Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.883/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_883/2008/sst

Urteil vom 2. Dezember 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Zünd,
Gerichtsschreiber Monn.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Anja Bloesser,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich.

Gegenstand
Mehrfache versuchte Nötigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 2. Juli 2008.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X.________ und die Beschwerdegegnerin lernten sich im Frühsommer 2005 über das
Internet kennen. Rasch entspann sich eine intensive Beziehung. Die
Beschwerdegegnerin erlebte ihn allerdings zunehmend als Besitz ergreifend und
eifersüchtig. Es kam immer wieder zu langen Diskussionen, zu lautem Streit oder
gar zu Gewalttätigkeiten. Schliesslich beendete die Beschwerdegegnerin die
Beziehung am 7. September 2005. X.________ konnte diese plötzliche Trennung
nicht verstehen und akzeptieren. Am 2. Oktober 2005 suchte er die
Beschwerdegegnerin nach Mitternacht an ihrem Arbeitsplatz im Kinderspital auf,
worauf diese nicht nur das Gespräch verweigerte, sondern überdies den Portier
alarmieren liess. Nun konnte ihm endgültig nicht mehr verborgen bleiben, dass
die Beschwerdegegnerin sein Flehen, zu ihr zurückzukehren, definitiv nicht
erhören würde, sondern unter keinen Umständen mehr Kontakt zu ihm haben wollte,
und dass sie sich durch seine Nachstellungen nicht mehr nur belästigt, sondern
auch bedrängt fühlte (angefochtener Entscheid S. 6/7, 9, 21, 28).
X.________ wird vorgeworfen, am 5. Oktober 2005 gleichwohl wiederum am Wohnort
der Beschwerdeführerin erschienen, dort geraume Zeit verharrt, geläutet, nach
ihr gerufen, ihr telefoniert und SMS geschrieben zu haben, so dass sie sich
enorm bedrängt gefühlt und Angst gehabt habe. In der Nacht vom 6. auf den 7.
Oktober 2005 habe er an ihrem Schlafzimmerfenster geklopft, sie beobachtet und
ihr auf den Telefonbeantworter gesprochen. Sie sei nach dem Klopfen stocksteif
im Bett gelegen und in der Folge für zwei Wochen aus der Wohnung ausgezogen.
Sie habe gefürchtet, nun auf unbestimmte Zeit von X.________ verfolgt zu
werden, und war darüber verunsichert, zu was er noch fähig sein würde. Am 7.
Oktober 2005 habe sie denn auch Strafanzeige erstattet. X.________ habe bei
seinem Tun zumindest bewusst in Kauf genommen, die psychische Konstitution bzw.
Handlungsfreiheit der Beschwerdegegnerin einzuschränken, um sein Ziel, ein
weiteres Gespräch mit ihr führen zu können, zu erreichen (angefochtener
Entscheid S. 21/22, 28/29, 32).
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ im Berufungsverfahren mit
Urteil vom 2. Juli 2008 der mehrfachen versuchten Nötigung schuldig und
bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 21 Tagessätzen zu Fr. 80.--, bedingt
aufgeschoben bei einer Probezeit von fünf Jahren. Der Beschwerdeführer wurde im
Grundsatz verpflichtet, der Beschwerdegegnerin Schadenersatz zu leisten und
eine Genugtuung zu bezahlen. Sodann beschloss das Gericht, die Probezeit des
mit einem früheren Strafbefehl gewährten bedingten Strafvollzugs werde um ein
Jahr verlängert.
X.________ wendet sich mit Beschwerde ans Bundesgericht und beantragt, das
Urteil des Obergerichts vom 2. Juli 2008 sei aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der
mehrfachen versuchten Nötigung freizusprechen. Von einer Verlängerung der
Probezeit in Bezug auf den früher gewährten bedingten Strafvollzug sei
abzusehen. Auf die Zivilansprüche der Beschwerdegegnerin sei nicht einzutreten.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG festgestellt
(Beschwerde Ziff. 1). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet willkürlich im Sinne
von Art. 9 BV (vgl. BGE 134 IV 36 E. 1.4.1; 133 II 249 E. 1.2.2). Willkürlich
ist eine tatsächliche Feststellung nicht bereits, wenn eine andere Lösung
ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn
sie offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht (BGE 133 I 149 E.
3.1; 132 I 13 E. 5.1; 127 I 54 E. 2b).
Der Beschwerdeführer stellt selber fest, die Beschwerdegegnerin habe ausgesagt,
nach dem Klopfen stocksteif im Bett gelegen zu haben. Daraus durfte die
Vorinstanz ohne Willkür ableiten, die Beschwerdegegnerin sei damals vor Angst
erstarrt (angefochtener Entscheid S. 21). Geradezu mutwillig ist die Behauptung
des Beschwerdeführers, die Beschwerdegegnerin habe in act. HD 7/2 S. 7
ausgesagt, keine Angstgefühle gehabt zu haben. Auf der fraglichen Seite erklärt
die Beschwerdegegnerin nicht weniger als viermal, Angst vor dem
Beschwerdeführer gehabt zu haben. Sie führte überdies aus, sie sei am gleichen
Abend aus ihrer Wohnung ausgezogen, weil sie Angst gehabt habe. Inwieweit die
Feststellung der Vorinstanz, die Beschwerdegegnerin sei nach dem Vorfall aus
Angst für zwei Wochen weggezogen und habe an wechselnden Adressen bei Bekannten
gewohnt (angefochtener Entscheid S. 22), willkürlich sein sollte, ergibt sich
aus der Beschwerde nicht.

3.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Anklageprinzips geltend
(Beschwerde Ziff. 2). Die Vorinstanz hat sich zu dieser Frage geäussert, worauf
hier in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG verwiesen werden kann (angefochtener
Entscheid S. 5/6 E. I/4). Erneut mutwillig macht der Beschwerdeführer zum
Beispiel geltend, die Anklageschrift werfe ihm den Auszug der
Beschwerdegegnerin aus ihrer Wohnung nicht vor. Auf S. 4 der Anklageschrift
steht ausdrücklich, durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer auf
unrechtmässige Weise erreicht, dass die Beschwerdegegnerin ihre Wohnung für
einige Tage verlassen musste.

4.
Wenn man vom Sachverhalt ausgeht, den die Vorinstanz festgestellt hat, ist der
angefochtene Schuldspruch bundesrechtlich nicht zu beanstanden. In Anwendung
von Art. 109 Abs. 3 BGG kann auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid
verwiesen werden. Es kann keine Rede davon sein, dass das Verhalten des
Beschwerdeführers "zwar mühsam, jedoch sicher nicht strafbar" gewesen wäre
(Beschwerde Ziff. 3). Auch bedarf es keiner weiteren Ausführungen, dass es
rechtswidrig war. Dass die Vorinstanz sich zu dieser klaren Frage nicht weiter
äusserte, ist nicht zu beanstanden.

5.
Nachdem es beim angefochtenen Schuldspruch bleibt, sind die Ausführungen der
Beschwerde unter dem Titel "Genugtuungs- und Umtriebsentschädigung"
gegenstandslos geworden.

6.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist
keine Entschädigung auszurichten, weil sie vor Bundesgericht keine Umtriebe
hatte.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Dezember 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Monn