Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.962/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_962/2008

Urteil vom 18. Juni 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiber Briw.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Patrick A. Schaerz,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ordnungsbusse,

Beschwerde gegen den Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons
Zürich vom 23. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 16. April 2008 beendete die deutsche Staatsangehörige A.________ in den
Räumen einer Sterbehilfeorganisation ihr Leben. Dabei hatte sich nach der
Darstellung von X.________ eine "Komplikation" ergeben. Frau A.________ sei
nach der Einnahme einer geringen Menge des Medikaments Natrium-Pentobarbital
(NaP) mittels eines Trinkhalms unvermittelt eingeschlafen. Nach ihrem Aufwachen
habe sie ihren Sterbewillen bestätigt. Der Arzt, der das Rezept für das
Medikament ausgestellt hatte, sei herbeigerufen worden und habe eine Magensonde
gelegt, damit A.________ "auf diese Weise in die Lage versetzt wurde, sich das
für ihr Ableben notwendige NaP mittels der von ihr selbst betätigten
Medikamentenspritze in den Magen zu befördern". Nach dem Legen der Magensonde
habe er (X.________, der wegen der Komplikation herbeigeeilt war) den Raum
verlassen und sei nach Hause gefahren.

B.
Die beim Sterbevorgang anwesenden vier Personen, nämlich der aus Deutschland
mitgereiste Betreuer, der Arzt und zwei Sterbebegleiterinnen, wurden in der
Nacht vom 16. auf den 17. April 2008 polizeilich als Auskunftspersonen befragt.
X.________ weigerte sich, zu dieser üblichen Abklärung bei aussergewöhnlichen
Todesfällen zur Einvernahme bei der Polizei zu erscheinen. Am 13. Juni 2008
erschien er aber auf Vorladung hin zur Befragung als Auskunftsperson bei der
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Die Oberstaatsanwaltschaft stellt in
ihrem Entscheid vom 23. Oktober 2008 zum Verlauf dieser Einvernahme fest,
X.________ sei auf seine Rechte als Auskunftsperson hingewiesen worden, unter
anderem auch darauf, dass er die Aussage ohne Gründe verweigern könne. Dieser
habe erklärt: "Wir können es gleich kurz machen: Ich werde keine Aussage
machen." Der Staatsanwalt habe ihm entgegnet, selbstverständlich müsse er keine
Aussagen machen. Er (der Staatsanwalt) werde ihm seine Fragen stellen, und er
könne sie so beantworten, wie er wolle. X.________ habe erwidert, dass er sich
die Fragen nicht anhöre. Er sei nicht bereit, an einem Verfahren mitzuwirken,
welches überflüssig sei. Er werde jetzt gleich gehen. Der Staatsanwalt habe ihn
zum Bleiben und Anhören der Fragen aufgefordert, worauf dieser abgelehnt, die
Urteilsfähigkeit des Staatsanwalts bestritten und den Raum verlassen habe. Das
Protokoll sei fünf Minuten nach der Eröffnung geschlossen worden.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2008 orientierte der Staatsanwalt X.________
darüber, dass er ihn "[f]ür Ihr Betragen anlässlich der Einvernahme" vom 13.
Juni 2008 mit einer Ordnungsbusse zu belegen gedenke, weshalb er ihm vorab das
rechtliche Gehör gewähre und ihm deshalb Gelegenheit zur Stellungnahme
einräume. X.________ nahm Stellung.

In der Folge belegte ihn die Staatsanwaltschaft See/Oberland mit Verfügung vom
8. September 2008 gestützt auf §§ 1, 2 lit. a-d und § 4 Abs. 1 Ziff. 2 des
Gesetzes betreffend die Ordnungsstrafen vom 30. Oktober 1866 (LS 312) sowie §
354 StPO/ZH mit einer Ordnungsbusse von Fr. 300.-- und auferlegte ihm die
Kosten von Fr. 100.--.

X.________ rekurrierte gegen diese Verfügung bei der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich. Die Staatsanwaltschaft wurde zur Vernehmlassung eingeladen, und
X.________ äusserte sich dazu. Die Oberstaatsanwaltschaft wies am 23. Oktober
2008 den Rekurs ab. Sie hielt zusammenfassend fest, der Rekurrent habe "durch
sein eigenmächtiges Verlassen der Einvernahme den ordnungsgemässen formellen
Gang des Verfahrens gestört und gegen die vorgeschriebene Verfahrensordnung im
Sinne von § 2 lit. c des Gesetzes betreffend die Ordnungsstrafen verstossen".
Die Ordnungsbusse sei angemessen. Sie auferlegte ihm die Kosten von Fr. 800.--.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, den Entscheid der
Oberstaatsanwaltschaft unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben.

In der Vernehmlassung betrachtet die Oberstaatsanwaltschaft Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vorliegend nicht als anwendbar. In der Replik hält X.________ an seinem in der
Beschwerde vertretenen Standpunkt fest, dass die Sache unter den Begriff der
strafrechtlichen Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK falle. Ausserdem sei
angezeigt, dass das Bundesgericht dafür sorge, dass im Kanton Zürich endlich
auch derartige Verfahren aufgrund von Gesetzen aus dem 19. Jahrhundert von
dessen Gerichten beurteilt werden könnten.
Erwägungen:

1.
1.1 In der Rechtsmittelbelehrung geht die Vorinstanz davon aus, dass eine
bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen im Sinne von Art. 93 und 98 BGG
erhoben werden könne. Nach dem Konzept der Einheitsbeschwerde hängt der
Rechtsmittelweg an das Bundesgericht vom Rechtsgebiet ab, auf welches die
Rechtssache letztlich zurückgeht. Bei dem angefochtenen Rekursentscheid der
Oberstaatsanwaltschaft handelt es sich um einen formellen Endentscheid (Art. 90
BGG) im Rahmen eines Strafuntersuchungsverfahrens (einer Vorabklärung), welches
nach der Darstellung des Beschwerdeführers eingestellt worden ist. Damit
erweist sich die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 BGG als das
zutreffende Rechtsmittel.

1.2 Gemäss der am 1. Januar 2007 in Kraft gesetzten Rechtsweggarantie von Art.
29a BV hat jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch
eine richterliche Behörde. Bund und Kantone können durch Gesetz die
richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen. Art. 29a BV wird
insbesondere durch Art. 86 Abs. 2 BGG konkretisiert. Danach setzen die Kantone
als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein.
Übergangsrechtlich bestimmen sich jedoch für Beschwerden in Strafsachen die
massgeblichen Vorinstanzen gemäss Art. 80 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 BGG
in der Fassung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die Bereinigung und
Aktualisierung der Totalrevision der Bundesrechtspflege (AS 2006 4213). Gemäss
Art. 130 Abs. 1 BGG erlassen die Kantone auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens
einer schweizerischen Strafprozessordnung Ausführungsbestimmungen über die
Vorinstanzen in Strafsachen im Sinne von Art. 80 BGG sowie zur Gewährleistung
der Rechtsweggarantie von Art. 29a BV. Kantonale Vorschriften, welche eine
gerichtliche Überprüfung ausschliessen, sind bis zum Ablauf der
Übergangsfristen von Art. 130 BGG als gesetzliche Ausnahmen von der
Rechtsweggarantie zu qualifizieren (vgl. Urteil 2C_64/2007 vom 29. März 2007 E.
3.2, in: Pra 2007 Nr. 134 S. 920; Urteil 1C_267/2008 vom 27. Oktober 2008 E.
2.1). Somit ist die Oberstaatsanwaltschaft nach konstanter Praxis als
Vorinstanz im Sinne von Art. 80 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 BGG zu
betrachten (vgl. Urteil 6B_590/2007 vom 19. Dezember 2007; zu anderen
Konstellationen BGE 135 I 6 sowie Urteil 6B_677/2008 vom 23. Februar 2009). Auf
die Beschwerde ist insoweit einzutreten.

1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es prüft die Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 133 III 439 E. 3.2; 133 IV 286 E. 1.4). Auf rein appellatorische Kritik
tritt es nicht ein (BGE 133 II 396 E. 3.1). Die Feststellung des Sachverhalts
und die Anwendung des kantonalen Rechts prüft es auf Willkür hin (Art. 9 BV).
Es hebt einen Entscheid auf, wenn er schlechterdings unhaltbar ist, d.h. mit
der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem
offenkundigen Versehen beruht oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen
lässt (BGE 133 III 589 E. 4.1; 131 I 217 E. 2.1, 467 E. 3.1).

2.
Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht eine Verletzung von Art. 6
Ziff. 1 EMRK. Das Gesetz betreffend die Ordnungsstrafen bedrohe jeden mit
strafrechtlichen Massnahmen, dem bestimmte Vorwürfe gemacht würden. Den
angedrohten Geldbussen bis Fr. 1'000.-- (§ 4 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes
betreffend die Ordnungsstrafen i.V.m. § 328 StPO/ZH) komme eindeutig
Strafcharakter zu. Es handle sich nicht um eine Disziplinarrechtsausnahme zu
Art. 6 Ziff. 1 EMRK.

2.1 Es ist nicht zweifelhaft, dass die Vorinstanz kein Gericht im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist. Der geltend gemachte Anspruch auf Zugang zu einem
Gericht, der zurzeit im Kanton Zürich nicht besteht (oben E. 1.2), ist daher
aufgrund der Rechtsprechung des EGMR zu prüfen. Das Bundesgericht ist nicht in
der Lage, als einzige gerichtliche Instanz im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK die
Sache zu beurteilen, da es insbesondere den Sachverhalt und das kantonale Recht
nicht frei prüft (oben E. 1.3; Urteil 1C_267/2008 vom 27. Oktober 2008 E. 2.4;
Urteil in Sachen Weber gegen Schweiz vom 22. Mai 1990, Ziff. 39 [zur früheren
staatsrechtlichen Beschwerde], in: EuGRZ 1990 S. 265).

2.2 Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über
Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen
oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem
unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen
Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.
2.2.1 Dieser Anspruch setzt im vorliegenden Zusammenhang voraus, dass es sich
um eine "strafrechtliche Anklage" handelt. Der EGMR prüft diese Frage nach den
drei im Urteil Engel entwickelten Kriterien (vgl. Urteil in Sachen Öztürk gegen
Bundesrepublik Deutschland vom 21. Februar 1984, Ziff. 50, in: EuGRZ 1985 S.
62). Massgeblich sind nach dieser Judikatur erstens die Zuordnung der
Vorschrift im nationalen Recht, zweitens die Natur des Vergehens sowie drittens
die Art und Schwere der Sanktion (CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische
Menschenrechtskonvention, 3. Auflage, München 2008, S. 317 Rz. 17).
2.2.2 Die Vorinstanz stützt sich auf § 2 lit. c des Gesetzes betreffend die
Ordnungsstrafen. Gemäss § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes sind Verwaltungsstellen und
Gerichte "berechtigt, Disziplinarfehler [...] der bei ihnen in mündlichen oder
schriftlichen Verfahren stehenden Privaten durch Ordnungsstrafen zu rügen".
Gemäss § 2 gilt als Disziplinarfehler "jede rechtswidrige und schuldhafte
Verletzung der Dienstpflichten, insbesondere [..] c) die Störung der
vorgeschriebenen Verfahrensordnung". Als "Ordnungsstrafe" kann gemäss § 4 Abs.
1 Ziff. 1 ein "Verweis" oder gemäss Ziff. 2 eine "Geldbusse nach den für die
Polizeibussen geltenden Ansätzen" verhängt werden.

Der Beschwerdeführer verweist hinsichtlich der "für die Polizeibussen geltenden
Ansätze" entsprechend den Anmerkungen zu § 4 Ziff. 2 des Gesetzes auf § 328
StPO/ZH (oben E. 2). Es ist indessen festzustellen, dass § 328 StPO/ZH durch
das kantonale Gesetz vom 19. Juni 2006 über die Anpassung an den geänderten
allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches und an das neue Jugendstrafgesetz (OS
61, 391; LS 211.1) seit dem 1. Januar 2007 aufgehoben ist.

Die Erstinstanz stützte sich denn auch entgegen der in der Beschwerde
vertretenen Ansicht in ihrer Verfügung vom 8. September 2008 ausdrücklich auf §
354 StPO/ZH (und nicht auf § 328 aStPO/ZH). Die Vorinstanz bestätigt diese
Verfügung (oben E. B). Der am 1. Januar 1996 in Kraft gesetzte § 354 StPO/ZH
ist in der Zürcher Strafprozessordnung systematisch unter die Bestimmungen zum
"Verfahren bei Ordnungsbussen" eingeordnet und gilt insbesondere für die
"kantonalrechtlichen Ordnungsbussen". Gemäss dieser Norm können "Übertretungen
des kantonalen Rechts [...] in einem vereinfachten Verfahren mit Ordnungsbussen
bis zu Fr. 500.-- geahndet werden."
2.2.3 Nach den ersten beiden "Engel-Kriterien" (oben E. 2.2.1), nämlich der
Zuordnung der Vorschrift im nationalen Recht und der Natur des Vergehens ist §
2 lit. c des Gesetzes betreffend die Ordnungsstrafen dem Disziplinarrecht
zuzuordnen. Dies wird durch die Verjährungsbestimmungen von § 3 des Gesetzes
bestätigt, wonach die Verfolgungsverjährung für "Disziplinarfehler"
gegebenenfalls "von der rechtskräftigen Erledigung des Strafverfahrens an"
läuft. Analog erfolgt gemäss § 4 Abs. 2 des Gesetzes bei Behördenmitgliedern,
Beamten und Angestellten der Entscheid über eine disziplinarische Bestrafung
und den Fortbezug der Besoldung während der vorläufigen Einstellung [...] nach
Beendigung des Strafverfahrens".

Das Gesetz über die Ordnungsstrafen behält somit ein allfälliges Strafverfahren
ausdrücklich vor. Dies gilt auch bei den "Privaten" im Sinne von § 1 des
Gesetzes. Die "Störung der vorgeschriebenen Verfahrensordnung" gemäss § 2 lit.
c des Gesetzes erfasst nach dem klaren Wortlaut disziplinarische Störungen. Es
handelt sich um eine auch in modernen Gesetzen übliche Umschreibung. So lautet
etwa Art. 33 Abs. 1 des auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzten
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) unter dem Randtitel "Disziplin" wie folgt: "Wer im
Verfahren vor dem Bundesgericht den Anstand verletzt oder den Geschäftsgang
stört, wird mit einem Verweis oder einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken
bestraft." Damit ist der Disziplinartatbestand von § 2 lit. c des Gesetzes
hinreichend bestimmt umschrieben, was für den Beschwerdeführer, einen
forensisch erfahrenen Rechtsanwalt, klar sein musste. Es handelt sich um eine
in Prozessgesetzen der Verfahrensleitung regelmässig zugestandene
sitzungspolizeiliche Kompetenz, bei Verletzungen der Verfahrensdisziplin
gegenüber Parteien, Anwälten und weiteren Verfahrensbeteiligten Verweise und
Bussen auszusprechen. Ein strafbares Verhalten ist nicht vorausgesetzt (FRANZ
RIKLIN, Schweizerisches Strafrecht, 3. Auflage, Zürich 2007, S. 11). Der
Beschwerdeführer unterstand als einzuvernehmende Auskunftsperson dieser
Disziplinargewalt der Untersuchungsbehörde. Gemäss § 149b Abs. 1 StPO/ZH ist
die Auskunftsperson zum Erscheinen verpflichtet, wobei gemäss § 149b Abs. 3
i.V.m. § 133 StPO/ZH auch der Vorführungsbefehl zulässig ist.

