Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.570/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_570/2008/sst

Urteil vom 13. August 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Gerichtsschreiber Willisegger.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Luigi R. Rossi,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Einstellungsverfügung (falsches Zeugnis),

Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 27.
November 2007.

Sachverhalt:
X.________ reichte am 5. April 2006 gegen A.________ Strafanzeige wegen
falschen Zeugnisses ein. Zur Begründung brachte er vor, dieser habe anlässlich
einer Zeugeneinvernahme vor dem Vizepräsidium des Bezirksgerichts Aarbon (auf
Ersuchen des Fürstlichen Landgerichts Vaduz) vorsätzlich falsche Angaben
gemacht.

Mit Verfügung vom 19. Juni 2007 stellte das Bezirksamt Diessenhofen das
Strafverfahren ein. Die Anklagekammer des Kantons Thurgau trat auf eine von
X.________ eingereichte Beschwerde am 27. November 2007 nicht ein.

X.________ führt dagegen Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Verfahren an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Der Präsident zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor
der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b), insbesondere
die in Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1-6 BGG genannten Personen. Der
Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Er fällt
jedoch unter keine der im Gesetz ausdrücklich aufgeführten
Beschwerdeberechtigten. Namentlich ist er nicht Opfer im Sinne von Art. 81 Abs.
1 lit. b Ziff. 5 BGG. Gemeint sind insoweit Opfer von Straftaten nach Art. 2
Abs. 1 des Opferhilfegesetzes, also Personen, die durch eine Straftat in ihrer
körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt
worden sind. Eine Beeinträchtigung von "Vermögens- und
Berufsausübungsinteressen", wie sie der Beschwerdeführer geltend macht,
begründet keine Opferstellung. Er hat auch sonst kein rechtlich geschütztes
Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, soweit es um den
Strafanspruch geht. Dieser steht dem Staat zu (BGE 133 IV 228 E. 2).

Soweit der Beschwerdeführer sich daher gegen die Einstellung des
Strafverfahrens richtet, und insbesondere rügt, die Vorinstanz habe den
Sachverhalt unrichtig festgestellt, ist er zur Beschwerdeerhebung nicht
legitimiert.

2.
2.1 Praxisgemäss kann - trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst - die
Verletzung von Verfahrensrechten gerügt werden, deren Missachtung eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt. Das rechtlich geschützte Interesse ergibt sich
diesfalls nicht aus der Berechtigung in der Sache, sondern aus der
Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Eine solche besteht, wenn dem
Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Parteistellung zukommt. Ist das der
Fall, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem
kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung
zustehen (vgl. BGE 128 I 218 E. 1.1; eingehend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.)

2.2 Die Vorinstanz verneint eine Parteistellung des Beschwerdeführers bzw. die
Beschwerdelegitimation im kantonalen Verfahren. Gemäss § 49 der
Strafprozessordnung des Kantons Thurgau (StPO/TG) sei er weder Prozesspartei
noch Geschädigter im Sinne von § 53 Abs. 2 StPO/TG (§ 49 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/
TG). Danach könne der Geschädigte sich am Strafverfahren nur beteiligen, soweit
es das Gesetz vorsehe. Die Rechtsmittel stünden nach § 195 StPO/TG, abgesehen
von den Prozessparteien, bloss jenen Personen zu, die durch den angefochtenen
Entscheid unmittelbar betroffen würden. Gemeint sei damit wiederum der
Geschädigte, dem unmittelbar durch die strafbare Handlung ein Schaden erwachse.
Bei Straftaten gegen individuelle Interessen sei der Träger des Rechtsgutes,
der tatbeständlich Verletzte, geschädigt. Bei Straftaten gegen allgemeine
Interessen gelte auch derjenige als Geschädigte, dessen privaten Interessen
unmittelbar mitbeeinträchtigt werden.

Geschütztes Rechtsgut des zur Anzeige gebrachten Tatbestandes des falschen
Zeugnisses sei vorab die Ermittlung der materiellen Wahrheit im gerichtlichen
Verfahren. Bei der falschen Zeugenaussage könnten individuelle Rechtsgüter
jener Partei verletzt sein, zu deren Nachteil falsch ausgesagt werde. Da der
Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Fürstlichen Landgericht aber nicht Partei
war, könne er von einer angeblichen Falschaussage überhaut nicht betroffen
sein. Er sei deshalb nicht Geschädigter, sondern bloss Anzeiger, der im
Strafverfahren keine Parteirechte ausüben könne.

Unter Hinweis auf BGE 114 Ib 158 hält die Vorinstanz schliesslich fest, der
Beschwerdeführer sei auch als Aktionär der Gesellschaft B.________
(Verfahrenspartei vor dem Fürstlichen Landgericht) nicht beschwerdelegitimiert,
weil er von einer falschen Zeugenaussage nicht unmittelbar, sondern höchstens
mittelbar betroffen wäre.

2.3 Der Beschwerdeführer stellt dem lediglich die Behauptung gegenüber, vor dem
Fürstlichen Landgericht sei ihm "faktisch" Parteistellung zugekommen
(Beschwerde, S. 11), ohne sich mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid
auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen. Insoweit genügt seine Beschwerde den
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Er
legt mit keinem Wort dar, dass und inwiefern die Vorinstanz in willkürlicher
Anwendung von kantonalem Strafprozessrecht eine Parteistellung verneint bzw.
den Begriff des Geschädigten verkannt hätte. Solches ist auch nicht
ersichtlich. War der Beschwerdeführer im Strafverfahren aber nicht Partei,
stehen ihm auch keine unmittelbar aus der Bundesverfassung fliessenden Rechte
zu. Er ist mithin nicht legitimiert, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
(Art. 29 Abs. 2 BV) oder der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) zu rügen. Auch
insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

3.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. August 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Willisegger