Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.786/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_786/2008

Urteil vom 12. Mai 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Ferrari, Favre, Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
6B_786/2008
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Christe.

Gegenstand
Eröffnung einer Untersuchung gegen Behördenmitglieder und Beamte,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 11. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Z.________ versuchte am 28. November 2002, im Zustand völliger
Unzurechnungsfähigkeit, mit einem Messer einen Polizeibeamten zu töten. Am 12.
Juni 2004 wurde er deswegen vom Obergericht des Kantons Zürich letztinstanzlich
mit einer stationären Massnahme belegt. Im Mai 2005 wurde er bedingt entlassen.
Ein Jahr später wurde die Entlassung widerrufen. Am 23. August 2007 ordnete
Oberrichter A.________, gestützt auf ein neues psychiatrisches Gutachten,
Sicherheitshaft gegen Z.________ an, welche in der Folge nicht vollzogen wurde.
Am 1. September 2007 wurde Z.________ von der Stadtpolizei Uster zwangsweise in
die Psychiatrische Klinik M.________ eingeliefert, wobei die Amtsärztin
B.________, welche die Fürsorgerische Freiheitsentziehung (FFE) anordnete, von
einer Fremdgefährdung ausging. Am 3. September 2007 stellte Z.________ ein
Entlassungsgesuch. Der zuständige Einzelrichter am Bezirksgericht N.________,
X.________, setzte die Hauptverhandlung auf den 7. September 2007 an und
bestellte bei Dr. Y.________ ein psychiatrisches Gutachten. Z.________ wurde,
insbesondere gestützt auf dieses an der Hauptverhandlung vorgetragene
Gutachten, gleichentags aus der FFE entlassen.
Am 16. September 2007 erstach Z.________ in P.________ den Taxichauffeur
C.________.

B.
Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich hegte den Verdacht, verschiedene
mit Z.________ beruflich befasste Richter und Beamte - Psychiater, Polizisten,
Justizvollzugsbeamte -, seien durch strafrechtlich relevantes Fehlverhalten
dafür verantwortlich, dass sich Z.________ am 16. September 2007 auf freiem
Fuss befand, und hätten sich daher möglicherweise der fahrlässigen Tötung
schuldig gemacht. Sie tätigte entsprechende Vorabklärungen und beantragte am
15. Januar 2008 der Anklagekammer des Zürcher Obergerichts, gegen verschiedene
Personen, darunter Bezirksrichter X.________, eine Strafuntersuchung zu
eröffnen.
Die Anklagekammer wies am 29. Februar 2008 das Gesuch ab, gegen Bezirksrichter
X.________ eine Strafuntersuchung zu eröffnen.
Gegen diesen Beschluss der Anklagekammer rekurrierten die Staatsanwaltschaft
IV, die Mutter des Opfers und ihr Lebenspartner. Die II. Zivilkammer des
Obergerichts trat am 11. August 2008 auf den Rekurs der Geschädigten nicht ein
und eröffnete gegen X.________ keine Strafuntersuchung.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons
Zürich, diesen Entscheid der II. Zivilkammer aufzuheben und entweder
reformatorisch eine Verfahrenseröffnung anzuordnen oder die Sache zu diesem
Zweck an die Vorinstanz zurückzuweisen.
In seiner Vernehmlassung beantragt X.________, die Beschwerde abzuweisen. Die
II. Zivilkammer verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Nach § 22 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 5 der Zürcher Strafprozessordnung vom 4.
Mai 1919 (StPO) ist auf eine Strafanzeige nicht einzutreten und kein
Strafverfahren zu eröffnen, wenn kein Anfangsverdacht für ein strafbares
Verhalten vorliegt. Darüber befindet nach § 22 Abs. 5 StPO in der Regel die
Untersuchungsbehörde. Steht hingegen die Eröffnung einer Strafuntersuchung oder
das Nichteintreten auf eine Strafanzeige gegen einen Beamten in Frage, der im
Zusammenhang mit seiner amtlichen Tätigkeit einer strafbaren Handlung
verdächtigt wird, entscheidet darüber die Anklagekammer des Obergerichts (§ 22
Abs. 6 StPO). Im Falle von X.________ hat die Anklagekammer die Eröffnung einer
Strafuntersuchung mangels Tatverdachts abgelehnt, und die Zivilkammer hat
diesen Entscheid geschützt. Damit steht fest, dass gegen ihn kein
Strafverfahren durchgeführt wird; insofern handelt es sich um einen
Endentscheid in Strafsachen. Da Bezirksrichter (anders als Oberrichter
A.________, vgl. 6B_413/2008) keine Strafverfolgungsprivilegien geniessen,
dürfen dabei ausschliesslich straf- bzw. strafprozessrechtliche Gesichtspunkte
berücksichtigt werden. Der einzige Unterschied zu "gewöhnlichen" Verfahren
besteht darin, dass ein Gericht und nicht die normalerweise zuständige
Untersuchungsbehörde darüber befindet, ob eine Strafuntersuchung zu eröffnen
sei oder nicht. Damit ist die Beschwerde in Strafsachen zulässig.

2.
Zu prüfen ist, ob die obergerichtliche Zivilkammer einen Anfangsverdacht gegen
X.________ im angefochtenen Entscheid in unhaltbarer Weise verneint hat.

2.1 Bezirksrichter X.________ hatte in einem Zivilverfahren darüber zu
befinden, ob Z.________ aus der FFE zu entlassen sei oder nicht. Die
Oberstaatsanwaltschaft äussert sich in der Beschwerde zwar nicht zum Institut
der FFE, geht aber stillschweigend davon aus, dass es (auch) dazu dient, die
Öffentlichkeit vor gefährlichen Geisteskranken, Geistesschwachen,
Drogensüchtigen oder Verwahrlosten zu schützen. Es bestehe der Verdacht, dass
Bezirksrichter X.________ bei pflichtgemässer Amtsführung die
Gemeingefährlichkeit Z.________ hätte erkennen können und müssen und sich daher
möglicherweise der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht habe, indem er diesen
aus der FFE entlassen habe. Jedenfalls bestehe dafür ein hinreichender
Anfangsverdacht, der die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen X.________
erfordere.

2.2 Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer
Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Die Zurückbehaltung in einer Anstalt kann nur
unter den in Art. 397a Abs. 1 ZGB aufgeführten Voraussetzungen erfolgen (vgl.
Botschaft, BBl 1977 III S. 27). Wie bei der Einweisung in eine Anstalt ist auch
bei der Zurückbehaltung des Betroffenen das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu
berücksichtigen. Vorausgesetzt ist mit anderen Worten, dass der Betroffene
infolge der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge
bedarf, die ihm bzw. ihr nur in einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II
213 E. 5). Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Person für
ihre Umgebung bedeutet (Art. 397a Abs. 2 ZGB). Nach der ausdrücklichen
Vorschrift des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss die von der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung betroffene Person entlassen werden, sobald ihr Zustand es
erlaubt.
Wie sich aus diesen Ausführungen ebenso wie bereits aus der systematischen
Verankerung der FFE im Vormundschaftsrecht ergibt, bezweckt das Institut die
Fürsorge für Personen, die auf Grund ihrer schlechten geistigen oder seelischen
Verfassung nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, die aber, z.B.
weil sie krankheitsuneinsichtig sind, die erforderliche Hilfe ablehnen. Beim
Entscheid über die FFE ist zwar nach Art. 397a Abs. 2 ZGB die Belastung zu
berücksichtigen, die die hilfsbedürftige Person für ihr soziales Umfeld -
Betreuer, Familie, Nachbarn etc. - darstellt. Eine derartige Belastung kann
u.a. in einem aggressiven Verhalten des Hilfsbedürftigen liegen. Das
Bundesgericht anerkennt denn auch in konstanter Rechtsprechung, dass bei der
Anordnung einer FFE sowohl die Selbst- als auch die Fremdgefährdung
mitberücksichtigt werden kann (vgl. BGE 134 III 289 E. 4.2). Wegen Selbst- oder
Drittgefährdung allein darf indessen eine FFE nicht angeordnet werden (SPIRIG,
Zürcher Kommentar zu Art. 397a ZGB, N. 12; GEISER, Basler Kommentar zu Art.
397a ZGB, N. 2 ff.). Dies hat das Parlament bei der Beratung der Vorlage
ausdrücklich abgelehnt (AmtlBull N 1978 755 ff.). Grundvoraussetzung ist daher
immer, dass der Betroffene krankheits- oder suchtbedingt ausserstande ist, für
sich zu sorgen, und ihm mit einer milderen Massnahme nicht zu helfen ist oder
eine solche - z. B. wegen seines aggressiven, für Dritte gefährlichen
Verhaltens - seinem sozialen Umfeld nicht zugemutet werden kann. Da somit wegen
Fremdgefährdung allein eine FFE nicht angeordnet werden darf, ist das Institut
von vornherein nicht geeignet, die Bevölkerung vor gefährlichen Geisteskranken
zu sichern. Dies wurde vom Gesetzgeber damit auch nicht bezweckt. Bundesrat
Furgler betonte in der parlamentarischen Beratung vielmehr ausdrücklich die
"deutliche Abgrenzung" der FFE zu polizeilichen, strafrechtlichen und
gesundheitspolizeilichen Freiheitsentzügen (AmtlBull N 1978 754). Der für die
FFE zuständige Richter wäre zudem auch gar nicht in der Lage, das
Gefährdungspotential eines Betroffenen zuverlässig zu beurteilen, muss er doch
nach Art. 397f Abs. 1 ZGB "rasch" - d.h. innert Tagen und damit ohne vertiefte
psychiatrische Abklärungen - entscheiden.

2.3 Gestützt auf eine Einweisungsverfügung der Amtsärztin B.________ wurde
Z.________ am 1. September 2007 in die Klinik M.________ in O.________
eingeliefert. Am 3. September 2007 reichte Z.________ beim Bezirksgericht
N.________ ein Entlassungsgesuch ein. Nach dessen Eingang forderte
Bezirksrichter X.________ die Klinik am 4. September 2007 auf, sich bis zum 6.
September 2007 zum Gesuch zu äussern und die wesentlichen Akten (Entscheid über
die Anordnung der FFE, die Resümees früherer Einweisungen sowie die
vollständige Krankengeschichte der aktuellen Einweisung) sowie Namen und
Adressen von Bezugspersonen einzureichen. Er beauftragte Dr. Y.________ mit der
Begutachtung des Gesuchstellers und setzte die Hauptverhandlung auf den 7.
September 2007 an.

2.4 Bezirksrichter X.________ fällte am 7. September 2007 seinen Entscheid
gestützt auf die Befragung Z.________ an der Hauptverhandlung und das dabei
mündlich erstattete Gutachten von Dr. Y.________ sowie folgende Unterlagen
(chronologisch):
- Formular "Fürsorgerische Freiheitsentziehung" von Dr. D.________ vom 23.
August 2007
- Aufnahmeblatt Klinik M.________ vom 23. August 2007
- Verlaufsblatt der Klinik M.________ vom 24. August 2007
- Patientenstammblatt der Klinik M.________ vom 24. August 2007
- Formular "Fürsorgerische Freiheitsentziehung" von Dr. B.________ vom 1.
September 2007
- Aufnahmeblatt der Klinik M.________ vom 1. September 2007
- Verlaufsblatt der Klinik M.________ vom 3. September 2007
- Vernehmlassung der Klinik M.________ vom 5. September 2007.
2.4.1 Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass Z.________ am 23. August 2007
randalierte, wobei sich nach dem Einweisungsformular von Dr. D.________ die
Gewaltakte in Sachbeschädigungen erschöpften. Er wurde gleichentags in die
Klinik M.________ eingeliefert und tags darauf "bei aktuell fehlendem Nachweis
einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung" entlassen. Am 1. September 2007
wurde Z.________ erneut in die Klinik M.________ eingeliefert. Der genaue
Anlass ergibt sich aus den Akten nicht. Die einweisende Ärztin begründet ihren
Entscheid mit einem "gespannt aggressiven Zustandsbild mit Fremdgefährdung bei
Methadonentzug". Die aufnehmende Ärztin bestätigt diese Diagnose. Sie erkennt
keine Hinweise für eine akute Suizidalität, geht jedoch von einer "deutlichen"
Fremdgefährdung aus. Laut Verlaufsblatt war Z.________ am 3. September 2007
verwirrt und nicht zu einer klaren Äusserung fähig. In ihrer Vernehmlassung zu
Handen des Bezirksgerichts vom 5. September 2007 schreibt die behandelnde
Oberärztin E.________, Z.________ sei zu Beginn der Behandlung u.a. verbal
bedrohlich gewesen. Er sei im kognitiven Bereich deutlich eingeschränkter,
leide zusätzlich unter Vergesslichkeit, Wortfindungsstörungen und
Distanzlosigkeit. Deswegen könne eine Entlassung in die alten Verhältnisse, vor
allem wegen einer Selbstgefährdung, nicht erfolgen. Sie sei der Auffassung,
dass eine genaue somatische Abklärung hinsichtlich hirnorganischer Störungen
erfolgen sollte und hege Zweifel, dass wegen der grossen
Krankheitsuneinsichtigkeit eine ambulante Abklärung möglich sei.
2.4.2 Dr. Y.________ sprach am 7. September 2007 "ausführlich" mit Z.________
und dessen Bezugspersonen in der Klinik und erstattete an der Hauptverhandlung
sein Gutachten. Er teilt in Bezug auf die Diagnose im Wesentlichen die
Einschätzung der Klinikärzte, wonach dieser an einer suchtbedingten
dementiellen Entwicklung und möglicherweise an einem psychoorganischen Syndrom
leidet. Der akute Erregungszustand, aufgrund dessen er in die Klinik
eingeliefert worden sei, sei abgeklungen, der gegenwärtige Zustand erfordere
eine Unterbringung in der Klinik nicht. Er werde nach den Angaben des
Pflegepersonals von seiner Mutter engmaschig betreut. Er könnte daher entlassen
werden, er sei der Auffassung, dass er mit Hilfe der Mutter ausserhalb der
Klinik leben könnte. Es bestehe bei sofortiger Entlassung ein gewisses Risiko,
dass er sich gedanklich nicht zurechtfinden, aggressiv werden und ausrasten
könnte. Man müsse die Methadondosis wieder erhöhen. Der Ausraster, der zur
Einweisung geführt habe, sei auf Methadonentzug zurückzuführen gewesen; dies
sei jetzt mit der Erhöhung der Dosis korrigiert worden. Seine Wohnsituation sei
nicht ganz klar geworden. Er lebe allein in seiner Wohnung in Uster, seine in
Winterthur lebende Mutter schaue aber nach ihm, ganz genau könne er das aber
nicht sagen. Die Mutter wisse sich zu wehren und ziehe bei Bedarf den Arzt oder
die Polizei bei. Risiken für das soziale Umfeld bestünden nicht. Er habe nicht
den Eindruck, Z.________ sei fremdgefährdend, dass er ein Messer nehmen und auf
irgend jemanden losgehen würde. Er sei auch nicht selbstgefährdend. Die
Hospitalisation sei für eine akute Phase notwendig gewesen. Ob aber der Patient
jetzt für eine Woche oder mehrere Monate in der Klinik zurückbehalten werde,
das Risiko bei der Entlassung bleibe gleich.
2.4.3 Z.________ konnte der Verhandlung nur teilweise folgen, war zeitweise
verwirrt und schlief zwischendurch ein. Er bestritt hingegen, von seiner Mutter
engmaschig betreut zu werden und bestätigte, sich am nächsten Montag einer
Computer-Tomographie unterziehen zu wollen.

2.5 Gestützt auf diese Unterlagen und die Hauptverhandlung ist der Entscheid
von Bezirksrichter X.________ jedenfalls vertretbar. Die Klinik M.________ hat
Z.________ am 24. August 2007 bereits einen Tag nach seiner Einweisung wieder
entlassen. Das kann nur bedeuten, dass man ihn für fähig hielt, mit Hilfe
seiner Mutter selber für sich zu sorgen und von ihm nach Einschätzung der
Klinikärzte keine besondere Gefahr für sich selber und andere ausging. Den
folgenden Ausraster vom 1. September 2007 erklärten sämtliche mit ihm befassten
Ärzte als Folge eines (selbstverschuldeten) Methadonentzugs. Nach dessen
Behebung in der Klinik ist Z.________ nach den vorhandenen Unterlagen nicht
mehr als aggressiv aufgefallen, Dr. Y.________ beschreibt ihn gar als "sehr
höflich, umgänglich, kooperativ". Auch wenn nicht genau geklärt wurde, wie eng
sich die Mutter Z.________ um ihn kümmert, so durfte Bezirksrichter X.________
davon ausgehen, dass sie wenigstens hin und wieder nachschauen würde und
willens und in der Lage wäre, gegebenenfalls ärztliche und polizeiliche Hilfe
anzufordern. Zwar bestand offensichtlich ein gewisses Risiko, dass Z.________
in Freiheit die ihm verschriebenen Medikamente wiederum nicht oder nur
teilweise einnehmen und deswegen erneut ausrasten würde. Nach der Einschätzung
Dr. Y.________s war indessen ein Gewaltverbrechen nicht zu befürchten, und die
blosse Möglichkeit, dass ein Patient in Freiheit die für die Stabilisierung
seines Zustandes erforderlichen Medikamente nicht zuverlässig einnehmen und
dadurch wiederum hilfsbedürftig werden könnte, vermag nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Aufrechterhaltung der FFE nicht zu
rechtfertigen (z.B. Entscheide 5A_219/2008 vom 24. April 2008 E. 5; 5A_766/2007
vom 22. Januar 2008).

2.6 Die Oberstaatsanwaltschaft wendet ein, Bezirksrichter X.________ sei nach §
203c ZPO verpflichtet gewesen, den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen,
was weitere Abklärungen bezüglich der Selbst- und Fremdgefährdung unabdingbar
gemacht hätten. Dies, weil wenige Tage vor der beantragten Entlassung eine
fachärztliche Einweisung erfolgt sei mit der Begründung, es bestünde bei
Methadonentzug Fremdgefährdung. Zusammen mit dem Umstand, dass die Klinik
M.________ nunmehr die Entlassung Z.________ abgelehnt habe, hätte dies den
Richter hellhörig machen müssen. Die Klinik habe zwar in der Vernehmlassung
"vor allem" eine Selbstgefährdung befürchtet. Mit dieser Formulierung habe sie
aber zum Ausdruck gebracht, dass auch Fremdgefährdung bestehe. Der Standpunkt
X.________, die mehrmalige Anordnung von FFE habe eben auch jedesmal mit einer
Entlassung geendet, vermöge nicht zu überzeugen. Im Gegenteil zeige die
Weigerung der Klinik M.________, dem neuerlichen Entlassungsgesuch Z.________
stattzugeben, dass sich sein Zustand im Vergleich zu früher verschlechtert
habe. Dies hätte er abklären müssen, zumal das Gutachten von Dr. Y.________
unklar sei. So sei Z.________, der während der Verhandlung mehrmals
eingeschlafen sei, dem Gutachter ins Wort gefallen, als dieser gesagt habe, er
werde von seiner Mutter engmaschig betreut. Der Gutachter habe auch auf ein
Restrisiko hingewiesen, dass Z.________ nach seiner Entlassung wieder aggressiv
werden könnte. Er wäre daher zu weiteren Abklärungen bei den behandelnden
Ärzten über die gesundheitliche Situation Z.________ und bei seiner Mutter über
dessen Wohn- und Betreuungssituation verpflichtet gewesen. Er hätte es nicht
bei einem erfolglosen Kontaktversuch mit der Mutter bewenden lassen dürfen. Aus
dem Patientenstammblatt ergebe sich zudem, dass Z.________ einen
Bewährungshelfer habe. Damit habe X.________ gewusst, dass er vorbestraft war,
womit sich weitere Abklärungen aufgedrängt hätten.

2.7 Die Oberstaatsanwaltschaft verkennt zum einen, dass die FFE eine
zivilrechtliche Massnahme zum Schutze des Betroffenen darstellt und nicht ein
verwaltungsrechtliches Verfahren zum Schutz der Öffentlichkeit vor
gemeingefährlichen Geisteskranken (oben E. 3.1.1). Zum andern erfolgen ihre
Einwände aus der ex post-Perspektive desjenigen, der weiss, dass die
Entscheidung von X.________ tragische Konsequenzen hatte, weil Z.________ nach
seiner Entlassung ein Tötungsdelikt beging.
Es trifft zwar durchaus zu, dass der Sachverhalt nach § 203c Abs. 1 ZPO von
Amtes wegen abzuklären ist. X.________ hat dies auch getan. Die Frage kann nur
sein, ob seine Abklärungen genügten. Dabei ist zu beachten, dass Art. 397f ZGB
ein einfaches und rasches Verfahren vorschreibt. Nach § 203d Abs. 1 i.V.m. §
203e Abs. 1 ZPO muss der Entscheid in der Regel spätestens am vierten
Arbeitstag nach Eingang des Entlassungsbegehrens erfolgen. Das von X.________
geführte Beweisverfahren entspricht dem, was in der vorgeschrieben kurzen Zeit
möglich ist und üblicherweise gemacht wird. Zu weiteren Beweismassnahmen wäre
er ausnahmsweise verpflichtet gewesen, wenn dies für einen sachgerechten
Entscheid erforderlich gewesen wäre. Das war entgegen der Auffassung der
Oberstaatsanwaltschaft nicht der Fall. Zunächst gilt festzuhalten, dass sich
aus den Akten kein Hinweis darauf ergibt, dass Z.________ je Menschen tätlich
angegriffen hat. Für den Bezirksrichter bestand daher kein Grund zur Annahme,
dass dieser bei allfälligen Entzugserscheinungen eine besondere Gefahr für
seine Mitmenschen darstellen würde. Der Versuch der Oberstaatsanwaltschaft, die
Vernehmlassung der Klinik, welche eine Entlassung vorab wegen Selbstgefährdung
ablehnt, mittels eines in diesem Zusammenhang völlig unzulässigen
Umkehrschlusses dahingehend umzudeuten, dass damit auch Fremdgefährdung
mitgemeint sei, überzeugt nicht. Eine unbefangene Lektüre der Vernehmlassung
lässt diese Folgerung schlechterdings nicht zu. Aus dem Patientenstammblatt,
auf welchem als Bezugsperson ein Bewährungshelfer aufgeführt ist, ergibt sich
zwar, dass Z.________ vorbestraft war. X.________ hätte somit die Möglichkeit
gehabt, sich bei jenem nach Z.________ zu erkundigen. Allerdings ist (auch ein
längeres) Vorstrafenregister bei einem langjährigen Drogenkonsumenten nicht die
Ausnahme, sondern eher die Regel. Der Umstand, dass Z.________ einen
Bewährungshelfer hatte, verpflichtete ihn daher nicht zu weiteren Abklärungen.
Insbesondere musste er deswegen nicht damit rechnen, dass er eine Person zu
beurteilen hatte, die keine 5 Jahre zuvor in völliger Unzurechnungsfähigkeit
einen Mordversuch unternommen hatte, ohne dass dies in den zur Verfügung
stehenden Akten den geringsten Niederschlag fand, womit die gutachterlichen
Beurteilungen sowohl Dr. Y.________ als auch der Klinikärzte von vornherein von
stark eingeschränkter Aussagekraft waren. Nach seinen eigenen Angaben hat
X.________ einen erfolglosen Versuch unternommen, die Mutter Z.________ zu
erreichen. Da er indessen davon ausgehen durfte, dass diese jedenfalls
gelegentlich bei ihrem Sohn vorbeischauen würde und keine Anhaltspunkte dafür
vorlagen, dass Z.________ gemeingefährlich war, war es vertretbar, das
Verfahren auch ohne Befragung der Mutter abzuschliessen. Insgesamt hat
Bezirksrichter X.________ bei der Entlassung von Z.________ weder seine
Verpflichtung zur Abklärung des Sachverhalts verletzt noch das ihm zustehende
richterliche Ermessen überschritten. Es ist damit nicht ersichtlich, inwiefern
er sich mit dieser Entscheidung in strafrechtlicher Hinsicht am Tode C.________
hätte schuldig machen können. Der für die Anhebung einer Strafuntersuchung
gegen X.________ erforderliche Anfangsverdacht ist damit nicht gegeben.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Damit sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs.
4 BGG), und der Kanton Zürich hat X.________ eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat X.________ für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, S.________, in P.________, und T.________, in P.________,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Störi