Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.427/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_427/2008/sst

Urteil vom 12. November 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari,
nebenamtlicher Bundesrichter Greiner,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Joachim Lerf,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Zaehringenstrasse 1, 1702 Freiburg,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafappellationshof,
vom 24. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 21. März 2007 befand das Bezirksstrafgericht Sense X.________
der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 und 2 lit.
c BetmG), begangen in der Zeit von Anfang Januar 2001 bis Ende Oktober 2002,
und des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292 StGB), begangen im
September 2005, schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 18
Monaten, unter Aufschub des Vollzugs bei einer Probezeit von vier Jahren. Das
Gericht sah es insbesondere als erstellt an, dass X.________ durch den Verkauf
seines in Litzistorf angebauten Hanfes in den Läden A.________ und B.________
in Kauf genommen hat, dass dieser Hanf als Betäubungsmittel verwendet wird. Vom
Vorwurf des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292 StGB),
angeblich begangen im Juni 2005, sprach es X.________ hingegen frei. Des
Weiteren verurteilte es X.________, dem Staat Freiburg eine Ersatzforderung von
Fr. 50'000.-- zu bezahlen, und zog die beschlagnahmten Beträge unter Anrechnung
an die Ersatzforderung ein. Der beschlagnahmte Hanf wurde zwecks Vernichtung
eingezogen.
Das Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, wies die von X.________
gegen dieses Urteil erhobene Berufung am 24. April 2008 ab und bestätige das
erstinstanzliche Urteil.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Strafappellationshofes des Kantonsgerichts Freiburg vom 24. April 2008 sei
aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen in der Zeit von Anfang Januar 2001
bis Ende Oktober 2002, freizusprechen, unter Wegfall der verfügten
Ersatzforderung. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Des Weiteren ersucht er, seiner Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer wendet sich einzig gegen seine Verurteilung wegen
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Nicht angefochten ist hingegen
der Schuldspruch wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292
StGB), begangen im September 2005.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Akkusationsprinzips. Er macht
geltend, es sei widersprüchlich und damit willkürlich, den Verkauf von Hanf als
Tee einerseits als unter lebensmittelrechtlichen Gesichtspunkten unbedenklich
und andererseits als Betäubungsmitteldelikt zu qualifizieren. Da sich die
Vorinstanzen mit diesem Argument nicht auseinandergesetzt hätten, hätten sie
die Begründungspflicht als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör
verletzt.

2.2 Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang erwogen, der Beschwerdeführer
verkenne, dass sich die Schwere des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz
aus der Qualifizierung als gewerbsmässiges Handeln herleite und nichts mit dem
THC-Gehalt des Hanfs zu tun habe. So könne denn ein schwerer Verstoss gegen das
Betäubungsmittelgesetz vorliegen und gleichzeitig ein leichter Verstoss gegen
das Lebensmittelgesetz festgestellt werden, da bei der Qualifizierung im
Lebensmittelrecht das Ausmass der Gefährdung der Gesundheit massgeblich sei.
Aufgrund der offensichtlichen Verkennung der Rechtslage durch den
Beschwerdeführer sei auch nicht ersichtlich, inwiefern die erste Instanz ihre
Begründungspflicht verletzt haben soll, indem sie sich nicht näher mit dem
Vorbringen des Beschwerdeführers befasst habe.

2.3 Der Anklagegrundsatz dient dem Schutz der Verteidigungsrechte der
angeklagten Person und konkretisiert insofern das Prinzip der Gehörsgewährung
(Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK). Der Anklageschrift kommt eine doppelte
Bedeutung zu. Zum einen dient sie der Bestimmung des Prozessgegenstandes
(Umgrenzungsfunktion), zum anderen vermittelt sie dem Angeklagten die für die
Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen
(Informationsfunktion), wobei die beiden Funktionen von gleichwertiger
Bedeutung sind (BGE 120 IV 348 E. 2c).
Der Beschwerdeführer hat zu Recht nicht behauptet, dass der Vorwurf der
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz mangelhaft formuliert worden
wäre. Es wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass der
Beschwerdeführer bei der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte gegen diesen
Vorwurf beeinträchtigt gewesen wäre. Eine Verletzung des Anklagegrundsatzes
liegt demzufolge insoweit nicht vor.
Eine Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz im Sinne eines leichten Falls
ist dem Gericht nicht zur Beurteilung überwiesen worden. Das Gericht hatte
demnach diesen Tatbestand auch nicht zu prüfen, so dass nicht feststeht, ob es
diesen bejaht hätte. Die Auffassung des Beschwerdeführers, dass eine Annahme
eines leichten Falles beim Lebensmittelgesetz eine Einordnung des Sachverhalts
beim Betäubungsmittelgesetz verhindere, ist eine blosse Subsumtionsfrage und
hat mit dem Anklageprinzip nichts weiter zu tun.

2.4 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs als persönlichkeitsbezogenes
Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in
seiner Rechtsstellung Betroffenen tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft
prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die
grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die
Begründung muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das
Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt. Nicht
erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten
einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich
widerlegt (BGE 133 III 439 E. 3.3. mit Hinweisen).
Inwiefern die Vorinstanz die Begründungspflicht verletzt haben soll, ist nicht
ersichtlich. Die Vorinstanz weist zutreffend darauf hin, dass der
Beschwerdeführer nicht eine Frage der Anwendung des Anklagegrundsatzes
aufwirft, sondern die Qualifizierung seines Verhaltens sowohl als leichten
Verstoss gegen das Lebensmittelgesetz als auch als qualifizierte Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz kritisiert. Dass sich die Vorinstanz mit
diesem nicht relevanten Argument nicht näher befasst hat, verletzt die
Begründungspflicht nicht.

2.5 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen
ohne Willkür behandelt zu werden. Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts
liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene kantonale
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht
bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere
Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheint, genügt
nicht (BGE 131 I 467 E. 3.1).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers vermag die Einstellung des
Verfahrens wegen der angeblichen Verletzung des Lebensmittelgesetzes für das
urteilende Gericht bei der Prüfung des Vorwurfs der Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz keine bindende Wirkung zu entfalten. Vorliegend hat die
Vorinstanz den Sachverhalt zutreffend unter das Betäubungsmittelgesetz
subsumiert und dieses richtig angewendet. Im Übrigen sind die Straftatbestände
in den beiden angesprochenen Gesetzen völlig unterschiedlich formuliert und
stellen das Ergebnis gesetzgeberischer Entscheide auf Bundesebene dar, zu
welchen sich das Bundesgericht nicht zu äussern hat. Es ist demnach nicht
ersichtlich, dass der Entscheid der Vorinstanz in willkürlicher Rechtsanwendung
erfolgt wäre.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Vorinstanz habe seinen
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da sie seinen Beweisantrag, Dr. med.
C.________ Kantonsarzt des Kantons Basel-Stadt, und Dr. iur. D.________,
Abteilungsleiterin der Gesundheitsdienste, als Zeugen einzuvernehmen,
abgewiesen habe. Der Beschwerdeführer präzisiert, die beiden Personen hätten
sich zu dem von ihnen verfassten Schreiben des Sanitätsdepartements des Kantons
Basel-Stadt von April 2002 äussern können. Für jeden unbefangenen Leser dieses
Schreibens sei nämlich offensichtlich, dass die lokalen Behörden den Verkauf
von Cannabis-Produkten unter gewissen Bedingungen tolerierten. Mit der
Abweisung seines Beweisantrags sei es ihm im Ergebnis verunmöglicht worden,
sein fehlendes Unrechtsbewusstsein im Zeitpunkt der Tat aufzuzeigen und sich
auf Art. 21 StGB zu berufen. Schliesslich habe die Vorinstanz in Verletzung der
Begründungspflicht nicht dargelegt, weshalb die Hanfpolitik des Kantons
Basel-Stadt nicht massgeblich gewesen sein soll.

3.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die erste Instanz habe in ihrem Urteil zum
Schreiben des Sanitätsdepartements des Kantons Basel-Stadt von April 2002
Stellung bezogen und klargestellt, dass der Beschwerdeführer nicht davon habe
ausgehen können, dass die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes keine
Anwendung fänden, sei doch in besagtem Schreiben ausdrücklich darauf
hingewiesen worden, dass der Verkauf von Cannabis nach wie vor verboten sei.
Die Vorinstanz betont weiter, das Recht, Entlastungszeugen zu laden und zu
befragen, sei relativer Natur. Das Gericht könne Begehren auf Befragung von
Entlastungszeugen abweisen, wenn es in antizipierter Beweiswürdigung zum
Schluss gelange, diese Einvernahmen würden keine weiteren entscheiderheblichen
Erkenntnisse bringen. Die damalige lokale Hanfpolitik, zu welcher sich die
beiden Zeugen hätten äussern können, sei für die rechtliche Beurteilung des
Sachverhalts jedoch nicht von Bedeutung. Die erste Instanz habe daher ohne
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör den Beweisantrag des
Beschwerdeführers abweisen können.

3.3 Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt, dass das Gericht rechtzeitig
und formrichtig angebotene erhebliche Beweismittel abzunehmen hat. Es kann
jedoch einen Beweisantrag ablehnen, wenn es willkürfrei annehmen durfte, dass
weitere Beweisvorkehren an der Würdigung der bereits abgenommenen Beweise
voraussichtlich nichts mehr ändern würden bzw. für den Ausgang des Verfahrens
nicht von Bedeutung sind (BGE 131 I 153 E. 3).
Der Entscheid der Vorinstanz, auf die Einvernahme der beiden beantragten Zeugen
zu verzichten, ist nicht zu beanstanden. Wie die Vorinstanz zu Recht erörtert
hat, ergibt sich aus dem Schreiben des Sanitätsdepartements des Kantons
Basel-Stadt von April 2002, dass der Handel mit und der Verkauf von Cannabis
nach wie vor verboten sind. Bei dieser Formulierung bestand mithin für die
Leser kein Interpretationsspielraum, weshalb die Vorinstanz willkürfrei
annehmen durfte, dass sich durch die Befragung der beiden Verfasser des
Schreibens am Beweisergebnis nichts geändert hätte.
Die Vorinstanz hat zudem zutreffend erwogen, dass die Drogenpolitik des Kantons
Basel-Stadt für die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht massgeblich ist
und dieser sich gestützt auf die vorinstanzlichen Ausführungen ohne weiteres
ein Bild machen konnte, welche Überlegungen das Gericht seinem Entscheid
zugrunde gelegt hat. Eine Verletzung der Begründungspflicht als Ausfluss des
Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt damit nicht vor. Im Übrigen beruft sich
der Beschwerdeführer anders als im vorinstanzlichen Verfahren nicht mehr auf
Rechtsirrtum.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer sieht schliesslich Art. 44 StGB als verletzt an, da
die ausgesprochene Probezeit von vier Jahren unverhältnismässig lange sei. Sein
Alter und die Tatsache, dass er nicht vorbestraft sei, sprächen für eine kurze
Bemessung der Probezeit, und aus dem angefochtenen Entscheid gehe in keiner
Weise hervor, weshalb seine Persönlichkeit und sein Charakter eine solch lange
Probezeit rechtfertigen würden. Das Urteil betreffe zudem Handlungen, welche
einige Jahre zurücklägen. Das gegen ihn geführte Strafverfahren für die
Zeitperiode nach Oktober 2002 sei rechtskräftig eingestellt worden. Damit habe
er den Tatbeweis erbracht, dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit
sehr wohl an die Gesetze halten könne.

4.2 Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Beschwerdeführer baue nach wie vor Hanf
an, weshalb die Gefahr, rückfällig zu werden, latent vorhanden sei. Im
September 2005 habe der Beschwerdeführer zudem entgegen einer behördlichen
Verfügung 1'200 Hanfpflanzen geerntet. Von einem Wohlverhalten seit mehr als
fünf Jahren könne somit keine Rede sein. Eine Probezeit von vier Jahren sei
daher angemessen.

4.3 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so
bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren (Art. 44
Abs. 1 StGB).
Welche Bewährungsfrist innerhalb dieses Rahmens als angemessen zu gelten hat,
entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der
Persönlichkeit und dem Charakter des Verurteilten sowie der Gefahr seiner
Rückfälligkeit. Je grösser diese Gefahr ist, desto länger ist die Probezeit zu
bemessen.
Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass der Beschwerdeführer des
Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung (Art. 292 StGB), begangen im
September 2005 im Zusammenhang mit dem Nichtbefolgen von Weisungen für den von
ihm getätigten Hanfanbau, schuldig gesprochen worden ist. Damit bestehen
gewisse Zweifel an seinem künftigen Wohlverhalten, zumal er offenbar weiterhin
Hanf anbaut. Mit der Festsetzung der Probezeit auf vier Jahre hat die
Vorinstanz deshalb das ihr zustehende Ermessen nicht überschritten.

5.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache wird das
Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg,
Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner