Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.20/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_20/2008

Urteil vom 26. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Parteien
Dienststelle Wirtschaft und Arbeit (wira), Arbeitslosenkasse des Kantons
Luzern, Bürgenstrasse 12, 6005 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

S.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 12. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
S.________, geboren 1953, schloss am 18. Juli 2002 mit der Versicherung
X.________ einen Arbeitsvertrag über eine Teilzeittätigkeit auf Abruf ab. Vom
1. August 2005 bis 31. Juli 2007 bezog sie Leistungen der
Arbeitslosenversicherung. Dabei wurde das Einkommen aus ihrer Teilzeittätigkeit
auf Abruf bei der Versicherung X.________ als Zwischenverdienst abgerechnet.
Für die Zeit ab 1. August 2007 stellte S.________ erneut einen Antrag auf
Arbeitslosenentschädigung. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern
(nachfolgend: Arbeitslosenkasse) lehnte mit Verfügung vom 23. August 2007,
bestätigt mit Einspracheentscheid vom 4. Oktober 2007, einen Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung mangels Erfüllung der Mindestbeitragszeit ab.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die von S.________ hiegegen
erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 12. Dezember 2007 gut und wies die Sache
zu erneuter Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Arbeitslosenkasse zurück.

C.
Die Arbeitslosenkasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde (recte: Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) mit dem Antrag, der vorinstanzliche
Entscheid sei aufzuheben. Das Verwaltungsgericht und S.________ schliessen auf
Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf
eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Voraussetzung der
Erfüllung der Beitragszeit zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs.
1 lit. e und Art. 13 Abs. 1 AVIG), die für die Beitragszeit geltende
zweijährige Rahmenfrist (Art. 9 AVIG) und die Ermittlung der Beitragszeit,
insbesondere bei Teilzeiterwerbstätigen (Art. 11 AVIV; BGE 121 V 165 E. 2c/bb
S. 170 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil C 254/01 vom 28. August 2002, E. 3.2),
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Es ist unbestritten, dass die relevante Rahmenfrist vom 1. August 2005 bis 31.
Juli 2007 lief und der Vertrag vom 18. Juli 2002 über Teilzeitarbeit auf Abruf
zwischen der Versicherung X.________ und der Versicherten während der ganzen
Rahmenfrist und darüber hinaus andauerte. Ebenso unbestritten sind die
geleisteten Arbeitseinsätze der Versicherten (vgl. die Zusammenstellung der
Arbeitslosenkasse vom 3. Oktober 2007). Streitig ist hingegen die Ermittlung
der Beitragszeit.

4.
4.1 Nach der Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Beitragsmonate die
formale Dauer des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Erbringt die versicherte
Person im Rahmen eines sich über mehrere Monate erstreckenden
Arbeitsverhältnisses regelmässig oder unregelmässig eine Arbeitsleistung, so
gilt jeder Kalendermonat, in dem Arbeit geleistet wird, als Beitragsmonat,
während jene Kalendermonate innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses ausser
Betracht fallen, in denen die versicherte Person an gar keinem Tag gearbeitet
hat (BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 170 mit Hinweis). Entscheidend für die
Ermittlung der Anzahl Beitragsmonate ist somit, ob eine Arbeitsleistung, welche
sich auf mehrere in zeitlichem Abstand voneinander erbrachte Einsätze verteilt,
im Rahmen eines einzigen (Teilzeit-) Arbeitsverhältnisses oder von
Einzeleinsätzen mit je neuem Arbeitsvertrag erbracht wurde (Urteil C 254/01 vom
28. August 2002, E. 3.2 mit Hinweisen). Nicht entscheidend ist, ob die
geleisteten Arbeitsstunden tatsächlich einen vollen Arbeitstag ergeben (BGE 122
V 256 E. 4c/bb S. 263, 121 V 165 E. 2c/bb S. 170). Dies gilt auch im Rahmen des
Zwischenverdienstes von teilzeitlich Erwerbstätigen, wo es nicht angeht, nur
die einzelnen Beschäftigungstage zu berücksichtigen (BGE 122 V 249).

4.2 Es ist unbestritten, dass die Einsätze der Versicherten im Rahmen des
Teilzeitarbeitsverhältnisses auf Abruf gestützt auf die Vereinbarung vom 18.
Juli 2002 und nicht als Einzeleinsätze mit je neuem Arbeitsvertrag erfolgten.
Somit hat die Vorinstanz zu Recht jeden Monat, in welchem die Versicherte einen
Einsatz hatte, als ganzen Beitragsmonat berücksichtigt. Sie hat auch zutreffend
festgehalten, dass Art. 11 Abs. 2 AVIV nur dann zur Anwendung gelangt, wenn das
Arbeitsverhältnis im Laufe eines Monats beginnt oder endet. Dies trifft auf den
hier zu beurteilenden Fall gerade nicht zu. Daran ändern auch die Einwände der
Arbeitslosenkasse nichts. Zwar kann das Abstellen auf den Beitragsmonat als
massgebendes Kriterium dazu führen, dass eine versicherte Person mit zwölf
Arbeitstagen verteilt auf zwölf Monate innert der zweijährigen Rahmenfrist die
Beitragszeit erfüllt (vgl. explizit BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 170 bezüglich der
damals erforderlichen Beitragszeit von sechs Monaten), bei ungleich mehr
beitragspflichtigen Beschäftigungstagen oder Arbeitsstunden im Rahmen
verschiedener kurzfristiger Arbeitsverhältnisse hingegen nicht. Dieses Ergebnis
ist jedoch vom Gesetzgeber gewollt, weil er gerade im Hinblick auf
Teilzeitarbeitende einen Systemwechsel vorgenommen hat und vom Nachweis einer
Mindestzahl von Tagen mit beitragspflichtiger Beschäftigung abgerückt ist. Dass
in solchen Extremfällen ein Leistungsbezug am Erfordernis des anrechenbaren
Arbeitsausfalles (Art. 8 Abs. 1 lit. b und Art. 11 AVIG) und/oder der
Mindestgrenze des versicherten Verdienstes (Art. 23 Abs. 1 AVIG; Art. 40 AVIV)
scheitern kann, ändert daran nichts (BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 171; vgl. zum
Ganzen auch Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Ulrich Meyer
[Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, 2. Aufl.,
Basel 2007, Rz. 212 f. mit Hinweisen). Mit der Vorinstanz ist demnach
festzuhalten, dass die Versicherte die Mindestbeitragszeit erfüllt und die
Sache an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen ist, damit diese nach Prüfung der
weiteren Leistungsvoraussetzungen über den Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung neu verfüge.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Als unterliegende Partei hat die
Arbeitslosenkasse die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; vgl. auch
BGE 133 V 637).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Dienststelle für Wirtschaft und
Arbeit Luzern (wira), Stab Recht, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft
schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. August 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Riedi Hunold