Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.752/2008
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_752/2008/bri

Urteil vom 28. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28,
4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Parteientschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Strafkammer, vom 17. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 17. Januar 2007 befand der Amtsgerichtspräsident von Dorneck-Thierstein
X.________ der Veruntreuung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe
von 120 Tagessätzen à Fr. 30.--, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei
einer Probezeit von zwei Jahren. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten
auferlegte das Gericht dem Verurteilten.

B.
Auf Appellation von X.________ hin sprach das Obergericht des Kantons
Solothurn, Strafkammer, diesen mit Urteil vom 17. Juli 2008 vom Vorwurf der
Veruntreuung, eventuell der ungetreuen Geschäftsbesorgung, frei
(Urteilsdispositiv-Ziffer 2). Es sprach X.________ eine Genugtuung von Fr.
900.-- (Urteilsdispositiv-Ziffer 3) und eine Parteientschädigung für das erst-
und zweitinstanzliche Verfahren von pauschal Fr. 9'161.50
(Urteilsdispositiv-Ziffer 4) zu.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, Dispositivziffer 4
des Urteils des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 17. Juli 2008 sei
aufzuheben, und ihm sei für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren eine
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 12'191.55 zuzusprechen. Eventualiter
sei die Sache insoweit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
eingetreten werden kann. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Voraussetzungen zur Ausrichtung einer Parteientschädigung werden durch
das kantonale Prozessrecht geregelt. Verletzungen kantonalen Verfahrensrechts
überprüft das Bundesgericht lediglich auf Willkür (vgl. Art. 95 BGG).

1.2 Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschwerdeführer sei freigesprochen worden,
weshalb ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen sei. Vorliegend erscheine
eine pauschale Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 9'161.50 (25 Stunden für
das erstinstanzliche und 12 Stunden für das obergerichtliche Verfahren à
praxisgemäss Fr. 220.--, Fr. 374.40 Auslagen und Fr. 647.10 Mehrwertsteuer) dem
gebotenen Aufwand als angemessen.

1.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, indem die Vorinstanz ihn trotz Freispruchs
nicht für die gesamten ihm entstandenen Anwaltskosten entschädigt habe, habe
sie gegen die Unschuldsvermutung verstossen und das kantonale Prozessrecht
willkürlich angewendet. Des Weiteren sei die Vorinstanz der ihr obliegenden
Begründungspflicht nicht nachgekommen und habe dadurch seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt.

Der Beschwerdeführer präzisiert, der Aufwand seines privat bestellten
Verteidigers habe im kantonalen Verfahren insgesamt 47,75 Stunden betragen.
Ausgehend von einem Stundenansatz von Fr. 230.-- seien ihm daher Kosten in der
Höhe von Fr. 12'191.55 (inkl. Fr. 834.65 Mehrwertsteuer und Auslagen von Fr.
374.40) entstanden. Die eingereichte Kostennote weise weder sachfremde noch
übermässige Aufwendungen aus. Die Vorinstanz habe jedoch - nota bene ohne
Begründung - die angefallenen anwaltlichen Arbeitsstunden um knapp 11 Stunden
auf 37 Stunden und den Stundenansatz auf Fr. 220.-- gekürzt, so dass ihm trotz
vollumfänglichen Freispruchs ein Schaden von Fr. 3'030.05 erwachsen sei.

1.4 Gemäss § 36 StPO/SO (BGS 321.1) mit dem Randtitel "Entschädigung für
Nachteile" ist dem Beschuldigten im Falle eines Freispruchs oder einer
Einstellung des Verfahrens auf sein Begehren eine durch den Staat
auszurichtende Entschädigung für Nachteile (Schadenersatz, Genugtuung)
zuzusprechen, die er durch Untersuchungsmassnahmen erlitten hat. Die
Entschädigung kann verweigert oder herabgesetzt werden, wenn er durch
verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten die Untersuchung schuldhaft
veranlasst oder erschwert hat. § 37 Abs. 1 StPO/SO mit der Marginalie
"Parteientschädigung" statuiert, dass dem Beschuldigten auf sein Begehren unter
den Voraussetzungen des § 36 StPO/SO eine durch den Staat auszurichtende
Parteientschädigung zuzusprechen ist.

Gestützt auf § 178 Gebührentarif/SO (BGS 615.11) setzt das Gericht im
Strafverfahren die Parteientschädigung bei Freispruch oder Einstellung des
Verfahrens nach dem Zeit- und Arbeitsaufwand des Beschuldigten und des
Verteidigers fest.
1.5
1.5.1 Gemäss § 37 Abs. 1 i.V.m. § 36 StPO/SO kann die Parteientschädigung somit
namentlich herabgesetzt werden, wenn der Beschuldigte die Untersuchung durch
verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten schuldhaft veranlasst oder
erschwert hat. Es ist jedoch nicht ersichtlich und wird von der Vorinstanz auch
nicht behauptet, dass diese Konstellation erfüllt wäre. Dementsprechend
rechtfertigt sich insoweit keine Kürzung der Parteientschädigung. Auf der
anderen Seite liegt jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch
kein Verstoss gegen die Unschuldsvermutung vor, da sich aus dem angefochtenen
Urteil weder ein direkter noch ein indirekter Vorwurf einer strafrechtlichen
Schuld ableiten lässt.
1.5.2 Die Vorinstanz begründet die Herabsetzung der eingereichten Kostennote
vielmehr damit, dass diese übersetzt sei.

Zwar hat der Freigesprochene grundsätzlich Anspruch auf volle Entschädigung.
Eine Kürzung ist jedoch insbesondere zulässig, wenn sachfremde oder übermässige
Aufwendungen geltend gemacht werden. Die vom privaten Verteidiger des
Beschwerdeführers eingereichte Honorarnote ist mithin im Lichte des Grundsatzes
der Verhältnismässigkeit auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen (vgl. Urteil
des Bundesgerichts 1P.228/2001 vom 19. Juni 2001 E. 4b; Robert Hauser und
andere, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 109 N. 5; Niklaus
Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2004, N. 1221 Fn. 99).

Dabei gebietet die aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs.
2 BV abgeleitete Begründungspflicht, dass das urteilende Gericht seinen
Entscheid begründet (vgl. BGE 126 I 97 E. 2b). Hat, wie vorliegend der Fall,
die freigesprochene Person gestützt auf das kantonale Prozessrecht
grundsätzlich einen Anspruch auf volle Entschädigung, so hat das Gericht mithin
in den Urteilserwägungen zumindest kurz die Gründe zu nennen, weshalb es die
geltend gemachten Aufwendungen als zu hoch und damit als nicht angemessen
einstuft (Urteil des Bundesgerichts 1P.360/2001 vom 27. September 2001 E. 2;
Niklaus Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2005, N. 1841).

Vorliegend hat die Vorinstanz die Kostennote des Vertreters des
Beschwerdeführers ohne Begründung deutlich um rund 25% bzw. über Fr. 3'000.--
gekürzt. Die Vorinstanz hat weder ausgeführt, weshalb sie einen Stundenansatz
von Fr. 230.-- als übersetzt erachtet, noch hat sie erläutert, weshalb sie
einen Verteidigungsaufwand von 47,75 Stunden für das kantonale Verfahren als
unangemessen einstuft. Es lässt sich daher mangels hinreichender Begründung
nicht abschliessend überprüfen, ob die Vorinstanz die Parteientschädigung im
Ergebnis willkürfrei um den entsprechenden Betrag herabsetzen konnte.

2.
Die Vorinstanz ist ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen und hat den
Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör missachtet. Die Beschwerde
ist deshalb gutzuheissen, Dispositivziffer 4 des angefochtenen Urteils
aufzuheben und die Sache in diesem Punkt zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Der Kanton Solothurn hat den Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen
(Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, Dispositivziffer 4 des Urteils des
Obergerichts des Kantons Solothurn vom 17. Juli 2008 aufgehoben und die Sache
insoweit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Solothurn hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. November 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner