Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.16/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_16/2008

Urteil vom 2. September 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
U.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dominik Zehntner, Spalenberg 20, 4051
Basel,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 15. August 2007.

Sachverhalt:
A. U.________ (Jg. 1950) stürzte am 23. Dezember 1981 rückwärts von der
Hebebühne eines Lastwagens und erlitt dabei linksseitig Verletzungen am
Ellenbogen sowie am Handgelenk. Ab 26. April 1982 war er zunächst zu 50 % und
ab 14. Juni 1982 wieder vollumfänglich arbeitsfähig. Im Juni 1998 und im
September 1999 kam es zu Rückfallmeldungen wegen Beschwerden im linken
Handgelenk. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), welche
jeweils für die Heilbehandlung aufgekommen war und Taggelder ausgerichtet
hatte, sprach nebst einer Integritätsentschädigung am 29. Mai 2006 rückwirkend
ab 1. März 2006 verfügungsweise eine Invalidenrente zu, welche sie nach
mehreren Einsprache- und Beschwerdeverfahren auf der Basis einer
Erwerbsunfähigkeit von 44 % und einem versicherten Jahresverdienst von Fr.
49'652.- berechnete. Auf Einsprache hin erhöhte sie den Invaliditätsgrad mit
Entscheid vom 18. Januar 2007 auf 86 %.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Begehren, der Rente einen versicherten
Verdienst auf Fr. 83'509.- zugrunde zu legen, wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 15. August 2007 ab.

C.
U.________ lässt mit Beschwerde seinen im kantonalen Verfahren gestellten
Antrag erneuern. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für
Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1 BGG) - nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer beantragt, der Berechnung der Invalidenrente einen höheren
versicherten Verdienst zugrunde zu legen. Er begründet dies einerseits damit,
dass seine damalige Ärztin in Zusammenhang mit dem 1998 gemeldeten Rückfall
zunächst eine falsche Diagnose gestellt habe, weshalb es zu einer medizinischen
Fehlbehandlung gekommen sei. Diesen Umstand will er als neues Unfallereignis
sehen, weshalb bei der Berechnung das vor diesem Ereignis erzielte
Erwerbseinkommen für die Bestimmung des versicherten Verdienstes massgebend sei
(vgl. dazu nachstehende E. 3). Andererseits beanstandet er, dass das kantonale
Gericht seinen Entscheid auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung gemäss
Urteil U 118/06 vom 25. April 2007 gestützt und an dieser festgehalten hat
(vgl. dazu nachstehende E. 4).

3.
3.1 Gemäss Art. 6 UVG erbringt die Versicherung ihre Leistungen nicht nur bei
Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten (Abs. 1) sowie
unfallähnlichen Körperschädigungen (Abs. 2), sondern ausserdem für
Schädigungen, die der verunfallten Person bei der Heilbehandlung zugefügt
werden (Abs. 3).

3.2 Laut handchirurgischer Expertise des Dr. B.________ vom Spital B.________
vom 29. März 2004 sollen die behandelnden Ärzte im Spital R.________ im Jahre
1998 die nunmehr gestellte Diagnose eines Morbus Preiser nicht erkannt haben,
weshalb die am 16. Dezember 1998 erfolgte medizinische Behandlung mittels
Curettage, Spongiosaplastik und Handgelenksdenervation nicht zur erwünschten
Wiederherstellung eines belastbaren, kräftigen Handgelenks habe führen können.
Auf Grund dieses Sachverhaltes macht der Beschwerdeführer ein neues
Unfallereignis geltend, welches zur Folge habe, dass für die Bestimmung des
versicherten Verdienstes laut Art. 24 Abs. 4 UVV der Lohn massgebend sei, den
er im Jahr vor diesem Ereignis bezogen hätte, wenn früher kein versicherter
Unfall eingetreten wäre (Satz 1).

3.3 Wie die SUVA schon im kantonalen Beschwerdeverfahren mit Recht einwandte,
erfüllt die angeblich fehlerhafte Behandlung im Spital R.________ die
Begriffsmerkmale eines versicherten Unfallereignisses im Sinne von Art. 6 Abs.
1 oder 2 UVG nicht, liegt doch keine plötzliche, nicht beabsichtigte
schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den
menschlichen Körper (Art. 4 ATSG) vor. Art. 6 Abs. 3 UVG kann schon deshalb
nicht zur Anwendung gelangen, weil keine bei der Heilbehandlung zugefügte
Schädigung ersichtlich ist. Worin eine solche bestehen sollte, wird in der
Beschwerdeschrift denn auch nicht dargelegt. An diesem Ergebnis ändert nichts,
dass eine behandlungsbedürftige Schadensverursachung als solche nach Art. 6
Abs. 3 UVG den Unfallbegriff nicht zu erfüllen braucht (BGE 118 V 286 E. 3b S.
292 f.). Die SUVA ist für die als Folge des Unfalles vom 23. Dezember 1981 zu
betrachtende Heilbehandlung im Sinne von Art. 10 UVG aufgekommen und damit
ihrer Leistungspflicht nachgekommen. Die nach Ansicht des Beschwerdeführers
nicht indizierte operative Vorkehr vom 16. Dezember 1998 führte zwar nicht zum
erhofften Erfolg, bewirkte aber auch keine nicht schon vorhanden gewesene
zusätzliche Schädigung. Entgegen der Argumentation in der Beschwerdeschrift
besteht kein Anlass, die angebliche ärztliche Fehlbehandlung der als Rückfall
gemeldeten Handgelenksbeschwerden als eigenständigen Unfall und damit als neuen
Versicherungsfall zu behandeln. Für eine Anwendung von Art. 6 Abs. 3 UVG bleibt
daher kein Raum. Entsprechend ist für die Bestimmung des versicherten
Verdienstes auch nicht Art. 24 Abs. 4 UVV beizuziehen.

4.
Bei dieser Sachlage ist die SUVA mit Recht davon ausgegangen, dass für die
Bestimmung des versicherten Verdienstes an den vor dem Unfall im Jahre 1981
erzielten Lohn anzuknüpfen ist. Weil der Rentenanspruch mehr als fünf Jahre
nach diesem Unfall entstanden ist, hat auf Grund von Art. 24 Abs. 2 UVV eine
Erhöhung bis zu dem Betrag zu erfolgen, den der Beschwerdeführer im Jahr vor
dem Rentenbeginn mutmasslich bezogen hätte. Dieser Regel haben SUVA und
Vorinstanz Rechnung getragen, indem sie den Verdienst vor dem Unfall vom 23.
Dezember 1981 der seitherigen Nominallohnentwicklung angepasst haben.

4.1 Wie im angefochtenen kantonalen Entscheid richtig ausgeführt wird, hat sich
das Bundesgericht im Urteil U 118/06 mit der Bestimmung des versicherten
Verdienstes bei im Unfallzeitpunkt relativ jungen Versicherten, welche erst
mehr als fünf Jahre nach einem Unfall eine Rente erhalten, auseinandergesetzt.
Insoweit kann auf die Erwägungen im kantonalen Entscheid verwiesen werden, aus
welchen sich ergibt, dass die SUVA bei der Bestimmung des für die Rentenhöhe
massgebenden versicherten Verdienstes nach der Rechtsprechung richtigerweise
den vor dem Unfall vom 23. Dezember 1981 erzielten Lohn lediglich nach Massgabe
der seither eingetretenen Nominallohnentwicklung erhöht hat.

4.2 Der Argumentation in der Beschwerdeschrift kann demgegenüber nicht gefolgt
werden. In Art. 15 Abs. 3 Satz 3 UVG hat der Gesetzgeber dem Bundesrat die
Kompetenz eingeräumt, Bestimmungen über den versicherten Verdienst in
Sonderfällen zu erlassen, wobei er als solche Sonderfälle namentlich
Versicherte erwähnte, die nicht oder noch nicht den berufsüblichen Lohn
erhalten (lit. c). Der Bundesrat hat von dieser Rechtsetzungsbefugnis in Art.
24 UVV unter dem Titel 'massgebender Lohn für Renten in Sonderfällen' Gebrauch
gemacht und unter anderem in Abs. 2 festgehalten, dass bei einem Rentenbeginn
mehr als fünf Jahre nach dem Unfall der Lohn massgebend ist, den die
versicherte Person ohne den Unfall im Jahre vor dem Rentenbeginn bezogen hätte,
sofern er höher ist als der letzte vor dem Unfall erzielte Lohn. Die
Bezeichnung einzelner Sonderfälle im Sinne von Art. 15 Abs. 3 UVG steht einzig
dem Bundesrat zu. An sie sind die rechtsanwendenden Stellen gebunden. Einem
Gericht insbesondere steht es nicht zu, die Aufzählung von Sonderfällen im
Sinne von Art. 15 Abs. 3 UVG zu erweitern. Daran ändern die vom
Beschwerdeführer angestellten Vergleiche mit den in den Abs. 1 und 3 von Art.
24 UVV als Sonderfälle berücksichtigten Konstellationen nichts. Er kann aus der
gewissen Personengruppen zugebilligten besonderen Behandlung bei der Bestimmung
des versicherten Verdienstes nichts zu seinen Gunsten ableiten, da er
unbestrittenermassen keiner dieser Kategorien angehört. Art. 24 Abs. 4 UVV
findet nach dem in E. 3.3 hievor Gesagten ebenfalls keine Anwendung.

5.
Die unentgeltliche Rechtspflege kann dem Beschwerdeführer gewährt werden (Art.
64 BGG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als
aussichtslos zu bezeichen und die Vertretung notwendig war (BGE 125 V 201 E. 4a
S. 202 und 371 E. 5b S. 372; vgl. auch Urteil 8C_524/2007 vom 10. Juni 2008, E.
7). Der Beschwerdeführer wird der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben, wenn
er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

5.1 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Advokat Dominik Zehntner, Basel, wird als unentgeltlicher Anwalt des
Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-
ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 2. September 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl