Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.946/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_946/2008

Urteil vom 31. März 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten
durch Advokat Dr. Christian von Wartburg,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Bahnhofplatz 3a, 4410 Liestal,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Zivil- und Strafrecht, vom 5. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Strafgericht Basel-Landschaft verurteilte X.________ am 4. Mai 2007 wegen
qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer
bedingten Gefängnisstrafe von 15 Monaten. Es hielt für erwiesen, dass sie in
ihrem Geschäft "A.________" in Bottmingen Hanf mit einem hohen THC-Gehalt
verkaufte, von dem sie wusste, dass er sich zum Konsum als Betäubungsmittel
eignete, und in Kauf nahm, dass er zu diesem Zweck verwendet wurde. Mit dem
Verkauf von Drogenhanf hat sie nach der Überzeugung des Strafgerichts zwischen
dem 17. Juni 1998 und dem 16. Oktober 2003 einen Umsatz von 400'000 Franken
erzielt.
Auf Appellation von X.________ hin bestätigte das Kantonsgericht
Basel-Landschaft am 5. August 2008 die erstinstanzliche Verurteilung im Schuld-
und im Strafpunkt. Es änderte das Urteilsdispositiv leicht ab, da es zur
Auffassung gelangte, es seien die altrechtlichen, nicht die revidierten
Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes und des Allgemeinen Teils des
Strafgesetzbuches anwendbar.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, dieses Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben und sie freizusprechen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihre Verurteilung verstosse gegen die
persönliche Freiheit und die Wirtschaftsfreiheit (Art. 10 Abs. 2 und Art. 27
BV). Nach Art. 1 i.V.m. Art. 8 BetmG gehöre Hanfkraut nur zu den
Betäubungsmitteln, wenn es zur Betäubungsmittelgewinnung angebaut, eingeführt,
hergestellt und in den Verkehr gebracht werde. Dies treffe nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts zu, wenn sein THC-Gehalt einen bestimmten
Grenzwert überschreite. Ob der ihr vorgeworfene Vertrieb von Hanfkraut strafbar
sei oder nicht, sei damit keine Frage der für das Bundesgericht nach Art. 190
BV verbindlichen Bundesgesetzgebung, sondern der Rechtsanwendung, die es frei
prüfen könne. Wegen der Bestrebungen, den Konsum von Cannabisprodukten zu
legalisieren, habe zudem eine Rechtsunsicherheit geherrscht. Die
Strafverfolgungsbehörden hätten dem Hanfhandel untätig zugesehen.
Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a Ziff. 4 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG ist der
Anbau, die Einfuhr, die Herstellung und der Vertrieb von Hanfkraut zum Gebrauch
als Betäubungsmittel klarerweise verboten. Es ist unbestritten, dass die
Beschwerdeführerin Hanfkraut mit einem hohen THC-Gehalt vertrieb, von dem sie
wusste oder zumindest in Kauf nahm, dass es als Betäubungsmittel verwendet
werden würde. Das ist nach der unzweideutigen gesetzlichen Regelung des
Betäubungsmittelgesetzes strafbar. Diese kann vor Bundesgericht nicht in Frage
gestellt werden, da ihm nach Art. 190 BV die Überprüfung von Bundesgesetzen
verwehrt ist. Die Rüge ist damit unzulässig, weshalb darauf nicht eingetreten
werden kann. Dass Bestrebungen im Gang waren, die Verwendung von Hanfkraut zu
Drogenzwecken teilweise zu legalisieren, ändert im Übrigen nichts daran, dass
die der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Handlungen im Tatzeitraum strafbar
waren und dies - nach dem jedenfalls vorläufigen Scheitern der
Legalisierungsbestrebungen - auch weiterhin bleiben werden.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, die massive Repression gegen den Anbau der in der
Schweiz alteingesessenen Kulturpflanze Hanf verstosse gegen Art. 78 Abs. 4 BV,
welcher den Bund verpflichte, die Tier- und Pflanzenwelt zu schützen,
Lebensräume in der natürlichen Vielfalt zu erhalten und bedrohte Arten vor dem
Aussterben zu schützen.
Art. 190 BV steht auch dieser Rüge entgegen, weshalb darauf nicht eingetreten
werden kann. Sie wäre im Übrigen offensichtlich unbegründet. Für die
Herstellung von Betäubungsmitteln besonders geeignet sind eigens für diesen
Zweck gezüchtete Sorten mit einem gesteigerten THC-Gehalt. Die
Entkriminalisierung des Anbaus von Drogenhanf würde somit nichts zum Erhalt
alter heimischer Hanfsorten beitragen.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt, ihre Verurteilung verstosse gegen Art. 8 EMRK.
Diese Bestimmung gewährleiste nach der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs das Recht einer Person, sich für den Freitod zu entscheiden. "A
maiore minus" müsse dies bedeuten, dass es dem Bürger freistehe, sich durch
Drogenkonsum selber zu schädigen. Eingriffe in dieses von Art. 8 Abs. 1 EMRK
geschützte Selbstbestimmungsrecht seien nur unter der Voraussetzung von Abs. 2
zulässig, welche vorliegend nicht erfüllt seien.
Die EMRK ist für das Bundesgericht nach Art. 190 BV in gleicher Weise
verbindlich wie ein Bundesgesetz. Insofern ist die Rüge zulässig (BGE 128 III
113 E. 3a mit Hinweisen; 128 IV 201 E. 1.2 und 1.3). Allerdings ist die
Beschwerdeführerin offensichtlich nicht befugt, sie zu erheben. Da ihr nicht
vorgeworfen wurde, Drogen konsumiert zu haben, kann sie sich nicht darauf
berufen, diese Tätigkeit falle unter das von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte
Selbstbestimmungsrecht. Sie wurde vielmehr verurteilt, weil sie Drogenhanf
produzieren liess und diesen verkaufte, notabene wegen (illegaler)
geschäftlicher Tätigkeiten, die nicht in den Schutzbereich dieser
Konventionsbestimmung fallen. Auf die Rüge ist daher mangels Beschwerdebefugnis
nicht einzutreten.
Sie wäre im Übrigen auch in der Sache unbegründet. Wie Art. 10 Abs. 2 BV
schützt Art. 8 Abs. 1 EMRK nur die elementaren Erscheinungen der
Persönlichkeitsentfaltung (BGE 130 I 369 E. 2 mit Hinweisen). Drogenkonsum ist
kein wesentlicher Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts und fällt nicht unter
den Schutzbereich von Art. 8 EMRK (Bundesgerichtsentscheid 6P.25/2006 vom 27.
April 2006 E. 3, in: AJP 2007 S. 116).

4.
Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Die Beschwerde beruft sich in erster Linie auf die rechtspolitische Forderung,
wonach die Produktion, der Verkauf und der Konsum von Drogenhanf straffrei sein
sollten, befasst sich jedoch nur am Rande und teilweise auf abstruse Weise
(vgl. E. 2) mit der geltenden Rechtslage. Eine solche Prozessführung grenzt an
Mutwilligkeit. Advokat von Wartburg wird darauf hingewiesen, dass er für den
Fall weiterer derartiger Eingaben disziplinarische Massnahmen zu gewärtigen hat
(Art. 33 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. März 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Störi