Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.1016/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_1016/2008

Urteil vom 3. Juli 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
D.________,
vertreten durch Adovkat André Fidanza,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Freiburg,
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom
22. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
D.________ (Jg. 1964) stürzte am 17. April 1996 bei der Arbeit in einen 60 - 70
cm tiefen Schacht und verdrehte sich dabei das rechte Hüftgelenk, wobei - nach
erst im Oktober 1996 erfolgter Unfallmeldung - der Verdacht auf einen
Schenkelhalsbruch geäussert wurde. Trotz einer am 19. August 1997 an der
Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie des Spital X.________
durchgeführten chirurgischen Hüftluxation mit Offset-Wiederherstellung am
Übergang zwischen Schenkelkopf- und -hals verblieben rechtsseitig starke
Hüftschmerzen mit Ausstrahlungen in den Unterschenkel, weshalb sich D.________
nach diesem operativen Eingriff den Gebrauch von Amerikanerstöcken nicht
abgewöhnte. Nach seinem Unfall vermochte er weder die frühere Tätigkeit als
Eisenleger wieder aufzunehmen noch eine anderweitige Arbeit anzutreten.
Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) sprach D.________ für die
Zeit ab 1. März 2002 eine Invalidenrente auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von
55 % sowie eine Entschädigung für eine 20%ige Integritätseinbusse zu (Verfügung
vom 3. Juni 2003, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 12. August 2003). Die
IV-Stelle des Kantons Freiburg ihrerseits richtete für die Zeit ab 1. April
1997 bis 30. Juni 1998 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze und ab
1. Juli 1998 bei einer Erwerbsunfähigkeit von 55 % noch eine halbe
Invalidenrente aus (Verfügungen vom 13. September 2004). Nachdem sie D.________
am 20. Dezember 2004 aufgefordert hatte, bis am 10. Januar 2005 mitzuteilen,
bei welchem Arzt er in psychotherapeutischer Behandlung stehe, und ihm die
gesetzlichen Konsequenzen im Unterlassungsfall aufgezeigt hatte, hob die
IV-Stelle die Rente am 21. Januar 2005 wegen Verweigerung einer zumutbaren
psychiatrischen Behandlung verfügungsweise mit sofortiger Wirkung auf. Daran
hielt sie mit Einspracheentscheid vom 15. März 2006 fest.

B.
Das Kantonsgericht des Kantons Freiburg wies die dagegen erhobene Beschwerde
mit Entscheid vom 22. Oktober 2008 ab.

C.
D.________ lässt Beschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des kantonalen
Entscheids sei ihm über den 21. Januar 2005 hinaus eine unbefristete, auf einem
Erwerbsunfähigkeitsgrad von mindestens 55 % basierende halbe Invalidenrente,
eventuell eine gekürzte Rente auszurichten. Mit separater Eingabe ersucht er
gleichentags um unentgeltliche Rechtspflege.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht
von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist somit weder an die in der
Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz
gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund
gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der
Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit
Hinweisen). Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen prüft das
Bundesgericht frei, ob der vorinstanzliche Entscheid von einem richtigen
Verständnis der Rechtsbegriffe ausgeht und auf der korrekten Subsumtion des
Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen beruht (Urteil 8C_480/2007
vom 20. März 2008 E. 1; Ulrich Meyer, Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N. 4 zu Art. 97).

2.
Das kantonale Gericht hat die in Art. 21 Abs. 4 ATSG gesetzlich vorgesehene
Kürzung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, wenn sich eine
versicherte Person einer zumutbaren Behandlung oder Eingliederung ins
Erwerbsleben entzieht oder widersetzt, namentlich die dazu erforderlichen
materiell- und verfahrensrechlichen Voraussetzungen, unter Miteinbezug der dazu
ergangenen Rechtsprechung umfassend und zutreffend dargelegt. Es kann darauf
verwiesen werden.

3.
3.1
Dr. med. G.________, Spezialarzt für chirurgische Orthopädie, vom Spital
F.________ untersuchte den Beschwerdeführer am 7. Juli 2000 im Rahmen seines
Fachgebietes und attestierte ihm auf Grund der dabei erhobenen Befunde in
seiner bisherigen Tätigkeit eine mindestens 50%ige und im ursprünglichen Beruf
als Schweisser sogar eine 75%ige Arbeitsfähigkeit. Davon ausgehend ermittelte
die SUVA mittels Einkommensvergleichs einen Invaliditätsgrad von 55 %. Zum
selben Ergebnis gelangte auch die IV-Stelle. Trotz der relativ hohen
verbliebenen Restarbeitsfähigkeit nahm der Beschwerdeführer nach seinem Unfall
vom 17. April 1996 keine Erwerbstätigkeit mehr auf. Die von Dr. med. G.________
geschätzte Einschränkung des Leistungsvermögens wird einzig mit somatischen
Beeinträchtigungen begründet. Auch der Psychiater und Psychotherapeut Dr. med.
I.________ ging in seiner Expertise vom 6. Februar 2002 von einer 50%igen
Arbeitsfähigkeit aus, wobei auch er keine invalidisierenden Behinderungen
psychischer Art erwähnte. Es ist daher davon auszugehen, dass die von den
Ärzten bescheinigte Verminderung der Arbeitsfähigkeit ihre Begründung einzig in
körperlichen Leiden findet. Zwar mag eingeräumt werden, dass die von der
IV-Stelle erwartete und verlangte psychotherapeutische Behandlung dem
Beschwerdeführer insoweit eine gewisse Hilfe zu bieten vermöchte, als sie ihn
allenfalls zur Verwertung seiner Restarbeitsfähigkeit bewegen könnte. Dies
würde jedoch nichts daran ändern, dass er aus rein somatischen Gründen als
bloss zu 50 % arbeitsfähig zu betrachten ist. Eine wesentliche Verbesserung der
Erwerbsfähigkeit oder eine neue Erwerbsmöglichkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 4
Satz 1 ATSG wäre auch von einer psychotherapeutischen Behandlung jedoch nicht
zu erwarten. Indem die Verwaltung am 21. Januar 2005 dennoch eine sofortige
Leistungsverweigerung verfügte, wurde diese Bestimmung verletzt. Der damit
rechtswidrige kantonale Entscheid ist daher - wie auch der Einspracheentscheid
vom 15. März 2006 - in Gutheissung der erhobenen Beschwerde aufzuheben.

3.2 Zu bemerken bleibt, dass auch die Angemessenheit der wenige Tage vor
Weihnachten 2004 erfolgten Ansetzung einer Frist bis 10. Januar 2005 nicht ohne
weiteres überzeugt. Dasselbe gilt für die nicht bloss vorübergehende, sondern
gleich dauernde Leistungsverweigerung, nachdem sich der Beschwerdeführer
immerhin bereits am 24. Februar 2005 noch im Einspracheverfahren bereit erklärt
hat, sich beim Psychiater und Psychotherapeuten Dr. med. K.________ in
Behandlung zu begeben und dies in der Folge ab 10. Mai 2005 auch tatsächlich
getan hat. Dass der am 19. Oktober 2005 auf Initiative des behandelnden
Psychiaters erfolgte Abbruch dieser Therapie auf eine Widersetzlichkeit des
Beschwerdeführers zurückzuführen gewesen wäre, geht jedenfalls weder aus dem
Bericht des Dr. med. K.________ vom 17. November 2005 noch aus dessen im
vorliegenden Verfahren eingereichten, als neues Beweismittel allerdings nicht
mehr zulässigen (Art. 99 Abs. 1 BGG) Erklärung vom 25. November 2008 hervor.
Insbesondere ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, dass sein von Dr.
med. K.________ unter dem Begriff "l'insight nécessaire" bemängeltes Verhalten
nicht als "mangelnde Kooperation" gelten kann, sondern eher mit "fehlende
Einsicht in die Notwendigkeit einer Behandlung" zu übersetzen wäre. Es besteht
unter diesen Umständen kein Anlass, dem Beschwerdeführer den ausgebliebenen
Erfolg der durchgeführten psychotherapeutischen Vorkehr anzulasten.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten von der IV-Stelle als
unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche dem
Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen hat (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG). Dessen Begehren um unentgeltliche Rechtspflege wird damit
gegenstandslos. Zur Neuverlegung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung
für das vorinstanzliche Verfahren wird die Sache an das kantonale Gericht
zurückgewiesen (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, vom 22. Oktober 2008 und der
Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Freiburg vom 15. März 2006 werden
aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Juli 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl