Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.619/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_619/2008, 6B_620/2008/sst

Urteil vom 26. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwältin Marisa Bützberger,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Vorsätzliche Tötung; Strafzumessung,

Beschwerde gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 4. Juli 2007, und des Kassationsgerichts vom 9. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ am 4. Juli 2007 wegen
vorsätzlicher Tötung im Sinne von Art. 111 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9
Jahren. Ausserdem verpflichtete es ihn, der Geschädigten A.________ eine
Genugtuung von 15'000 Franken zu bezahlen. Es hielt für erwiesen, dass José
Guerra am 30. September 2005, um ca. 18:00 Uhr, an der Gertrudstrasse 36, im
Verlauf eines Streites seinen Mitbewohner +O.________ mit einem Küchenmesser
erstochen hatte.
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am 9. Juli 2008 die von José
Guerra gegen seine Verurteilung erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, die Urteile des
Obergerichts und des Kassationsgerichts aufzuheben und ihn mit einer
Freiheitsstrafe von maximal 4 ½ Jahren zu bestrafen. Eventuell sei das
Verfahren ans Obergericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Er ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:

1.
Mit dem Entscheid des Kassationsgerichts ist ein kantonal letztinstanzlicher
Endentscheid in Strafsachen angefochten, gegen den die Beschwerde in
Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Die
Mitanfechtung des obergerichtlichen Entscheids ist zulässig, da die Kognition
des Zürcher Kassationsgerichts enger ist als diejenige des Bundesgerichts (Art.
100 Abs. 6 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung und wirft dem Ober- und dem
Kassationsgericht willkürliche und widersprüchliche Sachverhaltsfeststellungen
vor.

2.1 Das Obergericht ist - vorab gestützt auf die von ihm als glaubhaft
beurteilten Aussagen des Beschwerdeführers - von folgendem Sachverhalt
ausgegangen: Der Beschwerdeführer und +O.________ arbeiteten seit Jahren (zum
Teil gemeinsam) an der gleichen Arbeitsstelle und bewohnten zusammen mit einem
weiteren Mitbewohner eine Wohnung an der Gertrudstrasse, wobei jeder über ein
Zimmer verfügte, während die Küche und das Bad gemeinsam genutzt wurden.
Zwischen den beiden Männern bestanden seit längerem erhebliche Spannungen, zum
einen weil sie sich nichts zu sagen hatten, zum anderen weil der
Beschwerdeführer +O.________ immer wieder beharrlich daraufhinwies, dass er bei
der Benützung der Küche bestimmte Regeln zu beachten hätte. Im Mai 2005
eskalierte der unterschwellige Konflikt, indem +O.________ den Beschwerdeführer
am Kragen gepackt und ihm gedroht hatte, ihn beim nächsten Mal zu schlagen. Der
Beschwerdeführer fühlte sich dadurch gedemütigt, insbesondere auch, weil
+O._________ den Arbeitskollegen erzählte, er habe ihn "wie einen
Kanarienvogel" festgehalten und ihn bzw. seine Eltern als "Hurensohn", "Hure"
und "Pepito, Sohn des Stummen" beschimpft.
Am 30. September 2005 trafen die beiden Männer in der Küche aufeinander. Der
Beschwerdeführer verliess die Küche, löschte das Licht und sagte zu
+O.________, er solle das Licht doch selber einschalten. Daraufhin griff dieser
ihn mit Fäusten an und beschimpfte ihn, während der Beschwerdeführer versuchte,
den Angreifer wegzustossen. Einen Nachbarn, der, vom Lärm alarmiert, nachsehen
kam, schickten sie weg. Nachdem sich der Beschwerdeführer zunächst in sein
Zimmer zurückgezogen hatte, kehrte er in die Küche zurück, um seinen Kaffee zu
holen, den er vor dem Streit für sich zubereitet hatte. +O.________ schlug ihm
den Kaffee aus der Hand und griff ihn erneut mit Fäusten an. Der
Beschwerdeführer versuchte zunächst wiederum, ihn mit Händen zurückzustossen,
behändigte dann ein Messer aus einer Schublade und stach auf +O.________ ein.
Dieser versuchte vergeblich, das Messer zu ergreifen. Der Beschwerdeführer
stach ihn mehrmals in den Brust- und Bauchraum, bis er zu Boden ging.

2.2 Der äussere Ablauf des Geschehens ist unbestritten. In Bezug auf die
Beurteilung des subjektiven Tatbestands hat das Obergericht ausgeführt
(angefochtener Entscheid E. 3 S. 11), der Beschwerdeführer habe sich in der
tatnächsten und damit authentischen Aussage widersprüchlich zu seinen Motiven
geäussert. So habe er einige Male geäussert, er habe +O.________ töten wollen,
damit dieser ihn ein für alle Mal in Ruhe lasse. Anderseits habe er aber auch
immer wieder gesagt, er habe nicht gewollt, dass sein Kontrahent sterbe. Er
habe ihn loswerden wollen, sei sich aber der tödlichen Folgen seiner Stiche
bewusst gewesen. Daraus folgerte das Obergericht, ein direkter Vorsatz sei dem
Beschwerdeführer nicht nachzuweisen. Seinem Geständnis entsprechend sei davon
auszugehen, dass er den Tod seiner Opfers in Kauf genommen und damit
eventualvorsätzlich gehandelt habe. Im Rahmen der Strafzumessung (angefochtener
Entscheid E. 11.2.1 S. 34) führt das Obergericht aus, die Willensrichtung, mit
welcher der Beschwerdeführer gehandelt habe, müsse als in erheblichem Masse
verschuldenserhöhend gewichtet werden, sei es ihm doch darum gegangen, sich
seines Widersachers ein für alle Mal zu entledigen. Für das Kassationsgericht
ist der Einwand, er habe im Zusammenhang mit +O.________ nie geäussert, er habe
sich dessen entledigen wollen, wortklauberisch (angefochtener Entscheid S. 13).
Der Beschwerdeführer rügt, es sei willkürlich, ihm einen direkten Tötungswillen
zu unterstellen, und es sei widersprüchlich, dies zu tun, und ihm gleichzeitig
"bloss" eventualvorsätzliches Vorgehen anzulasten.

2.3 Die zitierten Ausführungen des Obergerichts können und müssen wohl in der
Tat so verstanden werden, dass es bei der Beurteilung des Vorsatzes davon
ausging, der Beschwerdeführer habe den Tod seines Kontrahenten nicht gewollt,
aber in Kauf genommen, währenddem es ihm bei der Strafzumessung einen direkten
Tötungswillen unterstellte. Anders kann die vom Obergericht verwendete
Formulierung, der Beschwerdeführer habe sich mit dem Messerangriff seines
Widersachers ein für alle Mal entledigen wollen, vernünftigerweise nicht
verstanden werden. Das ist klarerweise ein innerer Widerspruch (mit dem sich
das Kassationsgericht nicht auseinanderzusetzen brauchte, da es die Anwendung
des materiellen Strafrechts nicht zu prüfen hat).
Der Beschwerdeführer wurde in der (mit Dolmetscherin auf spanisch geführten)
Hafteinvernahme vom 30. September 2005 selber gefragt, was er unter "loswerden"
verstehe. Er beantwortete dies wie folgt: "Dass er mich ein für allemal in Ruhe
lassen würde. Ich weise daraufhin, dass es das zweite Mal war. Wenn er bis zu
diesem Punkt gekommen ist, dann war das die Lösung, die Lösung war das....dass
er stirbt, ich wollte ihn loswerden. Auf die Nachfrage "Eben, und was meinen
Sie damit" erklärte er: "Das war nicht meine Absicht, aber dieses fatale
Ereignis ist eingetreten." Auf Wiederholung der Frage erklärte er schliesslich:
"Das ist klar, es ist tödlich, das hat den Tod verursacht. Ich erwarte nichts
anderes, ich sage es ihnen nochmals, ich wollte den Tod. Ich wollte den Tod von
O.________. Er hat mich nicht in Ruhe gelassen, er hat mich geschlagen. Es ist
klar, dass ich das Problem lösen muss".
Auch wenn der Beschwerdeführer dieses Geständnis später relativierte und
aussagte, er habe den Tod seines Widersachers zwar in Kauf genommen, aber nicht
gewollt, so lassen sich diese noch in der Tatnacht gemachten und aus diesem
Grund für das Obergericht besonders authentischen Aussagen ohne weiteres so
(und nur mit Mühe anders) verstehen, als dass der Beschwerdeführer eine
direktvorsätzliche Tötung gestanden hat. Das Geständnis ist plausibel, es passt
zur Vorgeschichte und den Tatumständen. Die obergerichtlichen
Sachverhaltsfeststellungen, die von einem direktvorsätzlichen Handeln des
Beschwerdeführers ausgehen, sind damit keineswegs offensichtlich falsch bzw.
willkürlich. Bei erstelltem Tötungswillen bundesrechtswidrig ist dagegen die
Verurteilung wegen eventualvorsätzlicher Tötung. Darauf kann sich der
Beschwerdeführer indessen mangels Rechtsschutzinteresses nicht berufen, da sich
dies zu seinen Gunsten ausgewirkt hat.

