Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.368/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_368/2008/sst

Urteil vom 4. September 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari,
Gerichtsschreiber Briw.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwältin Antigone Schobinger,

gegen

Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Amtsleitung, Feldstrasse 42, 8090
Zurich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Begleitete therapeutische Ausgänge,

Beschwerde gegen die Verfügung
der Direktion der Justiz und des Innern
des Kantons Zürich vom 26. März 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ verbüsste zwischen 1974 und April 1981 mehrere Strafen wegen
Diebstahls. Am 14. Februar 1986 wurde er wegen vorsätzlicher schwerer
Körperverletzung zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt, weil er einer
Prostituierten mit einem Messer in den Bauch gestochen hatte. Aus diesem
Strafvollzug wurde er im Dezember 1987 entlassen.
Am 4. November 1989 tötete er eine neunzehnjährige Prostituierte durch
insgesamt 37 Stich- und Schnittverletzungen (BGE 123 IV 1, Sachverhalt). In der
Folge einer zweiten bundesgerichtlichen Rückweisung zur Neubeurteilung (Urteil
6S.325/1992 vom 22. Sept. 1993 und BGE 123 IV 1) verurteilte ihn das
Obergericht des Kantons Zürich am 7. Mai 1998 wegen Mordes zu 12 Jahren
Zuchthaus, ordnete die Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB an und
schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf.

B.
Vom Juni 2000 bis April 2006 nahm X.________ in der Strafanstalt an einem durch
den Psychiatrisch-Psychologischen Dienst des Amtes für Justizvollzug des
Kantons Zürich (PPD) durchgeführten Ambulanten Intensivprogramm für Sexual- und
Gewaltstraftäter teil. Er befand sich in der hochfrequenten Gruppe der
Sexualstraftäter (AIP 2000), welche wöchentlich mehrere Stunden
deliktorientierte Gruppenpsychotherapie, Einzeltherapie sowie Sozialtraining
absolvierte. Anschliessend wechselte er im Zusammenhang der Überführung des AIP
in die therapeutische Regelversorgung in ein ergänzendes Gruppenangebot mit
deutlich reduziertem Setting, d.h. einer wöchentlichen Gruppentherapie, ergänzt
durch eine Einzeltherapie und sporadisch durchgeführte begleitete
therapeutische Ausgänge.
Mit Verfügung des Sonderdienstes des Amtes für Justizvollzug (Sonderdienst) vom
4. Dezember 2003 wurde ihm gestützt auf eine positive Stellungnahme der
Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats (Fachkommission) ein
erster Vollzugslockerungsschritt in Form von therapeutischen Einzelausgängen
gemäss Stufe I des AIP-Konzepts vom 26. Juli 2001 mit Auflagen bewilligt. Dazu
hält die Präsidentin der Fachkommission in ihrem Schreiben vom 30. November
2007 an den Justizvollzug des Kantons Zürich fest, dass die Fachkommission in
ihrer Stellungnahme vom 7. Mai 2003 begleitete Ausgänge der Stufe I befürwortet
und weitergehende Vollzugslockerungen für nicht vertretbar gehalten habe.
Mit Verfügung vom 10. Februar 2006 bewilligte der Sonderdienst therapeutische
Ausgänge gemäss den Stufen II und III des AIP-Konzepts mit Auflagen. Die
Fachkommission hatte am 14. Dezember 2005 indessen auf eine Empfehlung zur
Gemeingefährlichkeit verzichtet, weil eine zuverlässige Beurteilung ohne
Information zu Art, Inhalt und Intensität der tatrelevanten Fantasien,
allfälligen Ersatzhandlungen sowie Kontrollfähigkeit nicht möglich sei.
Nach dem "Konzept der therapeutischen Ausgänge im Rahmen des Ambulanten
Intensiv-Programms (AIP)" vom 26. Juli 2001 handelt es sich bei Stufe I um
einen "Einzelausgang" mit zwei Begleitpersonen von anfänglich 3 Stunden und in
der Folge 5 Stunden Dauer. Stufe II betrifft den "Zweierausgang" mit zwei
Begleitpersonen bis maximal 8 Stunden Dauer. Stufe III berechtigt zum
"Dreierausgang" mit zwei Begleitpersonen bis maximal 8 Stunden Dauer. Bei den
Begleitpersonen handelt es sich um erfahrenes forensisches Fachpersonal.

