Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.405/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_405/2008/sst

Urteil vom 12. Dezember 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Benno Wild,

gegen

A.Y.________,
B.Y.________,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Alois Näf,
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Schadenersatz, Parteientschädigung, Einziehung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
23. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 26. Januar 2006 befand das Kreisgericht Rheintal A. und
B.Y.________ im Anklagepunkt "L.________ und Nachfolgegesellschaften (insb.
Gesellschaft 3.________)" des gewerbsmässigen Betrugs und der gewerbsmässigen
Geldwäscherei schuldig. Gleichzeitig verpflichtete es sie, unter anderem für
die Zivilforderung von J.________ in der Höhe von Fr. 71'042.80 (zuzüglich
Zinsen zu 4% seit dem 12. September 1996) aufzukommen und diesem eine
Parteientschädigung von Fr. 1'237.70 zu bezahlen.

B.
Auf Berufung von A. und B.Y.________ sowie auf Anschlussberufung der
Staatsanwaltschaft hin sprach das Kantonsgericht St. Gallen mit Urteil vom 23.
Januar 2008 A. und B.Y.________ in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids
im Anklagepunkt "L.________ und Nachfolgegesellschaften (insb. Gesellschaft
3.________)" des gewerbsmässigen Betrugs und der gewerbsmässigen Geldwäscherei
schuldig (Dispositiv-Ziffer 2 und 4; vgl. insb. Urteil S. 65 - 68, S. 76 - 82,
S. 92 - 95, S. 166 f.). Die Zivilforderungen verwies es hingegen auf den Weg
des Zivilprozesses (Dispositiv-Ziffer 7; vgl. Urteil S. 154 - 161, S. 168).

C.
Am 23. Mai 2008 erhob J.________ Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, A.
und B.Y.________ seien zu verpflichten, ihm den erstinstanzlich zugesprochenen
Schadenersatz und die entsprechende Parteientschädigung zu bezahlen. Die
eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös
respektive die Ersatzforderungen respektive die bezahlten Geldstrafen oder
Bussen seien zu seinen Gunsten zu verwenden. Eventualiter sei die Justiz des
Kantons St. Gallen zu verpflichten, das Verfahren nach Art. 73 Abs. 3 StGB
durchzuführen.

D.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt die Gutheissung der
Beschwerde. Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme zur Beschwerde
verzichtet. A. und B.Y.________ beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit
darauf einzutreten sei.
Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 73 Abs. 3 StGB. Er
bringt vor, nachdem er als Geschädigter seine Ansprüche im kantonalen Verfahren
nicht nur rechtzeitig angemeldet und belegt, sondern auch die Verwendung zu
seinen Gunsten im Sinne von Art. 60 aStGB bzw. Art. 73 StGB beantragt habe,
widerspreche es Art. 73 Abs. 3 StGB, diesen Anspruch mit der Begründung nicht
zu behandeln, man habe die Schadenersatzansprüche auf den Zivilweg verwiesen
(Beschwerde S. 5 ff.).

1.2 Die Vorinstanz hat erwogen, da die Zivilforderungen mangels hinreichender
Substantiierung auf den Zivilweg zu verweisen seien, könne vorliegend auch
keine Verwendung zugunsten von Geschädigten im Sinne von Art. 73 StGB
angeordnet werden. Sobald Geschädigte über einen rechtskräftigen Titel gegen
die Angeklagten verfügten, könnten sie unter den Voraussetzungen von Art. 73
StGB bei der Staatsanwaltschaft um Zusprache der entsprechenden Vermögenswerte
ersuchen (angefochtenes Urteil S. 153; vgl. ferner S. 154 - 161).
1.3
1.3.1 Wird wie vorliegend die unrichtige Anwendung von Art. 73 StGB behauptet,
ist die Beschwerde in Strafsachen zulässig (vgl. Urteil des Bundesgerichts
6B_344/2007 vom 1. Juli 2008, E. 1.4; vgl. auch BGE 126 I 97 E. 1a; Niklaus
Schmid (Hrsg.), Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei;
Band I, 2. Aufl. 2007, Art. 73 StGB N. 89).
1.3.2 Nach Art. 73 StGB mit der Marginalie "Verwendung zu Gunsten des
Geschädigten" spricht das Gericht derjenigen Person, die durch ein Verbrechen
oder ein Vergehen einen Schaden erleidet, der nicht durch eine Versicherung
gedeckt ist, auf deren Verlangen bis zur Höhe des Schadenersatzes bzw. der
Genugtuung, die gerichtlich oder durch Vergleich festgesetzt worden sind, unter
anderem die vom Verurteilten bezahlte Geldstrafe oder Busse (Abs. 1 lit. a),
die eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös
unter Abzug der Verwertungskosten (Abs. 1 lit. b) oder die Ersatzforderungen
(Abs. 1 lit. c) zu, wenn anzunehmen ist, dass der Täter den Schaden nicht
ersetzen wird oder eine Genugtuung nicht leisten wird. Das Gericht kann die
Verwendung zugunsten des Geschädigten jedoch nur anordnen, wenn der Geschädigte
den entsprechenden Teil seiner Forderung an den Staat abtritt (Abs. 2). Die
Kantone sehen für den Fall, dass die Zusprechung nicht schon im Strafurteil
möglich ist, ein einfaches und rasches Verfahren vor (Abs. 3).
1.3.3 Die Zuweisung nach Art. 73 StGB setzt voraus, dass der Schadenersatz oder
die Genugtuung in einem Straf- oder Zivilverfahren rechtskräftig zugesprochen
oder durch Vergleich festgesetzt worden ist (Schmid, a.a.O., Art. 73 N. 56 f.;
Florian Baumann, Basler Kommentar StGB I, 2. Aufl. 2007, Art. 73 N. 6). Da im
vorliegenden Fall eine Beurteilung der Zivilforderungen im Strafverfahren und
somit ein akzessorisches Urteil über die Schadenersatzforderungen im
Strafverfahren nicht möglich war, konnten die kantonalen Instanzen auch nicht
über die Verwendung von Vermögenswerten zugunsten der Geschädigten entscheiden
(vgl. Urteil des Bundesgerichts 6S.203/2004 vom 15. Juni 2006, E. 4.1). Die
Beschwerde ist insoweit unbegründet.
1.3.4 Ebenfalls als unbegründet erweist sich die Beschwerde, soweit der
Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe Art. 73 Abs. 3 StGB zu
Unrecht nicht angewendet. Art. 73 Abs. 3 StGB richtet sich als
Gesetzgebungsauftrag allein an den Gesetzgeber. Die Bestimmung ist nicht direkt
anwendbar, der Verfahrensbetroffene kann mithin daraus keine Ansprüche auf ein
besonderes Verfahren oder auf eine adhäsionsweise Beurteilung der
Zivilforderungen im Strafverfahren ableiten (vgl. Urteil des Bundesgerichts
6S.203/2004 vom 15. Juni 2006, E. 4.2; Schmid, a.a.O., Art. 73 N. 67).

2.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dieser hat den Beschwerdegegnern eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Dezember 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner