Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.690/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_690/2008/sst

Urteil vom 9. Februar 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiber Näf.

Parteien
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt André Schlatter,

Gegenstand
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die
gewerbsmässigen Wetten (Art. 38 Abs. 1 LG), Begriff der Tombola (Art. 2 LG)

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 20.
Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
X.________ führte am 22. April 2006, am 7. Mai 2006 und am 27. Mai 2006 .in
einem Hotel unter dem Namen "X.________'s Super Lotto" Lotto-Veranstaltungen
durch. Er kündigte diese jeweils mittels Flyer an. Darauf gab er eine
Mobiltelefon- und eine Festnetznummer an, über welche Reservationen für die
Teilnahme vorgenommen werden konnten. Im Übrigen war dem Flyer bloss zu
entnehmen, dass "X.________'s Lotto-Team und Vereine" viel Glück wünschten.
An der Veranstaltung vom 27. Mai 2006 waren zwei Polizeibeamte in Zivilkleidung
anwesend, da der Verdacht auf Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz betreffend
die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten bestand.
An dieser Veranstaltung erhielten die rund 50 Gäste ohne weiteres Einlass. Als
Mindesteinsatz mussten obligatorisch 6 Lottokarten zum Preis von insgesamt Fr.
50.-- gekauft werden. Zu Beginn gab X.________ bekannt, dass die Veranstaltung
im Auftrag des Vereins A.________ durchgeführt werde und Sachpreise sowie
Gutscheine im Gesamtwert von Fr. 6'500.-- zu gewinnen seien. Danach begann das
Spiel. Wann immer ein Spieler eine Linie mit gezogenen Zahlen gefüllt und
"Lotto" gerufen hatte, kontrollierte die Ehefrau von X.________ die
Gewinnanmeldung des jeweiligen Spielers. Während dieser Zeit konnten
Zusatzkarten (Superkarten) zum Preis von Fr. 40.-- für 3 Stück gekauft werden.
Nach rund 30 Minuten wurde die Veranstaltung von den Polizeibeamten gestützt
auf eine Anordnung des Untersuchungsrichters abgebrochen.

B.
B.a Mit Entscheid vom 8. Juni/24. Juli 2007 verurteilte die Bezirksgerichtliche
Kommission Bischofszell X.________ wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das
Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (Art. 38
LG) zu einer Busse von 2'000 Franken. Die sichergestellten Warengutscheine im
Nominalwert von Fr. 120.-- wurden eingezogen. X.________ wurde zudem unter
Verrechnung mit dem aus der Lottokasse sichergestellten Bargeldbetrag von Fr.
1'495.70 zur Bezahlung der Verfahrenskosten von Fr. 3'650.-- verpflichtet.
B.b Mit Urteil vom 20. Dezember 2007 sprach das Obergericht des Kantons Thurgau
X.________ in Gutheissung von dessen Berufung vom Vorwurf der mehrfachen
Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz frei. Es ordnete an, dass die
sichergestellten Warengutscheine im Nominalwert von Fr. 120.-- und der
sichergestellte Bargeldbetrag von Fr. 1'495.70 X.________ herauszugeben seien.

C.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau führt Beschwerde in Strafsachen mit
dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 20. Dezember
2007 sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt unter Hinweis auf den
angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. X.________ stellt in
seiner Vernehmlassung den Antrag, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Nach dem Bundesgesetz vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die
gewerbsmässigen Wetten (Lotteriegesetz, LG; SR 935.51) sind die Lotterien
verboten (Art. 1 Abs. 1 LG). Als Lotterie gilt jede Veranstaltung, bei der
gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes ein
vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen
Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder
Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird
(Art. 1 Abs. 2 LG). Das Lotteriegesetz regelt in Art. 2 LG eine "Beschränkung
des Lotterieverbots" und in Art. 3 LG "Ausnahmen vom Lotterieverbot". Das
Lotterieverbot erstreckt sich gemäss Art. 2 Abs. 1 LG nicht auf Lotterien, die
bei einem Unterhaltungsanlass veranstaltet werden, deren Gewinne nicht in
Geldbeträgen bestehen und bei denen die Ausgabe der Lose, die Losziehung und
die Ausrichtung der Gewinne im unmittelbaren Zusammenhang mit dem
Unterhaltungsanlass erfolgen (Tombola). Diese Lotterien unterstehen nach Art. 2
Abs. 2 LG ausschliesslich dem kantonalen Recht und können von ihm zugelassen,
beschränkt oder untersagt werden. Vom Lotterieverbot ausgenommen sind gemäss
Art. 3 LG die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterien.
Diese können nach Art. 5 Abs. 1 LG für das Gebiet des Ausgabekantons von der
zuständigen Behörde bewilligt werden.
Die inkriminierten Veranstaltungen dienten unstreitig nicht gemeinnützigen oder
wohltätigen Zwecken. Umstritten ist, ob sie als Tombolas im Sinne von Art. 2
Abs. 1 LG zu qualifizieren sind und somit gemäss Art. 2 Abs. 2 LG
ausschliesslich dem kantonalen Recht unterstehen.

1.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann eine Lotto-Veranstaltung
auch eine Tombola sein, wenn sie nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 1 LG "bei einem
Unterhaltungsanlass" ("à l'occasion d'une réunion récréative"; "in occasione di
trattenimenti ricreativi") und somit als Teil eines derartigen Anlasses
durchgeführt wird, sondern als solche selbst der Unterhaltungsanlass ist. Zudem
schliesst nach der Rechtsprechung die Mitwirkung eines berufsmässigen Lottiers
an der Durchführung der Veranstaltung deren Qualifikation als Tombola nicht aus
(BGE 106 IV 150 E. 3a). Gemäss dem zitierten Entscheid liegen die massgebenden
Abgrenzungskriterien im Zweck der Veranstaltung und in der Person des
Veranstalters. Bundesrechtlich zulässige Tombolas im Sinne von Art. 2 LG sind
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Veranstaltungen, die von einem
Verein oder einer vergleichbaren Organisation als Unterhaltungsanlass des
Vereins oder als Bestandteil eines solchen Anlasses durchgeführt werden, und
sei es auch vor allem zur Beschaffung von Mitteln für die Finanzierung des
Vereinszwecks. Durch dieses Erfordernis betreffend die Person des Veranstalters
wird entsprechend den Zielsetzungen des eidgenössischen Lotteriegesetzes,
welches das Lotteriewesen in geordnete Bahnen lenken und Auswüchse bekämpfen
will, verhindert, dass Personen oder Organisationen ohne besonderen Anlass
ausschliesslich zum Zwecke des Gelderwerbs, d.h. aus blossem Gewinnstreben,
ohne Verfolgung eines darüber hinausgehenden Vereinszwecks, berufs-
beziehungsweise gewerbsmässig Lotterien veranstalten. Eine Lotterie fällt
demnach unter das bundesrechtliche Lotterieverbot, wenn der erhoffte Reinertrag
für den Veranstalter Selbstzweck und nicht Mittel zur Finanzierung eines in den
Satzungen eines Vereins etc. festgelegten bestimmten Zwecks ist (BGE 106 IV 150
E. 3a).

1.2 Die Vorinstanz kann dieser vom Bundesgericht in BGE 106 IV 150 E. 3a
vertretenen Auffassung nicht folgen, soweit darin die Abgrenzung zwischen den
(grundsätzlich) verbotenen Lotterien nach Art. 1 LG und den gemäss Art. 2 LG
allenfalls kantonal geregelten Veranstaltungen von der Person des Veranstalters
abhängig gemacht wird. Anhaltspunkte für eine solche Auffassung lassen sich
nach der Ansicht der Vorinstanz weder dem Wortlaut von Art. 2 LG noch den
Gesetzesmaterialien entnehmen. Nach dem Wortlaut sei massgebend, dass die in
Aussicht gestellten Gewinne nicht in Geldbeträgen bestehen und die Ausgabe der
Lose, die Losziehung und die Ausrichtung der Gewinne im unmittelbaren
Zusammenhang mit dem Unterhaltungsanlass erfolgen. Dass ein solcher
Unterhaltungsanlass nur von einem Verein veranstaltet werden dürfe, sei dem
Wortlaut von Art. 2 LG nicht zu entnehmen. Eine solche Einschränkung des
Anwendungsbereichs von Art. 2 LG ergebe sich auch nicht aus den
Gesetzesmaterialien. Die Vorinstanz führt dazu unter Hinweis auf die Botschaft
zum bundesrätlichen Entwurf (BBl 1918 IV 333 ff.) und auf die Voten der
Berichterstatter im Ständerat und im Nationalrat (AB 1921 S 23 ff. 36, 38; AB
1922 N 862) aus, gewisse Veranstaltungen seien deshalb vom Geltungsbereich des
eidgenössischen Lotteriegesetzes ausgenommen und der Regelung durch das
kantonale Recht unterstellt worden, weil das Lotto-Spiel anlässlich eines
Unterhaltungsabends vom Gesetzgeber als harmlos eingestuft worden sei.
Bezogen auf den konkreten Fall hält die Vorinstanz fest, dass die in Aussicht
gestellten Gewinne in Waren bestanden. Die Abgabe der Lose, die Durchführung
des Spiels und die Verteilung der Gewinne seien im Rahmen der jeweiligen
Veranstaltungen erfolgt, bei welchen den Teilnehmern zudem noch eine
Gratisportion heisser Schinken mit Kartoffelsalat serviert worden sei. Der
Mindesteinsatz habe Fr. 50.-- betragen, womit an 6 Spielen habe teilgenommen
werden können. Für den Kauf von 28 Karten habe ein Spieler Fr. 180.-- bezahlen
müssen. Die Einsätze hätten somit Beträgen entsprochen, die problemlos auch
ohne Lotto für andere Vergnügungen im Verlauf eines Abends ausgegeben werden
können und wovor der Gesetzgeber den Bürger auch nicht schütze. Die
inkriminierten Veranstaltungen seien deshalb als Tombolas im Sinne von Art. 2
LG zu qualifizieren und fielen somit nicht unter den Geltungsbereich des
eidgenössischen Lotteriegesetzes, weshalb eine Bestrafung nach Art. 38 LG nicht
in Frage komme. Ob es sich anders verhielte, wenn der Beschwerdegegner die
Veranstaltungen gewerbsmässig durchgeführt hätte, liess die Vorinstanz offen,
da ein genügender Nachweis dafür fehle, dass der Beschwerdegegner überhaupt
einen Gewinn erzielt habe.

1.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die inkriminierten Veranstaltungen
seien in Anbetracht der vom Bundesgericht in BGE 106 IV 150 festgelegten
Kriterien keine Tombolas gemäss Art. 2 LG, sondern bundesrechtlich verbotene
Lotterien im Sinne von Art. 1 LG. Zwar habe der Beschwerdegegner in den
polizeilichen und untersuchungsrichterlichen Einvernahmen behauptet, dass er
die Veranstaltungen vom 22. April 2006, 7. Mai 2006 und 27. Mai 2006 für den
Verein A.________ durchgeführt habe. In der Einvernahme vor der ersten Instanz
habe er aber im Widerspruch dazu ausgesagt, dass er einzig die Veranstaltung
vom 27. Mai 2006 für diesen Verein durchgeführt habe. Die beiden anderen
Veranstaltungen seien im Auftrag des Vereins B.________ erfolgt. Aus dem zum
Beweis hiefür vor der ersten Instanz eingereichten Schreiben ergebe sich
jedoch, dass angeblich alle drei Veranstaltungen für diesen Verein durchgeführt
worden seien. In Anbetracht dieser Widersprüche dränge sich der Schluss auf,
dass der Beschwerdegegner die inkriminierten Veranstaltungen in Tat und
Wahrheit nicht für irgendeinen Verein, sondern zum Selbstzweck des eigenen
Gelderwerbs durchgeführt habe.

1.4 Der Beschwerdegegner wendet ein, die inkriminierten Veranstaltungen fielen
unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG. Sie seien daher bundesrechtlich
nicht verboten und unterstünden ausschliesslich dem kantonalen Recht. Für die
Abgrenzung könne es entgegen der vom Bundesgericht in BGE 106 IV 150 E. 3a
vertretenen Auffassung nicht auf die Person des Veranstalters und den Zweck der
Veranstaltung ankommen. Anhaltspunkte für eine solche Auffassung liessen sich
gemäss den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid weder dem
Wortlaut von Art. 2 LG noch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Durch das Gesetz
sollen die Spieler geschützt werden, damit diese nicht zuviel Geld verlieren.
Dieser Schutz sei vorliegend gewährleistet gewesen, da an einem Lotto-Abend
höchstens ein Betrag von Fr. 80.-- bis 120.-- habe ausgegeben werden können. Er
habe weder gewerbsmässig noch mit Gewinnstreben gehandelt, sondern in Tat und
Wahrheit finanzielle Verluste erlitten und im Laufe der Jahre einen Grossteil
seines Pensionskassenguthabens verbraucht, um die mit der Durchführung der
Lottos verbundenen Kosten zu finanzieren. Er habe die Lottos für Vereine
durchgeführt, weil er darin eine für ihn sinnvolle Beschäftigung gesehen habe.
Selbst wenn der objektive Tatbestand erfüllt sein sollte, müsse er mangels
Vorsatzes freigesprochen werden, da er davon überzeugt gewesen sei, dass er
sich im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bewege.

2.
2.1 Im Entwurf des Bundesrates zu einem Lotteriegesetz wurde im Unterschied zu
vorgängigen Experten-Entwürfen bewusst auf eine Definition des Begriffs der
nach Art. 1 verbotenen Lotterien verzichtet. In der Botschaft wird dazu
ausgeführt, dass eine Definition zwar für die sichere und gleichmässige
Anwendung des Gesetzes von Vorteil wäre, doch sei eine Umschreibung schwierig,
wie Versuche in Entwürfen gezeigt hätten, und könnte eine Legaldefinition die
Umgehung des Gesetzes erleichtern, zumal die damit angesprochenen
Interessentenkreise bekanntlich sehr erfinderisch und oft in der Wahl ihrer
Mittel wenig skrupellos seien (Botschaft des Bundesrates, BBl 1918 IV 333 ff.,
343). Der Gesetzgeber wollte aber jedenfalls gewisse Veranstaltungen
ausdrücklich vom Anwendungsbereich des eidgenössischen Lotteriegesetzes
ausnehmen und dem kantonalen Recht unterstellen, weil sie ihm als
vergleichsweise harmlos erschienen. Der Entwurf des Bundesrates sah daher in
Art. 6 vor, dass "Verlosungen von Gegenständen, die lediglich zur Unterhaltung
in geschlossener Gesellschaft stattfinden", ausschliesslich dem kantonalen
Recht unterstehen. Zur Begründung wird in der bundesrätlichen Botschaft
ausgeführt, dass hierbei auf lokale Gepflogenheiten Rücksicht zu nehmen sei und
irgendwelche Gefährdung des öffentlichen Wohls nicht in Frage stehe (Botschaft,
a.a.O., S. 345). Ähnliche Bestimmungen hatten bereits der Experten-Entwurf von
Prof. Ernst Blumenstein von 1913 (Art. 2 Ziff. 1) und ein Gesetzesentwurf vom
15. Dezember 1916 (Art. 8) enthalten. Danach konnten Verlosungen von
Gegenständen und ähnliche Veranstaltungen, die zur Unterhaltung in
geschlossener Gesellschaft stattfinden und bei denen die Ausgabe der Lose und
das Ausspielverfahren innerhalb der nämlichen 24 Stunden erfolgen, durch das
kantonale Recht gestattet werden, und unterstanden derartige Unternehmungen
ausschliesslich dem kantonalen Recht. Dies wird im Gutachten von Prof. Ernst
Blumenstein (S. 71) damit begründet, dass hierbei die Momente, welche das
Lotterieverbot rechtfertigen, nicht oder doch in unbedeutendem Masse vorhanden
seien.
Der bundesrätliche Entwurf wurde von der vorberatenden Kommission des
Ständerates grundlegend überarbeitet (AB 1921 S 23 ff.). Ihr Entwurf enthielt
in Art. 1 Abs. 2 eine Definition des Begriffs der Lotterie. Nicht unter den
Anwendungsbereich des eidgenössischen Lotteriegesetzes fielen nach Art. 2 Abs.
1 des Entwurfs die Lotterien, die bei einem Unterhaltungsanlass veranstaltet
werden, deren Gewinne nicht in Geldbeträgen bestehen und bei denen die Ausgabe
der Lose, die Losziehung und die Ausrichtung der Gewinne im unmittelbaren
Zusammenhang mit dem Unterhaltungsanlass erfolgen. Diese Lotterien unterstanden
gemäss Art. 2 Abs. 2 des Entwurfs ausschliesslich dem kantonalen Recht und
konnten von ihm zugelassen, beschränkt oder untersagt werden (AB 1921 S 23).
Dazu führte der Berichterstatter der ständerätlichen Kommission, Andermatt,
aus, abweichend vom bundesrätlichen Entwurf werde nicht gefordert, dass die
Gesellschaft eine "geschlossene" sei, und werde auch das rein subjektive
Element, dass die Lotterie "zur Unterhaltung" der Gesellschaft dienen müsse,
fallen gelassen (a.a.O., S. 38). Gegen einen Antrag von Ständerat Hildebrand,
auch die Verlosungen bei Ausstellungen landwirtschaftlicher und gewerblicher
Art, z.B. von Kaninchenzüchtern etc., dem Geltungsbereich des kantonalen Rechts
zu unterstellen, wurde eingewandt, dass solche Lotterien wohl häufig einem
gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck dienten und daher gemäss Art. 7 des
Entwurfs von der zuständigen kantonalen Behörde für das Gebiet des Kantons
bewilligt werden könnten, worauf Ständerat Hildebrand seinen Antrag zurückzog
(a.a.O., S. 38/39). Bundesrat Häberlin wies darauf hin, Art. 2 des Entwurfs
erfasse die Unterhaltungstombolas bei einem Vergnügungsabend (a.a.O., S. 39).
Im Nationalrat führte der deutschsprachige Berichterstatter, Mächler, aus, Art.
2 habe die Bedeutung, dass das, was wir sozusagen jede Woche in grösseren
Ortschaften sehen oder lesen, nämlich die Tombola, die bei Vereinsanlässen
veranstaltet werde, nicht als Lotterie betrachtet werde, daher frei sei und
vollständig dem kantonalen Recht überlassen bleibe. Man gehe davon aus, dass
diese sich um kleine Beträge drehenden Vorgänge, die sich in Gegenwart der
Einleger und der Zieher abspielten, harmloser Art seien und wohl einen Eingriff
nicht rechtfertigten (AB 1922 N 858 ff., 862).
2.2
2.2.1 Eine "Tombola" (vom italienischen "tombolare", d.h. "hinplumpsen",
"purzeln", "hinkullern") ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine
"Verlosung von (gestifteten) Gegenständen meist anlässlich von Festen" (DUDEN,
Deutsches Universalwörterbuch), eine "Verlosung von Gegenständen (bei Festen
und Wohltätigkeitsveranstaltungen)" (WAHRIG, Deutsches Wörterbuch), mithin
entsprechend dem Wortlaut von Art. 2 LG eine Lotterie, die "bei einem
Unterhaltungsanlass veranstaltet" wird. Das Bundesgericht hat in BGE 106 IV 150
E. 3a allerdings auf dieses Erfordernis verzichtet. Zur Begründung hat es
erwogen, dass in der Praxis auch jene Lotterien als der kantonalen
Gesetzgebungshoheit unterliegend erachtet werden, die den einzigen Inhalt des
Unterhaltungsanlasses bilden (kritisch zu dieser Begründung unter Berufung auf
das kantonale Recht HANS SCHULTZ, ZBJV 118/1982 S. 42). Diese Praxis lässt sich
gemäss BGE 106 IV 150 E. 3a mit dem unklaren Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 LG
vereinbaren, dem keinerlei Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, welche
Bedeutung der Lotterie im Rahmen des Unterhaltungsanlasses zukommen dürfe und
welches Ausmass somit das übrige Programm haben müsse. An dieser Auffassung ist
festzuhalten.
2.2.2 Das Bundesgericht ist in BGE 106 IV 150 im Weiteren implizit davon
ausgegangen, dass in der Zeit der Schaffung des eidgenössischen
Lotteriegesetzes von 1923 Unterhaltungsanlässe, bei welchen Lotterien
durchgeführt wurden, in der Regel Vereinsanlässe waren. Auch in den
Gesetzesmaterialien wird in diesem Zusammenhang gelegentlich auf Vereinsanlässe
hingewiesen. Unter anderem damit lässt sich erklären, dass in BGE 106 IV 150
der Anwendungsbereich von Art. 2 LG auf Lotterien beschränkt wird, die von
einem Verein (oder einer ähnlichen Organisation) veranstaltet werden.
Mit solchen Anlässen vergleichbar sind allerdings Lotto-Veranstaltungen, die
beispielsweise bei Geburtstags- oder Hochzeitsfesten oder Betriebsfesten
durchgeführt werden und etwa der Finanzierung eines Geburtstags- oder
Hochzeitsgeschenks oder eines Betriebsausflugs dienen. Insoweit dürfte die
Beschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 2 LG auf Lotterien, die von einem
Verein oder einer - in BGE 106 IV 150 E. 3a allerdings nicht näher definierten
- ähnlichen Organisation veranstaltet werden, zu restriktiv sein. Wie es sich
damit im Einzelnen verhält, muss jedoch im vorliegenden Verfahren nicht
abschliessend entschieden werden, da die inkriminierten Veranstaltungen nichts
mit einem Geburtstags-, Hochzeits- oder Betriebsfest oder ähnlichem zu tun
hatten.
2.3
2.3.1 Die teleologische und die historische Auslegung von Art. 2 LG führen zum
Ergebnis, dass diese Bestimmung Lotto-Veranstaltungen erfasst, die zur Zeit der
Schaffung des Lotteriegesetzes von 1923 bei Unterhaltungsanlässen namentlich
von Vereinen durchgeführt und bei denen gegen Leistung von vergleichsweise
kleinen Einsätzen Gewinne in Form von Waren in Aussicht gestellt wurden. Solche
Veranstaltungen, die damals in verschiedenen Kantonen verbreitet waren, wurden
vom eidgenössischen Gesetzgeber als vergleichsweise harmlos eingestuft und aus
diesem Grunde nicht dem bundesrechtlichen Lotterieverbot unterstellt, sondern
der Regelung durch das kantonale Recht überlassen.
2.3.2 Lotterien, die von natürlichen oder juristischen Personen ohne besonderen
Anlass, allein zum Zweck des eigenen Gelderwerbs veranstaltet werden, fallen
nicht unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG. Es ist davon auszugehen, dass
sowohl die Anzahl der Lotto-Veranstaltungen als auch deren Dimensionen etwa in
Bezug auf die Höhe der Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne deutlich
zunehmen würden, wenn Lotto-Veranstaltungen von natürlichen oder juristischen
Personen ohne besonderen Anlass und zum eigenen Gelderwerb veranstaltet werden
könnten. Dies aber läuft dem Sinn und Zweck des eidgenössischen
Lotteriegesetzes zuwider, das Lotteriewesen in geordnete Bahnen zu lenken und
Auswüchse zu bekämpfen. Derartige Lotto-Veranstaltungen können nicht mehr als
harmlose Unternehmungen angesehen werden, deren Regelung der eidgenössische
Gesetzgeber den Kantonen überlassen will.
2.3.3 Somit ist in Bestätigung der Rechtsprechung daran festzuhalten, dass
Lotto-Veranstaltungen, die von natürlichen oder juristischen Personen ohne
besonderen Anlass, allein zum Zwecke des Gelderwerbs durchgeführt werden, nicht
unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG fallen und daher gemäss Art. 1 LG
bundesrechtlich verboten sind. Art. 2 LG erfasst zur Hauptsache, entsprechend
der in BGE 106 IV 150 vertretenen Auffassung, Lotto-Veranstaltungen, die von
Vereinen als gelegentliche Unterhaltungsanlässe zur Finanzierung von
Vereinszwecken durchgeführt werden, darüber hinaus allenfalls
Lotto-Veranstaltungen im Zusammenhang mit Familien- und Betriebsfesten und
ähnlichem.
2.3.4 Präzisierend ist dazu Folgendes festzuhalten. Das Erfordernis, dass ein
Verein Veranstalter sein muss, bedeutet, dass der Reinertrag dem Verein
zustehen und dieser auch das Verlustrisiko tragen muss. In der Veranstaltung
und in der allfälligen Werbung hierfür muss erkennbar sein, von welchem
konkreten Verein die Lotterie veranstaltet wird. Dem Verein ist es allerdings
unbenommen, zur Organisation und Durchführung der Lotterie einen Dritten als
Fachmann beizuziehen, der für seine Tätigkeit vom Verein entschädigt wird. Die
von einem Verein veranstaltete Lotterie fällt auch dann noch unter den
Anwendungsbereich von Art. 2 LG und damit unter den Geltungsbereich des
kantonalen Rechts, wenn der beigezogene Dritte gewerbs- beziehungsweise
berufsmässig solche Lotterien für Vereine organisiert. Es bestimmt sich allein
nach dem gestützt auf Art. 2 LG allenfalls erlassenen kantonalen Recht, ob im
Falle des Beizugs eines gewerbsmässigen Lottiers die Veranstaltung unzulässig
oder die hiefür erforderliche Bewilligung zu verweigern ist (siehe etwa Art.
12ter Abs. 1 lit. b der sankt-gallischen Vollzugsverordung vom 17. Februar 1951
zur Gesetzgebung über die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten; § 5 Abs. 1
lit. a der aargauischen Verordnung vom 27. September 1976 über Lotterien und
gewerbsmässige Wetten, dazu BGE 103 Ia 360 E. 2). Die von einem Verein oder
einer ähnlichen Organisation veranstaltete Lotterie fällt ferner auch dann
unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG, wenn an der Veranstaltung auch
beliebige Dritte als Spieler teilnehmen können, die weder zum Verein noch zu
dessen Mitgliedern in einer Beziehung stehen.
2.4
2.4.1 Der Beschwerdegegner führte gemäss seinen Behauptungen im kantonalen
Verfahren die inkriminierten Lotto-Veranstaltungen im Auftrag von Vereinen
durch, nämlich des Vereins A.________ beziehungsweise des Vereins B.________.
Die Vorinstanz hat sich mit der Frage, ob diese Behauptung zutrifft, nicht
befasst, da sie dies als rechtlich unerheblich erachtet hat. Die
Beschwerdeführerin macht wie bereits im kantonalen Verfahren geltend, die
Behauptung des Beschwerdegegners, er habe die inkriminierten Veranstaltungen im
Auftrag dieses beziehungsweise jenes Vereins durchgeführt, sei unglaubhaft. Die
Vorinstanz wird im neuen Verfahren prüfen, wie es sich damit verhält.
2.4.2 Sollte sich ergeben, dass die inkriminierten Lottos nicht von Vereinen
veranstaltet wurden oder dass in der Veranstaltung oder in der Werbung hierfür
nicht erkennbar war, welche konkreten Vereine die Veranstalter waren, fallen
die Lottos unter das bundesrechtliche Lotterieverbot gemäss Art. 1 LG und kommt
daher eine Bestrafung des Beschwerdegegners wegen Durchführung (Art. 4 LG)
einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie gemäss Art. 38 Abs. 1 LG in
Betracht. Dies gilt auch, wenn der Beschwerdegegner, worauf einzelne
Aktenstücke hindeuten, allenfalls "Sponsor" des Vereins B.________ war und in
dieser Eigenschaft den Verein - möglicherweise aus Erträgen aus den von ihm
durchgeführten Lotto-Veranstaltungen - finanziell unterstützte.
2.4.3 Sollte sich hingegen ergeben, dass die inkriminierten Lottos von Vereinen
veranstaltet wurden und in den Veranstaltungen sowie in der Werbung hierfür
erkennbar war, welche konkreten Vereine die Veranstalter waren, fallen sie
gemäss Art. 2 LG unter den Anwendungsbereich des kantonalen Rechts. Ob die nach
dem massgebenden kantonalen Recht unzulässige Durchführung einer Lotterie
strafbar ist, bestimmt sich ebenfalls nach dem kantonalen Recht. Art. 38 LG ist
nicht anwendbar, da diese Bestimmung allein die Ausgabe oder Durchführung einer
"durch dieses Gesetz" verbotenen Lotterie unter Strafe stellt. Die Kompetenz
der Kantone zum Erlass von Strafbestimmungen betreffend die unzulässige
Durchführung von Lotterien, die unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG
fallen, ergibt sich aus Art. 335 StGB.

3.
3.1 Gemäss den Ausführungen der Vorinstanz enthielt das Vergnügungssteuergesetz
des Kantons Thurgau von 1935 Bestimmungen, welche im Zusammenhang mit einer
steuerpflichtigen Veranstaltung die Durchführung einer Tombola gemäss Art. 2 LG
zuliessen. Das Vergnügungssteuergesetz sei jedoch auf den 1. Januar 1985
aufgehoben worden. Damit seien auch die Bestimmungen betreffend die
Zulässigkeit von Tombolas aufgehoben worden, was der Gesetzgeber offenbar nicht
beachtet habe. Das Lotteriegesetz des Kantons Thurgau vom 18. Oktober 1938 und
die gestützt darauf erlassenen kantonalen Verordnungen befassen sich gemäss den
weiteren Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht mit den Veranstaltungen
gemäss Art. 2 LG, sondern lediglich mit den gemeinnützigen oder wohltätigen
Zwecken dienenden Lotterien im Sinne von Art. 3 in Verbindung mit Art. 5 ff.
LG, und sie enthalten darüber hinaus kein allgemeines Lotterieverbot. Die
Vorinstanz zieht daraus den Schluss, dass im Kanton Thurgau keine genügende
gesetzliche Grundlage für ein Verbot oder eine Bewilligungspflicht von
Lotterien besteht, die unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG fallen.
Ob diese Auslegung des kantonalen Rechts durch die Vorinstanz zutrifft, ist
mangels diesbezüglicher Rügen der Beschwerdeführerin nicht zu prüfen. Das
Bundesgericht prüft gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG die Verletzung von kantonalem
Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet wird.

3.2 Dass die unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG fallenden Lotterien im
Recht des Kantons Thurgau nicht geregelt und somit weder zugelassen noch
untersagt oder beschränkt werden, hat entgegen einer Andeutung in der
Beschwerde nicht zur Folge, dass die Durchführung solcher Lotterien im Kanton
Thurgau bundesrechtlich nach Art. 1 LG verboten und gemäss Art. 38 Abs. 1 LG
strafbar ist. Die Lotterien im Sinne von Art. 2 Abs. 1 LG fallen auch dann
nicht unter das bundesrechtliche Lotterieverbot, wenn sie im kantonalen Recht,
dem sie gemäss Art. 2 Abs. 2 LG ausschliesslich unterstehen, überhaupt nicht
geregelt und somit weder zugelassen noch verboten oder beschränkt werden.

4.
Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Sache zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die
Bundesgerichtskosten in reduziertem Umfang zu tragen und hat ihm der Kanton
Thurgau für das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Entschädigung zu
zahlen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Thurgau vom 20. Dezember 2007 aufgehoben und die Sache zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdegegner mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau sowie
dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Näf