Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.823/2008
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_823/2008/bri

Urteil vom 28. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Steinmann,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Aabachstrasse 1, 6301 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Überprüfung der Voraussetzungen einer therapeutischen Massnahme / Verwahrung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, vom 26. August 2008.

Erwägungen:

1.
X.________ wurde mit Urteil des Strafgerichts des Kantons Zug vom 19. Juli 2004
wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern gemäss Art. 187 Ziff. 1 StGB,
mehrfacher sexueller Nötigung gemäss Art. 189 Abs. 1 StGB, Schändung gemäss
Art. 191 StGB sowie mehrfacher Pornographie gemäss Art. 197 Ziff. 3 und 3bis
StGB schuldig gesprochen und mit 33 Monaten Zuchthaus bestraft. Gestützt auf
Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB wurde die Verwahrung angeordnet. Schuldspruch und
Straffolgen wurden mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 30. August
2005 bestätigt.
Mit Beschluss vom 26. August 2008 entschied das Obergericht des Kantons Zug
gestützt auf Art. 2 Abs. 2 der Schlussbestimmungen der Änderung des
Strafgesetzbuches vom 13. Dezember 2002, die Verwahrung werde gemäss Art. 64
ff. StGB weitergeführt.
Gegen diesen Beschluss reichte X.________ Beschwerde in Strafsachen beim
Bundesgericht ein mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und
eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB anzuordnen,
eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Überdies ersucht X.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung. Das Obergericht beantragt Abweisung der Beschwerde unter
Hinweis auf die Erwägungen des angefochtenen Urteils; die Staatsanwaltschaft
verzichtet auf Vernehmlassung.

2.
Gemäss Ziff. 2 Abs. 2 SchlBestStGB überprüft das Gericht bis spätestens zwölf
Monate nach Inkrafttreten des neuen Rechts, ob bei Personen, die nach den
Artikeln 42 oder 43 Ziffer 1 Absatz 2 des bisherigen Rechts verwahrt sind, die
Voraussetzungen für eine therapeutische Massnahme (Art. 59-61 oder 63) erfüllt
sind. Trifft dies zu, so ordnet das Gericht die entsprechende Massnahme an;
andernfalls wird die Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt. Das
Bundesgericht hat in einem zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung
bestimmten Urteil vom 10. Oktober 2008 (6B_263/2008) mit ausführlicher
Begründung dargelegt, dass an Stelle der Weiterführung der Verwahrung eine
stationäre therapeutische Massnahme anzuordnen ist, wenn die hinreichende
Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch eine solche Massnahme über die Dauer von
fünf Jahren die Gefahr von mit der psychischen Störung in Zusammenhang
stehenden Straftaten im Sinne von Art. 64 StGB deutlich verringert werden kann,
ohne dass aber prognostisch nach fünf Jahren bereits ein Zustand erreicht sein
müsste, der die Entlassung rechtfertigen könnte.
Das Obergericht spricht sich gestützt auf das von ihm eingeholte psychiatrische
Gutachten für eine Intensivierung der bisherigen Therapie aus, allerdings unter
Weiterführung der Verwahrung, was damit begründet wird, dass der Schutz der
Gesellschaft vorgehe. Das Obergericht übersieht, dass der Gefährlichkeit des
Täters auch im Rahmen einer stationären Massnahme Rechnung getragen werden
kann, indem diese in einer Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB vollzogen
wird. Erscheint eine Behandlung als aussichtsreich, darf die Verwahrung nicht
weitergeführt werden, sondern ist sie durch eine stationäre Massnahme zu
ersetzen. Da das Obergericht diesbezüglich von unzutreffenden rechtlichen
Voraussetzungen ausgeht, erweist sich die Beschwerde als offensichtlich
begründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer
Begründung gutgeheissen werden kann. Die Sache ist zu neuem Entscheid an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

3.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66
Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zug ist zu verpflichten, den Beschwerdeführer für
das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG), wobei
die Entschädigung dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zuzusprechen ist.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 64 BGG) wird
damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zug vom 26. August 2008 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Zug hat Rechtsanwalt Reto Steinmann für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. November 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Arquint Hill