Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.793/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_793/2008/sst

Urteil vom 24. März 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Ferrari,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
Parteien
6B_793/2008
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Flachsmann,

und

6B_813/2008
Y.________ und 22 Mitbeteiligte,
Beschwerdeführer,alle vertreten durch Rechtsanwalt Adolf Spörri,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus,
5001 Aarau, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nötigung (Art. 181 StGB),

Beschwerden gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, vom 12. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Strafbefehlen vom 5. Juni 2007 verurteilte der
Bezirksamtmann-Stellvertreter von Zurzach X.________, Y.________ und 22
Mitbeteiligte wegen Nötigung zu bedingten Geldstrafen zwischen 5 und 15 Tagen
und Bussen. Er hielt erwiesen, dass sie am 25. Juli 2006 im Hinblick auf den
"1'000. Tag seit der Einführung der illegalen Südanflüge" die Rheinbrücke bei
Kaiserstuhl für rund eine Stunde für den Verkehr gesperrt und dadurch die
Automobilisten gezwungen hatten, die festgelegte Demonstrationsdauer abzuwarten
oder einen erheblichen Umweg in Kauf zu nehmen.
Sämtliche Bestraften erhoben Einsprache und wurden vom
Bezirksgerichtspräsidenten von Zurzach am 14. November 2007 wegen Nötigung zu
den bereits im Strafbefehl ausgesprochenen Strafen verurteilt.
Diese Urteile des Bezirksgerichtspräsidenten wurden wiederum von allen
Betroffenen mit Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau angefochten.
Dieses bestätigte am 12. August 2008 sämtliche Verurteilungen im Schuldpunkt,
hiess einen Teil der Beschwerden im Strafpunkt teilweise gut, senkte gewisse
Bussen und legte die Höhe der Tagessätze und die Umwandlungssätze für den Fall
der Nichtbezahlung der Bussen in einigen Fällen neu fest.

B.
Mit Beschwerden in Strafsachen beantragen einerseits X.________ (6B_793/2008)
und anderseits Y.________ und 22 Mitbeteiligte (6B_813/2008), die angefochtenen
Urteile aufzuheben und sie freizusprechen oder eventuell die angefochtenen
Urteile aufzuheben und die Sache zu ihrer Freisprechung ans Obergericht
zurückzuweisen, unter entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Ausserdem beantragen sie, die Verfahren zu vereinigen und eine mündliche
Verhandlung nach Art. 57 BGG durchzuführen.

C.
Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehmlassung. Das Obergericht weist die
von den Beschwerdeführern vorgebrachte Kritik an seinem Urteil zurück. Das
Gerichtspräsidium Zurzach hat einen bei ihm angeforderten Bericht zur Frage
eingereicht, nach welchen Grundsätzen es die Gerichtsgebühr festsetzte und wie
sich die Kanzleigebühren und Auslagen zusammensetzen.
Erwägungen:

1.
Das Verfahren vor Bundesgericht ist grundsätzlich schriftlich. Die
Beschwerdeführer haben ihren Standpunkt in ihren Rechtsschriften ausführlich
dargetan. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern sich ausnahmsweise eine
öffentliche Parteiverhandlung im Sinne von Art. 57 BGG aufdrängen würde. Dies
liegt umso weniger nahe, als die Beschwerdeführer an der bezirksgerichtlichen
Hauptverhandlung die Gelegenheit hatten, sich persönlich zur Sache zu äussern,
davon aber, mit Ausnahme von X.________, keinen Gebrauch machten und die
Aussage verweigerten.

2.
2.1 Das Obergericht geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass sich die
Beschwerdeführer am 25. Juli 2006 auf der Fahrbahn der Rheinbrücke bei
Kaiserstuhl während rund einer Stunde versammelten, den Rheinübergang auf diese
Weise für den motorisierten Verkehr sperrten und die Automobilisten zwangen,
entweder zu warten oder einen erheblichen Umweg zu fahren. Zweck der von
X.________ organisierten Demonstration war, gegen die nach Auffassung der
Beschwerdeführer illegalen Südanflüge zu protestieren und "Deutschland"
klarzumachen, dass man, wenn es keine über sein Gebiet führende Nordanflüge auf
den Flughafen Kloten mehr zulasse, auch den Strassenverkehr aus dem Norden
nicht mehr wolle.

2.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, das Obergericht habe in unhaltbarer
Weise festgestellt, sie hätten den Rheinübergang von 06:04 - 07:08 Uhr
gesperrt. Die Polizeipatrouille sei erst um 06:40 Uhr eingetroffen; es fehlten
jegliche tatsächlichen Feststellungen, was zuvor passiert sei. Es könne also
höchstens von einer 28-minütigen Sperre ausgegangen werden. Sie hätten zudem
die Brücke auch gar nicht gesperrt. Sie hätten zwar eine Kette mit
Transparenten über die Fahrbahn gehalten. Diese sei indessen nur auf einer
Seite der Brücke befestigt und nicht gespannt gewesen, und sie wären jederzeit
bereit gewesen, Fahrzeuge durchzulassen. Es sei zudem beweismässig nicht
erstellt, dass überhaupt Fahrzeuge hätten passieren wollen.

2.3 Diese tatsächlichen Einwände sind nicht geeignet, die obergerichtliche
Beweiswürdigung willkürlich erscheinen zu lassen. Sie grenzen vielmehr
teilweise an Trölerei. So ergibt sich aus den Fotografien [Kantonale Akten,
Bundesordner act. 37 ff.], auf die sich das Obergericht stützt und die
unbestrittenermassen das Tatgeschehen wiedergeben, dass die Demonstranten die
Brücke mit einer quer über die Fahrbahn gestellten und zumindest symbolisch mit
einer Kette verstärkten "Menschenmauer" für den Durchgangsverkehr gesperrt
haben. Dies entspricht auch der auf dem Flugblatt "FLUGSCHNEISE SÜD NEIN - 1000
Tage illegale Südanflüge" im Fettdruck erklärten Absicht: "Deutschland will
keinen Verkehr vom Norden. Wenn dies für die Luft gilt, dann soll dies auch für
die Strasse gelten." An der bezirksgerichtlichen Hauptversammlung hat
X.________ dazu ausgesagt, sie seien von 06:04 bis 07:08 Uhr auf der Brücke
gestanden. Es ist offensichtlich, dass die Beschwerdeführer mit diesem
Verhalten die Brücke während gut einer Stunde jedenfalls für den motorisierten
Verkehr gesperrt haben. Ihr Einwand, sie hätten die Brücke nicht gesperrt,
sondern lediglich darauf demonstriert, ist reine Wortklauberei. Und es konnte
auch keinem von ihnen entgangen sein, dass sie mit dem gemeinsamen Verweilen
auf der Fahrbahn die Brücke für den motorisierten Personenverkehr gesperrt
hatten. Zu Recht als haltlos hat das Obergericht zudem den Einwand verworfen,
es stehe nicht fest, dass während der Blockade überhaupt Fahrzeuge die Brücke
hätten überqueren wollen, nachdem sich aus dem Polizeivideo das Gegenteil
ergibt und es für die mit den lokalen Gegebenheiten vertrauten kantonalen
Gerichte gerichtsnotorisch ist, dass die Brücke zur Zeit der Sperrung werktags
von vielen Pendlern benutzt wird.
Zusammenfassend ist die tatsächliche Annahme des Obergerichts, dass die
Demonstranten die Rheinbrücke bei Kaiserstuhl am 25. Juli 2006 von 06:04 -
07:08 Uhr bewusst für den motorisierten Verkehr sperrten, nicht bloss
vertretbar, sondern offensichtlich zutreffend. Die Willkürrüge ist unbegründet.

2.4 Dieser Sachverhalt ist bereits aufgrund der eigenen Darlegungen der
Beschwerdeführer - insbesondere derjenigen von X.________, der an der
bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung als einziger aussagte, der Zugeständnisse
aller Beschwerdeführer, an der Demonstration beteiligt gewesen zu sein, und dem
erwähnten Flugblatt - sowie der Fotografien der Demonstration, deren Echtheit
nicht bestritten ist, willkürfrei erstellt. Unter diesen Umständen waren die
Strafverfolgungsbehörden verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die
rapportierenden Polizeibeamten als Belastungszeugen einzuvernehmen. Da das
Obergericht zudem ohne Willkür den offensichtlichen Schluss ziehen konnte, dass
die Sperrung der Rheinbrücke zu einer Hauptverkehrszeit jedenfalls einigen
Automobilisten deren Überquerung (bis zu einer Stunde) verunmöglichte, konnte
sie auch in willkürfreier antizipierter Beweiswürdigung davon ausgehen, dass es
sich nicht bei allen auf die Sperre aufgefahrenen Automobilisten um
Sympathisanten der Demonstranten handelte, die die Brücke gar nicht überqueren
wollten. Es ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden, dass keine
Automobilisten als Zeugen befragt wurden. Dies verletzt die Unschuldsvermutung
bzw. den Grundsatz "in dubio pro reo" keineswegs.

3.
Eine Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB begeht, wer jemanden durch Gewalt oder
Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner
Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden (zum
Ganzen zuletzt BGE 134 IV 216 betreffend die Sperrung des Baregg-Tunnels).

3.1 Die hier zur Diskussion stehende Tatbestandsvariante der "anderen
Beschränkung der Handlungsfreiheit" ist aus rechtsstaatlichen Gründen
restriktiv auszulegen. Tatbestandsmässig ist nur, das üblicherweise geduldete
Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise eindeutig zu überschreiten, wie es für
die im Gesetz ausdrücklich genannten Zwangsmittel der Gewalt und der Androhung
ernstlicher Nachteile gilt. Die weite Umschreibung des Tatbestands hat zur
Folge, dass auch unabhängig von Rechtfertigungsgründen nicht jedes
tatbestandsmässige Verhalten rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit bedarf beim
Nötigungstatbestand vielmehr einer besonderen, zusätzlichen Begründung. Nach
der Rechtsprechung ist eine Nötigung unrechtmässig, wenn das Mittel oder der
Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im
richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich
zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder
sittenwidrig ist. Bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit ist den
verfassungsmässigen Rechten der Beteiligten Rechnung zu tragen (Zusammenfassung
der Rechtsprechung in BGE 134 IV 216 E. 4.1).

3.2 Die Beschwerdeführer haben durch die Bildung einer "Menschenmauer" eine
Rheinbrücke für den motorisierten Verkehr gesperrt (Nötigungsmittel) und
dadurch unbestimmt viele Automobilisten zum Warten bzw. Ausweichen gezwungen
(Nötigungszweck).
Fussgänger, die auf der Fahrbahn verweilen, um den motorisierten Verkehr zu
behindern, verstossen klarerweise gegen das Strassenverkehrsrecht (Art. 49 des
Strassenverkehrsgesetzes, SR 741.01, Art. 46 Abs. 1 und 2 und Art. 47 Abs. 1
und 5 der Verkehrsregelnverordnung, SR 741.11). Die eigenmächtige Sperrung der
Rheinbrücke durch die Beschwerdeführer - das Nötigungsmittel - war damit
rechtswidrig. Auch wenn in der Untersuchung nicht im Einzelnen abgeklärt wurde,
welche Autofahrer wie lange warten mussten, so hat das Obergericht jedenfalls
festgestellt, dass die Sperrung zu einer Hauptverkehrszeit erfolgte, womit
davon ausgegangen werden kann, dass bereits in einer frühen Phase
Automobilisten auf die Sperre auffuhren und im Ergebnis bis zu rund einer
Stunde an der Überfahrt gehindert wurden. Damit hat die Beschränkung ihrer
Handlungsfähigkeit ein erhebliches, strafrechtlich verpöntes Mass erreicht. In
BGE 108 IV 165 hat das Bundesgericht bereits die 15-minütige Blockade eines
Automobils als strafwürdige Beschränkung der von Art. 181 StGB geschützten
Handlungsfreiheit erkannt.

3.3 Das Fernziel bzw. das Motiv der Beschwerdeführer - sie wollten auf die für
sie untragbare Lärmbelästigung ihrer Wohngebiete um die Forch und den
Pfannenstiel durch die "illegalen" Südanflüge auf den Flughafen Kloten
aufmerksam machen und auf Deutschland Druck ausüben, Nordanflüge wieder
zuzulassen - sind im Unterschied zum Nötigungsmittel und zum Nötigungszweck
keine Elemente des Tatbestands von Art. 181 StGB. Allerdings ist nach der
Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit im Lichte der verfassungsmässigen Rechte
der Beteiligten zu beurteilen. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die
Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16 BV) und die Versammlungsfreiheit
(Art. 22 BV), um ihre Aktion zu rechtfertigen.
Eine Demonstration auf öffentlichem Grund schränkt die übrigen
Verkehrsteilnehmer zeitweise an der allgemeinen Nutzung von Strassen oder
Plätzen ein. Ihre Durchführung stellt daher einen gesteigerten Gemeingebrauch
dar. Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts lässt sich aus
bestimmten verfassungsmässigen Rechten, etwa der Wirtschaftsfreiheit, aber
insbesondere aus ideellen Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit und der
Meinungs- und Informationsfreiheit, ein bedingter Anspruch auf gesteigerten
Gemeingebrauch ableiten. Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die
zuständige Behörde beim Entscheid über ein Demonstrationsgesuch nicht allein
dem öffentlichen Interesse am möglichst ungestörten Gemeingebrauch durch die
Allgemeinheit zum Durchbruch verhelfen darf, sondern dem institutionellen
Gehalt von Art. 16 und 22 BV Rechnung tragen und die Interessen der
Gesuchsteller, ihre Anliegen öffentlich bekannt zu machen, angemessen
berücksichtigen muss (BGE 126 I 133 E. 4d S. 140; 121 I 279 E. 2a). Vorliegend
haben die Beschwerdeführer indessen gar kein Gesuch für ihre Demonstration
gestellt. Dies wäre ihnen ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, da sie
diese am tausendsten Tag der Südanflüge und damit an einem lange zuvor
feststehenden Datum durchführten. Für ihr eigenmächtiges Vorgehen können sie
daher aus den angerufenen Grundrechten nichts zu ihren Gunsten ableiten.

3.4 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Verurteilung der
Beschwerdeführer wegen Nötigung nicht zu beanstanden ist.

4.
4.1 Die 23 Beschwerdeführer der Beschwerde 6B_813/2008 rügen, die
bezirksgerichtliche Kostenverlegung verletze das Kosten- und das
Äquivalenzprinzip sowie das Willkürverbot. Obwohl der Bezirksrichter für alle
Verfahren nur eine einzige Hauptverhandlung durchgeführt habe, habe er formell
für jeden Angeklagten ein eigenes Urteil gefällt und dabei jedem
Gerichtsgebühren und Kosten von 1'146 Franken auferlegt, insgesamt 27'504
Franken. Zu Unrecht sei das Obergericht davon ausgegangen, sie hätten nur die
eigentliche Gerichtsgebühr in Höhe von 500 Franken beanstandet, die
Kanzleigebühren und Auslagen in Höhe von 646 Franken hingegen akzeptiert. Sie
hätten in der Berufungsschrift klarerweise den Gesamtbetrag von 1'146 Franken
als übersetzt bestritten. Da die Auslagen und Kanzleigebühren nur in ihrer
Gesamthöhe ausgewiesen worden seien, sei es ihnen gar nicht möglich gewesen,
sie substantiiert zu kritisieren. Es stehe jedoch fest, dass das Bezirksgericht
unter diesem Titel insgesamt 14'858 Franken in Rechnung gestellt habe. Das
Obergericht habe im Berufungsverfahren unter gleichem Titel 2'813. 50 Franken
erhoben (122.30 Franken pro Beschuldigtem). Das Bezirksgericht habe zwar einen
etwas höheren Aufwand gehabt, indem es die Vorladungen zur Hauptverhandlung
habe zustellen und diese durchführen müssen, was aber niemals rechtfertige,
unter dem Titel "Kosten und Kanzleigebühr" einen fünfmal höheren Betrag zu
verrechnen als das Obergericht. Bei der Gerichtsgebühr verhalte sich die Sache
ähnlich. Während das Bezirksgericht insgesamt 11'500 Franken für 23 Verfahren
berechnet habe, habe das Obergericht für das Berufungsverfahren eine
Gerichtsgebühr von 3'500 Franken - bloss 30 % der erstinstanzlichen Gebühren -
erhoben, dies obwohl nach den §§ 17 und 18 des aargauischen
Verfahrenskostendekrets vom 24. November 1987 (VKD) die maximale Gerichtsgebühr
für bezirksgerichtliche Verfahren tiefer sei als für obergerichtliche
Berufungsverfahren. Die bezirksgerichtliche Kostenregelung sei damit krass
willkürlich.

4.2 Das Obergericht hat zu den bereits in der Berufung erhobenen Einwänden
gegen die erstinstanzliche Kostenverlegung ausgeführt, diese richteten sich
einzig gegen die Gerichtsgebühren. Gegen die Festsetzung der Kanzleigebühren
und Auslagen würden keine Rügen vorgebracht, weshalb diese als unbestritten zu
gelten hätten.
Die Beschwerdeführer haben in der Berufung ausgeführt, es seien "jedem
einzelnen Angeklagten Gerichtsgebühren und Kosten im Betrag von Fr. 1'146.--
auferlegt worden. Das ergibt gesamthaft einen Betrag von über Fr. 26'000.--".
Dies verstosse gegen das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip und sei
unverhältnismässig. Damit haben die Beschwerdeführer klarerweise sowohl die
Gerichtsgebühr als auch die Kanzleigebühren und Auslagen bestritten. Da beide
im Urteil nicht im Detail, sondern nur im Gesamtbetrag ausgewiesen sind,
konnten die Beschwerdeführer deren Festsetzung auch nicht im Einzelnen
kritisieren. Entgegen der Auffassung des Obergerichts kann unter diesen
Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass die Festsetzung der
Kanzleigebühren und Auslagen unbestritten geblieben sei.

5.
Die Verfahrenskosten für Gerichtsverfahren vor aargauischen Gerichten setzen
sich nach § 118a der Strafprozessordnung vom 11. November 1958 (StPO) aus der
Gerichtsgebühr (§ 3 ff. VKD), einer Kanzleigebühr (§ 25 ff. VKD) und den
Auslagen (§ 28 ff. VKD) zusammen.

5.1 Der Bezirksgerichtspräsident hat gegen jeden der Beschwerdeführer ein
separates Urteil erlassen. Diese Urteile sind zwar weitgehend identisch,
weshalb die Erledigung der Verfahren auch in einem Entscheid möglich gewesen
wäre. Die Strafzumessung erfolgte indessen individuell. Die Urteile enthalten
dementsprechend die für die Festsetzung der Geldstrafe nach Tagessätzen
erforderlichen Ausführungen zu den finanziellen Verhältnissen der einzelnen
Beschwerdeführer. Gründe des Persönlichkeitsschutzes sprechen somit gegen die
Vereinigung. Es war daher jedenfalls vertretbar, für jeden der Beschwerdeführer
ein separates Urteil zu erlassen, auch wenn dies mit höherem Aufwand und
entsprechend höheren Kosten verbunden ist.

5.2 Nach dem Kostendeckungsprinzip sollen die Gesamteingänge den Gesamtaufwand
für den betreffenden Verwaltungszweig nicht oder nur geringfügig überschreiten.
Das Äquivalenzprinzip verlangt in Konkretisierung des
Verhältnismässigkeitsgrundsatzes insbesondere, dass eine Gebühr nicht in einem
offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der bezogenen Leistung
stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen bewegen muss (im Allgemeinen: BGE
132 II 47 E. 4.1; 126 I 180 E. 3a, je mit Hinweisen; im Speziellen für
Gerichtsgebühren: BGE 120 Ia 171 E. 2a mit Hinweisen).
5.2.1 Die Gerichtsgebühr in Strafverfahren vor dem Bezirksgericht beträgt
einschliesslich des Vorverfahrens zwischen 130 und 6'510 Franken (§ 17 Abs. 1
VKD), wobei die Obergrenze in besonders zeitraubenden Fällen oder bei
mutwilligem Verhalten der Partei verdoppelt werden kann (§ 3 Abs. 2 VKD).
Innerhalb dieses Rahmens ist die Gebühr nach dem Zeitaufwand und der Bedeutung
der Sache festzulegen (§ 3 Abs. 1 VKD). Nach § 17 Abs. 2 VKD kann für eine
polizeiliche Tatbestandsaufnahme zwischen 06:00 und 20:00 Uhr, wie sie hier
erfolgte, zusätzlich eine Pauschale von 310 Franken für einen bis zu drei
Stunden dauernden Einsatz berechnet werden.
Die Höhe der Gerichtsgebühr von 500 Franken ist nach beiden Prinzipien nicht zu
beanstanden. Es ist gerichtsnotorisch, dass die Gerichtsgebühren die Kosten der
Justiz, insbesondere der Strafjustiz, nicht decken (BGE 120 Ia 171 E. 3;
Entscheid 4P.315/2006 vom 22. Juli 2007 E. 2.2.2). Auch wenn der
Bezirksgerichtspräsident mit der Erhebung von 24 Gerichtsgebühren für 24
weitgehend gleichlautende Urteile wohl einen hohen Kostendeckungsgrad erreicht
oder möglicherweise sogar mehr eingenommen hat, als die Verfahren gekostet
haben, so ändert das nichts daran, dass die Strafjustiz ihre Gesamtkosten bei
weitem nicht deckt. Das Kostendeckungsprinzip ist damit keineswegs verletzt.
Eine Gerichtsgebühr von 500 Franken für ein bezirksgerichtliches Verfahren, in
dem eine Hauptverhandlung durchgeführt und die mit einem ausführlich
begründeten Urteil abgeschlossen wurde, erscheint keineswegs unangemessen hoch,
zumal darin nach der § 17 Abs. 2 VKD auch die Kosten der polizeilichen
Tatbestandsaufnahme enthalten sein können. Sie ist unter dem Gesichtspunkt des
Äquivalenzprinzips nicht zu beanstanden.
5.2.2 Kanzleigebühren werden erhoben für die Ausfertigung und die Zustellung
von End- und selbständigen Zwischenentscheiden. Gebührenpflichtig sind die
Originalausfertigung für die entscheidende Behörde sowie je eine Kopie für die
Partei, die Vertreter und die Vorinstanz bei Rechtsmittelverfahren, ferner die
Umschläge für den Versand als Gerichtsurkunde (§ 25 Abs. 1 und 2 VKD). Nach § 1
der Verordnung des Regierungsrates über die Kanzleigebühren vom 14. Oktober
1991 betragen diese für die Ausfertigung von Schriftstücken 8 Franken pro
Schreibmaschinenseite, für die Erstellung von Kopien auf technischem Weg 1
Franken pro A4-Seite. An Auslagen kommen vorliegend nur Barauslagen in
Betracht. Darunter fallen nach § 28 VKD die im Verfahren entstandenen Kosten,
namentlich für Porti, Telefone, Reisen und Verpflegung, Entschädigung an Zeugen
und Sachverständige, Publikationskosten, Kosten der Untersuchungshaft usw.
Aus den Prozessakten ergibt sich, dass für jeden Beschwerdeführer rund 40
Seiten ausgefertigt wurden (Vorladungen, Beweisverfügung,
Verhandlungsprotokoll, Urteilsdispositiv, begründeter Entscheid), was bei einem
vertretbaren Ansatz von 8 Franken pro Seite rund 320 Franken ergibt. Dazu
kommen die zum ebenfalls nicht zu beanstandenden Ansatz von 1 Franken
berechneten Fotokopien, die in erheblicher Zahl - nur schon die sechsfache
Ausfertigung des Urteilsdispositivs und des begründeten Urteils ergibt 144
Kopien - angefallen sind, sowie weitere Kosten und Auslagen, etwa für die
Zustellung der Gerichtsurkunden. Insgesamt erscheint der für Kanzleigebühren
und Auslagen erhobene Betrag von 646 Franken jedenfalls bei der auf eine
Verfassungsrüge hin vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht unhaltbar hoch.
Übersetzt erscheint er nur, wenn man die Kosten der erstinstanzlichen
Entscheide insgesamt an den obergerichtlichen Gerichtskosten misst. Dieser
Vergleich ist indessen nicht zulässig, da nicht zu beanstanden ist, dass das
Bezirksgericht für jeden Angeklagten ein eigenes Urteil fällte (oben E. 5.1).

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerden werden abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten der Beschwerde 6B_793/2008 von Fr. 2'000.-- werden
X.________ auferlegt, diejenigen der Beschwerde 6B_813/2008 von Fr. 4'000.--
mit solidarischer Haftbarkeit Y.________ und den 22 Mitbeteiligten.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. März 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Störi