Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.109/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_109/2008

Urteil vom 3. Oktober 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Parteien
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35,
6005 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

S.________, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, Untermüli 6, 6300 Zug.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 11. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
S.________, geboren 1961, ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern (geboren
1979 und 1982). Seit 1991 arbeitet sie im Reinigungsdienst des Spitals
X.________ mit unterschiedlichen Pensen zwischen 100 und 50 Prozent. Am 20.
August 2001 sowie am 12. Dezember 2002 zog sie sich als Beifahrerin anlässlich
von Personenwagenkollisionen im Stadtverkehr je eine Distorsion der
Halswirbelsäule (HWS) zu. Die Alpina Versicherungen (heute: Zürich
Versicherungs-Gesellschaft; nachfolgend: Zürich) erbrachte hiefür die
gesetzlichen Versicherungsleistungen (Heilbehandlung und Taggeld) nach UVG.
Noch vor dem zweiten Unfall waren die Folgen des ersten Unfalles abgeheilt. Am
1. Mai 2003 reduzierte die Versicherte ihr angestammtes Pensum von 90 auf 80
und ab 1. Februar 2005 weiter auf 50 Prozent. Nach dem zweiten Unfall stellte
die Zürich sämtliche Leistungen per 1. Januar 2006 ein, indem sie die Adäquanz
des Kausalzusammenhanges noch geklagter Beschwerden mit einem der Unfälle
verneinte. Das kantonale Gericht bestätigte den folgenlosen Fallabschluss. Das
Bundesgericht hat die hiegegen gerichtete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit heutigem Urteil (8C_89/2008) abgewiesen.
Am 27. September 2004 meldete sich S.________ wegen seit dem zweiten Unfall vom
12. Dezember 2002 anhaltenden Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach erwerblichen Abklärungen, der Einholung von
Arztberichten, dem Beizug der Akten des obligatorischen Unfallversicherers und
der Kenntnisnahme vom Fallabschluss der Zürich per 1. Januar 2006 (Verfügung
vom 2. März 2006) verneinte die IV-Stelle Luzern mangels einer relevanten
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit den geltend gemachten Leistungsanspruch
(Verfügung vom 15. März 2006) und hielt mit Einspracheentscheid vom 2. Juni
2006 daran fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der S.________ hiess das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom
11. Dezember 2007 in dem Sinne gut, als es den Einspracheentscheid vom 2. Juni
2006 aufhob und die Sache zur Durchführung weiterer Abklärungen im Sinne der
Erwägungen und Neuverfügung an die IV-Stelle zurückwies. Dabei ging das
kantonale Gericht von einer massgebenden 50%igen Arbeitsunfähigkeit in der
angestammten Tätigkeit aus, berücksichtigte neben der diagnostizierten
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung im Sinne einer relevanten Komorbidität
eine Anpassungsstörung und ordnete an, dass die Verwaltung basierend auf dieser
Ausgangslage (insbesondere durch Vornahme eines Einkommensvergleichs) zu
ermitteln habe, welche invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse die Versicherte
durch den festgestellten Gesundheitsschaden erleide.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
IV-Stelle die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheids. Zudem stellt sie
das Rechtsbegehren, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Während S.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, trägt das Bundesamt
für Sozialversicherungen (BSV) auf Gutheissung derselben.

Erwägungen:

1.
1.1 Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren
noch nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der
Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (vgl. Urteil 9C_684/2007 vom
27. Dezember 2007, E. 1.1 mit Hinweisen), um einen - selbstständig eröffneten -
Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 133 V 477 E. 4.2 S.
481 f. mit Hinweisen). Die Zulässigkeit der Beschwerde setzt somit - alternativ
- voraus, dass der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort
einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit
oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit.
b).
1.2
1.2.1 Rechtsprechungsgemäss bewirkt ein Rückweisungsentscheid in der Regel
keinen irreversiblen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da der
Rechtsuchende ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird
anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich allerdings
für die Verwaltung bzw. den Versicherungsträger, wenn diese durch den
Rückweisungsentscheid gezwungen werden, eine ihres Erachtens rechtswidrige
Verfügung zu treffen. Diesfalls kann bereits dieser Entscheid angefochten
werden, ohne vorgängig den Endentscheid abwarten zu müssen (BGE 133 V 477 E.
5.2, 5.2.1 - 5.2.4 S. 483 ff.).

1.3 Im Umstand, dass der vorinstanzliche Entscheid in casu materiell
verbindliche Anordnungen enthält, welche die IV-Stelle verpflichten, eine nach
ihrer Auffassung ungerechtfertigte Leistungszusprache zu erlassen, und der
darauf beruhende Endentscheid praktisch nicht angefochten und das Ergebnis
nicht mehr korrigiert werden könnte, ist nach dem Gesagten ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken
(vgl. BGE 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008, E. 1.2.2), was offensichtlich ist. Auf
die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.
Das von der IV-Stelle mit Beschwerde vom 24. Januar 2008 eingereichte und mit
keinem Wort begründete Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird -
zumal hiefür keine von Amtes wegen zu berücksichtigenden Gründe erkennbar sind
- mit diesem Urteil gegenstandslos.

3.
3.1 Im Verfahren vor Bundesgericht kann die Feststellung des Sachverhalts nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Dementsprechend legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde,
den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.2 Tatsächlicher Natur und damit im dargestellten Rahmen grundsätzlich
verbindlich sind insbesondere die Feststellungen zur Arbeits(un)fähigkeit,
welche das kantonale Gericht gestützt auf medizinische Untersuchungen trifft
(BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398). Bei der Beurteilung, ob eine anhaltende
somatoforme Schmerzstörung - oder ein sonstiger vergleichbarer pathogenetisch
(ätiologisch) unklarer syndromaler Zustand (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 399) - mit
invalidisierender Wirkung vorliegt, gilt folgende Abgrenzung: Zu den vom
Bundesgericht nur eingeschränkt überprüfbaren Tatsachenfeststellungen zählt, ob
eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliegt, und, bejahendenfalls, ob
eine psychische Komorbidität oder weitere Umstände gegeben sind, welche die
Schmerzbewältigung behindern. Als Rechtsfrage frei überprüfbar ist dagegen, ob
eine festgestellte psychische Komorbidität hinreichend erheblich ist und ob
einzelne oder mehrere der festgestellten weiteren Kriterien in genügender
Intensität und Konstanz vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf eine nicht mit
zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung und somit auf eine
invalidisierende Gesundheitsschädigung zu gestatten (SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71
E. 2.2, I 683/06; Urteile 8C_404/2007 vom 4. August 2008, E. 1.2, und 9C_636/
2007 vom 28. Juli 2008, E. 3.3.1 mit Hinweis).

3.3 Die Beweiswürdigung im Allgemeinen wie auch die antizipierte
Beweiswürdigung (als Teil derselben; Entscheid 9C_539/2007 vom 31. Januar 2008,
E. 2.2.2 mit Hinweisen), betreffen Tatfragen, die das Bundesgericht lediglich
auf offensichtliche Unrichtigkeit und Rechtsfehlerhaftigkeit hin zu überprüfen
befugt ist (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. E. 1 hievor). Unter diesem Blickwinkel
hält ein Verzicht der Vorinstanz auf weitere Beweisvorkehren aufgrund
antizipierter Beweiswürdigung etwa dann nicht stand, wenn die
Sachverhaltsfeststellung unauflösbare Widersprüche enthält (vgl. etwa BGE 124
II 103 E. 1a S. 105; in BGE 126 III 431 nicht publizierte E. 4c/bb des Urteils
5P.119/2000 vom 24. Juli 2000) oder wenn eine entscheidwesentliche Tatsache auf
unvollständiger Beweisgrundlage - beispielsweise ohne Beizug des notwendigen
Fachwissens unabhängiger Experten/Expertinnen, obwohl im Einzelfall unabdingbar
- beantwortet wird (vgl. etwa BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88; vgl. auch Urteil I
1051/06 vom 4. Mai 2007, E. 3.3 und 3.4 [publ. in: SVR 2007 IV Nr. 39 S. 132]).
Demgegenüber ändern blosse Zweifel an der Richtigkeit der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellung an deren Verbindlichkeitswirkung gemäss Art. 105 Abs.
1 BGG nichts (Urteil 9C_539/2007 E. 2.2.2 mit zahlreichen Hinweisen).

4.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Invaliditätsbegriff (Art. 8
Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den
Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) sowie den Begriff der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig sind
die Erwägungen über die Aufgabe des Arztes bei der Bestimmung des
Invaliditätsgrades (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen.

5.
Fest steht, dass die Versicherte vor dem zweiten Unfall vom 12. Dezember 2002
wieder voll arbeitsfähig war und ihre nach dem ersten Unfall aufgetretenen
Beschwerden vollständig abgeheilt waren (vgl. Urteil 8C_89/2008 vom 3. Oktober
2008, E. 3). Weiter hat das Bundesgericht im eben genannten Urteil (E. 8.7.2)
erkannt, dass die Beschwerdegegnerin ab 16. Februar 2004 - abgesehen von
wenigen kurzfristigen vollständigen Arbeitsunterbrüchen - die medizinisch
ausgewiesene Arbeitsfähigkeit von 50 % in der angestammten Tätigkeit
uneingeschränkt zu verwerten vermochte, und dass schon nach dem Aufenthalt in
der Rehaklinik Y.________ gemäss Bericht vom 14. Juli 2003 neben der
Fortsetzung einer ambulanten Physiotherapie in erster Linie nur noch eine
psychologische Betreuung indiziert war (E. 5.2 des genannten Urteils), da
bereits laut diesem Bericht die Gefahr einer depressiven Entwicklung und
Entstehung einer somatoformen Störung bestand. Die in der Folge ab 24.
September 2003 eingeleitete Einzelpsychotherapie in der Muttersprache der
Versicherten bei Psychiater Dr. med. C.________ brach die Beschwerdegegnerin
jedoch schon am 19. Dezember 2003 wieder ab.

6.
6.1 Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht in tatsächlicher Hinsicht
grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass weder bildgebend noch aus
fachärztlich orthopädischer, rheumatologischer oder neurologischer Sicht
organische Folgen des Unfalles vom 12. Dezember 2002 mit dem erforderlichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. auch BGE 129 V 177 E. 3.1
S. 181 mit Hinweisen) nachgewiesen wurden, sondern der massgebende
Gesundheitsschaden in der lege artis diagnostizierten (BGE 130 V 396)
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F 45.4) mit der psychischen
Komorbidität einer Anpassungsstörung bei prämorbid unauffälliger
Persönlichkeitsstruktur (ICD-10 F43.2) besteht. Ferner steht fest, dass die
Rheumatologin Dr. med. W.________ im Rahmen der polydisziplinären Begutachtung
der Beschwerdegegnerin im Spital Z.________ aus rheumatologischer Sicht mit
Blick auf die angestammte Tätigkeit als Hausangestellte im Reinigungsdienst
keine Arbeitsunfähigkeit feststellen konnte, dass sich die Fachärztin jedoch
der Einschätzung des explorierenden Psychiaters Dr. med. I.________ anschloss,
wonach von einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit
auszugehen sei.

6.2 Eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche
begründet nach der Rechtsprechung noch keine Invalidität. Vielmehr besteht eine
Vermutung, dass die somatoforme Schmerzstörung oder ihre Folgen mit einer
zumutbaren Willensanstrengung überwindbar sind (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50).
Entsprechendes gilt für die Fibromyalgie (BGE 132 V 65 E. 4 S. 70 ff.). Diese
von der Beschwerdegegnerin kritisierte, für alle Versicherten in gleicher Weise
geltende Gerichtspraxis ist weder menschenrechtswidrig noch diskriminierend
(Urteil 9C_830/2007 vom 29. Juli 2008, E. 4.2 in fine).

7.
Soweit die IV-Stelle gemäss Protokoll im Laufe des Verfahrens beim Regionalen
Ärztlichen Dienst (RAD) Stellungnahmen zur medizinischen Aktenlage einholte und
mit Einspracheentscheid vom 2. Juni 2006 auch auf eine entsprechende
Beurteilung vom 31. Mai 2006 abstellte, vertrat das kantonale Gericht die
Auffassung, der Protokolleintrag des RAD unter dem Kürzel "b.________" lasse
weder die Person des beratenden Arztes noch dessen Fachkompetenz erkennen.
Spielt die fachliche Qualifikation des Experten - auch des RAD-Arztes - für die
richterliche Würdigung einer Expertise eine erhebliche Rolle (Urteil I 142/07
vom 20. November 2007, E. 3.2.3 mit Hinweisen), ist nicht zu beanstanden, dass
die Vorinstanz der Beurteilung des RAD vom 31. Mai 2006 keine ausschlaggebende
Bedeutung beimass.

8.
8.1 Ohne auf den Bericht des RAD vom 31. Mai 2006 abzustellen, gelangte das
kantonale Gericht zur Überzeugung, aus den Akten sei nicht zu schliessen, dass
die Versicherte ihre Beschwerden durch die geforderte Willensanstrengung
überwinden könne. Gemäss psychiatrischem Gutachter Dr. med. I.________ sei
nicht absehbar, dass die Beschwerdegegnerin in Zukunft wieder eine volle
Arbeitsfähigkeit erreiche. Es sei somit nicht nachgewiesen, dass sich die
attestierte Arbeitsunfähigkeit von 50 % auf eine somatoforme Schmerzstörung
reduzieren lasse, welche bis zum massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des
Einspracheentscheids vom 2. Juni 2006 (BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446 mit
Hinweisen) von der Versicherten willentlich hätte überwunden werden können.

8.2 Demgegenüber rügt die IV-Stelle, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt,
indem sie aus der diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in
Verbindung mit der psychischen Komorbidität auf die Nichtüberwindbarkeit der
Beschwerden geschlossen habe, ohne gesamthaft zu prüfen, ob die Voraussetzungen
für die - nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit einer
willentlichen Schmerzüberwindung erfüllt seien. Denn praxisgemäss liessen nur
eine psychisch ausgewiesene Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität,
Ausprägung und Dauer oder andere qualifizierte, mit gewisser Intensität und
Konstanz erfüllte Kriterien ausnahmsweise auf eine Unzumutbarkeit der
Schmerzüberwindung schliessen.

9.
9.1 Als Rechtsfrage frei überprüfbar ist, ob die von der Praxis zur
Invaliditätsermittlung bei somatoformen Schmerzstörungen an die - nur
ausnahmsweise anzunehmende - Unzumutbarkeit einer willentlichen
Schmerzüberwindung geknüpften Voraussetzungen (BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 353
ff. mit Hinweisen) im Falle der hier festgestellten psychischen Komorbidität
hinsichtlich erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer erfüllt sind
(vgl. hievor E. 3.2 in fine).

9.2 Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu entnehmen, dass sich das kantonale
Gericht mit der praxisgemäss geforderten Qualifikation der unstrittig
fachärztlich diagnostizierten psychischen Komorbidität im Einzelnen
auseinandergesetzt hätte. Der Beschwerde führenden IV-Stelle ist
beizupflichten, soweit sie geltend macht, weder das psychiatrische
Teilgutachten des Dr. med. I.________ vom 21. Februar 2005 noch die übrigen
medizinischen Unterlagen zum Verlauf der psychogenen Beeinträchtigungen würden
auf die von der Rechtsprechung vorausgesetzte ausgewiesene psychische
Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer
schliessen lassen.
9.2.1 Ausser einer unfallfremden, radiologisch feststellbaren
Rotationsfehlstellung der Halswirbel C2/3/4 vermochte die Rheumatologin Dr.
med. A.________ gemäss Bericht vom 19. März 2003 keine pathologischen Befunde
zu erheben. Nach dreizehn Physiotherapiesitzungen, welche eine Schmerzlinderung
brachten, empfahl Dr. med. A.________ einen langsamen Aufbau eines allgemeinen
Krafttrainings sowie den Einsatz eines Antidepressivums. Auch der Neurologe Dr.
med. von H.________ riet unbedingt zu einem aktiven Muskelaufbau, ohne dass er
Hinweise auf neuropsychologische Funktionsstörungen fand. Der Hausarzt Dr. med.
B.________ berichtete am 8. Juli 2003, aufgrund "chronischer somatischer
Probleme" (Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Schwindel) sei die
Beschwerdegegnerin zunehmend depressiv. Nach einer vierwöchigen stationären
Behandlung litt die Versicherte bei Austritt aus der Rehaklinik Y.________ am
12. Juni 2003 weiterhin an Kopf- und Nackenschmerzen sowie an einem
ungerichteten Schwindel. Trotz psychologischer Gespräche zum Erlernen von
Copingstrategien im Umgang mit Unfallfolgen liess sich die von der
Beschwerdegegnerin eingenommene Schonhaltung kaum beeinflussen. Nebst einer
ambulanten Weiterführung der Physiotherapie sahen die behandelnden Ärzte
angesichts der diagnostizierten Anpassungsstörung mit Angst und depressiver
Reaktion in erster Linie nur noch eine Indikation für eine psychologische
Betreuung der Versicherten in ihrer Muttersprache.
9.2.2 Der Orthopäde Dr. med. G.________, welcher die Beschwerdegegnerin am 4.
September 2003 im Auftrag der Zürich untersuchte, vermochte keinen
leistungsreduzierenden Befund am Bewegungsapparat zu erheben, wies jedoch
darauf hin, dass die Versicherte die Schmerzsymptomatik aggraviere und
überbewerte. Der Neurologe Dr. med. F.________ erstattete am 4. Dezember 2003
Bericht zu seiner am 15. September 2003 durchgeführten spezialärztlichen
Untersuchung und hielt fest, es bestehe "kein Zweifel, dass die gegenwärtige
reaktive Depression die Patientin an der Schmerzverarbeitung [hindere]". Er
erachte es für notwendig, der Entwicklung einer somatoformen Störung durch
psychiatrische oder psychologische Betreuung in der Muttersprache der
Beschwerdegegnerin entgegenzuwirken. Die Versicherte brach jedoch die in der
Folge ab 24. September 2003 eingeleitete professionelle fachärztliche
Behandlung (Einzelpsychotherapie) der diagnostizierten Anpassungsstörung mit
Angst und depressiver Reaktion (ICD-10 F43.22) bereits am 19. Dezember 2003
nach ersten Erfolgen ab. Mitte Februar 2004 nahm die Beschwerdegegnerin ihre
angestammte Tätigkeit im Reinigungsdienst des Spitals X.________ bei einer
Arbeitsfähigkeit von 50 % wieder auf.
9.2.3 Weiter ist den Angaben der Versicherten laut psychiatrischem
Teilgutachten zu entnehmen, sie könne seit dem zweiten Unfall kaum mehrere
Minuten lang lesen, sich nur noch über wenige Minuten hinweg konzentrieren, das
Gelesene nicht mehr speichern. Zudem sei sie lärm- und lichtempfindlich
geworden, meide grössere Menschenansammlungen; laute Gespräche in Gruppen
ertrage sie überhaupt nicht mehr. Sie leide sehr häufig an Schwindel, müsse
sich regelmässig an Geländern oder Möbelstücken festhalten. Wenn sie nachts in
ihrer Wohnung zur Toilette gehen müsse, gehe sie oft auf allen Vieren aus
Angst, stürzen zu können. Dennoch gibt sie an, im Rahmen ihres 50 %-Pensums im
Reinigungsdienst des Spitals X.________ nie nennenswerte Probleme mit
Mitarbeiterinnen und Vorgesetzten gehabt, sondern mit diesen stets ein sehr
gutes Verhältnis gepflegt zu haben. Trotz all der geklagten
Befindlichkeitsstörungen fehlen aktenkundig Hinweise darauf, dass die
Beschwerdegegnerin nicht in der Lage gewesen wäre, ihr seit 1. Februar 2005 auf
50 % reduziertes Arbeitspensum an der angestammten Arbeitsstelle ohne
wesentliche Einschränkungen erfüllen zu können. - Auffallend ist sodann, dass
sie sich einerseits angeblich nach Arbeitsende zwei bis drei Stunden hinlegen
müsse, um sich von den Strapazen des vormittäglichen Arbeitseinsatzes zu
erholen. Andererseits führte sie aus, dass sie ihr 50 %-Pensum sehr häufig
nicht halbtags leiste, sondern zwei bis drei Tage, manchmal sogar vier Tage am
Stück arbeiten müsse und erst dann wieder ein bis zwei Tage Pause habe.
9.2.4 Obwohl der explorierende Psychiater Dr. med. I.________ den Zeitpunkt der
Wiedererlangung einer vollständigen Arbeitsfähigkeit gemäss Teilgutachten vom
21. Februar 2005 nicht voraussehen konnte, stand für ihn fest, dass aus
psychiatrischer Sicht der Endzustand nicht erreicht war. Das nur als leicht bis
mittelgradig eingestufte Ausmass der depressiven Komponente, welche ein
erhöhtes Schmerzerleben fördere, hielt der Psychiater für therapierbar. Diese
Auffassung vertraten im Übrigen auch die Fachärzte der Firma "Institut
Q.________ GmbH", welche die Versicherte im Rahmen einer privaten
interdisziplinären Begutachtung eingehend spezialmedizinisch untersuchten. Dr.
med. F.________, welcher die Beschwerdegegnerin am 28. Juni 2005 zum zweiten
Mal konsiliarisch neurologisch explorierte, deutete die von der Versicherten
geklagte Schwäche im rechten Arm und im rechten Bein sowie die
Sensibilitätsstörung in der rechten Körperhälfte als massive psychogene
Überlagerung und Aggravation.
9.2.5 Nach dem Gesagten steht fest, dass die gemäss psychiatrischem
Teilgutachten des Dr. med. I.________ vom 21. Februar 2005 als
Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) bei prämorbid unauffälliger
Persönlichkeitsstruktur beziehungsweise - laut Bericht des Dr. med. C.________
- als Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion (ICD-10 F43.22)
diagnostizierte psychische Komorbidität nach eingehender Würdigung der
medizinischen Unterlagen sowie unter Berücksichtigung der konkreten
Lebensumstände die von der Rechtsprechung geforderte erhebliche Schwere,
Intensität, Ausprägung und Dauer offensichtlich nicht erreicht.
Leistungseinschränkungen aus invaliditätsfremden Gründen (z.B. Aggravation oder
ähnliche Konstellationen) stellen keine versicherte Gesundheitsschädigung dar
(BGE 131 V 49 E. 1.2 in fine S. 51). Die auch nach dem zweiten Unfall
fortgesetzt in ihrem früheren sozialen Umfeld lebende Beschwerdegegnerin,
welche sich weiterhin an ihrer angestammten Arbeitsstelle von Mitarbeiterinnen
und Vorgesetzten gut aufgehoben fühlte, brach nach Angaben des behandelnden
Psychiaters Dr. med. C.________ von sich aus nach ersten therapeutischen
Erfolgen die in ihrer Muttersprache eingeleitete Einzelpsychotherapie bereits
nach knapp drei Monaten am 19. Dezember 2003 (rund ein Jahr nach dem zweiten
Unfall) wieder ab. Das kantonale Gericht hat Bundesrecht verletzt, indem es,
unter den gegebenen Umständen von der diagnostizierten somatoformen
Schmerzstörung angesichts der unbestritten festgestellten, jedoch nicht
hinreichend qualifizierten psychischen Komorbidität auf die Unzumutbarkeit
einer willentlichen Schmerzüberwindung und eines Wiedereinstiegs in den
Arbeitsprozess geschlossen hat. Die von der Rechtsprechung (BGE 130 V 352 E.
2.2.3 S. 353 ff., insbesondere S. 354) an die nur in Ausnahmefällen
anzunehmende Unzumutbarkeit geknüpften besonderen Voraussetzungen sind hier
nicht erfüllt, und zwar weder hinsichtlich einer ausreichend erheblichen
psychischen Komorbidität noch in Bezug auf die weiteren Kriterien, welche
ausnahmsweise eine Schmerzüberwindung als unzumutbar erscheinen lassen können.

9.3 Hat die Vorinstanz in Verletzung der Rechtsprechung zu den somatoformen
Schmerzstörungen (BGE 132 V 65, 131 V 49, 130 V 352) auf die Unzumutbarkeit
einer willentlichen Schmerzüberwindung geschlossen und somit zu Unrecht auf
eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % in der angestammten Tätigkeit abgestellt, ist
der angefochtene Entscheid aufzuheben. Es bleibt folglich beim
Einspracheentscheid vom 2. Juni 2006, womit die Verwaltung einen Anspruch auf
Leistungen der Invalidenversicherung praxisgemäss zu Recht verneint hat.

10.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 11. Dezember 2007
wird aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, zurückgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Nidwalden und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Oktober 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Hochuli