabe von ausländischen oder im Ausland geborenen
behinderten Kindern an Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung
ungeachtet der innerstaatlichen versicherungsmässigen Voraussetzungen (E. 3.2
u. 3.3 hievor) zu postulieren scheint, vermag Patrick Sutter (Das behinderte
Kind im Völkerrecht, in: Franziska Sprecher/Patrick Sutter [Hrsg.], Das
behinderte Kind im schweizerischen Recht, Zürich 2006, S. 31) implizit weder
aus Praxis noch aus Doktrin eine entsprechende Grundlage für die direkte
Anwendbarkeit der Art. 23, 24 und 26 KRK herzuleiten. Vielmehr verweist er
hinsichtlich völkerrechtlicher Regelungen zutreffend auf die Rechtsprechung,
wonach die für die unmittelbare Anwendbarkeit vorausgesetzte erforderliche
Bestimmtheit blossen Programmartikeln abgeht und diese Voraussetzung auch
Bestimmungen fehlt, welche eine Materie nur in Umrissen regeln, dem
Vertragsstaat einen beträchtlichen Ermessens- oder Entscheidungsspielraum
lassen oder blosse Leitgedanken enthalten, sich also nicht an die Verwaltungs-
oder Justizbehörden, sondern an den Gesetzgeber richten (BGE 124 IV 23 E. 4a S.
31 mit Hinweisen). Auch Giovanni Biaggini (Wie sind Kinderrechte in der Schweiz
geschützt?, in: Regula Gerber Jenni/Christina Hausammann [Hrsg.], Die Rechte
des Kindes - Das UNO-Übereinkommen und seine Auswirkungen auf die Schweiz,
Basel 2001, S. 31 u. 43) und Regula Gerber Jenni (Das UNO-Übereinkommen über
die Rechte des Kindes von 1989, in: Claudia Kaufmann/Franz Ziegler [Hrsg.],
Kindeswohl, Zürich 2003, S. 284) vertreten den Standpunkt, dass es den meisten
Bestimmungen der KRK an der erforderlichen Bestimmtheit für die Begründung
gerichtlich durchsetzbarer Ansprüche fehlt.
4.2.3 Nach dem Gesagten sind die Bestimmungen im Sinne der Art. 23, 24 und 26
KRK als non self-executing zu qualifizieren. Es sind keine Gründe für ein
Abweichen von der bisherigen Rechtsprechung ersichtlich, wonach die Art. 23 und
26 nicht ausreichend konkret formuliert sind und den Betroffenen keinen
direkten Anspruch auf gesetzliche Leistungen vermitteln (SVR 2006 IV Nr. 7 S.
27, I 267/04 E. 2.5 mit Hinweisen). Dies gilt in besonderem Masse auch für den
programmatischen Gehalt des Art. 24 KRK (BBl 1994 V 51). Nichts anderes ergibt
sich mit Blick auf Art. 26 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 KRK aus SVR 2006 BVG
Nr. 6 S. 22, B 84/03 E. 4.5.3. Dem Beschwerde führenden BSV ist somit
beizupflichten, dass Art. 26 KRK - entgegen der Auffassung des kantonalen
Gerichts - nicht direkt anwendbar (non self-executing) ist, was nach dem
Gesagten auch auf die vom Beschwerdegegner im Weiteren angerufenen Art. 23 f.
KRK zutrifft, weshalb er daraus keinen Anspruch auf die strittigen Hilfsmittel
der Invalidenversicherung abzuleiten vermag.

5.
Der Beschwerdegegner beruft sich sodann auch auf Art. 24 des Abkommens vom 28.
Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention [FK];
SR 0.142.30), obwohl er am 27. April 2005 - und demzufolge noch vor dem
massgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (E. 3.1
hievor) - freiwillig auf seinen Flüchtlingsstatus verzichtet hat. Die
Anwendbarkeit der Flüchtlingskonvention fällt deshalb grundsätzlich ausser
Betracht. Selbst wenn jedoch bei Einreichung des Leistungsgesuchs am 28. Januar
2004 noch von einem erfüllten Flüchtlingsstatus auszugehen wäre, lässt das vom
Beschwerdegegner angeführte Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts K
22/04 vom 22. Oktober 2004 E. 2.3 (in: RKUV 2005 Nr. KV 315 S. 25) in Bezug auf
den hier strittigen Anspruch auf Hilfsmittel der Invalidenversicherung keine
abweichende Beurteilung zu. Denn im Gegensatz zum genannten Urteil, welches die
gesetzliche Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach
KVG betraf, enthalten nicht nur Art. 2 Abs. 2 FlüB, sondern auch die Art. 6
Abs. 2 und Art. 9 Abs. 3 lit. b IVG auf bundesgesetzlicher Ebene nach
innerstaatlichem Recht einen Vorbehalt im Sinne von Art. 24 Ziff. 1 lit. b/ii
FK in Bezug auf die hier strittigen Eingliederungsmassnahmen der
Invalidenversicherung. Auch gestützt auf die Flüchtlingskonvention vermag der
Beschwerdegegner unter Berücksichtigung seiner früheren Rechtsstellung als
anerkannter Flüchtling (vgl. E. 3 hievor) keinen Anspruch auf die beantragten
Hilfsmittel der Invalidenversicherung zu begründen.