3.
Das Obergericht hat festgestellt (E. 7.3 S. 31), dass +O.________ vor dem
fatalen Streit den Beschwerdeführer zwar beschimpfte und ihm androhte, ihn
umzubringen. Da er derartige Drohungen indessen bereits bei früheren
Streitigkeiten ausgestossen hatte, sie somit quasi zum Bestandteil der üblichen
Umgangsformen gehörten, mit denen er sich mit dem Beschwerdeführer
auseinandersetzte, bestand für diesen nach der Auffassung des Obergerichts kein
Anlass, die dem fatalen Streit vorausgegangenen Drohungen diesmal zum Nennwert
zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer nicht befürchtete, dass +O.________ ihm
ernsthaft nach dem Leben trachtete, zeigt im Übrigen bereits der Umstand, dass
er sich nach der ersten Phase des Streits aus einem keineswegs zwingenden
Anlass erneut in die Küche zu seinem körperlich überlegenen Widersacher begab.
Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Feststellung des Obergerichts,
wonach der Beschwerdeführer keineswegs ernsthaft um sein Leben fürchtete, als
er die Küche betrat, um sich einen Kaffee zu holen, offensichtlich unzutreffend
sein könnte. Ebenso wenig musste es annehmen, dass der darauf folgende Angriff
von +O.________ heftiger war als üblich und vom Beschwerdeführer als
lebensbedrohlich empfunden wurde.

4.
Das Obergericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer +O.________
provozierte, indem er das Licht löschte, obwohl sich dieser noch in der Küche
befand. Dies ist, gerade auf dem Hintergrund der zwischen den beiden
bestehenden grossen Spannungen, offensichtlich zutreffend, und dieses
Lichterlöschen gab denn auch nach den insoweit haltbaren tatsächlichen
Feststellungen des Obergerichts +O.________ den unmittelbaren Anlass, den
Beschwerdeführer tätlich anzugreifen. Das Obergericht hat dabei keineswegs
verkannt, dass die, gemessen an der objektiv eher geringfügigen Provokation,
unangemessen heftige Reaktion von +O.________ nur auf Grund des vorbestehenden
feindseligen Verhältnisses verständlich ist und eine Eskalation jederzeit auch
aus einem anderen geringfügigen Anlass hätte erfolgen können.

5.
Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe bei der Strafzumessung seine
Begründungspflicht verletzt sowie Strafzumessungskriterien ausser Acht gelassen
oder falsch gewichtet.

5.1 Nach Art. 47 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des
Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie
die Wirkung der Strafe auf das Leben des Schuldigen. Die Bewertung des
Verschuldens wird in Abs. 2 dahingehend präzisiert, dass dieses nach der
Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der
Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie
danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren
Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Es
liegt im Ermessen des kantonalen Richters, in welchem Umfang er die
verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die strafrechtliche
Abteilung greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die Strafzumessung
ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten
hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder
wenn sie wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. falsch gewichtet
hat (zum bisherigen Recht: BGE 129 IV 6 E. 6.1; 127 IV 101 E. 2; 124 IV 286 E.
4a).
Der Richter muss, sofern er sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung
der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festhalten (Art. 50 StGB).
Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht entspricht der
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum bisherigen Recht, wonach der Richter die
Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den
Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist.
Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter
anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch oder
auffallend milde ist (BGE 127 IV 101 E. 2c, 121 IV 49 E. 2a/aa, 120 IV 136 E.
3a; BGE 118 IV 337 E. 2a).

5.2 Das Obergericht hat erkannt, dass der objektiven Tatschwere eine 14-jährige
Freiheitsstrafe angemessen wäre, und diese auf Grund der subjektiven Tatschwere
um fünf auf neun Jahre reduziert. Angesichts der Strafrahmens zwischen fünf und
zwanzig Jahren Freiheitsstrafe (Art. 111 i.V.m. Art. 40 StGB) und den in
vergleichbaren Fällen ausgesprochenen Strafen erscheint das Strafmass entgegen
der Auffassung des Beschwerdeführers nicht aussergewöhnlich hoch und stellt
deshalb keine besonders hohe Begründungsanforderungen. Im Übrigen hat das
Obergericht das Strafmass auf immerhin 16 Seiten begründet (angefochtener
Entscheid S. 32 ff.), sich mit den massgeblichen Strafzumessungskriterien
auseinandergesetzt und damit die angeführten bundesrechtlichen
Begründungsanforderungen erfüllt. Ob seine Wertungen zutreffen oder nicht, ist
keine Frage der Begründungspflicht, sondern der Strafzumessung, und daher im
Folgenden zu prüfen.

5.3 In subjektiver Hinsicht hat das Obergericht als in erheblichem Masse
verschuldenserhöhend gewichtet, dass es dem Beschwerdeführer darum gegangen
sei, sich seines Widersachers ein für alle Mal zu entledigen, und dass Anlass
dazu ein vom Angeklagten selber geschaffener, in der Folge ausser Kontrolle
geratener Konflikt gewesen sei (angefochtener Entscheid E. 11.2 S. 34). Wie
bereits ausgeführt (vorn E. 2.3), konnte das Obergericht ohne Willkür davon
ausgehen, dass der Beschwerdeführer seinen Widersacher mit direktem Vorsatz
tötete, um ihn endgültig loszuwerden. Es ist nicht zu beanstanden, dass es ihm
diese Handlungsweise straferhöhend anlastete. Unglücklich ist zwar die
Formulierung des Obergerichts, soweit es vom "selbst geschaffenen Konflikt"
spricht. Aus dem Zusammenhang - insbesondere auf Grund seiner eingehenden
Sachverhaltsfeststellungen - ergibt sich indessen, dass es damit keineswegs dem
Beschwerdeführer einseitig die Schuld an dem seit längerer Zeit vorbestehenden
Konflikt zwischen den beiden Männern geben will, sondern nur, aber immerhin,
dass er mit seinem provozierenden Lichterlöschen den Anlass für den folgenden
Gewaltausbruch setzte.

5.4 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es habe mit dem Gutachter
zwar festgestellt, die Willensbildung zur Tat sei durch Affekte, hervorgerufen
durch die erlittenen Faustschläge von +O.________, bestimmt worden, dies bei
der Strafzumessung indessen nicht berücksichtigt. Der Einwand trifft insoweit
zu, als das Obergericht die Strafzumessungsgründe nicht einzeln bewertete und
gewichtete. Es hat indessen ausdrücklich erklärt, dass es auf die
gutachterlichen Feststellungen abstellte (angefochtener Entscheid E. 11.2.3 S.
43), womit es sich dessen Einschätzung, der Beschwerdeführer habe in einem
heftigen normalpsychologischen Affekt gehandelt, zu eigen machte.
Das Gleiche gilt für die gutachterliche Feststellung, dem Beschwerdeführer sei
nach dem ersten Stich die Handlungskontrolle zunehmend entglitten. Auch dies
hat es damit bei der Beurteilung des subjektiven Tatbestands berücksichtigt.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers setzt sich das Obergericht nicht
in Widerspruch dazu, indem es bei der Beurteilung des objektiven Tatbestands
den Umstand, dass der Beschwerdeführer seinem Gegner eine Vielzahl von
Stichverletzungen zufügte, weit mehr als notwendig, um diesen ausser Gefecht zu
setzen, straferhöhend wertete.

5.5 Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer zugestanden, dass er sich gegen
den Angriff seinen Gegners hatte zur Wehr setzen dürfen und damit eine
Notwehrsituation anerkannt. Es hat jedoch erwogen, dass er keinen Grund zur
Annahme gehabt habe, der Angriff würde sich nicht in Faustschlägen erschöpfen,
weshalb es die von ihm zur Abwehr eingesetzten Abwehrmittel - eine Vielzahl von
Messerstichen in Brust und Bauch des Angreifers - als völlig unverhältnismässig
und sein Verhalten als Notwehrexzess qualifizierte. Diese Einschätzung ist
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden. Ein
Faustangriff ist zwar keineswegs zu bagatellisieren und kann unter Umständen zu
schweren Verletzungsfolgen führen. Das Obergericht hat indessen nachvollziehbar
dargelegt, dass der Beschwerdeführer in der konkreten Situation seitens des
körperlich überlegenen, aber unbewaffneten Angreifers zwar eine Tracht Prügel
mit durchaus schmerzhaften Folgen zu gewärtigen hatte, aber nicht mit
darüberhinausgehenden schwerwiegenden Konsequenzen für seine körperliche
Integrität rechnen musste und rechnete. Andernfalls hätte er wohl kaum eine
weitere Konfrontation mit diesem riskiert, nur um einen Kaffee zu holen. Keiner
weiterer Ausführungen bedarf, dass die Abwehr eines derartigen Faustangriffs
mit einer Vielzahl von absehbar lebensbedrohlichen Messerstichen gegen Brust
und Bauch des Angreifers unverhältnismässig ist.

5.6 Unzutreffend ist auch der Einwand, das Obergericht habe das Löschen des
Küchenlichts durch den Beschwerdeführer in einem Zeitpunkt, als sich
+O.________ in der Küche aufhielt, zu Unrecht als Provokation gewertet. Diese
Handlung war selbstredend eine Provokation, die auf dem Hintergrund der
latenten Feindschaft geeignet war, einen Gewaltausbruch auszulösen. Dass ein
solcher bei einem weiteren Zusammenleben der beiden wohl ohnehin irgendwann
einmal, auch aus nichtigem Anlass, erfolgt wäre, ändert nichts daran, dass der
Beschwerdeführer mit dem Lichterlöschen den unmittelbaren Anlass für die
folgende Konfrontation setzte.

5.7 Das Obergericht hat ausgeführt, die Rückkehr des Beschwerdeführers in die
Küche nach der ersten Phase der Auseinandersetzung lasse die Vermutung
aufkommen, dass er eine erneute Konfrontation mit seinem Widersacher gesucht
habe (angefochtener Entscheid S. 27 E. 6.5). Diese Vermutung liegt zwar nahe,
wurde aber vom Gutachter klar verneint (angefochtener Entscheid S. 38). Das
Obergericht ist diesem gefolgt, hat es doch eine Notwehrlage anerkannt
(angefochtener Entscheid S. 30 f. E. 7.2). Eine solche hätte offensichtlich
nicht vorgelegen, wenn der Beschwerdeführer in die Küche zurückgekehrt wäre in
der Absicht, aktiv eine erneute Konfrontation mit +O.________ zu suchen, und
der von ihm genannte Zweck, einen Kaffee zu holen, bloss den Vorwand dazu
geliefert hätte.

5.8 Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, verschiedene
Täterkomponenten vernachlässigt zu haben. Auch wenn es Ausführungen dazu - zum
Vorleben, zur Vorstrafenlosigkeit, zur gezeigten Reue, zur Kooperation mit den
Strafverfolgungsbehörden - gemacht habe, sei nicht ersichtlich, ob und wie es
diese Elemente bei der Strafzumessung berücksichtigt habe. Völlig ausser Acht
geblieben sei der Umstand, dass er am Tattag wegen Sorgen um den Arbeitsplatz
weniger als sonst in der Lage gewesen sei, mit zusätzlichen Belastungen
umzugehen.
Der Gutachter hat erkannt, dass der Beschwerdeführer am Tattag durch berufliche
Sorgen zusätzlich belastet war (angefochtener Entscheid S. 39), und das
Obergericht hat das Gutachten vorbehaltlos anerkannt (angefochtener Entscheid
E. 11.2.2 S. 43). Die Rüge, es habe diesen Umstand übersehen, ist unbegründet.
Zutreffend ist, dass das Obergericht die einzelnen Strafzumessungsgründe nicht
einzeln bewertete bzw. gewichtete. Es hat indessen die ihm der objektiven
Tatschwere angemessen erscheinende Strafe von 14 Jahren um 5 Jahre und damit um
mehr als einen Drittel gesenkt und damit den persönlichen Verhältnissen des
Beschwerdeführers und seinem Verhalten vor und nach der Tat ausreichend
Rechnung getragen. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich und wird auch nicht
dargetan, inwiefern es bei der Strafzumessung das ihm zustehende Ermessen
überschritten haben könnte.

6.
Damit erweist sich, dass die angefochtenen Sachverhaltsfeststellungen haltbar
und keineswegs auf verfassungswidrige Weise zustande gekommen sind, und das
Obergericht hat - soweit der Beschwerdeführer befugt ist, dies zu rügen - das
materielle Strafrecht nicht verletzt. Die Beschwerde ist somit abzuweisen,
soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde der Beschwerdeführer an sich
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat indessen ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches gutzuheissen
ist, da seine Prozessarmut bereits aufgrund der bereits über drei Jahre
andauernden Haft ausgewiesen scheint und die Beschwerde nicht von vornherein
aussichtslos war (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.

2.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2 Rechtsanwältin Marisa Bützberger, Zürich, wird für das bundesgerichtliche
Verfahren als unentgeltliche Verteidigerin eingesetzt und mit Fr. 3'000.-- aus
der Gerichtskasse entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht und dem Kassationsgericht
des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. November 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Störi