Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.61/2008
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_61+202/2008 /hum

Urteil vom 13. Juni 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Favre
Gerichtsschreiber Monn.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Gegenstand
Einstellung der Strafuntersuchung; Aushändigung von Videoaufzeichnungen,

Beschwerden gegen den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
vom 20. Dezember 2007 und des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Abteilung, vom 13. Februar 2008.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland des Kantons Zürich führte eine
Strafuntersuchung gegen X.________ betreffend sexuelle Handlungen mit seinen
Töchtern. Die Untersuchung wurde mit Verfügung vom 8. Februar 2006 definitiv
eingestellt.

Nach Abschluss des Strafverfahrens beantragte X.________, es seien die Kopien
der Videobefragungen seiner Töchter den Therapeutinnen der Kinder und der
Vormundschaftsbehörde auszuhändigen, und die Akten seien während 25 Jahren
aufzubewahren. In der Folge modifizierte er seine Anträge dahin, dass die
Videoaufnahmen an ihn selber auszuhändigen seien. Zudem verlangte er die
Herausgabe eines anlässlich einer Hausdurchsuchung sichergestellten Kinderbuchs
sowie der Tatortfotografien. Schliesslich verlangte er Auskunft über alle bei
der Staatsanwaltschaft See/Oberland, der Jugendschutzbehörde und anderen in den
Fall involvierten Stellen bearbeiteten Daten.

Mit Verfügung vom 10. September 2007 wies die Staatsanwaltschaft See/Oberland
den Antrag von X.________ auf Aushändigung der Videoaufzeichnungen der
Befragung der Kinder an Verfahrensbeteiligte und auch an die Therapeutinnen der
Kinder und die Vormundschaftsbehörde ab. Zugleich stellte die
Staatsanwaltschaft fest, dass die Untersuchungsakten während mindestens 15
Jahren aufbewahrt werden.

Dagegen erhob X.________ mit Eingabe vom 2. Oktober 2007 Rekurs.

Mit Entscheid vom 20. Dezember 2007 hiess die Oberstaatsanwaltschaft des
Kantons Zürich den Rekurs insoweit teilweise gut, als sie die Herausgabe des
Kinderbuchs anordnete. Im übrigen Umfang wurde auf den Rekurs nicht
eingetreten. Die Oberstaatsanwaltschaft stellte zunächst fest, in Bezug auf die
Aufbewahrung der Akten habe sich die Staatsanwaltschaft zutreffend geäussert.
In Bezug auf die Videoaufzeichnungen führte sie aus, X.________ könne sich nach
dem rechtskräftigen Abschluss der gegen ihn geführten Strafuntersuchung nicht
auf das ihm als Beschuldigten in einer laufenden Strafuntersuchung zustehende
Akteneinsichtsrecht als Instrument der Verteidigung berufen. Zudem stünden
einer Herausgabe der Videobefragungen die Persönlichkeitsrechte der Kinder
sowie der mit der Befragung betrauten Funktionäre und das öffentliche Interesse
der Kantonspolizei daran, dass nicht Informationen über die Vernehmungstechnik
und -taktik in einem derart sensiblen Bereich unkontrolliert an die
Öffentlichkeit gelangen, entgegen. In Bezug auf die Tatortfotografien ging die
Oberstaatsanwaltschaft davon aus, dass seitens der Staatsanwaltschaft die
Entwicklung der Fotografien nicht in Auftrag gegeben worden sei und somit keine
entsprechenden Abzüge existierten. Auf die übrigen Anträge trat sie infolge
Unzulässigkeit nicht ein. In der Rechtsmittelbelehrung gegen ihre Verfügung
nannte die Oberstaatsanwaltschaft einerseits die Beschwerde in Strafsachen an
das Bundesgericht und anderseits die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, soweit sich ihr Entscheid auf das
kantonale Gesetz über den Schutz von Personendaten stütze.

X.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen vom 22. Januar 2008 ans
Bundesgericht und beantragt unter anderem, die Staatsanwaltschaft sei
anzuweisen, die Daten auf einem sicheren Datenträger während 25 Jahren
aufzubewahren und ihm die Kopien der Videobefragungen seiner beiden Kinder
auszuhändigen, und die Untersuchungsbehörden seien zu verpflichten, über den
Verbleib der Tatortfotografien Auskunft zu erteilen (6B_61/2008, act. 1, S. 6
Ziff. 2, 3 und 4).

X.________ führte gemäss Rechtsmittelbelehrung des Entscheids der
Oberstaatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2007 auch Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses trat mit Beschluss vom 13.
Februar 2008 auf die Beschwerde nicht ein, da es ausser in hier nicht
zutreffenden Fällen des Steuerstrafrechts sowie des Vollzugsrechts für das
Gebiet des Strafrechts nicht zuständig sei.

X.________ wendet sich in Bezug auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten/Beschwerde in Strafsachen
vom 13. März 2008 ans Bundesgericht und beantragt unter anderem, es sei zu
bestätigen, dass die Oberstaatsanwaltschaft im konkreten Fall auch in
Angelegenheiten des Datenschutzes letzte kantonale Instanz sei (6B_202/2008,
act. 1, S. 3 Ziff. 1).

Von der ihm eingeräumten Möglichkeit, seine Beschwerde vom 22. Januar 2008 zu
ergänzen, hat er mit Eingabe vom 29. April 2008 Gebrauch gemacht (6B_61/2008,
act. 11).

2.
Da die vorliegend zu behandelnde Angelegenheit im Zusammenhang mit einem
Strafverfahren steht, dürfte vor Bundesgericht jedenfalls zur Hauptsache die
Beschwerde in Strafsachen gegeben sein. Es kann allerdings offenbleiben, ob und
inwieweit für gewisse Punkte die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten oder sogar eine Beschwerde in Zivilsachen (vgl. Beschluss des
Verwaltungsgerichts vom 13. Februar 2008, S. 6 E. 5 unten) gegeben sein könnte,
weil die Beschwerden vom 22. Januar und 13. März 2008 samt Ergänzung vom 29.
April 2008 offensichtlich unbegründet sind.

3.
In Bezug auf die Beschwerde vom 22. Januar 2008 können im vorliegenden
Verfahren nur die Anträge 2, 3 und 4 geprüft werden (6B_61/2008, act. 1, S. 6),
denn nur die in diesen Anträgen aufgeworfenen Fragen der Aufbewahrung der Akten
sowie der Aushändigung der Videobefragungen bzw. der Tatortfotografien sind
Gegenstand des Entscheids der Oberstaatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2007.
Demgegenüber ist auf die Anträge 1 (Ergänzung der Akten), 5 (Kosten der
Psychotherapie der Töchter und Genugtuung) und 6 (Rüge betreffend unkorrekte
Strafuntersuchung) nicht einzutreten, weil diese Fragen nicht Gegenstand des
angefochtenen Entscheids bilden.

Mit Beschwerde kann beim Bundesgericht gerügt werden, dass der angefochtene
Entscheid schweizerisches Recht verletzt (Art. 95 BGG). Zum schweizerischen
Recht gehört auch das Verfassungsrecht. In der Begründung der Beschwerde ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid das Recht
verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von
Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

In der Beschwerde vom 22. Januar 2008 (vgl. 6B_61/2008, act. 1, S. 7/8 Ziff. 2
und 3) sowie in der teilweise nur schwer verständlichen Beschwerdeergänzung vom
29. April 2008 (act. 11) wird keine Bestimmung des schweizerischen Rechts
genannt, die vorschriebe, wie und wie lange Akten eines Strafverfahrens
aufbewahrt werden müssen. Ebenfalls wird keine Bestimmung des schweizerischen
Rechts genannt, wonach dem Beschwerdeführer nach Abschluss des gegen ihn
geführten Strafverfahrens Kopien der Videobefragungen seiner Kinder angehändigt
werden müssten. Solche Bestimmungen sind denn auch nicht ersichtlich. Davon,
dass das gegen ihn geführte Strafverfahren mit der definitiven Einstellung
nicht abgeschlossen worden wäre, kann keine Rede sein, und die Frage, wie es
sich im Falle einer rein hypothetischen Wiederaufnahme des Verfahrens
verhielte, muss heute nicht geprüft werden. Soweit der Beschwerdeführer
andeutet, es könnten unkorrekte Vernehmungstechniken angewendet worden sein,
spricht nichts dafür, dass dieser Verdacht zutreffen könnte. Eine Verletzung
seiner Grundrechte macht er im Übrigen nicht in einer Art. 106 Abs. 2 BGG
genügenden Weise geltend. Auch ergibt sich aus der Beschwerde (vgl. act. 1 S. 9
Ziff. 4) nicht, dass die tatsächliche Feststellung der Oberstaatsanwaltschaft,
von den Tatortfotografien existierten keine Abzüge, offensichtlich unrichtig im
Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG wäre. Dafür, dass solche Bilder auf einem anderen
Datenträger existieren könnten, spricht nichts. Die Beschwerde vom 22. Januar
2008 ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann.

4.
In Bezug auf die Beschwerde vom 13. März 2008 ist davon auszugehen, dass sich
die Frage, welche Instanz in einem Kanton auf einem bestimmten Gebiet die
letzte Instanz ist, nach dem kantonalen Recht richtet. Der Beschwerdeführer
legt nicht dar, dass und inwieweit die Auffassung des Verwaltungsgerichts gegen
das Willkürverbot von Art. 9 BV oder sonst gegen seine Grundrechte verstossen
könnte. Auf die Beschwerde vom 13. März 2008 ist ebenfalls im Verfahren nach
Art. 109 BGG nicht einzutreten.

5.
Die Beschwerden sind im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Juni 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Monn