Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.634/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_634/2008/sst

Urteil vom 23. Oktober 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Thommen.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Betrug (Art. 146 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer,
vom 19. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 19. Februar 2008 sprach das Obergericht des Kantons Luzern den
Beschwerdeführer in zweiter Instanz schuldig des mehrfachen Betrugs nach Art.
146 Abs. 1 StGB und der Unterlassung der Buchführung nach Art. 166 StGB,
teilweise in Verbindung mit Art. 102 StGB. Der einschlägig vorbestrafte
Beschwerdeführer (angefochtenes Urteil S. 32) wurde bestraft mit 2 Jahren und 5
Monaten Freiheitsstrafe.

B.
Dagegen richtet sich die Beschwerde in Strafsachen. Der Beschwerdeführer
beantragt im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

C.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 146 StGB. Seine Handlungen
im Zusammenhang mit den drei Darlehen erfüllten verschiedene
Tatbestandselemente des Betrugs (insb. Täuschung und Motivationszusammenhang)
nicht.

1.1 Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Im März 2000
gründete der Beschwerdeführer die H.________ & Partner GmbH, deren faktischer
Geschäftsführer er bis zur Konkurseröffnung am 21. September 2005 blieb. Im
Frühjahr 2002 wurde er von F.B.________ zwecks Erledigung der Steuererklärung
kontaktiert. Am 2. Mai 2002 wurde zwischen der H.________ & Partner GmbH und
F.B.________ ein Darlehensvertrag über Fr. 50'000.-- abgeschlossen. Die
Darlehenssumme war bereits am 15. April 2002 auf ein Konto der H.________ &
Partner GmbH überwiesen worden. Der Beschwerdeführer tätigte mit einem Teil des
Darlehens verlustreiche Börsengeschäfte. Mit dem Rest beglich er Rechnungen der
Gesellschaft. Zu einer Rückerstattung des dargeliehenen Betrags kam es nie.
Der Beschwerdeführer betreute ab 2001 M.F.________ und deren Ehemann als
Steuerberater. Nach dem Tod ihres Ehemanns wurden M.F.________
Pensionskassengelder in der Höhe von Fr. 264'000.-- ausbezahlt. Am 9. Oktober
2002 gewährte sie dem Beschwerdeführer ein Darlehen über Fr. 45'000.--. Dieser
überwies einen Teil davon auf ein Börsenkonto (Swissquote), das auf den Namen
seiner Ehefrau lautete. Das ausgeliehene Geld verwendete der Beschwerdeführer
für die Bezahlung von Sozialversicherungsrechnungen, der Miete und des eigenen
Lohns. M.F.________ forderte vergeblich die Rückerstattung des Darlehens.
Der Beschwerdeführer war auch für die betagte M.R.________ als Steuerberater
tätig. Am 20. Februar 2004 gewährte diese der H.________ & Partner GmbH ein
Darlehen über Fr. 100'000.--. Vom Darlehensbetrag kaufte der Beschwerdeführer
seiner Ehefrau einen Opel Astra für Fr. 15'000.--. Der Restbetrag wurde im
Rahmen der Strafuntersuchung gesperrt und sichergestellt.

1.2 Des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer in
der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch
Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in
einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten
bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt.
Beim Kreditbetrug täuscht der Borger beim Abschluss des Darlehensvertrages über
seine Rückzahlungsfähigkeit bzw. seinen Rückzahlungswillen. Nach der
Rechtsprechung ist die Vorspiegelung des Leistungswillens grundsätzlich
arglistig im Sinne von Art. 146 StGB, weil sie eine innere Tatsache betrifft,
die vom Vertragspartner ihrem Wesen nach nicht direkt überprüft werden kann.
Das gilt jedoch nicht ohne weiteres, wenn die Behauptung des Erfüllungswillens
mittels Nachforschungen über die Erfüllungsfähigkeit überprüfbar ist. Soweit
nämlich die Überprüfung der Leistungsfähigkeit möglich und zumutbar ist und
sich aus jener ergibt, dass der andere zur Erfüllung klarerweise nicht fähig
ist, scheidet Arglist aus. Denn wer zur Erfüllung ganz offensichtlich nicht
fähig ist, kann auch keinen ernsthaften Erfüllungswillen haben (BGE 118 IV 359
E. 2 S. 361 mit Hinweisen).
Die arglistige Täuschung muss einen Irrtum bewirken, der den Getäuschten zu
einer Vermögensverfügung veranlasst. Damit wird ein ursächliches Bindeglied
zwischen Irrtum und Vermögensverfügung hergestellt (sog.
Motivationszusammenhang; vgl. BGE 126 IV 113 E. 3a; Gunther Arzt, Basler
Kommentar StGB II, 2. Auflage, Basel 2007, Art. 146 N 72, 77). Der Betroffene
muss zufolge des irreführenden Verhaltens und seines Irrtums zur
Vermögensverfügung motiviert worden sein. Wäre der Getäuschte selbst in
Kenntnis des wahren Sachverhalts bereit gewesen, die Vermögensleistung zu
erbringen, liegt vollendeter Betrugsversuch vor (Andreas Donatsch, Strafrecht
III, 9. Aufl., Zürich 2008, S. 209).

1.3 Die Verurteilung wegen mehrfachen Betrugs verletzt kein Bundesrecht.
Nach eigenen Angaben war der Beschwerdeführer resp. seine Gesellschaft zur Zeit
der Darlehensgewährung im Fall F.B.________ bereits in einer prekären
finanziellen Situation. Er brauchte die geborgten Gelder zur finanziellen
Überbrückung der Gesellschaft, da die Gläubiger begannen, ihre Ausstände
einzufordern. Nach vorinstanzlicher Feststellung hatte der Beschwerdeführer
nicht einmal Mittel, welche die versprochenen Darlehenszinsen garantiert hätten
(angefochtenes Urteil S. 12). Andererseits war die finanzielle Schieflage für
den Darlehensgläubiger F.B.________ im damaligen Zeitpunkt weder erkennbar noch
überprüfbar. Der Betreibungsregisterauszug war leer und eine
Revisionsgesellschaft bestand nicht. In Bezug auf die Darleiherinnen geht die
Vorinstanz zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer deren Hilflosigkeit
gezielt ausnutzte. M.F.________ war nach dem Tod ihres Ehemanns in ein "tiefes
Loch" gefallen und wurde auch vom Beschwerdeführer als "depressive Person"
wahrgenommen. M.R.________ war im Darlehenszeitpunkt bereits hoch betagt und
erkennbar verwirrt. Vor diesem Hintergrund ist der vorinstanzliche Schluss von
der fehlenden Rückzahlungsfähigkeit auf die Rückzahlungsunwilligkeit nicht zu
beanstanden. Daran vermögen weder der Abschluss eines schriftlichen
Darlehensvertrags noch die angebliche Absicht, die Gelder gewinnbringend
anzulegen (Beschwerde S. 6 f.), etwas zu ändern. Eine arglistige Täuschung
wurde zu Recht bejaht.
Das gleiche gilt für den Motivationszusammenhang. Es sind keine Anhaltspunkte
ersichtlich, dass die Betroffenen die Darlehen gewährt hätten, wenn sie sich
der schlechten finanziellen Lage des Beschwerdeführers bewusst gewesen wären.
Sie liehen ihm Geld, weil sie von der Seriosität ihres Steuerberaters
ausgingen. Er täuschte sie erfolgreich über seine fehlende
Rückzahlungsfähigkeit. Aufgrund dieses Irrtums gewährten sie ihm die Darlehen.
Inwiefern der mangelnde Rückzahlungswille für die Darlehensgeber nicht von
Bedeutung gewesen sein soll (Beschwerde S. 9), ist nicht nachvollziehbar.
Insbesondere lässt sich nicht aus M.R.________ angeblicher Bereitschaft, ihm
auch mehr als Fr. 100'000.-- zur Verfügung zu stellen, schliessen, dass ihr die
Rückzahlung völlig gleichgültig war. Zusammenfassend ist die Beschwerde
abzuweisen.

2.
Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Oktober 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Thommen