Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.741/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_741/2008/sst

Urteil vom 18. Februar 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Toni Fischer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Archivgasse 1, 6430 Schwyz,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache Verletzung der Verkehrsregeln,
unerlaubtes brüskes Bremsen,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz,
Strafkammer, vom 15. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 29. Oktober 2004, ca. 09.45 Uhr, ereignete sich auf der Schlagstrasse von
Schwyz-Kaltbach Richtung Sattel eine Kollision zwischen dem Lieferwagen von
A.________ und dem Auto von X.________. Dabei fuhr A.________ nach einem
abgebrochenen Überholmanöver in einer Rechtskurve auf das Heck des Wagens von
X.________ auf.
Während das Verfahren gegen A.________ durch das Bezirksamt Schwyz durchgeführt
wurde und mit einer Bestrafung von A.________ mit Fr. 300.-- wegen einfacher
Verletzung der Verkehrsregeln (Auffahrkollision infolge Nichtbeherrschens des
Fahrzeugs) endete, wurde X.________ durch das Bezirksamt Höfe mit
(unangefochtener gebliebener) Strafverfügung wegen pflichtwidrigen Verhaltens
bei einem Verkehrsunfall (Verändern der Fahrzeugendlage) mit Fr. 200.--
gebüsst. Gleichzeitig wurde die Strafuntersuchung gegen A.________ wegen
mehrfacher grober Verkehrsregelverletzung (Beschleunigung während des
Überholversuchs von X.________ und brüskes Bremsen) sowie Sachbeschädigung
eingestellt.
Auf Beschwerde von A.________ hin wurde diese Einstellung der Strafuntersuchung
durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz aufgehoben und X.________ am
10. Mai 2007 angeklagt. In der Anklageschrift wird ihm einerseits vorgeworfen,
während des Überholmanövers von A.________ während 10 bis 20 Sekunden
beschleunigt und die Lücke zum vorderen Fahrzeug so verringert zu haben, dass
A.________ das Manöver habe abbrechen und wieder hinter ihm habe einbiegen
müssen (vorsätzliche grobe Verkehrsregelverletzung [Anklagepunkt 1]).
Andererseits wird X.________ angelastet, dass er, als A.________ nach dem
erfolglosen Überholmanöver wieder hinter ihm gefahren sei, sein Fahrzeug bei
einer Geschwindigkeit von 60 km/h grundlos so stark abgebremst habe, dass der
Lieferwagen von A.________ trotz Vollbremsung mit seinem Heck kollidiert sei,
wodurch an den Fahrzeugen erheblicher Sachschaden entstanden sei (vorsätzliche
grobe Verkehrsregelverletzung [Anklagepunkt 2] und Sachbeschädigung
[Anklagepunkt 3]).
Das Bezirksgericht Höfe sprach X.________ mit Urteil vom 24. September 2007 im
Anklagepunkt 1 der einfachen Verkehrsregelverletzung schuldig und bestrafte ihn
mit einer Busse von Fr. 400.--. Von den Tatvorwürfen gemäss Anklageschrift
Ziffern 2 und 3 sprach es ihn hingegen frei.

B.
Auf Berufung von A.________ hin erwog das Kantonsgericht Schwyz mit Urteil vom
15. Januar 2008, mangels Anschlussberufung von X.________ sei der Schuldspruch
im Anklagepunkt 1 in Rechtskraft erwachsen, und erkannte, X.________ werde
zusätzlich wegen unerlaubtem brüsken Bremsen (Anklagepunkt 2) schuldig
gesprochen und mit einer Busse von insgesamt Fr. 1'200.-- bestraft. Das Gericht
führte aus, mangels Erfüllung des subjektiven Tatbestands sei inso-weit "bloss"
von einer einfachen Verkehrsregelverletzung auszugehen. Ebenso wenig könne
X.________ in Bezug auf den Vorwurf der Sachbeschädigung ein
Beschädigungsvorsatz nachgewiesen werden, weshalb der erstinstanzliche
Freispruch im Anklagepunkt 3 nicht zu beanstanden sei.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen insbesondere mit den Anträgen, das
Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 15. Januar 2008 sei aufzuheben, und er
sei vom Vorwurf der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln wegen brüsken
Bremsens freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zu seiner Freisprechung an
das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz hat auf eine Vernehmlassung zur
Beschwerde verzichtet. Das Kantonsgericht beantragt die Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:

1.
1.1 Verfahrensgegenstand bildet einzig die Verurteilung des Beschwerdeführers
wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln, begangen durch unerlaubtes
brüskes Bremsen (Anklagepunkt 2).
Der Beschwerdeführer rügt insoweit vorab eine willkürliche Beweiswürdigung und
als Folge daraus eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung. Im
Ergebnis verletze das angefochtene Urteil den aus der Unschuldsvermutung
abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro reo", weil die Vorinstanz nicht zu
unterdrückende Zweifel an seiner Schuld hätte haben müssen.

1.2 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen
ohne Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung ist die
Kognition des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt. Willkür in der
Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen
ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder
auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 134 I 140 E. 5.4). Dass das
angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht
übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar
erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von
Willkür nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ. E. 4.1; 127 I 54 E. 2b).
Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankerten Maxime "in
dubio pro reo" ist bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld zu vermuten, dass
die einer strafbaren Handlung angeklagte Person unschuldig ist (BGE 129 I 49 E.
4; 127 I 38 E. 2 mit Hinweisen). Als Beweiswürdigungsregel besagt die Maxime,
dass sich das Strafgericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte
Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver
Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, dass sich
der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser Grundsatz verletzt sein
soll, prüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür, das
heisst, es greift nur ein, wenn das Sachgericht die beschuldigte Person
verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses
offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel
an deren Schuld fortbestehen (BGE 127 I 38 E. 2a; 120 Ia 31 E. 2; Urteil des
Bundesgerichts 6B_923/2008 vom 2. Februar 2009, E. 2).
Wird eine willkürliche Beweiswürdigung gerügt, reicht es nicht aus, wenn der
Beschwerdeführer zum Beweisergebnis frei plädiert und darlegt, wie seiner
Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise zu würdigen gewesen
wären, wie er dies in einem appellatorischen Verfahren mit freier Rechts- und
Tatsachenüberprüfung tun könnte. Er muss gemäss ständiger Rechtsprechung
vielmehr aufzeigen, inwiefern die angefochtene Beweiswürdigung die Verfassung
dadurch verletzen sollte, dass sie im Ergebnis offensichtlich unhaltbar wäre
(vgl. BGE 129 I 49 E. 4; 128 I 81 E. 2; 127 I 38 E. 3c).

1.3 Die Vorinstanz hat erwogen, aus dem Verlauf der Bremsspuren sei zu
schliessen, dass sich A.________ im Zeitpunkt des Bremsmanövers bereits auf der
rechten Spur hinter dem Auto des Beschwerdeführers befunden habe. Dass die
Materialdeformationen an der Front bzw. am Heck der Fahrzeuge nicht streng
symmetrisch aufgetreten seien, ergebe sich insbesondere daraus, dass sich die
beiden Autos zum Kollisionszeitpunkt in einer Kurve befunden hätten. Aus der
Lage der Splitterteile, welche in Fahrtrichtung nach den Bremsspuren des
Lieferwagens von A.________ zu liegen gekommen seien, sei zu folgern, dass
dieser das Bremsmanöver bereits eingeleitet gehabt habe, als es zum
Zusammenstoss gekommen sei. Aufgrund des Kollisionsablaufs liege die
Schlussfolgerung auf der Hand, dass die für die Unfallfolgen notwendige
(relativ grosse) Tempodifferenz im Zeitpunkt der Kollision nicht einzig von
einer vorgängigen Beschleunigung des Fahrzeugs von A.________ stammen könne.
Zusammenfassend sei erstellt, dass der Beschwerdeführer vor der Kollision
gebremst haben müsse, was sich auch mit den Aussagen von dessen Beifahrer
decke. Aus dem Spurenbild (lange Bremsspur des Wagen von A.________, starke
Deformation der Autos) ergebe sich weiter, dass der Beschwerdeführer dabei die
Bremse nicht bloss kurz angetippt, sondern brüsk gebremst habe (angefochtenes
Urteil S. 5 f.).

1.4 Was der Beschwerdeführer gegen diese Beweiswürdigung der Vorinstanz
vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür respektive eine Verletzung des
Grundsatzes "in dubio pro reo" darzutun.
Der Beschwerdeführer stellt der vorinstanzlichen Begründung über weite Strecken
lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne näher zu erörtern,
inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein
sollte. Seine Ausführungen erschöpfen sich mithin insoweit in einer
unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen den
Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht.
Dies gilt insbesondere für seine Behauptung, die Einbuchtung der Heckpartie
seines Fahrzeugs zeige, dass der Stoss seitlich versetzt und grossflächig
erfolgt sei (Beschwerde S. 4 f.), und für sein Vorbringen, aus der Lage der
Splitterteile bzw. aufgrund der Kollisionsstelle und der Länge der Bremsspur
liessen sich keine Schlüsse ziehen (Beschwerde S. 5 f. und S. 10). Gleiches
gilt, soweit der Beschwerdeführer die Ausführungen der Vorinstanz zur
Tempodifferenz bezweifelt (Beschwerde S. 6 f.) und geltend macht, die
Aufprallenergie habe auch alleine vom Fahrzeug von A.________ stammen können,
zumal sein eigenes Fahrzeug keine Bremsspuren hinterlassen habe (Beschwerde S.
8 f.).
Soweit auf seine Rügen überhaupt eingetreten werden kann, sind sie nicht
stichhaltig. So konnte die Vorinstanz unter Berücksichtigung des Spuren- und
Schadenbilds willkürfrei schliessen, der Unfallablauf sei eindeutig erstellt,
weshalb sie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 6 ff.)
auch davon absehen konnte, sich in der Urteilsbegründung ausführlich mit den
Aussagen der Zeugen auseinanderzusetzen, zumal diese keine detaillierten
Angaben zum Kollisionsablauf machen konnten. Gestützt auf die nicht zu
beanstandende Beweiswürdigung konnte die Vorinstanz daher, ohne in Willkür zu
verfallen, folgern, es bestünden bei objektiver Betrachtung keine
offensichtlich erheblichen bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückenden
Zweifel an der Schuld des Beschwerdeführers. Die Vorinstanz hat somit
zusammenfassend weder gegen Art. 9 BV verstossen noch den aus der
Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleiteten
Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt.

1.5 Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), da die Vorinstanz Erkenntnisse aus dem
Verfahren gegen A.________ berücksichtigt habe, obwohl er an jenem Verfahren
nicht beteiligt gewesen sei (Beschwerde S. 9).
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz hat den
massgeblichen Sachverhalt, wie erörtert, insbesondere gestützt auf das Spuren-
und Schadenbild festgestellt (angefochtenes Urteil S 5 f.), ohne dabei auf die
Beweisergebnisse aus dem Verfahren gegen A.________ abzustellen.

1.6 Der Beschwerdeführer macht schliesslich eine Verletzung von Art. 12 Abs. 2
der Verkehrsregelnverordnung (VRV) geltend, da die Vorinstanz sich nicht mit
der Frage befasst habe, ob von einem leichten Bremsmanöver oder einem brüsken
Bremsen auszugehen sei, und den Begriff des brüsken Bremsens falsch angewendet
habe (Beschwerde S. 9 ff.).
Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. Die Vorinstanz konnte es, wie
dargelegt, ohne in Willkür zu verfallen, gestützt auf das Spuren- und
Schadenbild wie auch die Aussagen des Beifahrers des Beschwerdeführers als
nachgewiesen erachten, dass der Beschwerdeführer, nachdem er A.________ am
Überholen gehindert und sich dieser wieder direkt hinter ihm eingereiht hatte,
ein brüskes Bremsmanöver vollzog (angefochtenes Urteil S. 5. f.). Inwiefern die
Vorinstanz dabei von einem falschen Begriff des brüsken Bremsens ausgegangen
sein sollte, ist nicht ersichtlich.

2.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Februar 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Stohner