Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.574/2008
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_574/2008/sst

Urteil 27. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Mathys,
Gerichtsschreiber Borner.

Parteien
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug,
An der Aa 4, 6301 Zug, Beschwerdeführerin,

gegen

H.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung, retrospektive Konkurrenz und teilbedingter Strafvollzug,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafrechtliche
Abteilung, vom 24. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Strafgericht des Kantons Zug verurteilte H.________ am 17. April 2007 wegen
gewerbsmässigen Betrugs und Urkundenfälschung zu 24 Monaten Freiheitsstrafe,
teilweise als Zusatzstrafe zu zwei früheren Urteilen. Hievon schob es 15 Monate
auf und erklärte 9 Monate als vollziehbar.
Das Obergericht des Kantons Zug wies am 24. Juni 2008 eine Berufung der
Verurteilten ab, während es die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft des
Kantons Zug guthiess. Es bestrafte H.________ wegen gewerbsmässigen Betrugs und
mehrfacher Urkundenfälschung mit 26 Monaten Freiheitsstrafe, wobei diese Strafe
neu auch als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Amtsgerichts Öhringen/D vom 5.
Juli 2007 ausgefällt wurde. Das Obergericht schob den Vollzug der Strafe im
Umfang von 17 Monaten auf.

B.
Die Staatsanwaltschaft erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt
sinngemäss, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und H.________ mit einer
unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens 24 Monaten zu bestrafen.
Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

C.
Mit Verfügung vom 26. August 2008 wurde ein Gesuch von Rechtsanwalt Dr.
B.________ um Bestellung als unentgeltlicher Anwalt von H.________ abgewiesen.

D.
Das Obergericht des Kantons Zug hat auf Gegenbemerkungen verzichtet und
beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. H.________ hat sich nicht vernehmen
lassen.
Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Zusatzstrafe von 26 Monaten müsse
zwingend unbedingt ausgesprochen werden, weil sie Teil einer Gesamtstrafe von
weit über 36 Monaten sei, was den teilbedingten Vollzug ausschliesse. Zudem
lasse sich die hypothetische Gesamtstrafe dem angefochtenen Urteil nicht genau
entnehmen, was einen weiteren Mangel in der Urteilsbegründung darstelle.

2.
2.1 Ob der bedingte oder teilbedingte Vollzug einer Zusatzstrafe nach Art. 49
Abs. 2 StGB (Art. 68 Ziff. 2 aStGB) objektiv zulässig ist, richtet sich nach
der gesamten Strafdauer der Grund- und Zusatzstrafe (vgl. BGE 109 IV 68 E. 1).
Eine Zusatzstrafe kann auch zu einem ausländischen Urteil ausgefällt werden,
welches Taten betrifft, die nicht in den räumlichen Geltungsbereich des StGB
fallen (BGE 132 IV 102 E. 8.2 S. 105 mit Hinweisen).

2.2 Die Vorinstanz hat eine Freiheitsstrafe von 26 Monaten ausgesprochen, und
zwar als Zusatzstrafe (auch) zum Urteil des Amtsgerichts Öhringen/D vom 5. Juli
2007, mit welchem die Beschwerdegegnerin wegen Betrugs zu 18 Monaten
Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Damit würde die gesamte Strafdauer der Grund-
und Zusatzstrafe 44 Monate betragen, was über der zulässigen Obergrenze der
teilbedingten Strafe liegt (Art. 43 StGB).

2.3 Die Beschwerdeführerin weist aber auch zurecht darauf hin, dass sich die
hypothetische Gesamtstrafe dem angefochtenen Urteil nicht genau entnehmen
lässt. Sie rügt in diesem Zusammenhang ausdrücklich eine Verletzung von Art. 49
Abs. 2 StGB. Damit macht sie geltend, die Vorinstanz habe die Zusatzstrafe
unzutreffend festgelegt bzw. ungenügend begründet. Es steht der
Beschwerdeführerin frei, allenfalls auch zugunsten eines Angeklagten
Beschwerdegründe vorzubringen (vgl. BGE 134 IV 36 E. 1.4.2 S. 39).
Die Vorinstanz hat die erstinstanzliche Freiheitsstrafe mit der Begründung
heraufgesetzt, es sei nunmehr von mehrfacher Urkundenfälschung auszugehen, was
einen grösseren Unrechtsgehalt bedeute. Deshalb sei die Beschwerdegegnerin mit
einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten zu bestrafen. Sie erwähnt dabei, dass es
sich um eine (teilweise) Zusatzstrafe handelt.
Nachdem neu die Strafe des Amtsgerichts Öhringen/D im Sinne von Art. 49 Abs. 2
StGB in die Strafzumessung einzubeziehen war, hätte die Vorinstanz begründen
müssen, wie sie auf die ausgefällte Zusatzstrafe kommt. Das Bundesgericht hat
sich wiederholt darüber ausgesprochen, auf welche Art bei der Festsetzung einer
(teilweisen) Zusatzstrafe vorzugehen ist (BGE 132 IV 102 E. 8; 129 IV 113 E.
1.1; je mit Hinweisen).
Die Vorinstanz hätte zunächst begründen müssen, welche Freiheitsstrafe
angemessen wäre, wenn die in der Schweiz verübten und die dem Urteil des
Amtsgerichts Öhringen/D zugrunde liegenden Straftaten gleichzeitig beurteilt
würden. Von dieser hypothetischen Gesamtstrafe sind die in Deutschland
ausgesprochenen 18 Monate Freiheitsstrafe sowie die Strafe des
Amtsstatthalteramtes Luzern vom 25. Juni 2002 (teilweise) und die Strafe der
Bezirksanwaltschaft Uster vom 10. April 2003 (1 Monat) abzuziehen. Daraus
ergibt sich die neu auszufällende Zusatzstrafe. Ob diese teilbedingt ausgefällt
werden kann, hängt davon ab, ob die hypothetische Gesamtstrafe 36 Monate (Art.
43 Abs. 1 StGB) übersteigt oder nicht. Indem die Vorinstanz nicht darlegt, wie
sie die ausgesprochene Zusatzstrafe errechnet, verletzt sie ihre
Begründungspflicht nach Art. 50 StGB.

3.
Die Beschwerde ist damit gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und
die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Es sind keine Kosten zu erheben, und der obsiegenden Beschwerdeführerin ist
keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug
vom 24. Juni 2008 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Beschwerdegegnerin im Dispositiv auf dem
Ediktalweg und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. November 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Borner