Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.474/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_474/2008 /hum

Urteil vom 9. Oktober 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dario Zarro,

gegen

Vermögensverwaltung A.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher Jürg M. Ammann,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache Veruntreuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 24. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 20. November 2007 befand das Bezirksgericht Muri X.________ der
mehrfachen Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig (Ziffern 1-3
und 5-6 der Anklage). In einem Fall sprach es ihn vom Vorwurf der Veruntreuung
frei (Ziffer 4 der Anklage). Das Bezirksgericht verurteilte X.________ zu einer
Geldstrafe von 240 Tagessätzen à Fr. 50.--, unter Aufschub des Vollzugs bei
einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--.

Die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Berufung wies das Obergericht
des Kantons Aargau mit Urteil vom 24. April 2008 ab.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, er sei in Aufhebung
des Urteils des Obergerichts des Kantons Aargau vom 24. April 2008
freizusprechen.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von den in
ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff.
1 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in
Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhaltes durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem
Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105
Abs. 2 BGG). Die Wendung "offensichtlich unrichtig" entspricht dem
Willkürbegriff im Sinne von Art. 9 BV (Botschaft des Bundesrates vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338). Die
Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts, mithin der
Verletzung des Willkürverbots, prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2
BGG nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und
substantiiert begründet worden ist (BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 IV 286 E.
1.4).

2.
Der Verurteilung des Beschwerdeführers liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer war Angestellter der Vermögensverwaltung A.________
(nachfolgend als A.________ bezeichnet). Zu seinem Aufgabenbereich als
Kundenberater gehörte die Entgegennahme von Kundengeldern in Deutschland und
deren Versendung in die Schweiz. Zwischen dem 29. Juli 2002 und dem 25. Oktober
2002 hat der Beschwerdeführer in fünf Fällen von deutschen Kunden der
A.________ Gelder in der Höhe von insgesamt Euro 30'000.-- und Fr. 7'000.--
gegen Quittung in bar entgegengenommen, die Gelder in der Folge jedoch nicht
zur bestimmungsgemässen Anlage an die A.________ weitergeleitet, sondern zu
eigenen Zwecken verwendet.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im
Untersuchungsverfahren auf Vorlage der ausgestellten Quittungskopien
ausdrücklich eingeräumt, die Belege trügen seine Unterschrift, und wenn er
Quittungen unterschrieben habe, so habe er das Geld vom Kunden auch erhalten.
Diese Aussagen habe er im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich bestätigt
(angefochtenes Urteil S. 8 mit Hinweis auf die vorinstanzlichen Akten act. 59).
Es sei deshalb als erstellt anzusehen, dass die fünf Geschädigten ihm die
Gelder übergeben hätten. Gestützt auf die glaubhaften Aussagen von D.________,
dem ehemaligen Direktor der A.________, sei davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer die entgegengenommenen Gelder bzw. die Wertbriefsendungen aus
versicherungstechnischen Gründen bei der A.________ vorgängig hätte avisieren
müssen, was er in den zu beurteilenden Fällen jedoch nicht getan habe. Ebenso
habe M.________, ehemaliges Mitglied der Geschäftsleitung und Vorgesetzter der
Kundenberater, bestätigt, dass das Geld nicht versichert gewesen sei. Im
Übrigen habe auch der Beschwerdeführer explizit eingestanden, es sei
vorgekommen, dass er die Gelder der A.________ nicht telefonisch angemeldet
habe (vgl. angefochtenes Urteil S. 7-13).

3.2 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz insoweit eine willkürliche
Beweiswürdigung und eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung
vor. Er habe zwar bestätigt, dass die Quittungskopien seine Unterschrift tragen
würden. Hieraus könne jedoch nicht gefolgert werden, dass er die Quittungen
auch tatsächlich unterschrieben habe. Da keine Originale vorlägen, sei eine
Überprüfung der Echtheit der Unterschrift nicht möglich. Indem die Vorinstanz
in ihrer Begründung ausgeführt habe, es bestünden keine Hinweise auf eine
absichtliche Fälschung der Quittungen, habe sie die Unschuldsvermutung bzw. den
Grundsatz in dubio pro reo verletzt. Überdies sei sein Recht auf ein faires
Verfahren verletzt worden, da die Vorinstanz die A.________ nicht angewiesen
habe, die Originale vorzulegen. Die gleichen Einwände würden auch bezüglich der
lediglich in Kopie vorhandenen Verlustanzeigen gelten. Zudem sei es nicht
nachvollziehbar, weshalb es die Vorinstanzen nicht für notwendig erachtet
hätten, die Kunden der A.________ als Zeugen einzuvernehmen. Ferner habe die
Vorinstanz willkürlich auf die Aussagen des Zeugen D.________ abgestellt,
obwohl dessen Schilderungen auf blossem "Hörensagen" beruhten. Schliesslich
bringt der Beschwerdeführer vor, es hätten für ihn weniger risikoreiche
Möglichkeiten bestanden, Geld zu veruntreuen, da nicht sämtliche Kunden
Quittungen verlangt hätten (Beschwerde S. 3-13).

3.3 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw.
im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen). Dass das angefochtene Urteil mit der
Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung
oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ.
E. 4.1; 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen).

3.4 Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz
vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür darzutun. Dass die Quittungen und
Verlustanzeigen nicht als Originale vorliegen, ist nicht von entscheidender
Relevanz, denn Kopien sind hinsichtlich ihres Informationsgehalts und in Bezug
auf ihre Beweismitteleigenschaft Originalen gleichwertig (vgl. BGE 116 IV 190
E. 2b/bb; 114 IV 26 E. 2). Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung
entscheidet das Gericht frei, welcher Beweiswert Kopien zukommt (Robert Hauser/
Erhard Schweri/Karl Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005,
§ 66 N. 11). Die Vorinstanz hat insbesondere unter Einbezug der Aussagen des
Beschwerdeführers willkürfrei begründet, weshalb sie auf die Echtheit der seine
Unterschrift tragenden Quittungskopien und der Verlustanzeigen geschlossen hat.
Ihr ergänzender Hinweis, es bestünden im Übrigen auch keinerlei Anhaltspunkte
für eine Fälschung der Belege, verletzt die Unschuldsvermutung nicht. Aufgrund
der abgenommenen Beweise konnte die Vorinstanz zudem ohne Verstoss gegen den
Grundsatz des rechtlichen Gehörs in antizipierter Beweiswürdigung auf die vom
Beschwerdeführer beantragte Befragung der Kunden der A.________ verzichten, da
eine solche keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn versprochen hätte. Ferner ist
die Vorinstanz nicht in Willkür verfallen, indem sie Aussagen des Zeugen
D.________ als glaubhaft eingestuft hat. Insbesondere sind keine Gründe
ersichtlich, weshalb D.________, der zum Zeitpunkt seiner Einvernahme vor
Bezirksgericht nicht mehr für die A.________ tätig gewesen ist, den
Beschwerdeführer zu Unrecht hätte belasten sollen. Schliesslich kann der
Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass allenfalls andere und für ihn weniger
riskante Möglichkeiten der Tatbegehung bestanden hätten, nichts zu seinen
Gunsten ableiten, zumal er - wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat -
die Veruntreuungen kurz vor seinem Austritt aus der A.________ per 31. Oktober
2002 verübt hat, und er folglich in dieser Situation nicht mehr allzu lange auf
Kunden warten konnte, die keine Quittungen einforderten. Entscheidend ist
mithin einzig, dass die Vorinstanz die konkret vorgeworfenen Taten des
Beschwerdeführers aufgrund der Beweislage als erstellt erachten durfte.

4.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Oktober 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner