Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.778/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_778/2008/sst

Urteil vom 13. Januar 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Meier,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Uri, Gründligasse 53, 6460 Altdorf UR,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sachbeschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Uri, Strafrechtliche Abteilung, vom 18. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Uri befand X.________ am 18. März 2008
zweitinstanzlich der Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB) schuldig. Von
einer Bestrafung nahm es Umgang, und die adhäsionsweise geltend gemachten
Zivilforderungen verwies es auf den Zivilweg.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Uri vom 18. März 2008 sei aufzuheben, und er sei vom
Vorwurf der Sachbeschädigung freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Uri haben auf
Vernehmlassungen zur Beschwerde verzichtet.

Erwägungen:

1.
In der Anklage wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, am 7. Oktober 2004 auf
dem Grundstück seines Nachbarn Y.________ innerhalb des sog. Grenzmeters -
gemäss Art. 73 Abs. 1 EG/ZGB des Kantons Uri haben Bauten und Anlagen, für
welche eine Baubewilligung erforderlich ist, zum Nachbargrundstück einen
Grenzabstand von einem Meter einzuhalten - eine Holzkonstruktion mit
Plastikabdeckung zerstört und ausserhalb des Grenzmeters ein direkt
anschliessendes Eternitdach mit einem Eisenschlägel beschädigt zu haben.
Der Vorfall, welcher vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird, ereignete sich
im Nachgang an einen langjährigen Rechtsstreit: Y.________ hatte auf seinem
Grundstück innerhalb des Grenzmeters zum Grundstück des Beschwerdeführers eine
Holzkonstruktion mit Plastikabdeckung errichtet. Mit (in Rechtskraft
erwachsenem) Urteil des Landesgerichtspräsidiums Uri vom 9. September 2002
wurde Y.________ unter Strafdrohung verpflichtet, innert 20 Tagen ab Eintritt
der Rechtskraft des Entscheids diese Baute zu entfernen. Da er dieser
Aufforderung nicht nachkam, wurde er - wie im Urteil vom 9. September 2002
ausdrücklich angedroht - mit (in Rechtskraft erwachsenem) Strafbefehl vom 3.
Dezember 2003 wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292 StGB)
schuldig erklärt und mit einer Busse von Fr. 500.-- bestraft. Da Y.________ die
Baute auch weiterhin nicht entfernte, gelangte der Beschwerdeführer an den
Verhörrichter II des Kantons Uri, welcher ihm mit Schreiben vom 13. September
2004 mitteilte, dass es ihm freistehe, allenfalls noch vorhandene rechtswidrige
Vorrichtungen auf dem Grundstück von Y.________ zu entfernen oder durch Dritte
entfernen zu lassen. In der Folge schritt der Beschwerdeführer am 7. Oktober
2004 zur Tat.

2.
2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer
nicht bestritten, der Tatbestand der Sachbeschädigung sei mithin in objektiver
Hinsicht erfüllt. Betreffend die Sachbeschädigung innerhalb des Grenzmeters
habe er sich aufgrund einer unrichtigen Auskunft des Verhörrichters II des
Kantons Uri in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden, weshalb er insoweit
freizusprechen sei (angefochtenes Urteil S. 7 f.). Bezüglich der
Sachbeschädigung ausserhalb des Grenzmeters stelle sich die Rechtslage hingegen
anders dar, da sich hier die Frage des Rechtsirrtums nicht stelle. Indem der
Beschwerdeführer die Entfernung der Baute mittels eines Eisenschlägels
vorgenommen habe, habe er eine Beschädigung des Eternitdachs zumindest in Kauf
genommen. Er habe damit eventualvorsätzlich gehandelt und den Tatbestand von
Art. 144 Abs. 1 StGB auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Selbsthilfe sei auch
bei widerrechtlich erstellten Bauten unzulässig, und der Beschwerdeführer hätte
den Rechtsweg beschreiten müssen, zumal von der Baute keinerlei Gefahr
ausgegangen sei (angefochtenes Urteil S. 8 f.).

2.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, der Tatbestand der Sachbeschädigung sei
ein Antragsdelikt, das Vorliegen eines gültigen Strafantrags daher eine
Prozessvoraussetzung. Der Antragsteller Y.________ habe durch eigenes
rechtswidriges Verhalten zu seinem Einschreiten unmittelbar Anlass gegeben,
indem er sich während Jahren geweigert habe, die rechtswidrige Baute zu
entfernen. Unter diesen Umständen einen Strafantrag zu stellen, sei
rechtsmissbräuchlich (Beschwerde S. 7 - 9).

2.3 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder
Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird,
auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft
(Art. 144 Abs. 1 StGB).
Eine rechtsmissbräuchliche Strafantragsstellung darf nur mit Zurückhaltung
angenommen werden. Einzig wenn der Verletzte dem Täter ein objektiv grobes
Unrecht zugefügt hat und zwischen seinem rechtswidrigen Verhalten und dem vom
Täter herbeigeführten strafbaren Erfolg ein enger Kausalzusammenhang besteht,
rechtfertigt es sich, dem Antragsteller ein rechtlich schutzwürdiges Interesse
an der Verfolgung und Bestrafung des Täters abzusprechen und demzufolge den
gestellten Strafantrag als ungültig zu erachten (BGE 104 IV 90 E. 3b, 128 IV
154 E. 4; vgl. zum Ganzen auch Christof Riedo, Der Strafantrag, Diss. Freiburg
2004, S. 519 ff.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Y.________ hat dadurch,
dass er es unterlassen hat, die rechtswidrige Baute innerhalb des Grenzmeters
zu entfernen, nicht unmittelbar dazu Anlass gegeben, dass der Beschwerdeführer
mittels des unverhältnismässigen Einsatzes eines Eisenschlägels das sich
ausserhalb des Grenzmeters befindliche Eternitdach beschädigte. In dieser
Konstellation kann Y.________ ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der
Verfolgung und Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Sachbeschädigung nicht
abgesprochen werden.

2.4 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er habe nicht vorsätzlich
gehandelt. Er habe nur deshalb einen Eisenschlägel zur Entfernung der
rechtswidrigen Baute verwendet, weil ihm das entsprechende Spezialwerkzeug zum
Lösen der Spezialschrauben, mit welchen das Eternitdach befestigt gewesen sei,
nicht zur Verfügung gestanden habe. Nach seinen jahrelangen erfolglosen
Bemühungen, die rechtswidrige Baute durch Y.________ oder Dritte entfernen zu
lassen, habe von ihm nicht verlangt werden können, zunächst noch
Spezialwerkzeug zu beschaffen. Zudem sei die geringfügige Beschädigung des
Dachs lediglich auf die unglückliche Befestigung der Holzkonstruktion am Dach
zurückzuführen und ihm könne insoweit höchstens Fahrlässigkeit angelastet
werden (Beschwerde S. 5 und S. 9 - 11).

2.5 Der Argumentation des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Indem
er, obwohl keine zeitliche Dringlichkeit bestand, mangels geeigneten
Spezialwerkzeugs zum Lösen der Spezialschrauben sich eines zu diesem Zweck
offensichtlich ungeeigneten Eisenschlägels bediente, nahm er - wie die
Vorinstanz zutreffend ausführte - die von ihm verursachte Beschädigung am Dach
zumindest eventualvorsätzlich in Kauf, weshalb der Straftatbestand von Art. 144
StGB (auch) in subjektiver Hinsicht erfüllt ist.

3.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Uri,
Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Januar 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Stohner