Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.762/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_762/2008/bri

Urteil vom 8. Januar 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Bundesrichter Zünd
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Duri Poltera,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versuchter Betrug, Irreführung der Rechtspflege, Hausfriedensbruch,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
24. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 24. Juni 2008 sprach das Kantonsgericht St. Gallen X.________
zweitinstanzlich des versuchten Betrugs, der Irreführung der Rechtspflege und
des Hausfriedensbruchs schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 70
Tagen à Fr. 125.--, unter Aufschub des Vollzugs bei einer Probezeit von zwei
Jahren, und zu einer Busse von Fr. 1'500.--.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, die Urteile des
Kantonsgerichts St. Gallen und des Kreisgerichts Obertoggenburg-Neutoggenburg
seien aufzuheben, und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen hat sich innert Frist nicht vernehmen
lassen.

Erwägungen:

1.
Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils
beantragt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, denn
Anfechtungsobjekt bildet einzig das kantonal letztinstanzliche Urteil der
Vorinstanz vom 24. Juni 2008 (Art. 80 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Den Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen versuchten Betrugs und
Irreführung der Rechtspflege liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

X.________ verbrachte vom 27. Juli bis 3. August 2004 seine Ferien gemeinsam
mit einem Begleiter im Hotel A.________ in Kuda Huraa auf den Malediven. Gemäss
der Abrechnung der UBS AG wurden seinen beiden Kreditkarten (UBS MasterCard und
UBS Visa Card) am 3. August 2004 fünf Beträge über insgesamt Fr. 10'442.93 zu
Gunsten des Hotels A.________ belastet.

Mit Schreiben vom 19. August, 19. November und 1. Dezember 2004 ersuchte der
Beschwerdeführer die UBS AG um (teilweise) Rückerstattung des Betrags von Fr.
10'442.93 und begründete dies namentlich damit, dass er die Belege nicht
unterschrieben und sich im Belastungszeitpunkt bereits im Flugzeug auf der
Heimreise befunden habe.

Am 18. Januar 2005 erstattete der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang bei
der Polizei Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Missbrauchs seiner Kreditkarten.

2.2 Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschwerdeführer habe anlässlich der
polizeilichen Einvernahme vom 23. März 2005 ausdrücklich eingestanden, die
Kreditkartenbelege des Hotels A.________ über insgesamt Fr. 10'442.93 vor Ort
eigenhändig unterzeichnet zu haben. Mit seinen Angaben gegenüber der UBS AG
habe er wider besseres Wissen die Behauptung einer missbräuchlichen Verwendung
seiner Kreditkarten durch Dritte aufgestellt, um zu erreichen, dass die UBS AG
auf die gegen ihn bestehende Forderung von Fr. 10'442.93 (zumindest teilweise)
verzichte. Hätte die Bank sich täuschen lassen und gestützt auf diesen Irrtum
auf die Forderung verzichtet, wäre sie in entsprechendem Umfang am Vermögen
geschädigt worden, da sie dem Hotel A.________ gegenüber die Schuld mit für den
Karteninhaber befreiender Wirkung übernommen habe. Mangels einer tatsächlich
missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarten durch Dritte hätte die UBS AG
jedoch nicht auf das Hotel Rückgriff nehmen können. Die Überprüfung der Angaben
des Beschwerdeführers sei für die UBS AG nicht bzw. nur mit besonderer Mühe
möglich bzw. zumutbar gewesen, da die zur Verifizierung notwendigen
Informationen - wie etwa die Passagierdaten der Fluggesellschaft, die Befragung
des Reisebegleiters des Beschwerdeführers oder die Angaben des Hotels bezüglich
der Zahlungsmodalitäten eines der Gäste - für die UBS AG nicht oder nur schwer
erhältlich gewesen seien. Eine Opfermitverantwortung scheide daher aus, die
Täuschung sei mithin als arglistig zu qualifizieren. Zudem habe der
Beschwerdeführer vorsätzlich und in Bereicherungsabsicht gehandelt. Er sei
folglich des versuchten Betrugs schuldig zu sprechen (angefochtenes Urteil S. 4
- 8).

Die Vorinstanz hat weiter ausgeführt, indem der Beschwerdeführer am 18. Januar
2005 Strafanzeige erstattet und gegenüber der Polizei wider besseres Wissen
behauptet habe, seine Kreditkarten seien missbraucht worden, habe er den
Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege erfüllt (angefochtenes Urteil S. 9
- 10).

2.3 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und eine
Verletzung der Unschuldsvermutung. Er präzisiert, er habe einzig die bei der
Überprüfung der Kreditkartenabrechnungen festgestellten Unstimmigkeiten - d.h.
Belastungen aufgrund einer mutmasslich missbräuchlichen Verwendung der Karten -
der UBS AG gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt habe er sich aus berechtigten Gründen
die Abweichungen zwischen der provisorischen Hotelrechnung und der
Kreditkartenbelastung nicht erklären können. Zudem sei ihm die Unterschrift auf
den Transaktionsbelegen wie nachgemacht erschienen, und es sei aufgrund der
Zeitverschiebung eine gewisse Verwirrung entstanden. Dementsprechend habe er
auch berechtigterweise bei der Polizei Strafanzeige erstattet (Beschwerde S. 3
- 6).

2.4 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, Willkür darzutun,
liegt doch Willkür im Sinne von Art. 9 BV nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw.
im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen). Dass das angefochtene Urteil mit der
Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung
oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt hingegen
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (127 I 54 E. 2b mit
Hinweisen).

Die Vorinstanz hat willkürfrei dargelegt, die provisorische Hotelabrechnung vom
1. August 2004 weiche deshalb von der Kreditkartenbelastung ab, weil die
Abrechnung offenkundig nur die Zeitspanne vom 27. Juli bis zum 1. August 2004
betroffen und die Ausgaben des Beschwerdeführers vom 2. und 3. August 2004 noch
nicht ausgewiesen habe. Vor diesem Hintergrund ist die Vorinstanz nicht in
Willkür verfallen, indem sie - insbesondere auch unter Bezugnahme auf die
Aussagen des Beschwerdeführers - geschlossen hat, der Beschwerdeführer habe
wider besseres Wissen die Kreditkartenabrechnungen beanstandet und Strafanzeige
eingereicht. Ebensowenig ist eine Verletzung der Unschuldsvermutung
ersichtlich.

2.5 In Bezug auf den Vorwurf des versuchten Betrugs macht der Beschwerdeführer
geltend, der UBS AG habe gar kein Vermögensschaden erwachsen können, da diese
bei einer missbräuchlichen Verwendung der Karten durch Dritte auf jene hätte
Rückgriff nehmen können. Der Schaden wäre somit einzig bei der UBS AG
verblieben, wenn der Schadensverursacher nicht hätte ausfindig gemacht werden
können oder nicht mehr zahlungsfähig gewesen wäre. Vorliegend aber wäre bei
allfälligen Fehlern das Hotel A.________ offensichtlich zur Rückerstattung der
gutgeschriebenen Beträge an die UBS AG verpflichtet und in der Lage gewesen
(Beschwerde S. 3 f.).

2.6 Bei im Dreiparteiensystem vertriebenen Kreditkarten (vorliegend MasterCard
und Visa Card) gibt ein Kreditkartenunternehmen (vorliegend die UBS AG) seinen
Kunden Kreditkarten ab, welche von den Kunden bei vertraglich mit dem
Kreditkartenaussteller verbundenen Vertragsunternehmen (vorliegend das Hotel
A.________) zum Bezug von Waren und Dienstleistungen verwendet werden können.
Das Vertragsunternehmen erwirbt diesfalls eine Forderung gegen das
Kreditkartenunternehmen, und bei diesem entsteht eine Obligation gegenüber dem
Kunden, welche nach Massgabe der Vertragsbedingungen fällig wird (Gerhard
Fiolka, Basler Kommentar StGB II, 2. Aufl. 2007, Art. 148 StGB N. 12).

2.7 Die Ausführungen der Vorinstanz zum Tatbestand des versuchten Betrugs sind
zutreffend.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der UBS AG hätte gar kein
Vermögensschaden entstehen können, da sie als Kartenherausgeberin bei einem
Schaden auf Dritte - vorliegend insbesondere auf das Hotel A.________ - hätte
Rückgriff nehmen können, ist seine Beschwerde unbegründet. Allfällige
Rückforderungsansprüche, die hier ohnehin kaum gegeben wären, schliessen den
Schaden nicht aus, sondern setzen ihn begrifflich vielmehr voraus. Dass ein
Schaden unter Umständen nachträglich beseitigt wird, ändert somit nichts daran,
dass er - wenn auch allenfalls nur kurzzeitig - bestand, denn zur Annahme eines
Vermögensschadens genügt auch eine bloss vorübergehende Schädigung (Urteil
6B_810/2007 vom 15. Mai 2008 E. 2.4; BGE 121 IV 104 E. 2c; 120 IV 122 E. 6b;
Stefan Trechsel/Dean Crameri, Schweizerisches Strafgesetzbuch Praxiskommentar,
2008, Art. 146 N. 26).

3.
3.1 Die Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs basiert auf folgendem
Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hielt sich in der Nacht vom 13./14. August 2005 im
Nachtclub B.________ auf, obwohl ihn die Betreiberin des Lokals, die B.________
GmbH, mit Mitteilung vom 24. Mai 2004 mit einem unbefristeten Hausverbot belegt
hatte.

Am 15. August 2005 reichte C.________ namens der B.________ GmbH Strafantrag
gegen den Beschwerdeführer wegen Hausfriedensbruchs ein.