Entgegen dem Beschwerdeführer unterscheidet sich damit die zu beurteilende
Sache massgeblich vom Fall Ötztürk, in welchem dieser mit seinem Wagen gegen
ein parkiertes Fahrzeug gefahren war und an beiden Fahrzeugen einen Sachschaden
von etwa 5'000 DM verursacht hatte. Hier hatte der EGMR entschieden, dass es
sich trotz der deutschen Zuordnung zum innerstaatlichen
Ordnungswidrigkeitsrecht um eine strafrechtliche Anklage handelte. Und anders
als im Fall Weber wird der Beschwerdeführer wegen Verletzung der
Verfahrensdisziplin und nicht wegen eines anderen Sachverhalts (Verletzung des
Untersuchungsgeheimnisses im Fall Weber) sanktioniert.
2.2.4 Das dritte "Engel-Kriterium", die Art und Schwere der Sanktion, steht der
Einordnung als Disziplinarrecht offenkundig ebenfalls nicht entgegen. Die
angedrohte Sanktion erscheint ihrer Natur und Schwere nach nicht als
Kriminalstrafe. Dabei ist entgegen der Beschwerde nicht auf den inzwischen
aufgehobenen § 328 aStPO/ZH, sondern auf § 354 StPO/ZH abzustellen, welcher für
kantonalrechtliche Ordnungsbussen einen gesetzlichen Rahmen bis zu 500 Franken
vorsieht (oben E. 2.2.2).

2.3 Zusammenfassend handelt es sich vorliegend um eine
Disziplinarrechtsausnahme zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Solche Bussen gelten nach der
Strassburger Praxis nicht als strafrechtlich im Sinne von Art. 6 EMRK (RIKLIN,
a.a.O.; ARTHUR HAEFLIGER/FRANK SCHÜRMANN, Die europäische
Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Auflage, Bern 1999, S. 153).
Bereits die Europäische Menschenrechtskommission erklärte Art. 6 EMRK nicht
anwendbar bei vom Bundesgericht ausgesprochenen Disziplinarbussen gemäss Art.
31 aOG, einer Bestimmung, die dem heutigen Art. 33 Abs. 1 BGG entspricht (oben
E. 2.2.3; vgl. die Nachweise in BGE 121 I 379 E. 3c/aa S. 382). Ebenso dient §
2 lit. c des Gesetzes betreffend die Ordnungsstrafen im zu beurteilenden
Zusammenhang dem geordneten Geschäftsgang der Behörden und stellt eine reine
Disziplinarmassnahme dar. Das Bundesgericht hat in einer eine Zürcher Beamtin
betreffenden Sache bereits entschieden, dass eine Busse von 300 Franken gemäss
§ 4 dieses Gesetzes keine strafrechtliche Anklage beinhaltet (BGE 121 I 379).
Der Beschwerdeführer kann sich somit nicht auf die Verfahrensgarantien von Art.
6 Ziff. 1 EMRK berufen.

3.
Anfechtungsobjekt ist die vorinstanzliche Entscheidung. Materiell sind einzig
das Verhalten des Beschwerdeführers während seiner Einvernahme vom 13. Juni
2008 und die deswegen erfolgte Sanktionierung zu prüfen.

3.1 Der Beschwerdeführer hält zum Sachverhalt fest, unmittelbar nach dem Beginn
der Einvernahme habe er dem Staatsanwalt erklärt, man könne die Sache kurz
machen, er verweigere die Aussage. Davon habe der Staatsanwalt zwar Kenntnis
genommen, aber erklärt, er werde jetzt seine Fragen stellen, worauf er jeweils
antworten könne. Dieser Absicht habe er opponiert. Da der Staatsanwalt jedoch
seine Absicht habe in die Tat umsetzen wollen, habe er ihm erklärt: "Nein. Ich
werde mir ihre Fragen nicht anhören. Ich bin nicht bereit, an einem Verfahren
mitzuwirken, welches überflüssig ist. Ich werde jetzt gleich gehen." Auf die
Aufforderung des Staatsanwalts, hierzubleiben und sich seine Fragen anzuhören,
habe er erklärt: "Nein. Ich bestreite Ihre Urteilsfähigkeit." Dann habe er sich
erhoben und den Raum verlassen. Ausserhalb des Einvernahmeraumes habe sich noch
ein kurzer Dialog ergeben, in welchem der Staatsanwalt ihm die polizeiliche
Vorführung angedroht habe.

3.2 Diese Darstellung des Beschwerdeführers stimmt mit den Feststellungen im
angefochtenen Entscheid überein (oben E. B). Der Vorhalt im Schreiben des
Staatsanwalts vom 15. Juli 2008, dass er den Beschwerdeführer für sein
"Betragen anlässlich der Einvernahme" mit einer Ordnungsbusse zu belegen
gedenke (oben E. B), umschreibt hinreichend präzise das beanstandete Verhalten.
Damit wurde das Gehörsrecht gewährt. Sachverhaltlich steht fest, dass der
Beschwerdeführer gegen den ausdrücklichen Willen des einvernehmenden
Staatsanwalts die Einvernahme eigenmächtig vorzeitig verliess.

Eine strafprozessuale Einvernahme unterwirft den Betroffenen einer
Einschränkung seiner persönlichen Bewegungsfreiheit. Er muss sich dieser
Einvernahme grundsätzlich unterziehen, jedenfalls soweit sie
rechtsstaatskonform, d.h. unter Wahrung der verfassungsmässigen und
strafprozessualen Rechte des Betroffenen durchgeführt wird. Es steht nicht im
Belieben des Einzuvernehmenden, wann er kommen oder gehen will. Von einer
rechtsstaats- und menschenrechtswidrigen Einvernahme oder von verbotenen oder
schikanösen Einvernahmemethoden kann vorliegend keine Rede sein. Offenkundig
ist ferner, dass der Beschwerdeführer wissentlich und willentlich gegen den
ausdrücklichen Willen des einvernehmenden Staatsanwalts die Einvernahme
verliess. Dass eine "Abmahnung im Hinblick auf einen ordnungsgemässen Abschluss
der Einvernahme" seitens des Staatsanwalts nicht ergangen sei, wie der
Beschwerdeführer vorbringt, trifft nicht zu. Er hält vielmehr selber fest, der
Staatsanwalt habe ihn aufgefordert, "hierzubleiben und sich seine Fragen
anzuhören", und habe ihm sogar die polizeiliche Vorführung angedroht (oben E.
3.1).

3.3 Die zusammenfassende Erwägung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe
"durch sein eigenmächtiges Verlassen der Einvernahme den ordnungsgemässen
formellen Gang des Verfahrens gestört und gegen die vorgeschriebene
Verfahrensordnung im Sinne von § 2 lit. c des Gesetzes betreffend die
Ordnungsstrafen verstossen" (angefochtener Entscheid S. 11), wie auch die
betragsmässige Festsetzung der Busse, sind unter Willkürgesichtspunkten, unter
denen das Bundesgericht die Feststellung des Sachverhalts und die Anwendung des
kantonalen Rechts prüft (oben E. 1.4), nicht zu beanstanden.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der
Beschwerdeführer hat die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Der in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätigen Beschwerdegegnerin ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juni 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Briw