Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.948/2008
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_948/2008/sst

Urteil vom 23. März 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Mathys,
Gerichtsschreiber Faga.

Parteien
X.________ SA,
Y.________ SA,
Z.________ GmbH & Co. KG,
Beschwerdeführerinnen, alle drei vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Oliver Sidler,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwältin Antoinette E. Hürlimann,
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, 6430 Schwyz,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur unbefugten Entschlüsselung
codierter Angebote (Art. 150bis StGB),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz, 2.
Rekurskammer, vom 13. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 16. Dezember 2005 stellten die X.________ SA, die Y.________ SA und die
Z.________ GmbH & Co. KG Strafantrag gegen A.________ wegen Inverkehrbringens
von Materialien zur unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote. Das
Bezirksamt Höfe legte A.________ mit Anklageschrift vom 16. April 2008 zur
Last, in der Zeit ab 9. Dezember 2005 bis 25. Januar 2006 mindestens 183
"Cerebro" Chip-Karten eingeführt, verkauft und dadurch einen Gewinn von
mindestens Fr. 15'646.-- erwirtschaftet zu haben. Diese seien in Verbindung mit
einem Kartenlesegerät, einem Personalcomputer sowie frei über das Internet
erhältlichen Programmen geeignet und bestimmt gewesen, die mit dem
Verschlüsselungssystem der Y.________ SA geschaffene Zugangskontrolle zu den
codierten Programmen der Bezahlfernsehanbieterin "Z.________" zu umgehen.
A.________ habe gewusst, dass die von ihm vertriebenen Karten zur unbefugten
Entschlüsselung der codierten Programme geeignet gewesen seien, und er habe
zumindest in Kauf genommen, dass dies ihr zentraler Verwendungszweck gewesen
sei.

B.
Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Höfe sprach A.________ mit Urteil vom 8.
Juli 2008 vom Vorwurf des mehrfachen Herstellens und Inverkehrbringens von
Materialien zur unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote frei. Eine von
der X.________ SA, der Y.________ SA und der Z.________ GmbH & Co. KG dagegen
erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss
vom 13. Oktober 2008 ab.

C.
Die X.________ SA, die Y.________ SA und die Z.________ GmbH & Co. KG führen
Beschwerde in Strafsachen und eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde.
Sie beantragen, A.________ sei der Widerhandlung gegen Art. 150bis StGB
schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen. Eventualiter sei der
Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1
BGG).

1.1 Die Beschwerde in Strafsachen steht nach Art. 78 Abs. 1 BGG gegen
Entscheide in Strafsachen offen. Darunter fallen sämtliche Entscheide, denen
materielles Strafrecht oder Strafprozessrecht zugrunde liegt (Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4313 Ziff.
4.1.3.2). Angefochten ist ein Strafurteil, in dem der Beschwerdegegner als
Beschuldigter Partei war. Nach dem Konzept der Einheitsbeschwerde soll der
Rechtsmittelweg an das Bundesgericht vom Rechtsgebiet abhängen, auf welches die
Streitsache letztlich zurückgeht (BBl 4235 Ziff. 2.3.1.2). Damit ist die
Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG das zutreffende
Rechtsmittel. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist ausgeschlossen (Urteil
6B_130/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 1.1). Dies gilt auch, wenn der konkrete
Beschwerdeführer zur Beschwerde in Strafsachen nicht legitimiert ist. Aus dem
Fehlen der Legitimation folgt nicht, dass daher gemäss Art. 113 BGG die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig ist.

1.2 Die Legitimation zur Erhebung der Beschwerde in Strafsachen knüpft an eine
formelle und an eine materielle Voraussetzung an. Nach Art. 81 Abs. 1 BGG ist
zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am
vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung
oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die beiden
Voraussetzungen von lit. a und b müssen kumulativ erfüllt sein. Das bedeutet
einerseits, dass auch die in Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG aufgeführten Personen,
die in der Regel beschwerdebefugt sind, im Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse
nachzuweisen haben. Anderseits sind auch dort nicht aufgeführte Personen
beschwerdebefugt, sofern sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung des angefochtenen Entscheids haben (BGE 133 IV 121 E. 1.1 S. 123).
1.2.1 Die Beschwerdeführerinnen sind nicht Privatstrafklägerinnen im Sinne von
Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 BGG, da das Bezirksamt Höfe am kantonalen
Verfahren beteiligt war. Diese Bestimmung entspricht der früheren Regelung in
aArt. 270 lit. g BStP. Sie betrifft jene Fälle, in denen der Privatstrafkläger
an die Stelle des öffentlichen Anklägers tritt, weil die Verfolgung der
Straftat wegen ihres geringen Unrechtsgehalts oder mit Rücksicht auf das
vorwiegend private Interesse an der Bestrafung dem Geschädigten überlassen wird
(ROBERT HAUSER/ERHARD SCHWERI/KARL HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht,
6. Aufl. 2005, S. 436). Voraussetzung für die Legitimation des
Privatstrafklägers ist also, dass der öffentliche Ankläger nach dem kantonalen
Prozessrecht nicht zur Anklage befugt ist, so dass diese von Anfang an einzig
dem Privatstrafkläger zusteht. Der Privatstrafkläger führt die Anklage auch
nicht allein, wenn der öffentliche Ankläger beispielsweise von seinem
Appellationsrecht keinen Gebrauch macht, sondern im Appellationsverfahren auf
seine Parteirechte stillschweigend oder ausdrücklich verzichtet (BGE 128 IV 39
E. 2a S. 40 f. mit Hinweisen). Dass das Bezirksamt gemäss der Darstellung in
der Beschwerde kein Interesse am vorliegenden Fall gezeigt hat, ist somit
unerheblich.
Auch sind die Beschwerdeführerinnen nicht gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 6 BGG zur vorliegenden Beschwerde legitimiert. Diese Bestimmung räumt
einzig die Möglichkeit ein, eine Verletzung des Strafantragsrechts geltend zu
machen, nicht jedoch, als Strafantragsteller den Entscheid in der Sache
anzufechten (BGE 127 IV 185 E. 2 S. 188 f.).
1.2.2 Zu den grundsätzlich beschwerdelegitimierten Personen gehört das Opfer,
wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Opfer ist jede Person, die
durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen
Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 1 Abs. 1 OHG). Die
Beschwerdeführerinnen sind als juristische Personen nicht Opfer im genannten
Sinne.
1.2.3 Der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes ist, ist
nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert, soweit es um den Strafanspruch
geht. Dieser steht dem Staat zu. Der Geschädigte hat an der Bestrafung des
Täters nur ein tatsächliches und kein rechtliches Interesse. Seit dem 1. Januar
2001 ist der Geschädigte nicht mehr legitimiert, beispielsweise gegen ein
freisprechendes Urteil Beschwerde zu erheben. Eine Ausweitung der
Beschwerdebefugnis lässt sich nicht allein aus dem beispielhaften Charakter der
nicht abschliessenden Aufzählung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ableiten. Art.
81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist im Sinne von aArt. 270 BStP (in der vom 1.
Januar 2001 bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung) und somit eng
auszulegen (BGE 133 IV 228 E. 2.3 S. 230 ff.). Es besteht keine Veranlassung,
von dieser mehrfach bestätigten Praxis (Urteil 6B_9/2009 vom 10. Februar 2009
E.1; Urteil 1B_134/2008 vom 18. August 2008 E. 1.2; Urteil 6B_627/2007 vom 11.
August 2008 E. 2.2.1, nicht publ. in: BGE 134 IV 297) abzuweichen.
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der
Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 81 Abs. 1
lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich in diesem
Fall nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung,
am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach
kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die
ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK
zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft
(BGE 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253 mit Hinweisen; 128 I 218 E. 1.1 S. 219 f.).
Zulässig sind dabei Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der
Sache getrennt werden können.
Nicht zu hören sind dabei aber Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle
Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht
legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung
kritisieren, noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell
unzutreffend (BGE 126 I 81 E. 7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E.
4a S. 95; 114 Ia 307 E. 3c S. 313).
1.3
1.3.1 Soweit sich die Beschwerde gegen den Freispruch vom Vorwurf des
mehrfachen Herstellens und Inverkehrbringens von Materialien zur unbefugten
Entschlüsselung codierter Angebote im Sinne von Art. 150bis StGB und somit
gegen den Strafpunkt richtet, ist deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Auf die Beschwerde ist auch nicht einzutreten, soweit die Beschwerdeführerinnen
eine unvollständige oder willkürliche Beweiswürdigung und eine offensichtlich
unrichtige Feststellung des Sachverhaltes rügen. Der Hinweis auf den Anspruch
auf eine gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV; Beschwerde S. 22)
vermag daran nichts zu ändern.
1.3.2 Die Beschwerdeführerinnen machen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
geltend. Dazu sind sie grundsätzlich legitimiert. Sie führen aus, vor
Vorinstanz eingehend dargelegt zu haben, weshalb es sich bei den vom
Beschwerdegegner verkauften "Cerebro"-Karten um Decoderkarten ("Smartcards")
gehandelt habe, die einzig dazu bestimmt und geeignet gewesen seien, codierte
Rundfunkprogramme zu entschlüsseln. Die Vorinstanz habe diese Darstellung nicht
berücksichtigt (Beschwerde S. 19 f.). Dieses Vorbringen stellt jedoch nicht
eine Rüge formeller Natur, sondern eine Kritik an der vorinstanzlichen
Begründung dar, die von der Prüfung der Sache selber nicht getrennt werden
kann. Sie zielt auf eine materiellrechtliche Überprüfung des angefochtenen
Entscheids, weshalb sie nicht zu hören ist.

2.
Zusammenfassend ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den
Beschwerdeführerinnen zu je einem Drittel, unter solidarischer Haftung für den
gesamten Betrag, aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'100.-- werden den Beschwerdeführerinnen zu je
einem Drittel, unter solidarischer Haftung für den gesamten Betrag, auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, 2. Rekurskammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. März 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Faga