Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.181/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_181/2008

Urteil vom 8. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiber Grunder.

Parteien
B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Mondi,
Grossfeldstrasse 45, 7320 Sargans,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 10. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1951 geborene B.________ war vom 1. Mai 2002 bis zur Auflösung des
Arbeitsverhältnisses per 31. Mai 2005 aus wirtschaftlichen Gründen bei der
Firma X.________ als Betriebsmitarbeiter (diverse Handarbeiten wie Reinigung
von Aluminium-Profilen; Bohren und Fräsen auf konventionellen Maschinen)
angestellt. Am 14. Dezember 2005 meldete er sich wegen chronischer Bronchitis,
funktioneller Atembeklemmung, Tendinitis calcarea und Imgingement an der
rechten Schulter, Schulteroperation sowie Muskelschwäche bei der
Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen
holte medizinische Stellungnahmen ein (der Dres. med. A.________, Spezialarzt
für Chirurgie FMH, vom 12. Januar 2005 [mit weiteren medizinischen Unterlagen]
sowie C.________, Orthopädie, vom 21. Februar 2006), tätigte berufliche
Abklärungen (Fragebogen für den Arbeitgeber der Firma X.________ vom 20.
Dezember 2005; Auszug aus dem Individuellen Konto) und zog den
"Abklärungsbericht Verzahnungsprogramm" der Durchführungsstelle Y.________, vom
18. August 2006 bei, wo im Zeitraum vom 22. Juni bis 18. August 2006 die
erwerbliche Leistungsfähigkeit des Versicherten geprüft worden war. Zudem
veranlasste die Verwaltung eine multidisziplinäre (orthopädische,
neurologische, internistische und psychiatrische) Begutachtung beim Institut
Z.________ (Expertise vom 26. Januar 2007). Die medizinischen Sachverständigen
kamen zum Schluss, es liege mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit ein
chronisches Rest-Impingement der Schulter rechts (ICD-10: M75.4) bei Status
nach Arthroskopie mit intraartikulärem Débridement und subakromialer
Dekompression sowie Kalkausräumung am 10. Mai 2005 (ICD-10: Z98.8) vor. Die
weiteren Diagnosen (beginnendes metabolisches Syndrom mit Adipositas [ICD-10:
E.66.0], Dyslipidämie [ICD-10: E78.2], aktuell erhöhtem HbA1-Wert und Verdacht
auf Diabetes mellitus [ICD-10: E11.9], anamestisch subakromiales Impingement
der Schulter links ohne klinischen Befund [ICD-10: M75.4], intermittierend
auftretendes lumbovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik
[derzeit klinisch stumm; ICD-10: M54.5], anamestisch chronische Bronchitis bei
aktuell normaler Lungenfunktionsprüfung) beeinträchtigten die Arbeitsfähigkeit
nicht. Der Explorand sei für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten
in wechselnder Position und ohne Bewegungen der Arme im Überkopfbereich oder
hinter der Körper-ebene zeitlich und leistungsmässig uneingeschränkt
arbeitsfähig. Bei solchen adaptierten Tätigkeiten sei eine Schmerzprovokation
unwahrscheinlich, sodass sie dem Versicherten zugemutet werden könnten.
Gestützt auf diese Ergebnisse verneinte die IV-Stelle, nach durchgeführtem
Vorbescheidverfahren, einen Anspruch auf Invalidenrente mangels
leistungsbegründendem Invaliditätsgrad (Verfügung vom 12. Juni 2007).

B.
Hiegegen liess B.________ Beschwerde erheben und beantragen, es sei ihm
rückwirkend ab Februar 2005 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen;
eventualiter sei der aktuelle Gesundheitszustand durch ein Obergutachten
abzuklären. Im Laufe des kantonalen Verfahrens liess er zwei Berichte des Dr.
med. E.________, Innere Medizin und Pneumologie FMH, vom 10. September 2007
sowie zwei Stellungnahmen der Klinik F.________, Ambulatorium Orthopädie, vom
1. Oktober 2007 einreichen. Mit Entscheid vom 10. Januar 2008 wies das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Beschwerde ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt B.________ das
Rechtsbegehren stellen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die
kantonale Beschwerde vom 12. Juli 2007 gutzuheissen. Ferner wird um
unentgeltliche Rechtspflege ersucht.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist zur Beurteilung
des Gesundheitsschadens sowie der Arbeitsunfähigkeit als wesentlichen
Voraussetzungen für die Bestimmung des Invalideneinkommens auf das Gutachten
des Instituts Z.________ vom 26. Januar 2007 abzustellen, welches insgesamt mit
den übrigen ärztlichen und anderweitigen (insbesondere auch der
Durchführungsstelle Y.________) Auskünften in Übereinstimmung steht. Die im
kantonalen Verfahren eingereichten Berichte des Dr. med. E.________ belegen
zwar für den Zeitpunkt bei Erlass der Verfügung vom 12. Juni 2007 ein
Schlafapnoesyndrom, welches das Institut Z.________ nicht diagnostizierte.
Dieses stand jedoch im Wesentlichen in Zusammenhang mit der chronischen
Bronchitis, der Überlastung des muskuloskelettalen Systems und der
linksseitigen Thoraxschmerzen, dessen Auswirkungen die Gutachter des Instituts
Z.________ insgesamt bei der Beurteilung des Gesundheitszustandes und der
Arbeitsfähigkeit berücksichtigt haben. Hinsichtlich der im kantonalen Verfahren
weiter aufgelegten Berichte der Klinik F.________ gelangte die Vorinstanz zum
Schluss, dass die darin festgehaltenen Kniebeschwerden keine voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zur
Folge haben, da sie medizinisch behandelbar sind.

2.2 Der Beschwerdeführer macht gestützt auf Art. 97 Abs. 1 BGG in verschiedener
Hinsicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt teils offensichtlich
unrichtig, teils unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. Art. 61
lit. f ATSG) unvollständig festgestellt.
2.3
2.3.1 Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers hat sich die Vorinstanz mit
dem Bericht des Dr. med. A.________ vom 12. Januar 2006, worin abweichend vom
Gutachten des Instituts Z.________ hinsichtlich der Schulterbeschwerden rechts
eine Arbeitsfähigkeit von 5 bis 6 Stunden täglich in einer adaptierten
Tätigkeit statuiert wurde, einlässlich auseinandergesetzt. Sie hat dabei
zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Arzt keine Begründung liefert,
weshalb die Einschränkungen im zuletzt ausgeübten, schulterbelastenden Beruf
(Arbeitsunfähigkeit von 50 %) nur geringfügig über denjenigen in einer
leidensangepassten Tätigkeit liegen sollen. Zum anderen übersieht der
Beschwerdeführer, dass der von Dr. med. A.________ konsiliarisch beigezogene
Dr. med. C.________ bezüglich der geklagten Beschwerden an der rechten Schulter
keine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden objektiven Befunde erheben konnte
(vgl. Berichte vom 4. und 31. Oktober 2005 sowie die von der IV-Stelle
eingeholte Stellungnahme vom 21. Februar 2006). Es trifft daher nicht zu, dass
das kantonale Gericht bei der Prüfung der Auskünfte des Dr. med. A.________
einzig der Erfahrungstatsache Rechnung getragen hat, wonach behandelnde Ärzte
mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in
Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (vgl. dazu BGE 125 V 351
E. 3b/cc S. 353 mit Hinweisen). Die vorinstanzliche Beurteilung, wonach
aufgrund der Berichte des Dr. med. A.________ das Gutachten des Instituts
Z.________ nicht in Zweifel gezogen werden kann, ist daher nicht zu
beanstanden.
2.3.2 Ebensowenig vermögen die Ausführungen der Klinik F.________
(vorinstanzliche aufgelegte Berichte vom 1. Oktober 2007) zu überzeugen, wonach
nunmehr Beschwerden im Bereich des linken Schultergelenkes mit radiologisch
nachweisbarer "Mikroverkalkung" bei weitgehend unauffälligem Befund an der
rechten Schulter im Vordergrund gestanden haben. Die Klinik nimmt zu einer
allfälligen Arbeitsunfähigkeit nicht Stellung. Sodann werden die weiter
erwähnten Gesundheitsschäden an den Kniegelenken ärztlich erstmals erwähnt.
Noch anlässlich der Erhebung der Anamnese beim Institut Z.________ gab der
Explorand diesbezüglich keine Beschwerden an; die klinische Untersuchung der
Kniegelenke zeigte blande Verhältnisse, weshalb von einer radiologischen
Überprüfung abzusehen war (Gutachten vom 26. Januar 2007). Unter diesen
Umständen ist davon auszugehen, dass jedenfalls im für die gerichtliche
Beurteilung des Sachverhalts massgeblichen Zeitpunkt bei Erlass der Verfügung
vom 12. Juni 2007 (vgl. BGE 121 V 362 E. 1b S. 366 mit Hinweisen) keine
erheblichen Beeinträchtigungen im Bereich der Kniegelenke vorgelegen haben. Die
Frage, ob überhaupt ein invalidenversicherungsrechtlich erheblicher
Gesundheitsschaden bestanden hat, was die Vorinstanz im Ergebnis verneint, kann
daher offen bleiben.
2.3.3 Hinsichtlich des weiter geltend gemachten Schlafapnoesyndroms ist
einzuräumen, dass Dr. med. E.________ (vgl. vorinstanzlich aufgelegte Berichte
vom 10. September 2007) auf Ende 2004/Anfang 2005 durchgeführte
spezialärztliche Untersuchungen (vgl. Berichte des Dr. med. G.________,
Spezialarzt für innere Medizin, spez. Pneumologie, vom 26. November 2004 sowie
14. Januar und 4. Februar 2005) hingewiesen hat und gestützt auf eine
Polysomnographie vom 29./30. August 2007 zum Schluss gelangt ist, "anhand des
Apnoe/Hypopnoeindexes wird das Ausmass des Schlafapnoesyndroms wahrscheinlich
unterschätzt, es dürfte leichten bis mittelschweren Ausmasses sein". Dr. med.
G.________ hat im Zeitpunkt der von ihm vorgenommenen Explorationen mangels
genügender Anhaltspunkte für das Vorliegen eines chronisch obstruktiven
Schlafapnoesyndroms auf eine Polysomnographie verzichtet, wobei er dem Hausarzt
Dr. med. A.________ empfahl, "die Einnicktendenz und die Schlafqualität des
Patienten im Auge zu behalten"; aus pneumologischer Sicht befürwortete er
explizit die Wiederaufnahme einer vollzeitlichen Arbeitstätigkeit. Die
Gutachter des Instituts Z.________ stellten bei der Lungenfunktionsprüfung vom
28. November 2006 in Kenntnis der Angaben des Dr. med. G.________ eine leicht
verminderte Vitalkapazität bei vermutlich etwas eingeschränkter Compliance,
ohne auffälligen Befund und ohne Hinweise für eine Obstruktion fest (vgl.
Gutachten vom 26. Januar 2007). Mit Blick auf die vorinstanzlichen Erwägungen
ist unter diesen Umständen zunächst unklar, ob der Beschwerdeführer nicht doch
an gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit gelitten hat, welche das Institut Z.________ unberücksichtigt
liess. Indessen ist den Berichten des Dr. med. E.________, welcher im Übrigen
zur Arbeitsunfähigkeit nicht Stellung genommen hat, zu entnehmen, dass die
therapierbaren nächtlichen Atemstörungen für zahlreiche vom Patienten geklagten
Beschwerden verantwortlich sind (wie chronische Bronchitis, Überlastung des
muskuloskelettalen Systems, linksseitige Thoraxschmerzen). Die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung ist daher auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden.
2.3.4 Der schliesslich geltend gemachte Diabetes mellitus ist nach den
verbindlichen Feststellungen des vorinstanzlichen Gerichts medizinisch
behandelbar und hatte jedenfalls im Zeitpunkt der Verfügung vom 12. Juni 2007
keine Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zur Folge.
2.3.5 Insgesamt betrachtet lässt sich weder mit den Vorbringen des
Beschwerdeführers noch aufgrund der Akten begründen, dass die Vorinstanz in
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes den Gesundheitsschaden und die daraus
resultierende Arbeitsunfähigkeit unvollständig oder offensichtlich unrichtig
festgestellt hat.

3.
Die Bestimmung der Vergleichseinkommen des kantonalen Gerichts wird
letztinstanzlich nicht in Frage gestellt. Der Invaliditätsgrad von knapp 12 %
ist daher zu bestätigen.

4.
4.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 und Art. 65 BGG).

4.2 Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (vorläufige Befreiung von der
Bezahlung der Gerichtskosten und Bewilligung eines unentgeltlichen
Rechtsbeistands) kann stattgegeben werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen,
die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen ist und die Vertretung
durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt geboten war (Art. 64 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 125 V 371 E. 5b S. 372 mit Hinweisen). Es wird indessen
ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte
Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im
Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwedeführer auferlegt, indes
einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwältin Gabriela Mondi, Sargans, wird als unentgeltliche Anwältin des
Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihr für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 8. August 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Grunder