Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.274/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_274/2008

Urteil vom 27. November 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
I.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Braun,
Dorfstrasse 37, 8816 Hirzel,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 11. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
I.________ (Jg. 1980) meldete sich am 20. Dezember 2002 wegen Rückenschmerzen
bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Auf Grund ihrer Abklärungen
medizinischer und erwerblicher Art lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich das
Leistungsbegehren mit Verfügung vom 25. Januar 2005 (recte: 2006) mangels
rentenrelevanter Invalidität ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 3.
April 2006 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Februar 2008 ab.

C.
I.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
gleichzeitig in derselben Rechtsschrift subsidiäre Verfassungsbeschwerde
führen. Er beantragt die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente; eventuell sei
die Sache zur Neubeurteilung nach neutraler Begutachtung in der Klinik
X.________ an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche
Rechtspflege.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2008 reicht I.________ als zusätzliches
Beweismittel einen Bericht der Klinik Y.________ vom 19. Juni 2008 über die
"Teilnahme an einem spezifischen 4-wöchigen, ganzheitlich orientierten,
interdisziplinären Behandlungsprogramm für Patienten mit chronischen Schmerzen"
nach.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1
BGG).

1.2 Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig. Mit dieser kann
unter anderem auch die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich
Verfassungsrecht) gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Für eine subsidiäre
Verfassungsbeschwerde nach den Art. 113 ff. BGG bleibt in dieser Konstellation
kein Raum. Die Rechtsschrift vom 7. April 2008 ist daher vollumfänglich als
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen (Art. 113
BGG).

2.
Bezüglich der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen gesetzlichen Bestimmungen
über die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28
Abs. 1 IVG; auch in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Fassung), über
die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG)
sowie über den Rentenbeginn (Art. 29 Abs. 1 IVG) kann mit der Vorinstanz auf
die Ausführungen im Einspracheentscheid vom 3. April 2006 verwiesen werden.
Dasselbe gilt für die den ärztlichen Angaben zur Arbeitsfähigkeit im Rahmen der
Invaliditätsbemessung zukommende Bedeutung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit
Hinweisen). Im kantonalen Entscheid richtig dargelegt wurden weiter die an
einen beweistauglichen ärztlichen Bericht zu stellenden Anforderungen (BGE 125
V 351 E. 3a S. 352).

3.
3.1 Zur Abklärung des medizinischen Sachverhalts zog die IV-Stelle nebst
Berichten des Spitals A.________, Rheumaklinik und Institut für Physikalische
Medizin, vom 28. Oktober 2002 und der Klinik B.________ vom 31. Oktober 2002
Stellungnahmen des Hausarztes Dr. med. C.________ vom 21. März 2003 und des Dr.
med. D.________ vom Psychiatrie-Zentrum E.________ vom 21. Januar 2004 bei.
Weiter veranlasste sie eine Abklärung im Institut Z.________, welches seine
Expertise am 10. März 2005 erstattete. Zudem holte sie im Medizinischen Zentrum
F.________ Auskünfte des Dr. med. G.________, Facharzt Psychiatrie und
Psychotherapie, und des Dr. phil. H.________, Klinischer Psychologe und
Supervisor, vom 14. Juni 2005 ein. Der Beschwerdeführer reichte überdies im
kantonalen Verfahren eine Bestätigung der Dres. G.________ und H.________ vom
12. Mai 2006 sowie Stellungnahmen der Dres. med. C.________ vom 14. Mai 2006
und K.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie, vom 7. März 2006 und 12.
Mai 2006 ein.

3.2 Diese Unterlagen vermitteln hinreichende Aufschlüsse, um sich ein
zuverlässiges Bild von der medizinischen Situation im hier massgebenden
Zeitraum bis zum Erlass des Einspracheentscheids vom 3. April 2006 (BGE 130 V
445 E. 1.2 S. 446 f. mit Hinweisen) zu machen. Entgegen der Argumentation in
der Beschwerdeschrift kann nicht von einer Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes zufolge ungenügender Abklärung des rechtserheblichen
Sachverhalts und damit einer Verletzung der Art. 69 Abs. 2 IVV und 43 Abs. 1
ATSG gesprochen werden. Ergänzende Erhebungen erübrigen sich, wären von solchen
- in antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 124 V 90 E. 4b S. 94, 122 V 157 E.
1d S. 162) - doch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, welche sich auf die
Beurteilung des streitigen Rentenanspruches auswirken könnten. Der erst im
bundesgerichtlichen Verfahren eingereichte Austrittsbericht der Klinik
Y.________ vom 19. Juni 2008 über einen vom 28. April bis 26. Mai 2008
dauernden Spitalaufenthalt kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil
für die Beurteilung der Streitsache einzig die Verhältnisse massgebend sind,
wie sie sich bis zum Erlass des angefochtenen Einspracheentscheids vom 3. April
2006 verwirklicht haben. Anlass für die Beibringung dieses Dokuments bildete im
Übrigen nicht erst der angefochtene kantonale Entscheid, sodass dieses als
neues Beweismittel auch auf Grund von Art. 99 Abs. 1 BGG im bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist (E. 1.1 hievor). Sollten sich die
Verhältnisse seit Erlass des Einspracheentscheids vom 3. April 2006 in einem
für einen Rentenanspruch entscheidwesentlichen Ausmass geändert haben, steht es
dem Beschwerdeführer frei, sich mit einem neuen Leistungsbegehren an die
IV-Stelle zu wenden (Art. 87 Abs. 4 IVV).

3.3 Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das kantonale Gericht bei der
Beurteilung des ihm verbliebenen Leistungsvermögens wesentlich auf das
Gutachten des Instituts Z.________ vom 10. März 2005 abgestellt hat, welches im
Zeitpunkt des Erlasses des Einspracheentscheids vom 3. April 2006 nicht mehr
aktuell gewesen sei. Zwar trifft es zu, dass die dieser Expertise zugrunde
liegende Untersuchung bereits am 3. Januar 2005 und damit mehr als ein Jahr vor
der rentenverweigernden Verfügung vom 25. Januar 2006 und dem diese
bestätigenden Einspracheentscheid erfolgt ist. Dennoch besteht kein Anlass, die
Zuverlässigkeit der Angaben im darüber erstatteten Gutachten vom 10. März 2005
bezogen auf den Zeitpunkt des Entscheids über den geltend gemachten
Rentenanspruch in Zweifel zu ziehen. Die Gutachter des Instituts Z.________
haben den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers in orthopädischer,
psychiatrischer und neurologischer Hinsicht gründlich untersucht und auch die
damals schon vorhandenen ärztlichen Stellungnahmen in ihre Beurteilung mit
einbezogen. Inwiefern seither eine wesentliche Veränderung des Krankheitsbildes
eingetreten sein sollte, ist nicht ersichtlich und geht insbesondere auch aus
den späteren Berichten der Dres. G.________ und H.________ nicht hervor. Dass
die Fachleute des Instituts Z.________ die verbliebene Arbeitsfähigkeit
insgesamt günstiger einstuften als die übrigen den Beschwerdeführer
behandelnden Ärzte, stellt ihre Objektivität nicht ernsthaft in Frage. Es
gehört gerade zur Aufgabe von Verwaltung und erstinstanzlichen Gerichten, aus
unterschiedlich lautenden fachärztlichen Stellungnahmen und den darin zum
Ausdruck gebrachten Meinungen die ihnen richtig erscheinenden Schlüsse zu
ziehen. Dies geschieht im Rahmen der pflichtgemässen Beweiswürdigung, welche
als Tatfrage einer letztinstanzlichen Überprüfung durch das Bundesgericht
grundsätzlich nicht zugänglich ist, solange - wie hier - nicht offensichtlich
unrichtige oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhende
Feststellungen vorliegen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Allein aus dem Umstand, dass
mehrere Ärzte die noch vorhandene Restarbeitsfähigkeit geringer einschätzten,
ist nicht auf eine offensichtliche Unrichtigkeit der von den Gutachtern des
Instituts Z.________ vertretenen Ansicht zu schliessen. Auch die gegenüber
Verwaltung und Vorinstanz erhobene Willkürrüge entbehrt jeglicher
Rechtfertigung.

3.4 Es muss daher mit der auf das Gutachten des Instituts Z.________ vom 10.
März 2005 gestützten vorinstanzlichen Feststellung sein Bewenden haben, wonach
die frühere Beschäftigung als Verkäufer für den Beschwerdeführer zwar nicht
mehr geeignet ist, er aber trotz seiner Behinderung "seit März 2002 in einer
leidensangepassten Tätigkeit mit wechselnder Position und ohne Zwangshaltungen
oder repetitive grössere Bewegungsexkursionen der Wirbelsäule zeitlich und
leistungsmässig voll arbeitsfähig ist".

4.
4.1 Zur Bestimmung der erwerblichen Auswirkungen der festgestellten
Beeinträchtigung haben Vorinstanz und Verwaltung einen Einkommensvergleich
vorgenommen. Diesbezüglich beanstandet der Beschwerdeführer einzig, dass der
ohne Gesundheitsschaden mutmasslich erzielbare Verdienst (Valideneinkommen)
ohne Berücksichtigung des von ihm erwarteten Aufstiegs zum Geschäftsführer
festgelegt worden ist und Vorinstanz und Verwaltung insbesondere von der in
diesem Zusammenhang beantragten Zeugeneinvernahme abgesehen haben.

4.2 Das kantonale Gericht ging davon aus, der Beschwerdeführer wäre ohne
Gesundheitsschaden weiterhin an seiner bis Ende 2002 besetzten Stelle tätig
geblieben. Es setzte deshalb den dort erzielten Verdienst - unter
Berücksichtigung der seither eingetretenen Nominallohnentwicklung - dem
Valideneinkommen gleich. Eine Verletzung von Bundesrecht kann allein darin
nicht erblickt werden. Indem der Beschwerdeführer geltend macht, er hätte, wäre
er gesund geblieben, eine besser bezahlte Stelle als Geschäftsführer erhalten,
will er der Bestimmung des Valideneinkommens lediglich einen andern als den von
der Vorinstanz angenommenen Sachverhalt zugrunde legen, was auf die Rüge eines
im kantonalen Entscheid unrichtig festgestellten Sachverhalts hinausläuft. Die
vorinstanzliche Sachverhaltsermittlung jedoch ist einer Überprüfung im
bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nicht zugänglich, es sei
denn, eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch das vorinstanzliche
Gericht wäre offensichtlich oder würde auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Ersteres wird in der
Beschwerdeschrift nicht geltend gemacht. Hingegen wird darin eine Verletzung
von Art. 43 ATSG gerügt, wonach der Versicherungsträger unter anderem die
notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vorzunehmen und die erforderlichen
Auskünfte einzuholen hat (Abs. 1 Satz 1).

4.3 Nach der Rechtsprechung ist die Annahme eines ohne Gesundheitsschaden mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit mutmasslich realisierten beruflichen Aufstiegs
an strenge Voraussetzungen geknüpft. Der Beschwerdeführer hat indessen keine
konkreten Anhaltspunkte nennen können, welche die von ihm behauptete berufliche
Weiterentwicklung als realistisch hätten erscheinen lassen. So hat er
insbesondere nicht angegeben, wo und auf welchen Zeitpunkt hin er eine
Geschäftsführerstelle hätte besetzen können und bei welcher Gelegenheit davon
überhaupt die Rede gewesen wäre. Die Vorinstanz hat im Übrigen einzelne
Gegebenheiten angeführt, welche ihrer Ansicht nach den behaupteten beruflichen
Aufstieg als "sehr unwahrscheinlich" erscheinen lassen. Unter diesen Umständen
aber wären von der beantragten Befragung der bisherigen Vorgesetzten als Zeugin
von vornherein keine Aufschlüsse zu erwarten gewesen, welche einen kurz
bevorstehenden Karriereschritt mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad
hätten belegen können. Im Verzicht auf die beantragte Zeugenbefragung ist daher
keine Verletzung von Art. 43 Abs. 1 ATSG zu sehen. Auch von einer Verletzung
des Willkürverbots kann keine Rede sein.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer
als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diesem kann indessen
die unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden (Art. 64 BGG), da die
Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu
bezeichen und die Vertretung notwendig war (vgl. BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und
371 E. 5b S. 372). Er wird der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben, wenn er
später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwalt Markus Braun, Hirzel, wird als unentgeltlicher Anwalt des
Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-
ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. November 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl