Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.244/2008
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_244/2008

Urteil vom 14. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Parteien
B.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Benvenuto Savoldelli, Hauptgasse 20, 4600 Olten,

gegen

Unia Arbeitslosenkasse, Buchserstrasse 4, 5000 Aarau, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
12. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1956 geborene B.________ war ab 19. Mai 2005 für die Firma M.________ AG,
(nachfolgend: Firma M.________), tätig. Diese Arbeit war ihm vom Temporärbüro
Firma A.________ AG, (nachfolgend: Firma A.________ AG), vermittelt worden. Die
Firma A.________ AG kündigte den Einsatzvertrag mit Schreiben vom 22. Januar
2007 per 28. Februar 2007 unter Hinweis auf strukturelle Veränderungen. Die
Firma M.________ hatte B.________ zuvor eine Festanstellung im Rahmen eines
20%igen Arbeitspensums angeboten, welche er am 6. November 2006 schriftlich
abgelehnt hatte. Mit Verfügung vom 22. März 2007 stellte die Unia
Arbeitslosenkasse B.________ wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit ab 1.
März 2007 für die Dauer von 20 Tagen in der Anspruchsberechtigung ein. Daran
hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 2. Mai 2007).

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde ab (Entscheid vom 12. Februar 2008).

C.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei von einer Einstellung in der Anspruchsberechtigung
abzusehen; eventualiter sei die Dauer der Einstellung angemessen zu kürzen.

Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die
Arbeitslosenkasse lässt sich nicht vernehmen. Das Staatssekretariat für
Wirtschaft verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2 Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der
Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene kantonale
Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und
beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht, Völkerrecht oder kantonale
verfassungsmässige Rechte verletzt (Art. 95 lit. a bis c BGG), einschliesslich
einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1,
Art. 105 Abs. 2 BGG). Hingegen hat unter der Herrschaft des BGG eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht zu
unterbleiben (ausser wenn sich die Beschwerde gegen einen - im hier zu
beurteilenden Fall indessen nicht anfechtungsgegenständlichen - Entscheid über
die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder
Unfallversicherung richtet; Art. 97 Abs. 2 BGG). Ebenso entfällt eine Prüfung
der Ermessensbetätigung nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle (BGE
126 V 75 E. 6 S. 81 zu Art. 132 lit. a OG [in der bis 30. Juni 2006 gültig
gewesenen Fassung]).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen zur Einstellung in der
Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs.
1 lit. a AVIG und Art. 44 Abs. 1 lit. b AVIV) sowie zur verschuldensabhängigen
Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 Satz 3 AVIG und Art. 45 Abs. 2 AVIV)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2 Hinsichtlich des Verschuldensgrades hat das kantonale Gericht überdies
richtig erwogen, dass die nicht entschuldbare Aufgabe einer zumutbaren
Arbeitsstelle ohne Zusicherung einer neuen oder Ablehnung einer zumutbaren
Arbeit gestützt auf Art. 45 Abs. 3 AVIV in der Regel als schweres Verschulden
zu werten ist (zur möglichen Abweichung davon bei Vorliegen besonderer
Umstände: BGE 130 V 125).

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat in pflichtgemässer Würdigung der gesamten
Aktenlage mit nachvollziehbarer Begründung erkannt, die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung sei zu Recht erfolgt, weil der Versicherte das Angebot
der Firma M.________ für eine Festanstellung zu 20 % ohne Aussicht auf eine
andere Beschäftigung ausgeschlagen habe. Er wäre nach den Erwägungen im
angefochtenen Gerichtsentscheid verpflichtet gewesen, seine Bereitschaft zur
Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Umfang eines 20%-Pensums zu erklären. Dies
hätte ihn nicht davon abgehalten, sich sogleich nach einer neuen
Vollzeitanstellung umzusehen und bei erfolgreicher Suche die zwischenzeitlich
angetretene Teilzeitstelle zu kündigen. Daran ändere nichts, dass er bereits im
April 2007 wieder zu 100 % erwerbstätig werden konnte, habe er dies doch im
Zeitpunkt der Ablehnung des Stellenangebots der Firma M.________ nicht
voraussehen können. Ferner habe die Verwaltung bei der Bemessung der
Einstelldauer insbesondere korrekt berücksichtigt, dass die Ablehnung eine
Teilzeitstelle mit einem Pensum von lediglich 20 % betraf. Damit lasse sich
auch das Ausmass der Einstellung von 20 Tagen, somit im unteren Bereich eines
mittelschweren Verschuldens, nicht beanstanden.

3.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen diese Betrachtungsweise nicht
in Zweifel zu ziehen. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind
nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG und die rechtliche Würdigung
ist bundesrechtskonform. In der letztinstanzlichen Beschwerde wird eingewendet,
das kantonale Gericht habe fälschlicherweise angenommen, dass der Versicherte
in seiner letzten Beschäftigung für die Firma M.________ zeitweise nur in einem
20%igen Pensum tätig gewesen sei. Vielmehr habe er im Rahmen von 50 bis 100 %
eines Vollzeitpensums gearbeitet, wovon im Übrigen auch die Arbeitslosenkasse
ausgegangen sei. Tatsächlich gibt die Vorinstanz - im Zusammenhang mit der
Behandlung der Rüge des Versicherten, wonach der Arbeitsweg bei einem 20%igen
Teilpensum nicht mehr zumutbar gewesen wäre - an, er sei gemäss Einsatzvertrag
mit der Firma A.________ AG vom 18. Mai 2005 ursprünglich zu 20 % beschäftigt
gewesen. Allseits unbestritten ist aber, dass er bis Ende Februar 2007 in einem
durchschnittlich 20 % markant übersteigenden Pensum erwerbstätig gewesen ist
und folglich die ihm offerierte Festanstellung mit einem Teilzeitpensum von 20
% auf jeden Fall unter seinem bisherigen Einsatz für die ehemalige
Arbeitgeberin lag. Weshalb der Einwand des unzumutbaren Arbeitsweges nicht
stichhaltig ist, wurde zudem im angefochtenen Gerichtsentscheid einlässlich
begründet. Der exakte Umfang der ehemaligen Tätigkeit für die Firma M.________
spielt unter diesen Umständen für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens keine
Rolle und kann offen bleiben. Weiter lässt der Versicherte vorbringen, das
kantonale Gericht habe übersehen, dass die Arbeitslosenkasse eine geringere
Einstelldauer angeordnet hätte, wenn sie zum Zeitpunkt der
Einstellungsverfügung vom 22. März 2007 bereits gewusst hätte, dass er schon am
10. April 2007 wieder einen temporären Arbeitseinsatz antreten konnte. Eine
solche Darstellung ist dem Einspracheentscheid vom 2. Mai 2007 allerdings nicht
zu entnehmen. Vielmehr sind sich Verwaltung und Vorinstanz einig, dass die
Arbeitslosigkeit durch den Beschwerdeführer gerade deswegen (teilweise)
selbstverschuldet war, weil er am - für die Beurteilung des Verschuldens im
Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG massgeblichen - 6. November 2006, dem Tag
seiner Verzichtserklärung in Bezug auf die Teilzeitstelle, weder die temporäre,
auf längstens drei Monate beschränkte Beschäftigung ab 10. April 2007
(Einsatzvertrag der Firma P.________ AG vom 3. April 2007), noch andere
Stellenangebote in Aussicht hatte. Für die Einschätzung im Sinne von Art. 30
Abs. 1 lit. a AVIG und konsequenterweise auch für die Bemessung der Sanktion im
Sinne von Art. 45 Abs. 2 und 3 AVIV war der Kenntnisstand des Versicherten zum
Zeitpunkt der Ablehnung der Teilzeitanstellung am 6. November 2006 relevant,
nicht aber das Wissen der Arbeitslosenkasse bei Erlass der
Einstellungsverfügung (vom 22. März 2007). Aus der Behauptung des
Beschwerdeführers, aufgrund seiner Verzichtserklärung habe er nicht unbedingt
mit einer Kündigung rechnen müssen, kann ebenfalls keine andere Erkenntnis
gewonnen werden. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass seine Erklärung vom
6. November 2006, nicht in einem 20%igen Teilpensum tätig sein zu wollen, zur
gänzlichen Arbeitslosigkeit geführt hat. Weder diese noch die übrigen
Tatsachenfeststellungen des kantonalen Gerichts sind offensichtlich unrichtig
oder unvollständig. Der Versicherte hätte bis zum Finden einer neuen Stelle die
Arbeitszeitreduktion in seinem bisherigen Einsatzbereich als Beitrag zur
Schadenminderungspflicht akzeptieren müssen. Weil er dies nicht getan hat,
durfte das kantonale Gericht, ohne Bundesrecht zu verletzen, die Einstellung in
der Anspruchsberechtigung bestätigen.

Schliesslich haben die Vorinstanzen mit dem Abweichen von der Regelsanktion im
Bereich des schweren Verschuldens die besonderen Umstände, welche eine mildere
Sanktion rechtfertigen (vgl. E. 2.2 hiervor), erkannt, womit sich auch
bezüglich der Dauer der Einstellung keinerlei Anlass für ein Eingreifen des
Bundesgerichts ergibt.

4.
Bei diesem Ausgang des Prozesses hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. August 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung i.V. Fleischanderl