Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.995/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_995/2008

Urteil vom 5. Mai 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

Parteien
B.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Herrenacker 26, 8200 Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung; bedingte Freiheitsstrafe, teilbedingte Freiheitsstrafe,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 31.
Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
B.________ kam mit H.________ überein, für ihn Hanf anzupflanzen und ihm den
geernteten Hanf zu übergeben. Zu diesem Zweck pachtete er in der Ortschaft
D.________ von einem Bauer 51 Aren Ackerland. An den jährlichen Pachtzins von
Fr. 6'000.-- schoss ihm H.________ Fr. 4'000.-- vor. Ende Mai 2002 pflanzte er
ca. 1800 Setzlinge THC-reicher Hanfsorten, die er zuvor von H.________ bezogen
hatte. Bevor B.________ den Hanf (THC-Gehalt 12,3-15%) ernten konnte, wurde
dieser amtlich beschlagnahmt. Gemäss Übereinkunft hätte B.________ von
H.________ Fr. 5'000.-- für den Anbau und die Aufzucht der Pflanzen erhalten
sollen.

B.
Gestützt auf diesen Sachverhalt und weitere Anklagepunkte verurteilte das
Kantonsgericht Schaffhausen B.________ am 24. August 2005 wegen qualifizierter
und mehrfacher einfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie
mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu 16 Monaten Gefängnis als
Zusatzstrafe zu einem Strafbefehl vom 13. Januar 2003. Gleichzeitig widerrief
es den bedingten Strafvollzug jener Haftstrafe von 14 Tagen sowie einer
Gefängnisstrafe von 2 Monaten vom 16. Juni 2000.

Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies am 24. August 2007 eine Berufung
von B.________ ab und verurteilte ihn zu einer Gesamtstrafe von 18 Monaten
Freiheitsstrafe.

Das Bundesgericht hiess am 11. April 2008 eine Beschwerde des Verurteilten gut,
hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache an die Vorinstanz zurück,
damit sie ihn vom Vorwurf der bandenmässigen Begehung freispreche und ein neues
Urteil fälle.

C.
Das Obergericht verurteilte B.________ am 31. Oktober 2008 wegen mehrfacher
einfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher
Übertretung desselben zu 10 Monaten Freiheitsstrafe als teilweise Zusatzstrafe
zu zwei Strafbefehlen vom 13. Januar 2003 und 13. April 2005. Gleichzeitig
schrieb es das Berufungsverfahren in Bezug auf den Widerruf der 2-monatigen
Gefängnisstrafe ab und verzichtete auf den Vollzug der 14-tägigen Haftstrafe.

D.
B.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer beanstandet die Strafzumessung in mehreren Punkten und
dabei insbesondere, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht verletzt.

1.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe bei der Beurteilung der
Schwere der Taten seine Einwände nicht berücksichtigt.

Zunächst gilt es zu bedenken, dass die Vorinstanz das Strafmass von 18 auf 10
Monate Freiheitsstrafe reduziert und damit berücksichtigt hat, dass die
Qualifikation der Bandenmässigkeit wegfiel. In diesem Zusammenhang legt sie dem
Beschwerdeführer zutreffend lediglich den Anbau von Drogenhanf zur Last.
Inwiefern wegen seiner angeblich untergeordneten Stellung sein Verschulden
weniger schwer wiegen sollte, ist nicht einzusehen. Immerhin hat er sich aus
freien Stücken darauf eingelassen, die Hanfsetzlinge aufzuziehen und zu
pflegen, obwohl er wegen Drogendelikten bereits verurteilt worden war. Seine
Einwände betreffend mangelnde Kenntnis von Preisen und der Verwendung des Hanfs
hat die Vorinstanz willkürfrei als Schutzbehauptungen eingestuft (angefochtener
Entscheid S. 11 Ziff. 4). Deshalb war sie auch nicht gehalten, im Rahmen der
Strafzumessung darüber weitere Ausführungen zu machen.

Auch hinsichtlich des Lagerns und Transportierens von Drogenhanf beanstandet
der Beschwerdeführer die Begründung der Vorinstanz. Diese habe sich zu seinem
Einwand nicht geäussert, mit dem Lagern und Transportieren des Hanfs stehe
jedenfalls nicht mehr als ein untergeordneter Beitrag zu einem allfälligen
Delikt fest. Diesbezüglich erübrigte sich im Rahmen der Strafzumessung eine
zusätzliche Begründung. Denn bei der Beurteilung des Vorhalts hatte die
Vorinstanz ausdrücklich festgehalten, jede in Art. 19 Ziff. 1 BetmG aufgeführte
Handlung habe die Bedeutung eines selbständigen Straftatbestands und unterstehe
der vollen Strafdrohung (angefochtener Entscheid S. 12 lit. b).

1.2 Bei den persönlichen Verhältnissen beanstandet der Beschwerdeführer, die
Vorinstanz habe zuwenig berücksichtigt, dass sich bei ihm eine dauerhafte
Konsolidierung eingestellt habe, indem er inzwischen in seinen angestammten
Beruf als Koch zurückgekehrt sei und damit den Lebensunterhalt verdiene.

Die Vorinstanz hat in ihrer Begründung eine besonders positive Entwicklung des
Beschwerdeführers oder die Bewährung am Arbeitsplatz ausdrücklich in Abrede
gestellt. So hält sie ihm vor, seit den zu beurteilenden Taten weiter
delinquiert zu haben und mehrfach bestraft worden zu sein (angefochtener
Entscheid S. 19). Zudem habe er bereits anlässlich der erstinstanzlichen
Verhandlung eine Anstellung als Koch gehabt. Seine Angaben zu den beruflichen
und finanziellen Verhältnissen seien nur vage (S. 26 Ziff. 11). Schliesslich
hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer wegen seines Kindes eine gewisse
Strafempfindlichkeit zugebilligt, obwohl das Kind auch von der Mutter betreut
wird und nicht einzusehen ist, inwiefern der Beschwerdeführer stärker als ein
anderer Vater betroffen sein soll, der eine Strafe verbüssen muss. Angesichts
der wiederholten Rückfälle musste die Vorinstanz auch nicht zum Argument
Stellung nehmen, er habe beruflich und privat keinen Kontakt mehr zu den
Personen, die im zu beurteilenden Verfahren eine Rolle gespielt haben.

1.3 Die Vorinstanz geht zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer bloss
teilweise geständig ist. Denn noch im vorinstanzlichen Verfahren behauptete er,
nicht gewusst zu haben, wozu der Drogenhanf verwendet würde, wem er gehören
würde usw.

1.4 Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Beschleunigungsgebot ist
nicht einzutreten. Diese erschöpfen sich in appellatorischer Kritik. Mit der
vorinstanzlichen Begründung (angefochtener Entscheid S. 19 ff.) setzt sich der
Beschwerdeführer nicht ernsthaft auseinander. Insbesondere zeigt er nicht auf,
welchen Einfluss seine mehrfachen Fristerstreckungsgesuche auf die Dauer des
Verfahrens hatten bzw. nicht gehabt haben sollen.

1.5 Zusammenfassend hat die Vorinstanz bei der Strafzumessung kein Bundesrecht
und namentlich auch ihre Begründungspflicht nicht verletzt.

2.
Der Beschwerdeführer beanstandet die Kostenverteilung im kantonalen Verfahren.

2.1 Unter Hinweis auf Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK macht er geltend, einem
mittellosen Angeklagten dürften keine Kosten für die Pflichtverteidigung
auferlegt werden, wenn nicht durch Vollstreckungsmassnahmen sichergestellt sei,
dass die entsprechenden Kosten nicht eingetrieben würden.

Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, der Beschwerdeführer sei
jung, arbeitsfähig und verfüge nach eigenen Angaben über mehrere Arbeitsstellen
(angefochtener Entscheid S. 26 Ziff. 11). Unter diesen Umständen kann der
Beschwerdeführer nicht als mittellos bezeichnet werden, weshalb die angerufene
Konventionsbestimmung auch nicht zum Tragen kommt.

2.2 Den Anspruch auf rechtliches Gehör erachtet der Beschwerdeführer als
verletzt, weil ihm die Vorinstanz ohne besondere Begründung die
erstinstanzlichen Verfahrenskosten vollständig auferlegte, obwohl er
schliesslich vom Vorwurf der qualifizierten Widerhandlung gegen das BetmG
freigesprochen worden sei.

Art. 346 der Schaffhauser Strafprozessordnung (StPO/SH) sieht vor, dass die
Verfahrenskosten dem Beschuldigten auferlegt werden, soweit er schuldig
gesprochen wird. Diese Bestimmung bezieht sich auf den eingeklagten Sachverhalt
und nicht auf dessen Qualifikation (einfache oder qualifizierte Begehung). Da
der Beschwerdeführer verurteilt wurde, hat er auch die gesetzlichen Folgen zu
tragen. Dies bedurfte keiner weiteren Erörterung durch die Vorinstanz.

2.3 Der Beschwerdeführer rügt, in Bezug auf Ziff. 2 der Anklage sei er
freigesprochen worden, weshalb ihm insoweit keine Verfahrenskosten hätten
auferlegt werden dürfen.

Diese sinngemässe Rüge einer willkürlichen Anwendung von Art. 346 StPO/SH
erhebt er erstmals vor Bundesgericht (kantonale Akten, act. 552, 557, 586 und
694). Da er diesbezüglich den kantonalen Instanzenzug nicht ausgeschöpft hat,
ist darauf nicht einzutreten.

3.
Insgesamt ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da seine
Begehren im Voraus aussichtslos erschienen und er überdies über die
erforderlichen Mittel verfügt (E. 2.1), ist das Gesuch abzuweisen (Art. 64 Abs.
1 BGG).
Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Borner