Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.906/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_906/2008 /hum

Urteil vom 13. Dezember 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiber Monn.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Vereitelung einer Massnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit;
Fristwiederherstellungsgesuch,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 16. September 2008.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Nachdem der Beschwerdeführer am 16. Januar 2008 zu einer Verhandlung des
Bezirksgerichts Horgen, zu der er ordnungsgemäss vorgeladen worden war,
unentschuldigt nicht erschien, fällte das Gericht am selben Tag gegen ihn ein
Strafurteil. In der Folge versuchte das Gericht zweimal, ihm das die Frist zur
Berufung auslösende Urteilsdispositiv zuzustellen, indessen holte er beide Male
das Dispositiv trotz Abholungseinladung auf der Post nicht ab. Erst das
vollständig begründete Urteil konnte ihm am 13. Mai 2008 zugestellt werden,
worauf er am 21. Mai 2008 die Berufung erklärte. Im angefochtenen Beschluss
trat die Vorinstanz auf die Berufung wegen Verspätung nicht ein. Dagegen
richtet sich die vorliegende Beschwerde in Strafsachen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die Verhandlung vor Bezirksgericht
ungewollt verpasst, weil er zwei für ihn wesentliche Termine, nämlich den 15.
und den 16. Januar 2008, verwechselt habe (Beschwerde S. 3 Ziff. A/3). Träfe
dies zu, hätte er indessen bei seinem vergeblichen Gang ans Gericht am 15.
Januar 2008 erfahren, dass die Verhandlung in Strafsachen erst am folgenden Tag
stattfinden wird (so auch angefochtener Entscheid S. 3). Das Vorbringen ist
deshalb trölerisch. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 18. Januar 2008
verunfallte, hat damit, dass er zwei Tage vor dem Unfall eine Verhandlung
verpasst hat, offensichtlich nichts zu tun. Auch dieses Vorbringen ist
mutwillig.

Nachdem der Beschwerdeführer korrekt zur Hauptverhandlung vor Bezirksgericht
vorgeladen worden war, und er sich dort hätte äussern können, wurde dadurch,
dass wegen seiner verschuldeten Säumnis in seiner Abwesenheit verhandelt werden
musste, sein Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV nicht
verletzt (Beschwerde S. 3 Ziff. A/4 und S. 4 Ziff. B/2). Von einem Widerspruch
zu "zentralen Grundsätzen des Schuldstrafrechts" kann nicht die Rede sein. Was
der Fall im Übrigen mit Art. 23 BV (Vereinigungsfreiheit) oder Art. 26 BV
(Eigentumsgarantie) zu tun haben könnte, ist nicht ersichtlich. Insoweit ist
auf die Beschwerde nicht einzutreten.

In Bezug auf die Zustellung des Urteilsdispositivs ging auch die Vorinstanz
davon aus, dass der Beschwerdeführer Schmerzen hatte und beim ersten
Zustellversuch hospitalisiert war. Er habe jedoch von der Hauptverhandlung vor
Bezirksgericht gewusst, und zudem sei ihm die Bedeutung der Rechtsmittelfristen
bekannt gewesen. Wenn es ihm im entscheidenden Zeitraum schon nicht möglich
gewesen sei, selber seine Post zu holen oder sie durch einen geeigneten
Vertreter holen zu lassen, dann hätte er immer noch die Möglichkeit gehabt,
beim Bezirksgericht telefonisch nach dem Stand des Verfahrens zu fragen und das
Gericht über seinen Zustand zu informieren (angefochtener Entscheid S. 4).
Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, dass das Bezirksgericht ihm das
Dispositiv auch noch mit normaler Post hätte zustellen sollen, damit er seinen
minderjährigen Sohn damit hätte beauftragen können, ihm die Post in die Wohnung
zu bringen (Beschwerde S. 4 Ziff. B/3). Damit anerkennt er indessen, das ihm
der Sohn auch die Abholungseinladung in die Wohnung hätte bringen können. Und
dann hätte er erst recht Anlass gehabt, sich mit dem Bezirksgericht in
Verbindung zu setzen. Davon, dass eine Zustellung des Dispositivs mit normaler
Post notwendig gewesen wäre, kann nicht die Rede sein. Unter diesen Umständen
ist das angefochtene Nichteintreten auf die Berufung wegen Verspätung nicht zu
beanstanden.

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos geworden.

2.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG
abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Davon, dass sich
die Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage gehalten hätten
(act. 8), kann nicht die Rede sein. Da neben der Bedürftigkeit des
Beschwerdeführers auch noch seine trölerische Art der Prozessführung zu
berücksichtigen ist (Art. 65 Abs. 2 BGG), kommt eine Reduktion der
Gerichtskosten nicht in Betracht.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Dezember 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Monn