Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.161/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_161/2008

Urteil vom 10. September 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Parteien
P.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fortuna
Rechtsschutz-Versicherungs-Gesellschaft, Rechtsdienst, Soodmattenstrasse 2,
8134 Adliswil,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 23. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1952 geborene P.________ war ab 1. September 1990 bis 10. Oktober 2005 als
Isolierspengler bei der Firma E.________ AG tätig. Mit Eingabe vom 25. August
2006 meldete er sich unter Hinweis auf einen seit 1998 bestehenden, am 28.
Oktober 2005 operierten Wirbelsäulenschaden bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach Abklärung der beruflichen und erwerblichen Situation
teilte die IV-Stelle des Kantons Aargau P.________ am 4. Dezember 2006 mit, sie
gewähre ihm Berufsberatung und Abklärung der beruflichen
Eingliederungsmöglichkeiten. Die IV-Berufsberatung schloss den Fall mit Bericht
vom 10. Januar 2007 ab, weil der Versicherte subjektiv nicht
eingliederungsfähig sei. Mit Vorbescheid vom 20. Februar 2007 und Verfügung vom
17. April 2007 verneinte die IV-Stelle - ausgehend von einem Invaliditätsgrad
von 34 % - einen Rentenanspruch, da P.________ eine leichte rückenkonforme
Tätigkeit weiterhin ganztags ausüben könne.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 23. Oktober 2007 ab.

C.
P.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, die Sache sei zur erneuten Prüfung an die IV-Stelle
zurückzuweisen und es sei ihm eine eine Invalidenrente auszurichten.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u. a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Am 1. Januar 2008 sind die Änderungen des Bundesgesetzes über die
Invalidenversicherung (IVG) und anderer Erlasse wie des Bundesgesetzes über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2006 (5.
IV-Revision, AS 2007 5129 ff.) in Kraft getreten. Auf den vorliegenden Fall
sind noch die früheren Gesetzesfassungen anwendbar (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1
S. 220 mit Hinweisen).

2.2 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur
Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit (Art. 6 und 7 ATSG), zum Invaliditätsbegriff
(Art. 8 ATSG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG), zur
Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), zur Aufgabe des Arztes oder der
Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261) und zum
Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE
125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Im
vorinstanzlichen Entscheid richtig wiedergegeben wird auch die Rechtsprechung
zur auf einen psychischen Gesundheitsschaden zurückzuführenden
Erwerbsunfähigkeit (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50), zur Beurteilung der
invalidisierenden Wirkung einer somatoformen Schmerzstörung (BGE 130 V 352)
sowie zur Abgrenzung zwischen Gesundheitsschäden mit konsekutiver
Arbeitsunfähigkeit und soziokulturellen oder psychosozialen Umständen, welche
keine Invalidität im Sinne des Gesetzes bewirken, solange keine davon
psychiatrisch zu unterscheidende Befunde wie eine Depression im
fachmedizinischen Sinn oder ein damit vergleichbarer Leidenszustand vorliegen
(BGE 127 V 294 E. 5a S. 299 f.).

3.
3.1 Das kantonale Gericht ist gestützt auf die medizinischen Akten zum Ergebnis
gelangt, dass im massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen
Verwaltungsaktes (hier der Verfügung vom 17. April 2007) weder ein physischer
noch ein psychischer Gesundheitsschaden vorgelegen hat, welcher die
Arbeitsfähigkeit des Versicherten in einer leichten rückenkonformen Tätigkeit
einschränkte und daher gegebenenfalls einen Rentenanspruch zu begründen
vermöchte. Die diagnostizierte Schmerzsymptomatik habe weder ein somatisches
noch ein psychosomatisches Korrelat und es liege keine psychiatrische Diagnose
vor. Zusätzliche medizinische Abklärungen seien nicht erforderlich und würden
für den massgebenden Beurteilungszeitpunkt keine relevanten Erkenntnisse
bringen.

3.2 Die Beurteilung durch die Vorinstanz ist im Rahmen der bundesgerichtlichen
Überprüfungsbefugnis (E. 1 hievor) nicht zu beanstanden. Sowohl im Bericht des
Spitals Y.________ vom 31. Mai 2006, im Austrittsbericht der Rehaclinic
X.________ vom 24. Juli 2006 wie auch im Bericht des Hausarztes Dr. med.
J.________ vom 20. September 2006 wird im Wesentlichen ein chronisches
Schmerzsyndrom bei Status nach Diskektomie/Dekompression am 28. Oktober 2005
diagnostiziert. Ein MRI vom Februar 2006, auf welches in sämtlichen Berichten
verwiesen wird, ergab kein entsprechendes somatisches Substrat, namentlich
keine Neurokompression. Im Spital Y.________ wurde die Durchführung eines
interdisziplinären Schmerzprogramms empfohlen und dem Patienten für den
Zeitraum der Hospitalisation eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die
Ärzte der Rehaclinic X.________ gingen nach Durchführung des Schmerzprogramms
betreffend Schmerzentstehung in erster Linie von einer myofascialen Genese aus.
Zusätzlich zogen sie aufgrund des psychopathologischen Befundes in Form eines
depressiv gestimmten Affekts mit Hoffnungslosigkeit, Frustration und unklaren
Zukunftsperspektiven sowie einer Denkverarmung eine Schmerzeskalation in
Richtung einer depressiven Schmerzverarbeitungsstörung in Betracht, stellten
indessen fest, dass im Verlauf des Aufenthalts die depressiv-passive
Grundhaltung aufgelockert und eine generelle Aktivierung im psychosozialen
Bereich erzielt werden konnte. Der Hausarzt Dr. med. J.________ sodann wies auf
eine Ausweitung der Schmerzsymptomatik mit entsprechenden psychischen Folgen
hin und attestierte dem Beschwerdeführer eine vollständige Arbeitsunfähigkeit
in der bisherigen Tätigkeit seit 10. Oktober 2005, wohingegen er die allfällige
Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit nicht beurteilen könne.
Aufgrund der dargestellten medizinischen Aktenlage und mit Blick auf die
Rechtsprechung zur auf einen psychischen Gesundheitsschaden zurückzuführende
Erwerbsunfähigkeit (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50), zur Beurteilung der
invalidisierenden Wirkung einer somatoformen Schmerzstörung (BGE 130 V 352)
sowie zur Berücksichtigung psychosozialer Faktoren (BGE 127 V 294) lässt sich
ein invalidisierender psychischer - wie auch ein somatischer -
Gesundheitsschaden für den massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses ohne
weitere Abklärungen verneinen. Es kann im Übrigen auf die zutreffenden
Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden.

4.
Soweit der Beschwerdeführer vorsorglich bezüglich des von der IV-Stelle
durchgeführten Einkommensvergleichs die Höhe des vom Invalideneinkommen
gewährten Abzuges von 10 % beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass die Höhe
des leidensbedingten Abzuges eine typische Ermessensfrage beschlägt und
letztinstanzlicher Korrektur somit nur dort zugänglich ist, wo das Ermessen
rechtsfehlerhaft ausgeübt wurde. In der Festlegung des Abzuges von 10 % ist
keine solche Fehlerhaftigkeit zu erblicken.

5.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. September 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Kopp Käch