Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.442/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_442/2008

Urteil vom 6. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiberin Binz.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Justiz- und Sicherheitsdepartement, Vollzugs- und Bewährungsdienste, Abteilung
Straf- und Massnahmenvollzug, Bundesplatz 14, 6002 Luzern,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 5.
Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Luzern sprach X.________ am 29. März 2003 im
Zusammenhang mit einem Tötungsdelikt an ihrem Ehemann wegen
Unzurechnungsfähigkeit von Schuld und Strafe frei, ordnete jedoch die
Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB an. In Anwendung des neuen Rechts
hob das Obergericht am 13. September 2007 die altrechtliche Verwahrung auf und
erliess stattdessen eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art.
59 Abs. 1 StGB. Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen
wies das Bundesgericht mit Urteil vom 4. März 2008 ab, soweit es darauf eintrat
(6B_623/2007).

B.
Die Vollzugs- und Bewährungsdienste wiesen mit Entscheid vom 11. Dezember 2007
ein Gesuch um bedingte Entlassung aus der stationären Massnahme ab, bewilligten
aber Vollzugslockerungen. Gegen diesen Entscheid erhob X.________
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Diese wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, mit Urteil vom 5. Mai 2008 ab, soweit
es darauf eintrat.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, der Entscheid des
Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. Sie sei umgehend aus dem Gefängnis zu
entlassen und in das Wohnheim in Biel zu versetzen. Weiter beantragt sie, die
Beschwerde sei von unbefangenen, und nicht von mehrfach vorbefassten
Bundesrichtern zu beurteilen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäss die bedingte Entlassung aus der
stationären Massnahme, eventualiter die Verlegung in ein Wohnexternat. Weiter
rügt sie Befangenheit der am jährlichen Entscheid über die bedingte Entlassung
beteiligten Gerichtspersonen.

2.
Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen namentlich auch kantonal
letztinstanzliche Entscheide über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Art.
78 Abs. 2 lit. b BGG i.V.m. Art. 80 Abs. 1 BGG). Dieses Erfordernis ist
erfüllt, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 5. Mai 2008 richtet, nicht hingegen, soweit sie die
Aufhebung des Entscheids der Vollzugs- und Bewährungsdienste vom 11. Dezember
2007 verlangt. Darauf und damit auch auf die Rüge der Befangenheit der am
jährlichen Entscheid über die bedingte Entlassung beteiligten Gerichtspersonen
ist nicht einzutreten. Weiter bilden die Urteile über die Anordnung der
stationären therapeutischen Massnahme nicht Anfechtungsgegenstand des
vorliegenden Verfahrens, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen der
Beschwerdeführerin, insbesondere auf die Einwände betreffend die Grundsätze "ne
bis in idem" und des Verbots der reformatio in peius, nicht einzutreten ist.

3.
Die Beschwerdeführerin verlangt die Beurteilung der Beschwerde durch
unbefangene Bundesrichter. Mangels Begründung ist darauf nicht einzutreten
(Art. 42 Abs. 1 BGG).

4.
4.1 Am 1. Januar 2007 ist der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches
in Kraft getreten. Urteile, die in Anwendung des bisherigen Rechts
ausgesprochen worden sind, werden grundsätzlich nach bisherigem Recht vollzogen
(Art. 388 Abs. 1 StGB). Die Bestimmungen des neuen Rechts über das
Vollzugsregime von Strafen und Massnahmen sowie über die Rechte und Pflichten
des Gefangenen sind auch auf Täter anwendbar, die nach bisherigem Recht
verurteilt worden sind (Art. 388 Abs. 3 StGB). Dies ist hier der Fall.
Die zuständige Behörde prüft auf Gesuch hin oder von Amtes wegen, ob und wann
der Täter aus dem Vollzug der Massnahme bedingt zu entlassen oder die Massnahme
aufzuheben ist. Sie beschliesst darüber mindestens einmal jährlich. Vorher hört
sie den Eingewiesenen an und holt einen Bericht der Leitung der
Vollzugseinrichtung ein (Art. 62d Abs. 1 StGB).

4.2 Die Vorinstanz hat zu Recht die bedingte Entlassung bzw. die Verlegung in
ein Wohnexternat (Art. 77a Abs. 3 StGB) verweigert. Zur Begründung stellt sie
auf das Gutachten von Dr. med. A.________ vom 25. Oktober 2005, auf den
Führungsbericht der Strafanstalten Hindelbank vom 11. Juni 2007, sowie auf die
Stellungnahme der Fachkommission Innerschweiz "Gemeingefährliche Straftäter"
(FKGS) vom 23. Oktober 2007 ab. Die Vorinstanz hält fest, die Berichte würden
übereinstimmend zum Ergebnis gelangen, eine Verlegung in ein Wohnexternat -
geschweige denn eine bedingte Entlassung - sei nicht zu überstürzen und mit
stützenden Trainingsmassnahmen gut vorzubereiten. Sämtliche Einschätzungen
würden davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin bei der Verlegung in ein
Wohnheim durch die sofortige Gewährung vermehrter Freiheit und Verantwortung
überfordert wäre. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatzwechsel und dem früheren
Arbeitsbeginn habe sich die festgestellte tiefe Belastungsgrenze der
Beschwerdeführerin mehrfach gezeigt. Die unbegleiteten Ausgänge/Urlaube würden
ihr ermöglichen, die Bewältigung des Alltags selbständig und in immer
grösseren, weniger durchstrukturierten Zeiträumen zu "üben". Dieser stufenweise
Vollzug und der graduelle Übergang in mehr Freiheit liege nicht zuletzt auch in
ihrem Interesse. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Abweisung der
bedingten Entlassung unter Bewilligung weiterer, stufenweise umzusetzender
Vollzugslockerungen als rechtmässig. Dies zumal die Beschwerdeführerin über
kein wirklich tragfähiges soziales Netz verfüge (vgl. angefochtenes Urteil E.
6e S. 12 f., mit Hinweisen auf die kantonalen Akten). Würde die
Beschwerdeführerin in ein Wohnheim verlegt, käme dies faktisch bereits einer
bedingten Entlassung gleich, die gerade nicht beabsichtigt sei (vgl.
angefochtenes Urteil E. 7 S. 14).
Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern
die Vorinstanz Bundesrecht verletzt. Die Beschwerdeführerin macht solches auch
nicht geltend.

5.
Demgemäss ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Binz