Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.289/2008
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_289/2008

Urteil vom 27. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer,
nebenamtlicher Bundesrichter Bühler,
Gerichtsschreiberin Polla.

Parteien
M.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. André Largier, Sonneggstrasse 55, 8006 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 31. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1950 geborene M.________ meldete sich am 9. März 1998 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 28. Juli 2000
lehnte die IV-Stelle Zürich die Zusprechung einer Invalidenrente ab. Das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 31. Oktober 2001 in dem Sinne teilweise gut, dass
es die Verfügung vom 28. Juli 2000 aufhob und die Sache an die IV-Stelle
zurückwies, damit diese nach Durchführung ergänzender Abklärungen im Sinne der
Erwägungen über den Rentenanspruch neu verfüge.
A.b Die IV-Stelle des Kantons Zürich holte hierauf ein Gutachten der
Medizinischen Abklärungsstelle (Medas) vom 30. Januar 2003 ein und zog die
Akten der SUVA betreffend einem Arbeitsunfall bei, den der Versicherte am 13.
Januar 1997 erlitten hatte. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach
sie ihm mit Verfügungen vom 6. Juni 2007 und 19. Juli 2007 rückwirkend ab 1.
Januar 1998 eine halbe Invalidenrente nebst einer Kinderrente auf der Grundlage
eines Invaliditätsgrades von 58 % zu.

B.
M.________ liess Beschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihm ab 1.
Januar 1998 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Mit Entscheid vom 31.
Januar 2008 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die
Beschwerde ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt M.________ sein
vorinstanzliches Rechtsbegehren erneuern und ersucht um Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege.

Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann gemäss Art.
95 und 96 BGG nur wegen Rechtsverletzung erhoben werden. Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz
kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG).

1.2 Der Beschwerdeführer, welcher die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
anfechten will, muss substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen
gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG gegeben sind. Er hat im Einzelnen darzulegen, weshalb
die beanstandeten Feststellungen offensichtlich unrichtig sind, und zudem
aufzuzeigen, dass das Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts
anders ausgegangen wäre (vgl. Botschaft zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338). Ergänzungen des Sachverhalts haben nur
zu erfolgen, soweit sie entscheidwesentliche Tatsachen betreffen (Art. 97 Abs.
1 BGG; vgl. BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211, 545 E. 3.3.2 S. 548; 111 II 471 E.
1c S. 473, je mit Hinweisen).

2.
Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen in ihrer intertemporalrechtlich
massgebenden Fassung und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze,
welche bei der Beurteilung des streitigen Anspruches auf eine ganze
Invalidenrente zu beachten sind, mittels Verweisung auf seinen
Rückweisungsentscheid vom 31. Oktober 2001 zutreffend dargelegt: zum Begriff
der Invalidität (bis 31. Dezember 2002: Art. 4 Abs. 1 aIVG in der bis 31.
Dezember 2002 in Kraft gewesenen Fassung; ab 1. Januar 2003: Art. 4 Abs. 1 IVG
in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), zu den Voraussetzungen und zum Umfang
des Anspruches auf eine Rente der Invalidenversicherung (bis 31. Dezember 2003:
Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis aIVG in der bis 31. Dezember 2003 in Kraft
gewesenen Fassung; ab 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 1 IVG in der seit 1. Januar
2004 geltenden Fassung), zum Beginn des Rentenanspruches (bis 31. Dezember
2002: Art. 29 Abs. 1 lit. a und b aIVG in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft
gewesenen Fassung; ab 1. Januar 2003: Art. 29 Abs. 1 lit. a und b IVG in
Verbindung mit Art. 6 und 7 ATSG), zur Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen
nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (bis 31. Dezember 2002:
Art. 28 Abs. 2 aIVG in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gewesenen Fassung; ab
1. Januar 2003: Art. 16 ATSG; BGE 128 V 29 E. 1 S. 30, 104 V 135 E. 2a und b S.
136; vgl. auch BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348).

3.
3.1 Streitig ist der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wobei nur noch die
Frage nach der Höhe des für den Einkommensvergleich massgebenden
Valideneinkommens, also ein für die Höhe des Invaliditätsgrades und damit für
den Umfang des Rentenanspruches entscheidwesentliches Teilelement zu beurteilen
ist.

3.2 Der Versicherte vertritt die Auffassung, es sei "in erster Linie" die Frage
streitig, ob ihm "zusätzlich zum Grundlohn eine vom Geschäftsergebnis abhängige
Umsatzbeteiligung zustand oder nicht". Dabei gehe es um die "rechtliche
Qualifikation" dieser "Zuwendung" - als beitragsfreier Kapitalertrag oder
beitragspflichtiges Erwerbseinkommen - und somit um eine vom Bundesgericht frei
überprüfbare Rechtsfrage. Dieser Rechtsauffassung kann nicht beigepflichtet
werden.

3.3 Die Feststellung der beiden für den Einkommensvergleich massgebenden
Vergleichseinkommen ist eine Tatfrage. Um eine Rechtsfrage geht es dabei nur
insoweit, als der Richter bei der Ermittlung der beiden Vergleichseinkommen auf
die allgemeine Lebenserfahrung und damit auf normative Hypothesen abstellt (BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399). Dass und inwiefern das kantonale Gericht im
vorliegenden Fall das Valideneinkommen auf der Grundlage solcher
Erfahrungssätze ermittelt hätte, wird vom Beschwerdeführer weder dargelegt noch
geht solches aus dem angefochtenen Entscheid hervor.

3.4 Was der Beschwerdeführer vortragen lässt, sind ausschliesslich
Sachverhaltsrügen, mit denen er im Kern die Beweiswürdigung des kantonalen
Gerichts beanstandet, wonach die Leistung von Provisionen in der Höhe von je
Fr. 50'000.-- in den Jahren 1996 und 1997 durch die Firma X.________ an ihn
selbst nicht mit dem erforderlichen Beweismass der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist. Dass der Versicherte seine appellatorische
Kritik der vorinstanzlichen Beweiswürdigung unter die AHV-beitragsrechtlich
relevante Unterscheidung von massgebendem Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG) und nicht
der AHV-Beitragspflicht von Selbständigerwerbenden unterliegendem Kapitalertrag
(Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG) subsumiert, ändert nichts. Denn diese
AHV-rechtlichen Fragen sind im vorliegenden Verfahren irrelevant und werden nur
zwecks Verschleierung der rechtserheblichen Tatfrage nach der Höhe des
mutmasslich im Jahr des Rentenbeginns, das heisst im Jahre 1998 erzielten
Valideneinkommens, vorgetragen.

3.5 In der Beschwerde wird in keiner Weise dargelegt, inwiefern die Vorinstanz
von offensichtlich unrichtigen Tatsachen ausgegangen und weshalb ihre
gesamthafte Würdigung des Sachverhaltes krass falsch sein soll, wonach die
beiden massgebenden hypothetischen Vergleichseinkommen im Jahre 1998 auf Fr.
62'850.-- (Valideneinkommen) und Fr. 25'751.40 (Invalideneinkommen) zu
beziffern sind und der Invaliditätsgrad demgemäss 59 % beträgt. Ebenso wenig
ergibt sich aus den Vorbringen die Entscheidwesentlichkeit von offensichtlich
unrichtigen oder auf einer Rechtsverletzung beruhenden Tatsachenfeststellungen,
was zur Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids führt.

4.
Die unentgeltliche Rechtspflege setzt voraus, dass eine Partei bedürftig ist
und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die
hier ausschlaggebende Frage, ob der Beschwerdeführer in den Jahren 1996 und
1997 abweichend von den sozialversicherungsrechtlich und steuerlich
deklarierten Erwerbseinkünften zusätzliches unselbständiges Erwerbseinkommen
von Fr. 100'000.-- erzielt hat oder nicht, ist bisher vier Mal
verwaltungsgerichtlich beurteilt und jedes Mal verneint worden; nämlich in der
arbeitslosenversicherungsrechtlichen Streitsache mit Entscheid der Vorinstanz
vom 23. November 2004 und mit Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
vom 23. Januar 2006, mit dem hier angefochtenen vorinstanzlichen Entscheid vom
31. Januar 2008, sowie im unfallversicherungsrechtlichen Beschwerdeverfahren
mit Entscheid der Vorinstanz gleichen Datums. Bei einer solchen Konstellation
hätte eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei
vernünftiger Überlegung nicht entschlossen, zur gleichen Tatfrage noch ein
fünftes verwaltungsgerichtliches Beschwerdeverfahren anzustrengen. Dem
Beschwerdeführer sind daher wegen Aussichtslosigkeit ausgangsgemäss die
Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 96 Abs. 1 BGG) und die unentgeltliche
Verbeiständung kann ihm nicht gewährt werden. Die Frage seiner Bedürftigkeit
kann offen bleiben.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. August 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Polla