3.2 Die Vorinstanz hat festgehalten, C.________ habe auf dem von ihr im Namen
der B.________ GmbH eingereichten Strafantrag ihre Funktion mit "Direktion"
umschrieben. C.________ sei bei der in der Zwischenzeit gelöschten Gesellschaft
zwar nicht im Handelsregister eingetragen gewesen, jedoch als Geschäftsführerin
allgemein mit der Wahrung des Hausrechts des Nachtclubs B.________ betraut und
daher auch zur Stellung des Strafantrags legitimiert gewesen.

Erstellt sei, dass der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand des
Hausfriedensbruchs erfüllt habe. Des Weiteren sei ihm das zeitlich nicht
limitierte Hausverbot bekannt gewesen, und er habe daher zumindest in Kauf
genommen, den Nachtclub B.________ unrechtmässig zu betreten. Damit sei auch
der subjektive Tatbestand von Art. 186 StGB zu bejahen (angefochtenes Urteil S.
10 - 12).

3.3 Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines gültigen Strafantrags,
da nicht erwiesen sei, welche Funktion C.________ bei der Firma B.________ GmbH
ausgeübt habe. C.________ sei nicht im Handelsregister eingetragen gewesen,
woraus zu schliessen sei, dass sie nicht zur Stellung des Strafantrags
berechtigt gewesen sei. Im Übrigen sei er gutgläubig davon ausgegangen, dass
das ihm gegenüber ausgesprochene Hausverbot nicht mehr bestanden habe
(Beschwerde S. 6 f.).

3.4 Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs nach Art. 186 StGB ist nur auf Antrag
strafbar.

Gemäss Art. 30 Abs. 1 StGB kann jeder, der durch die Tat verletzt worden ist,
die Bestrafung des Täters beantragen. Als Verletzter gilt grundsätzlich, wer
materiellrechtlich Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsguts ist.
Geschütztes Rechtsgut beim Tatbestand des Hausfriedensbruchs ist das Hausrecht.
Träger dieses Rechts ist derjenige, dem die Verfügungsgewalt über die Räume
zusteht, gleichgültig, ob jene auf einem dinglichen oder obligatorischen Recht
oder einem öffentlichrechtlichen Verhältnis beruht (BGE 128 IV 81 E. 3a).

Wird die Klage im Namen einer juristischen Person erhoben, steht die
Antragsberechtigung jenem Organ zu, das zur Wahrung der entsprechenden
Interessen berufen ist (BGE 118 IV 167 E. 1b).

3.5 C.________ war im Handelsregister nicht als unterschriftsberechtigt
eingetragen und hatte daher keine Organstellung inne. In Übereinstimmung mit
der Vorinstanz (angefochtenes Urteil S. 11) ist jedoch davon auszugehen, dass
sie als Geschäftsführerin allgemein mit der Wahrung des Hausrechts des
Nachtclubs B.________ betraut war, zumal sie in dieser Funktion auch bereits
das Hausverbot vom 24. Mai 2004 unterzeichnet hatte. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedarf es zur Stellung eines Strafantrags
keiner besonderen Ermächtigung im Sinne von Art. 462 Abs. 2 OR, wenn der
Strafantrag lediglich darauf abzielt, den öffentlichen Ankläger in die Lage zu
versetzen, das Strafverfahren einzuleiten. Demgemäss ist die nicht im
Handelsregister eingetragene Geschäftsführerin bzw. Generalbevollmächtigte zur
Stellung des Antrags befugt, soweit es um den Schutz des Geschäftsvermögens
geht und der Strafantrag nicht gegen den Willen der Gesellschaftsorgane
gestellt wird (BGE 99 IV 1 E. 2d mit Verweis auf Georg Gautschi, Berner
Kommentar, 2. Aufl. 1962, Art. 462 OR N. 11 d; vgl. auch BGE 122 IV 207 nicht
publizierte E. 2c). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weshalb
C.________ entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zur Stellung des
Strafantrags legitimiert war.

3.6 Wie die Vorinstanz des Weiteren zutreffend ausgeführt hat, enthielt das am
24. Mai 2004 ausgesprochene Hausverbot im Unterschied zu jenem vom 17. August
1999 keine Befristung, so dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei
davon ausgegangen, das Verbot sei auf ein Jahr begrenzt, als blosse
Schutzbehauptung einzustufen ist. Indem er in Kenntnis des Hausverbots am 13./
14. August 2005 den Nachtclub B.________ besuchte, nahm er somit zumindest in
Kauf, sich dort unrechtmässig aufzuhalten und damit das Hausrecht der
B.________ GmbH zu verletzen. Die Vorinstanz hat mithin den subjektiven
Tatbestand von Art. 186 StGB zutreffend bejaht.

4.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner