Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.637/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_637/2008/sst

Urteil vom 26. Dezember 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Mathys,
Gerichtsschreiberin Binz.

Parteien
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Rue de Zaehringen 1, 1700 Freiburg,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Clerc,

Gegenstand
Einfache Körperverletzung, Nötigung; Vergehen gegen das Waffengesetz,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafappellationshof,
vom 22. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Y.________ bewirtschaftete im Sommer 2004 drei Hanffelder. Am 29. September
2004 gegen 01.30 Uhr rief er X.________ an und informierte ihn, dass sich im
Hanffeld Brünisried fünf bis sechs Personen aufhielten. Zusammen mit Z.________
fuhren sie in Richtung Brünisried. Y.________ hatte sein Repetiergewehr mit
Gummigeschossen, Z.________ seine Pistole und X.________ seinen Revolver bei
sich. Unterwegs holten sie den Hanffeldbewacher A.________ ab. Danach waren sie
in zwei Fahrzeugen unterwegs, wobei Y.________ das eine und X.________ das
andere lenkte. Gegen 04.00 Uhr fuhren B.________ und C.________ in einem
Chevrolet von Brünisried in Richtung der beiden Fahrzeuge von X.________ und
Y.________. Y.________ stellte sein Fahrzeug auf die Wiese, während X.________
mit seinem Fahrzeug auf der Strasse wartete. Als der Chevrolet an Y.________
vorbeifuhr, fuhr dieser von hinten an den Chevrolet heran. Zusammen mit
Z.________ begab er sich auf die Fahrerseite, während sich X.________ und
A.________ auf die Beifahrerseite begaben. B.________ und C.________ stiegen
beide aus. In der Folge kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen
Y.________ / Z.________ und B.________ einerseits sowie X.________ / A.________
und C.________ andererseits.

B.
Das Bezirksstrafgericht Sense verurteilte Y._______ am 6. Juli 2007 zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten sowie zu einer Busse von Fr. 3'000.--
wegen einfacher Körperverletzung, Nötigung und Vergehens gegen das
Waffengesetz. Die von Y.________ dagegen erhobene Berufung hiess das
Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, mit Urteil vom 22. Juli 2008
teilweise gut. Es sprach Y.________ wegen qualifizierter einfacher
Körperverletzung und Vergehens gegen das Waffengesetz, begangen in einem
Notwehrexzess, schuldig. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von
120 Tagessätzen zu Fr. 100.-- sowie zu einer Busse von Fr. 2'000.--. Im Übrigen
sprach es ihn frei.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons
Freiburg, das Urteil des Strafappellationshofes sei aufzuheben. Y.________ sei
schuldig zu sprechen der einfachen Körperverletzung, der Nötigung sowie des
Vergehens gegen das Waffengesetz und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8
Monaten sowie zu einer Busse von Fr. 3'000.-- zu verurteilen. Eventualiter sei
die Sache an die Vorinstanz zwecks Neubeurteilung im Sinne der
bundesgerichtlichen Erwägungen zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin rügt den Freispruch vom Vorwurf der Nötigung.

1.1 Wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch
andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu
unterlassen oder zu dulden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft (Art. 181 StGB).
Die weite Umschreibung des Nötigungstatbestands hat zur Folge, dass nicht jedes
tatbestandsmässige Verhalten bei Fehlen von Rechtfertigungsgründen auch
rechtswidrig ist. Vielmehr bedarf die Rechtswidrigkeit bei Art. 181 StGB einer
zusätzlichen, besonderen Begründung. Eine Nötigung ist unrechtmässig, wenn das
Mittel oder der Zweck unerlaubt ist oder wenn das Mittel zum angestrebten Zweck
nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an
sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder
sittenwidrig ist (BGE 134 IV 216 E. 4.1 S. 218 mit Hinweisen).

1.2 Die Vorinstanz begründet den Freispruch vom Vorwurf der Nötigung mit der
fehlenden Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdegegner habe B.________ an der
Weiterfahrt gehindert, um vermeintliche Hanfdiebe zu stellen. Dieser Zweck sei
nicht unerlaubt und auch die Relation zwischen dem Mittel (in die Zange nehmen
des Chevrolets) und dem Zweck (Aufhalten bzw. Stellen von Hanfdieben) sei
verhältnismässig (angefochtenes Urteil E. 5 S. 8).

1.3 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz stelle die Vorgehensweise
des Beschwerdegegners faktisch als rechtskonforme vorläufige Festnahme im Sinne
von Art. 104 StPO FR dar. Entgegen der Darstellung der Vorinstanz habe sich der
vom Beschwerdegegner erstrebte Zweck keinesfalls darin erschöpft, vermeintliche
Hanfdiebe zu stellen. Der Beschwerdegegner habe den aus dem Fahrzeug
aussteigenden B.________ nicht nur bis zur Ankunft der Polizei festgehalten,
sondern mit einer Flinte auf ihn eingeschlagen und ihm dabei eine
Rissquetschwunde zugefügt. Die Durchsetzung der privaten Selbstjustiz sei ein
unerlaubter und rechtswidriger Zweck. In diesem Sinne habe die Vorinstanz beim
Vorwurf der einfachen Körperverletzung und des Vergehens gegen das Waffengesetz
das für die Notwehr geforderte mildeste Mittel verneint. Die Vorinstanz hätte
diesen Umstand auch bei der Nötigung berücksichtigen und den verfolgten Zweck
als rechtswidrig und unverhältnismässig werten müssen. Der Beschwerdegegner sei
deshalb der Nötigung schuldig zu sprechen.

1.4 Den Ausführungen der Vorinstanz ist zu entnehmen, dass sich die Nötigung
auf die Hinderung des Geschädigten an der Weiterfahrt bezieht. Die Vorbringen
der Beschwerdeführerin beziehen sich demgegenüber auf die zugefügte
Rissquetschwunde. Dass der Beschwerdegegner das Opfer während der Schläge
festgehalten hat, wird als blosse Begleiterscheinung der Körperverletzung
konsumiert (vgl. BGE 104 IV 170 E. 2 S. 173 mit Hinweis). Demgemäss hat die
Vorinstanz die verabreichten Schläge zutreffend als Körperverletzung und nicht
als Nötigung gewürdigt. Die Rüge erweist sich als unbegründet, womit sich die
Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Strafzumessung erübrigen.

2.
Somit ist die Beschwerde abzuweisen. Der Beschwerdeführerin sind keine
Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg,
Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Dezember 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Binz