Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.689/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_689/2008 /hum

Urteil vom 26. Dezember 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Favre,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
Y.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Regula Mullis Tönz,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 26. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Zürich befand Y.________ am 26. Juni 2008
zweitinstanzlich der Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) schuldig und
verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à Fr. 30.--, unter
Aufschub des Vollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse
von Fr. 1'500.--.

B.
Y.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Juni 2008 sei aufzuheben, und er sei
von Schuld und Strafe freizusprechen. Des Weiteren ersucht Y.________
sinngemäss um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und als Folge
daraus eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung. Im Ergebnis
verletze das angefochtene Urteil den aus der Unschuldsvermutung abgeleiteten
Grundsatz "in dubio pro reo".

1.2 Die Vorinstanz geht gestützt auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft
Limmattal/Albis vom 9. März 2007 von folgendem Sachverhalt aus (angefochtenes
Urteil S. 6):

Der Beschwerdeführer war vom 1. August 2001 bis zum 14. Februar 2006 als so
genannter Programmleiter im Atelier P.________ in D.________ angestellt. Das
Atelier P.________ ist ein Beschäftigungsprogramm für erwerbslose Personen.
Trägerorganisation ist der Schweizerische Verband V.________ mit Sitz in
B.________. Das Atelier P.________ befasst sich insbesondere mit dem
Aussortieren von Textilien, welche aus Sammlungen stammen, die von der Firma
F.________ durchgeführt werden. Gemäss dem im März 2004 erteilten
Sortierauftrag der Firma F.________ hatte das Atelier P.________ die
vertragliche Verpflichtung, die angelieferten Textilien nach gewissen Kriterien
zu sortieren, wobei es schmutzige oder kaputte Textilien ausscheiden und der
Entsorgung zuführen durfte.

Im März oder April 2004 begann die Atelierleiterin X.________ im Auftrag des
Beschwerdeführers als ihrem Vorgesetzten, von der Firma F.________ angelieferte
Textilien günstig an Teilnehmende des Beschäftigungsprogramms zu verkaufen. Die
Preise für die einzelnen Kleiderartikel wurden vom Beschwerdeführer
festgesetzt, worauf X.________ auf dem Computer eine Preisliste erstellte. Sie
übergab die eingenommenen Geldbeträge in der Regel einmal pro Tag dem
Beschwerdeführer, ohne dass dieser die Einnahmen quittierte und verbuchte. Mit
den Geldern tätigte er Anschaffungen fürs Atelier P.________ (Computer,
Drucker, Beamer). Diese internen Kleiderverkäufe dauerten bis zum 13. Februar
2006, wobei sich der Erlös auf mindestens Fr. 17'170.-- belief.

1.3 Die Vorinstanz hat erwogen, die den Beschwerdeführer belastenden Aussagen
von X.________ seien konstant und widerspruchsfrei und stimmten mit ihren
Tagebuchaufzeichnungen überein. Die Schilderungen von X.________ seien daher
als glaubhaft einzustufen, zumal sie sich hierdurch selbst belastet habe und
ihre Angaben bezüglich der Höhe und der Frequenz des inkriminierten Geldflusses
auch durch die Aussagen einer weiteren Zeugin bestätigt würden. Demgegenüber
sei es nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer als Hauptverantwortlicher des
Ateliers P.________, welcher ein- bis zweimal wöchentlich im Atelier
vorbeigeschaut habe, nichts von den internen Kleiderverkäufen gewusst habe,
obwohl diese während fast zwei Jahren mehrmals wöchentlich stattgefunden
hätten, den übrigen Mitarbeitenden und Teilnehmenden des Ateliers
offensichtlich bestens bekannt gewesen und die hieraus erzielten Erlöse an ihn
geflossen seien. Zudem habe der Beschwerdeführer über eine Kopie des Vertrags
seines Arbeitgebers mit der Firma F.________ verfügt, weshalb er folglich über
den Auftragsrahmen und die Eigentumsverhältnisse an den Kleidern Bescheid
gewusst habe. Des Weiteren seien früher, d.h. vor den Lieferungen der Firma
F.________, die aus den Eigensammlungen vorgenommenen Personalverkäufe
quittiert, aufgelistet und gegenüber der Vereinszentrale abgerechnet worden.
Wenn nun aber der Beschwerdeführer während beinahe zwei Jahren mehrmals
wöchentlich die Einnahmen aus den internen Verkäufen entgegengenommen habe,
ohne diese zu verbuchen, geschweige denn seinem Arbeitgeber mitzuteilen, so
deute dies darauf hin, dass er sich der Widerrechtlichkeit seines Vorgehens
bewusst gewesen sei. Ausgehend von den gestützt auf ihre Tagebucheintragungen
gemachten Angaben von X.________ sei in Übereinstimmung mit der Vorinstanz auf
einen Gesamtdeliktsbetrag von mindestens Fr. 17'170.-- zu schliessen
(angefochtenes Urteil S. 9-15).

1.4 Was der Beschwerdeführer gegen diese Beweiswürdigung der Vorinstanz
vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür darzutun.
1.4.1 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw.
im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen). Dass das angefochtene Urteil mit der
Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung
oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (127 I 54 E. 2b mit
Hinweisen).
1.4.2 Der Beschwerdeführer wiederholt über weite Strecken einzig seine bereits
im kantonalen Verfahren erhobenen Tatsachenbehauptungen und stellt der
vorinstanzlichen Begründung lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüber,
ohne näher zu erörtern, inwiefern der Entscheid (auch) im Ergebnis
schlechterdings unhaltbar sein sollte. Seine Ausführungen erschöpfen sich
mithin insoweit in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen
Urteil und genügen den Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG
nicht (vgl. E. 1 hiervor).

Dies gilt insbesondere für seine Vorbringen, die Glaubwürdigkeit von X.________
sei nicht ausgewiesen und diese habe das Tagebuch einzig in der Absicht
geführt, dieses gegen ihn zu verwenden (Beschwerde S. 5 ff.).

Soweit auf seine Rügen überhaupt eingetreten werden kann, sind sie nicht
stichhaltig. Insbesondere konnte die Vorinstanz aufgrund der gesamten Umstände
willkürfrei den Schluss ziehen, der Beschwerdeführer habe als
Hauptverantwortlicher des Ateliers P.________ um die Dimensionen der internen
Kleiderverkäufe zum Nachteil der Firma F.________ gewusst, zumal er ein- bis
zweimal wöchentlich im Atelier vorbeigeschaut habe. Des Weiteren ist es nicht
unhaltbar, dass die Vorinstanz es basierend auf den Aussagen von X.________
sowie von deren Tagebucheintragungen und unter Berücksichtigung der Angaben
einer Zeugin als erstellt erachtet hat, dass Einnahmen im Umfang von mindestens
Fr. 17'170.-- aus den internen Verkäufen an den Beschwerdeführer geflossen
sind. Gestützt auf diese nicht zu beanstandende Beweiswürdigung konnte die
Vorinstanz daher, ohne in Willkür zu verfallen, folgern, es bestünden bei
objektiver Betrachtung keine offensichtlich erheblichen bzw. schlechterdings
nicht zu unterdrückenden Zweifel an der Schuld des Beschwerdeführers. Die
Vorinstanz hat somit zusammenfassend weder gegen Art. 9 BV verstossen noch den
aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK)
abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt.

1.5 Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör, da die Vorinstanz seine Beweisanträge um Beizug des
Personaldossiers von X.________ und um Anhörung eines Zeugen, welcher Angaben
zur Glaubwürdigkeit von X.________ hätte machen können, abgewiesen habe. Des
Weiteren habe die Vorinstanz eine Gehörsverletzung begangen, indem sie die von
ihm eingereichte Bestätigung seines Therapeuten als blosse
Glaubwürdigkeitsbekundung gewürdigt habe (Beschwerde S. 20-22).

1.6 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus
ergibt sich der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig
angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese
erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind
(BGE 129 II 396 E. 2.1). Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor,
wenn ein Gericht darauf verzichtet, beantragte Beweise abzunehmen, weil es auf
Grund der bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne
Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, seine Überzeugung
würde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 131 I 153 E. 3; 129 II
396 E. 2.1).

1.7 Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Gesichtspunkt der
allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen
Eigenschaft nach neueren Erkenntnissen kaum mehr relevante Bedeutung zu (BENDER
/NACK, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Band I, Glaubwürdigkeits- und
Beweislehre, 2. Aufl., München 1995, S. 69 ff.). Weitaus bedeutender für die
Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der
konkreten Aussage, welche durch methodische Analyse ihres Inhalts darauf
überprüft wird, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem
tatsächlichen Erleben des Zeugen entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3). Diese
Überprüfung hat die Vorinstanz vorgenommen und - ohne in Willkür zu verfallen -
die Aussagen von X.________ im Gegensatz zu jenen des Beschwerdeführers als
glaubhaft eingestuft. Demzufolge konnte die Vorinstanz ohne Verstoss gegen Art.
29 Abs. 2 BV in antizipierter Beweiswürdigung auf weitere Beweismassnahmen
verzichten, da diese mutmasslich keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn gebracht
hätten.

1.8 Auch soweit der Beschwerdeführer rügt, er habe den objektiven und
subjektiven Tatbestand der Veruntreuung nicht verwirklicht, da er keine
Kenntnis davon gehabt habe, dass X.________ die Kleiderverkäufe getätigt habe
(Beschwerde S. 23 f.), ist seiner Beschwerde nach dem Gesagten kein Erfolg
beschieden. Vielmehr hat die Vorinstanz, wie dargelegt, willkürfrei
festgestellt, dass der Beschwerdeführer über die internen Verkäufe und deren
Umfang informiert gewesen ist. Die von der Vorinstanz vor diesem Hintergrund
gezogene Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe zumindest
eventualvorsätzlich gehandelt, verletzt kein Bundesrecht.

2.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege. Da das Rechtsmittel von vornherein aussichtslos war, kann dem
Gesuch nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der
Gerichtsgebühr ist seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen (Art.
65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Dezember 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner