Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.554/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_554/2008/sst

Urteil vom 29. Oktober 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Bundesrichter Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Alexander R. Lecki,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versuchte Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
28. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Kreisgericht Gaster-See verurteilte X.________ am 7. Juni 2007 wegen
versuchter Gewalt und Drohung gegen Beamte (Art. 285 Ziff. 1 i.V.m. Art. 22
StGB) zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 70 Franken und einer
Busse von 500 Franken. Die Verurteilung beruht auf folgendem Sachverhalt:
X.________, der mit dem Vorgehen der Kantonspolizei St. Gallen in verschiedenen
Fällen - u.a. in einem länger dauernden Nachbarschaftskonflikt zwischen ihm und
dem Wirt eines nahegelegenen Restaurants - nicht einverstanden war, wandte sich
am 25. März 2004 mit einem Schreiben an die für die Polizei zuständige
Regierungsrätin A._______. Nachdem dieses von einem Vertreter der
Kantonspolizei beantwortet worden war, schrieb er der Regierungsrätin am 14.
April 2004 erneut, wobei er einen eigentlichen Fragenkatalog einreichte. Am 27.
April 2004 rief X.________ bei der Sekretärin von A.________, B.________, an
und verlangte ein persönliches Gespräch mit der Regierungsrätin. Am 28. April
2004 rief B.________ X.________ zurück und erklärte ihm, C.________ von der
Kantonspolizei werde mit ihm in dieser Angelegenheit Kontakt aufnehmen.
X.________ habe entgegnet, er wolle nicht mit Herrn C.________, sondern mit der
Regierungsrätin persönlich sprechen, und hinzugefügt, dass er einen Schaden von
50'000 Franken erlitten habe und er dieser einen ebensolchen Schaden zufügen
und schauen wolle, wie die Polizei reagiere. Es werde Tote geben wie in
Escholzmatt; er wisse, wie die Regierungsrätin aussehe und werde allenfalls
nach St. Gallen kommen.
Auf Berufung von X.________ und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin
bestätigte das Kantonsgericht St. Gallen am 28. April 2008 die erstinstanzliche
Verurteilung im Schuldpunkt. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe
von 120 Tagessätzen à 70 Franken und einer Busse von 500 Franken.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, ihn freizusprechen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Verurteilung wegen versuchter Gewalt
und Drohung gegen Beamte im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 i.V.m. Art. 22 StGB
verstosse gegen Bundesrecht, da weder der objektive noch der subjektive
Tatbestand erfüllt seien.

1.1 Den objektiven Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 StGB erfüllt u.a., wer ein
Behördemitglied durch Drohung zu einer Amtshandlung nötigt.
A.________ ist als Regierungsrätin Mitglied einer Behörde, und der
Beschwerdeführer versuchte zu erreichen, dass sie mit ihm in ihrer amtlichen
Funktion als Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements ein Gespräch über
polizeiliche Vorgänge führe. Damit versuchte er unbestrittenermassen, sie zu
einer Amtshandlung zu veranlassen. Entgegen seiner Auffassung kann zudem kein
ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass er sie durch eine Drohung zu einem
solchen Gespräch nötigen wollte. Dabei ist zunächst vorauszuschicken, dass das
Bundesgericht an die vorinstanzliche Beweiswürdigung gebunden ist, da der
Beschwerdeführer diese nicht als willkürlich rügt und sie keineswegs
offensichtlich unrichtig ist (Art. 105 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 133 II
249 E. 1.4.3). Seine zahlreichen, rein appellatorischen Einwände gegen die
Beweiswürdigung, mit denen er versucht, den Verlauf des entscheidenden
Telefongesprächs zwischen ihm und B.________ anders darzustellen, als die
Vorinstanzen dies taten, sind unzulässig. Dies betrifft etwa seine
Ausführungen, wonach er Escholzmatt nicht erwähnt habe, und, falls doch,
jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der Regierungsrätin, sondern mit gegen ihn
selber gerichteten Morddrohungen.
Auszugehen ist somit davon, dass B.________ dem Beschwerdeführer mitteilte, die
Regierungsrätin werde nicht wie gefordert mit ihm persönlich sprechen, dass ihn
aber ein Vertreter der Kantonspolizei in dieser Angelegenheit kontaktieren
werde. In dieser Situation beharrte der Beschwerdeführer auf einem Gespräch mit
der Regierungsrätin, führte aus, dass er dieser Schaden in Höhe von 50'000
Franken zufügen wolle, verwies auf die damals erst kurze Zeit zurückliegende
Bluttat von Escholzmatt, welche mehrere Tote, darunter eine Amtsperson,
gefordert hatte, und fügte an, dass er wisse, wie die Regierungsrätin aussehe
und er allenfalls nach St. Gallen kommen wolle. Diese an seine Forderung nach
einem Gespräch geknüpften Hinweise können - auch wenn sie in Frageform
vorgebracht worden sein sollten - vernünftigerweise nur so verstanden werden,
dass der Beschwerdeführer der Regierungsrätin für den Fall einer
Gesprächsverweigerung in Aussicht stellte, sie zu schädigen und anzugreifen.
Darin liegt eine ernsthafte Drohung, die geeignet war, die Regierungsrätin in
ihrer Entscheidungsfreiheit einzuschränken und sie gegen ihren Willen zu
veranlassen, in die vom Beschwerdeführer gewünschte Amtshandlung einzuwilligen.
Der objektive Tatbestand ist damit erfüllt. Unbestritten ist, dass es beim
Versuch im Sinn von Art. 22 StGB blieb, da sich die Regierungsrätin nicht zu
einem Gespräch nötigen liess.

1.2 In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz
genügt. Für das Kantonsgericht ist der subjektive Tatbestand erfüllt (E. 2 S. 9
f.). Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass es sich bei der Regierungsrätin um
ein Behördemitglied handle, und er habe sie mit seinen Äusserungen dazu bringen
wollen, in ihrer Funktion als Departementsvorsteherin mit ihm zu sprechen,
mithin eine Amtshandlung vorzunehmen. Er habe zudem wissen müssen, dass der
Hinweis auf die Bluttat von Escholzmatt geeignet sein könnte, die
Regierungsrätin zu nötigen; diesen Erfolg habe er zumindest in Kauf genommen.
Dem bleibt nichts hinzuzufügen, der Beschwerdeführer erhebt dagegen einzig
unzulässige tatsächliche Einwendungen.

2.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers verletzt somit kein Bundesrecht. Die
Beschwerde ist unbegründet. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der
Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Oktober 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Störi