Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.723/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_723/2008/bri

Urteil vom 15. Januar 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, nebenamtlicher Bundesrichter Greiner,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt André A. Girguis und
Rechtsanwalt Dr. Lorenz Droese,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 17. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Gemäss Vertrag vom 26. September 2003 verkaufte A.________ X.________ sämtliche
100 Namenaktien der B.________ AG mit Sitz in Uster zu einem Preis von Fr.
325'000.--. Laut Darlehensvertrag vom gleichen Tag hat A.________ X.________
zudem ein Darlehen von Fr. 150'000.-- zu 6 % Zins und einer Laufzeit vom 1.
September 2003 bis zum 31. Januar 2004 gewährt.

Am 9. August 2004 erstattete X.________ Strafanzeige gegen A.________,
insbesondere wegen Urkundenfälschung. Er machte geltend, dieser habe von ihm
gestützt auf einen Darlehensvertrag vom 26. September 2003 150'000 Franken
gefordert. Einen solchen habe er nicht unterzeichnet, seine Unterschrift müsse
nachgeahmt worden sein. Das Untersuchungsamt Uznach holte beim Urkundenlabor
der Kantonspolizei Zürich ein Schriftgutachten ein. Dieses ergab, dass die
Unterschrift "X.________" auf dem Darlehensvertrag vom 26. September 2003 "mit
hoher Wahrscheinlichkeit" von X.________ stammt. Am 15. Februar 2005 hob das
Untersuchungsamt Uznach die Strafuntersuchung gegen A.________ auf. Die
Verfügung erwuchs in Rechtskraft.

B.
Am 3. März 2005 eröffnete die Staatsanwaltschaft See/Oberland (ZH) gegen
X.________ eine Strafuntersuchung wegen Verbrechen und Vergehen gegen die
Rechtspflege.

Am 30. Oktober 2007 verurteilte der Einzelrichter in Strafsachen des
Bezirksgerichts Meilen X.________ wegen falscher Anschuldigung im Sinne von
Art. 303 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 200.--
und einer Busse von Fr. 5'000.--.

Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich
am 17. Juni 2008 den Schuldspruch, erhöhte die Geldstrafe auf 175 Tagessätze
und strich die Busse.

C.
X.________ reichte am 15. September 2008 Beschwerde in Strafsachen ein mit den
Anträgen, ihn freizusprechen oder die Sache eventualiter an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung zurückzuweisen.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 StGB macht sich
schuldig, wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines
Verbrechens oder Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung
gegen ihn herbeizuführen.

1.1 Für das Obergericht (angefochtener Entscheid S. 7 ff.) besteht kein
vernünftiger Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer A.________ zu Unrecht
beschuldigt hat, auf dem Darlehensvertrag vom 26. September 2003 seine
Unterschrift gefälscht zu haben, obwohl er wusste, dass er diesen selber
eigenhändig unterschrieben hatte. Seine Überzeugung stützt es einerseits auf
das Schriftgutachten des Urkundenlabors der Kantonspolizei Zürich, nach welchem
eine "hohe Wahrscheinlichkeit" besteht, dass die Unterschrift von X.________
auf dem Darlehensvertrag echt ist. "Hohe Wahrscheinlichkeit" bedeutet nach dem
Gutachten, dass methodisch bedingte Einschränkungen zu berücksichtigen sind,
die jedoch für den Experten keine Zweifel an der Richtigkeit der
Schlussfolgerungen begründen.

Anderseits hält es die Aussagen des A.________ für glaubhaft und den
geschäftlichen Vorgang, bei welchem es nach dessen Schilderung zum
Darlehensvertrag kam, für plausibel. Danach konnte der Beschwerdeführer den
Kaufpreis für die B.________ AG von 475'000 Franken nicht aufbringen, worauf
dieser im Kaufvertrag auf 325'000 Franken gesenkt wurde. Den Restbetrag von
150'000 Franken stundete A.________ dem Beschwerdeführer, indem er ihm in
dieser Höhe ein simuliertes, per 31. Januar 2004 rückzahlbares Darlehen
gewährte.

Die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe die B.________ AG für 325'000
Franken gekauft, von einer durch einen simulierten Darlehensvertrag zu
begleichenden Restschuld von 150'000 Franken sei nicht die Rede gewesen, er
habe einen solchen nie wissentlich unterzeichnet, überzeugten das Obergericht
dagegen nicht. Es findet widersprüchlich, dass der Beschwerdeführer gegenüber
dem Untersuchungsamt Uznach aussagte, A.________ habe sich im Dezember 2003
telefonisch bei ihm gemeldet und ihn auf den Darlehensvertrag angesprochen, in
der Hauptverhandlung vor der Vorinstanz dagegen vorbrachte, vom
Darlehensvertrag erstmals im Februar 2004 aus einem Brief des A.________
Kenntnis erhalten zu haben. Für nicht überzeugend hält das Obergericht den
Einwand des Beschwerdeführers, dass er seine Treuhänderin C.________ über einen
allfälligen Darlehensvertrag informiert hätte. Dies insbesondere deshalb, weil
er sie bis im November 2003 auch darüber im Unklaren gelassen hatte, dass er
die B.________ AG bereits am 26. September 2003 gekauft hatte. Dass der
Beschwerdeführer "aus Stress" vergessen habe könnte, C.________ über den
Abschluss des Kaufvertrags zu informieren, obwohl sie daran war, das Geschäft
und dessen Finanzierung für ihn vorzubereiten, hält es für unglaubhaft. Es hält
für wesentlich naheliegender, dass er das Geschäft ohne ihr Wissen abschloss,
weil sie es skeptisch beurteilte.

1.2 Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe die Unschuldsvermutung bzw.
den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt und die Beweise willkürlich
gewürdigt. Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer indessen keineswegs
auferlegt, seine Unschuld zu beweisen oder sonstwie gegen Art. 32 Abs. 1 BV und
Art. 6 Ziff. 2 EMRK verstossen (dazu BGE 129 49 E. 4 S. 58; 127 38 E. 2a/b, mit
Hinweisen). Der Sache nach erschöpfen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers
in reinen Willkürrügen. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die
Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler
beruhen. Dabei genügt es nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich
in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst,
wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 132 III 209 E. 2.1; 127 I
38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen).

1.3 Der Beschwerdeführer macht vorab geltend, die Annahme des Obergerichts sei
willkürlich, die Aussage des A.________, es sei "Geld geflossen", bedeute nicht
zwingend, dass er das Darlehen in bar ausbezahlt habe, sondern er könne damit
auch gemeint haben, dem Beschwerdeführer einen Teil des Kaufpreises mittels
eines (simulierten) Darlehens gestundet zu haben.

Es mag durchaus sein, dass A.________ am 4. März 2004 gegenüber Rechtsanwalt
Girguis und der Treuhänderin des Beschwerdeführers nicht offen legen wollte,
dass der Darlehensvertrag simuliert war. Möglicherweise wollte er der
Treuhänderin den von dieser offenbar als überrissen eingestuften Kaufpreis von
475'000 Franken nicht nennen (wie die erste Instanz annahm, Urteil des
Bezirksgerichts Meilen vom 30. Oktober 2007, S. 15 ff.), oder er zog es aus
anderen Gründen vor, die wahre Natur des simulierten Darlehensvertrags als
Kaufpreisstundung an dieser Sitzung nicht preiszugeben. Dies lässt indessen
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keineswegs zwingend darauf
schliessen, dass es keinen Darlehensvertrag gab.

1.4 Das Obergericht ist zu Recht davon ausgegegangen, dass die damalige
Sekretärin von A.________, D.________, und dessen Treuhänder E.________, nicht
bestätigten, dass der Beschwerdeführer den Darlehensvertrag unterzeichnete,
geschweige denn, dass er dies bewusst tat. Es ist indessen ohne weiteres
haltbar, dass es die beiden Aussagen als Indizien für einen tatsächlich
erfolgten Darlehensvertragsabschluss wertete. Die Zeugin D.________ schildert
die Ausfertigung und den Ausdruck des Vertragswerks, und der Zeuge E.________
dessen Entstehungsgeschichte und Hintergrund detailreich. Die Darstellungen
wirken insbesondere wegen origineller Einzelheiten glaubhaft, etwa indem sie
darlegten, sie hätten gegenüber Frau C.________ nicht erwähnen dürfen, dass der
Kauf- und der Darlehensvertrag bereits unterzeichnet worden waren.

1.5 Von einem Geschäftspartner völlig unerwartet mit einer auf einen nicht
existierenden Darlehensvertrag gestützten Geldforderung über 150'000 Franken
konfrontiert zu werden, ist offensichtlich ein ebenso ungewöhnliches wie
einschneidendes Ereignis, weshalb zu erwarten wäre, dass der Betroffene einen
derartigen Vorfall zuverlässig wiedergeben könnte. Der Umstand, dass der
Beschwerdeführer zwei verschiedene Versionen vorbrachte, wann und wie er mit
der Darlehensforderung konfrontiert worden sei, vermag die Glaubhaftigkeit
seiner Vorbringen daher durchaus zu erschüttern, die entsprechende
Schlussfolgerung des Obergerichts ist ohne weiteres haltbar. Dass er zudem
seine Treuhänderin mit der Vorbereitung des Geschäfts beauftragte, dieses dann
aber ohne deren Wissen allein abschloss, wäre zudem eine mögliche Erklärung für
das ungewöhnliche Vorgehen, einen Teil des Kaufpreises mit einem simulierten
Darlehen zu stunden, anstatt die Zahlungsmodalitäten - einfacher - im
Kaufvertrag selber zu regeln.

1.6 Die Beweislage ergibt somit zusammenfassend folgendes Bild: Nach dem
Schriftgutachten der Kantonspolizei Zürich ist die Unterschrift des
Beschwerdeführers mit hoher Wahrscheinlichkeit echt, und es deuten keine
Hinweise darauf hin, dass dieser den Vertrag irrtümlich unterzeichnet haben
könnte. Der Beschwerdeführer hat vielmehr nach seinen eigenen Angaben bei
dieser Gelegenheit am Paul A.________26. September 2003 ausser dem Kaufvertrag
keine weiteren Dokumente unterzeichnet. A.________ liefert für den Abschluss
des (simulierten) Darlehensvertrages eine plausible Erklärung, und seine
Sekretärin und sein Treuhänder bestätigen, dass er einen solchen vorbereiten
liess. Die Darstellung des Beschwerdeführers erscheinen dem Obergericht dagegen
wenig überzeugend, insbesondere weil er zwei verschiedene Versionen darüber
vorgebracht hat, wie und wann er erstmals mit der Darlehensforderung
konfrontiert worden sei, und weil sie nicht durch Indizien gestützt wird. Die
obergerichtliche Schlussfolgerung, dass der Beschwerdeführer den
Darlehensvertrag bewusst unterzeichnete und in der Folge A.________ wider
besseren Wissens beschuldigte, seine Unterschrift gefälscht zu haben, ist ohne
weiteres vertretbar. Es kann auf die sorgfältige Beweiswürdigung im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden.

2.
Die Beschwerde ist daher vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Strafsachen wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Januar 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Störi