Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.1057/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_1057/2008

Urteil vom 20. März 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Lanz.

Parteien
D.________, Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 22.
August 2008.

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 17. Dezember 2007 verneinte die IV-Stelle Basel-Landschaft
einen Anspruch der 1956 geborenen, als Betriebsmitarbeiterin in einer Bäckerei
tätig gewesenen D.________ auf eine Invalidenrente und auf berufliche
Massnahmen mit der Begründung, es bestehe keine gesundheitsbedingte
Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit.

D.________ erhob hiegegen Beschwerde. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft
gewährte ihr die unentgeltliche Rechtspflege und wies die Beschwerde mit
Entscheid vom 22. August 2008 ab mit der Begründung, es liege keine somatische
Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit vor und der aus psychischer Sicht
diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung komme keine
invalidisierende Wirkung zu.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt D.________,
die Verwaltungsverfügung und der kantonale Entscheid seien aufzuheben; die
Sache sei an die Vorinstanz bzw. an die IV-Stelle zurückzuweisen und die
Verwaltung sei anzuweisen, ergänzende medizinische Abklärungen vorzunehmen
sowie das Zumutbarkeitsprofil und den Invaliditätsgrad neu zu ermitteln;
eventuell seien ergänzende medizinische Untersuchungen anzuordnen und sei das
Zumutbarkeitsprofil und der Invaliditätsgrad neu zu ermitteln. Weiter wird um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das letztinstanzliche Verfahren
ersucht.

Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Am 29. Januar 2009 wies das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege ab.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG). Zur Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Bereich der
Invaliditätsbemessung wird auf BGE 132 V 393 sowie, unter dem Blickwinkel der
invalidisierenden Wirkung von anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen, auf
das Urteil I 683/06 E. 2.2 (publiziert in: SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71; vgl. auch:
Urteile 9C_850/2008 vom 6. Februar 2009 E. 2.3 und 8C_348/2008 vom 7. Januar
2009 E. 3.2 mit weiterem Hinweis) verwiesen.

2.
Die Rechtsgrundlagen für den streitigen Anspruch auf eine Invalidenrente sind
im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Dies betrifft insbesondere
auch die Rechtsprechung über die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine
anhaltende somatoforme Schmerzstörung als invalidisierend betrachtet werden
kann (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50 f. mit Hinweisen; vgl. auch den am 1. Januar
2008 in Kraft getretenen, hier noch nicht anwendbaren Art. 7 Abs. 2 ATSG).
Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat gestützt auf eine einlässliche und überzeugende
Würdigung der medizinischen Akten erkannt, es liege keine körperliche
Beeinträchtigung vor, welche die Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit
oder in Verweisungstätigkeiten einschränke. Es stützt sich dabei namentlich auf
das Gutachten der Rheumatologischen Klinik des Spitals X.________ vom 18.
September 2006.

In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was diese Beurteilung in Frage
stellen könnte. Die Versicherte beschränkt sich im Wesentlichen darauf, weitere
medizinische Abklärungen zu beantragen, ohne aber darzutun, dass in
rechtsfehlerhafter Weise auf solche ergänzenden Beweismassnahmen verzichtet
wurde. Der Bericht des Spitals Y.________ vom 16. Februar 2006, auf welchen im
Weiteren verwiesen wird, wurde im Gutachten vom 18. September 2006, auf welches
die Vorinstanz abstellt, berücksichtigt. Inwiefern dabei fehlerhaft vorgegangen
worden sein soll, wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar begründet.
Geltend gemacht wird sodann, gemäss dem Schlussbericht der Abklärungsstelle
Z.________ vom 1. Oktober 2007 habe die Versicherte bei einem Einsatz in der
Zeit vom 16. Juli bis 15. Oktober 2007 eine nur 50%ige Leistung gezeigt. Dieser
Einsatz wurde indessen von der Arbeitslosenkasse veranlasst, welche nicht die
gleichen Abklärungsziele verfolgt wie die Invalidenversicherung. Abgesehen
davon lässt sich dem Schlussbericht vom 1. Oktober 2007 auch nicht entnehmen,
dass ärztliche Untersuchungen zu der besagten Einschätzung geführt haben. Diese
beruht offenbar einzig auf dem Einsatz, den die Versicherte im
Abklärungszeitraum gezeigt hat, und auf den von ihr geklagten Beschwerden. Die
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung zur Frage der Arbeitsfähigkeit wird
damit nicht in Frage gestellt.

3.2 Im Gutachten des Spitals X.________ vom 18. September 2006 wurde auf eine
somatoforme Störung bei depressiver Reaktion geschlossen. Die IV-Stelle nahm
dies zum Anlass, die Versicherte psychiatrisch begutachten zu lassen. Gemäss
Expertise des Dr. med. dipl. psych. W.________, Psychiatrie und Psychotherapie,
vom 10. April 2007 (mit Ergänzung vom 16. Juli 2007) leidet die
Beschwerdeführerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ohne eine
ausgeprägte komorbide, insbesondere affektive Begleitsymptomatik, und ohne
Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit. Die Vorinstanz hat, ausgehend von diesen
fachärztlichen Aussagen, die Zusatzkriterien, welche für die Frage der
invalidisierenden Wirkung einer solchen Schmerzstörung zu berücksichtigen sind
(BGE 131 V 49 1.2 S. 50 f.; nachfolgend E. 3.2.2), geprüft und verneint.
3.2.1 Die Versicherte erneuert zunächst den Einwand, die psychiatrische
Begutachtung hätte unter Mitwirkung eines professionellen Dolmetschers erfolgen
müssen. Weiter wird inhaltliche Kritik an den Aussagen des Experten erhoben.

Das kantonale Gericht hat erwogen, unter den gegebenen Umständen habe genügt,
dass die von der Versicherte selber beigezogene Verwandte übersetzte. Es hat
sodann dargelegt, weshalb es das Gutachten vom 10. April 2007 (mit Ergänzung)
auch inhaltlich als überzeugend erachtet. Dieser Beurteilung ist zu folgen
(Art. 109 BGG). Die Vorbringen in der Beschwerde rechtfertigen keine andere
Betrachtungsweise. Namentlich bestehen keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür,
dass eine ungenügende Übersetzung zu Falschinterpretationen des Experten
geführt hat. Auch sind weitere medizinische Abklärungen zum psychiatrischen
Gesundheitszustand nicht angezeigt.
3.2.2 Wie jede andere psychische Beeinträchtigung begründet auch eine
diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche noch keine
Invalidität. Vielmehr besteht eine Vermutung, dass die somatoforme
Schmerzstörung oder ihre Folgen mit einer zumutbaren Willensanstrengung
überwindbar sind. Ob eine Ausnahme von dieser Vermutung vorliegt, entscheidet
sich im Einzelfall anhand verschiedener Kriterien. Je mehr dieser Kriterien
zutreffen und je ausgeprägter sich die entsprechenden Befunde darstellen, desto
eher sind - ausnahmsweise - die Voraussetzungen für eine zumutbare
Willensanstrengung zu verneinen (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50 f. mit Hinweisen).

Das kantonale Gericht hat die besagten Zusatzkriterien verneint. In der
Beschwerde wird geltend gemacht, dies sei in Bezug auf das Kriterium des
sozialen Rückzugs in allen Belangen des Lebens zu Unrecht erfolgt. Dass alleine
dieses Kriterium zur Bejahung der invalidisierenden Wirkung der Schmerzstörung
genügen würde, erscheint indessen fraglich, zumal das Hauptkriterium einer
psychischen Komorbidität von erheblicher Schwere, Ausprägung und Dauer (vgl.
BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50) zweifelsfrei nicht erfüllt ist. Zu beachten ist
sodann, dass das kantonale Gericht zwar auf gewisse Rückzugstendenzen erkannt
hat, aber auch davon ausgegangen ist, die Versicherte habe einen geregelten
Tagesablauf und kümmere sich gemeinsam mit ihrem Ehemann um den Haushalt. Dies
wird in der Beschwerde nicht grundsätzlich bestritten. Geltend gemacht wird,
der - selber teilinvalide - Ehemann habe sich zu einem wesentlichen Anteil um
den Tagesablauf der Versicherten und um den Haushalt sowie um die sozialen
Kontakte zu kümmern. Selbst wenn dies als ausreichend betrachtet würde, um das
Kriterium selber als erfüllt anzusehen, genügte es aber nicht, um bei der
notwendigen Gesamtbetrachtung die invalidisierende Wirkung der Schmerzstörung
zu bejahen.

3.3 Die Versicherte macht schliesslich geltend, es hätte eine berufliche
Abklärung durchgeführt werden müssen. Inwiefern dies bei der gegebenen vollen
Arbeitsfähigkeit Erkenntnisse brächte, welche einen Leistungsanspruch zu
stützen vermöchten, ist aber nicht ersichtlich.

4.
Mit Blick darauf, dass in der angestammten wie auch in Verweisungstätigkeiten
eine volle Arbeitsfähigkeit besteht, wären Weiterungen zum Rentenanspruch und
zu dem hiefür erforderlichen Invaliditätsgrad an sich nicht erforderlich. Das
kantonale Gericht hat dennoch einen Einkommensvergleich vorgenommen: Das im
Gesundheitsfall mutmasslich erzielte Einkommen (Valideneinkommen) bestimmte die
Vorinstanz anhand des zuletzt erzielten Lohnes, das trotz invalidisierender
Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen
(Invalideneinkommen) gestützt auf die Tabellenlöhne der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung (LSE). Das kantonale Gericht ist zum Ergebnis gelangt,
dass selbst bei Annahme der für die Versicherte vorteilhaftesten Parameter ein
Invaliditätsgrad unter den für einen Rentenanspruch erforderlichen 40 % (Art.
28 Abs. 1 IVG in der bis Ende 2007 in Kraft gestandenen Fassung; vgl. auch Art.
28 Abs. 2 IVG in der seit Anfang 2008 geltenden Fassung) resultiere.

Die diesbezüglichen Einwendungen der Versicherten vermöchten keinen höheren
Invaliditätsgrad zu begründen. Geltend gemacht wird zum einen, bei der
Bestimmung des Invalideneinkommens hätte auf das erhaltene Arbeitslosentaggeld
abgestellt werden sollen. Dies trifft klarerweise nicht zu. Massgebend ist das
Einkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach
Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger
Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener
Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Art. 16 ATSG). Die Arbeitslosenentschädigung
richtet sich nach anderen Gesichtspunkten. Sodann wird in der Beschwerde
postuliert, beim Invalideneinkommen hätte der höchstmögliche leidensbedingte
Abzug von 25 % (vgl. BGE 126 V 75) vorgenommen werden sollen. Es wird jedoch
nicht näher begründet, aufgrund welcher einkommensrelevanter Faktoren sich ein
solcher Abzug rechtfertigen könnte.

5.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs.
2 lit. a und Abs. 3 BGG abzuweisen.

6.
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. März 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Lanz