6.
Der Beschwerdegegner macht weiter geltend, die Verneinung des Anspruchs auf die
strittigen Hilfsmittel verstosse gegen das Diskriminierungsverbot im Sinne von
Art. 2 Abs. 2 des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I; SR 0.103.1). Die in
BGE 120 Ia 1 E. 5 begründete Rechtsprechung, wonach der UNO-Pakt I
grundsätzlich keine direkt anwendbaren Individualgarantien enthält, wurde vom
Eidgenössischen Versicherungsgericht in BGE 121 V 229 E. 3 S. 232 ff. und 246
E. 2 S. 248 ff. für den Bereich des Sozialversicherungsrechts bestätigt (Urteil
2P.77/2000 vom 30. November 2000 E. 5e). Der Leistungsansprecher legt nicht
dar, weshalb von dieser Rechtsprechung abzuweichen wäre. Nichts anderes ergibt
sich aus BGE 123 II 472 E. 4d S. 478, wo das Bundesgericht die Frage der
direkten Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 2 UNO-Pakt I offen liess und betonte,
dass dieses Diskriminierungsverbot insoweit akzessorisch sei, als es einer
Stütznorm im Sozialpakt bedarf. In Art. 9 UNO-Pakt I, welcher programmatischer
Natur ist und den Inhalt der "sozialen Sicherheit" nicht präzisiert (BBl 1994 V
52), findet sich keine Anspruchsgrundlage für die hier strittigen Hilfsmittel
(vgl. Urteil 2P.77/2000 vom 30. November 2000 E. 5e mit Hinweisen). Das
Diskriminierungsverbot von Art. 2 Abs. 2 UNO-Pakt I ist nicht verletzt, wenn
sich die Ungleichbehandlung mit Art. 8 Abs. 2 BV vereinbaren lässt (SVR 2006
BVG Nr. 6 S. 22, B 84/03 E. 4.5.3). Art. 8 Abs. 2 BV schliesst eine an das
Merkmal der Staatsangehörigkeit anknüpfende Ungleichbehandlung von Schweizern
gegenüber anderen Staatsangehörigen nicht grundsätzlich aus. Gemäss Völkerrecht
sind rechtliche Unterscheidungen, welche ein Staat zwischen eigenen
Staatsangehörigen und Ausländern trifft, erlaubt, solange sie sachlich und
vernünftig gerechtfertigt beziehungsweise einem öffentlichen Interesse
entsprechen und verhältnismässig sind. Sachlich begründete Differenzierungen
zwischen Schweizerinnen beziehungsweise Schweizern und Ausländerinnen
beziehungsweise Ausländern wie auch zwischen fremden Staatsangehörigen mit
verschiedenen Aufenthaltsstatus sind nach der BV ebenfalls erlaubt (vgl. RAINER
J. SCHWEIZER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die
schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl., Zürich/Basel/
Genf 2008, Bd. 1, N 59 zu Art. 8 BV). Wenn tatsächlich jede Ungleichbehandlung
von Ausländern gegenüber Schweizern oder innerhalb von verschiedenen
Aufenthaltskategorien von Ausländern verboten würde, wie der Beschwerdegegner
verlangt, könnte letztlich auch keinem Ausländer mehr verwehrt werden,
beispielsweise trotz illegaler Einreise in der Schweiz zu verbleiben, um hier
ab dem ersten Aufenthaltstag sämtliche sozialversicherungsrechtlichen
Leistungen zu beanspruchen. Ein generelles Diskriminierungsverbot wird zwar von
gewissen Kreisen gefordert (vgl. Ruf nach generellem Diskriminierungsverbot,
Empfehlungen des Antirassismus-Komitees der UNO an die Schweiz, in: Neue
Zürcher Zeitung vom Samstag/Sonntag 16./17. August 2008, S. 15). Das Verbot der
indirekten Diskriminierung von Art. 8 Abs. 2 BV verbürgt jedoch gerade keinen
individualrechtlichen, gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Herstellung
faktischer Gleichheit (BGE 134 I 105 E. 5 S. 108 mit Hinweisen). Im Übrigen ist
auch darauf hinzuweisen, dass sich die auf die Staatsangehörigkeit abstellende
Unterscheidung zwischen Schweizern und Ausländern primär nach Art. 8 Abs. 1 BV
richtet (vgl. GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft, Zürich 2007, Art. 8 N 24). Eine Verletzung der
Rechtsgleichheit ist jedoch gegenüber dem Beschwerdegegner durch die IV-Stelle
nicht auszumachen. Zu Recht unterlässt der Leistungsansprecher einen Hinweis
auf den mit dem hier zu beurteilenden Fall vergleichbaren Sachverhalt, welcher
BGE 132 V 184 zugrunde lag (vgl. dazu EDGAR IMHOF, Behinderte Kinder aus der EU
haben ein gleiches Recht auf IV-Eingliederungsmassnahmen wie Schweizer Kinder,
in: Jusletter vom 17. September 2007, Rz. 2-4), da er sich als türkischer
Staatsangehöriger weder auf die Anwendbarkeit des Abkommens vom 21. Juni 1999
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR
0.142.112.681) berufen kann, noch gestützt auf das einschlägige
Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei (E. 3.3 in fine
hievor), die Kinderrechts- (E. 4.2 hievor) oder die Flüchtlingskonvention (E. 5
hievor) einen Anspruch auf die strittigen Leistungen der Invalidenversicherung
zu begründen vermag.

7.
Schliesslich ist festzuhalten, dass auch Art. 14 EMRK kein allgemeines
Gleichbehandlungsgebot enthält. Vielmehr ist gemäss dem Wortlaut der Bestimmung
das Diskriminierungsverbot stets bei Ungleichbehandlungen aufgrund eines
verpönten Merkmals und in Zusammenhang mit einem anderen Konventionsrecht
anzuwenden (Edgar Imhof, Die Bedeutung menschenrechtlicher
Diskriminierungsverbote für die Soziale Sicherheit, in: Jusletter vom 7.
Februar 2005, Rz. 8). Dies ergibt sich auch aus BGE 133 V 367 E. 11.3 S. 388
(Pra 97/2008 Nr. 71 S. 462), wo ein genügender Zusammenhang mit dem Recht auf
die Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK oder der
Eigentumsgarantie gemäss Art. 1 des Protokolls 1 zur EMRK verlangt wird. Ein
solcher Zusammenhang ist vorliegend nicht gegeben. Die dem Beschwerdegegner von
der IV-Stelle verweigerten Hilfsmittel bewirken weder eine Beeinträchtigung im
Privat- und Familienleben noch stellen sie einen Eingriff in die
Eigentumsgarantie noch sonstwie eine Verletzung anderer Konventionsrechte dar.
Somit kann sich der Beschwerdegegner zur Geltendmachung seiner Ansprüche auch
nicht auf die EMRK berufen.

8.
Nach dem Gesagten hat die IV-Stelle die Abgabe der hier strittigen Hilfsmittel
zu Lasten der Invalidenversicherung zu Recht verweigert. Entgegen dem
kantonalen Gericht vermag der Beschwerdegegner aus den angerufenen Bestimmungen
nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Es bleibt daher beim Einspracheentscheid
vom 11. Dezember 2006 und bei der die Verneinung des Hilfsmittelanspruchs
beinhaltenden Verfügung vom 17. Januar 2007.

9.
9.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG).
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdegegner als der unterliegenden Partei
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihm kann die unentgeltliche Rechtspflege im
Sinne einer Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten gewährt werden, da
die Bedürftigkeit erstellt ist und die Beschwerde nicht als aussichtslos zu
bezeichnen war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64
Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse
Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

9.2 Ein Antrag auf Bestellung eines unentgeltlichen Anwaltes gemäss Art. 64
Abs. 2 BGG liegt nicht vor und könnte, da der Beschwerdegegner nicht anwaltlich
vertreten ist, auch nicht gutgeheissen werden (vgl. THOMAS GEISER, in: Niggli/
Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel
2008, N 33 zu Art. 64).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts von
Appenzell Ausserrhoden vom 19. September 2007 aufgehoben.

2.
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht von Appenzell
Ausserrhoden schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. November 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Hochuli