C.
Nach einer Vollzugsunregelmässigkeit bei einem Verwahrten im Jahre 2006 wurden
die amtsinternen Abläufe eingehend untersucht und einzelne Fälle überprüft. Die
neue Amtsleitung hielt die Gewährung von therapeutischen Ausgängen gemäss den
Stufen II und III des AIP-Konzepts ohne entsprechende materielle Empfehlung der
Fachkommission für nicht verantwortbar. Das Amt für Justizvollzug verfügte
daher am 15. Oktober 2007, die X.________ betreffenden Akten hinsichtlich der
Gewährung von therapeutischen Ausgängen der Stufen II und III erneut der
Fachkommission vorzulegen, sobald das vom Obergericht in Auftrag gegebene
Gutachten vorliege und das Gericht über die Verwahrung (gemäss Ziff. 2 Abs. 2
der Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002 des
Strafgesetzbuches) Beschluss gefasst habe. Die mit Verfügung vom 10. Februar
2006 bewilligten therapeutischen Ausgänge der Stufen II und III würden bis zum
Vorliegen dieser Stellungnahme der Fachkommission sistiert.

D.
Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich wies mit Verfügung
vom 26. März 2008 den von X.________ gegen die Verfügung vom 15. Oktober 2007
geführten Rekurs ab. Zur Begründung führte sie aus:
Nach dem Strafurteil von 1998 gefährde X.________ infolge seines
Geisteszustandes die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise. Er habe
im Tatzeitpunkt unter einer ausgeprägten Störung der Sexualpräferenz im Sinne
eines Sadomasochismus mit fetischistischer Komponente und deutlicher
Progredienz sowie einer Tendenz zur ausgeprägten Ritualisierung gelitten.
Ausserdem habe als Grundstörung eine ausgeprägte kombinierte
Persönlichkeitsstörung mit dissozialen, schizoiden, ängstlich-asthenischen
sowie narzistischen Elementen bestanden. Dieses Störungsbild sei in seiner
Gesamtheit als ursächlich für das Tötungsdelikt angesehen worden, in welchem er
vor allem seine seit Jahren bestehenden und immer mehr ausgebauten paraphilen
Fantasien in die Tat umgesetzt habe. Das Störungsbild sei generell als sehr
schwer behandelbar beurteilt worden.
Nach dem letzten über ihn erstellten externen ergänzenden psychiatrischen
Gutachten vom 7. April 2003 falle er statistisch gesehen in die Gruppe der
Gewalttäter mit einem erheblich erhöhten Rückfallrisiko. Der PPD gehe in seiner
jüngsten Beurteilung der Legalprognose von einer sehr hohen bzw. deutlichen bis
sehr hohen strukturellen Rückfallgefahr aus, deren Beeinflussbarkeit generell
als sehr gering bezeichnet werde. Verglichen mit dieser Ausgangssituation
hätten durch die Teilnahme am AIP therapeutische Fortschritte erzielt werden
können, so dass derzeit ein geringes bis moderates Rückfallrisiko bestehe.
Die Überprüfung der Verwahrung sei zurzeit beim Obergericht hängig (oben E. C).
Gemäss § 56 Abs. 1 der Justizvollzugsverordnung (JVV) vom 6. Dezember 2006
würden Urlaub und Ausgang gemäss den Richtlinien der Ostschweizerischen
Strafvollzugskommission über die Ausgangs- und Urlaubsgewährung bewilligt.
Gemäss diesen Richtlinien vom 7. April 2006 über die Ausgangs- und
Urlaubsgewährung seien im geschlossenen Vollzug Ausgänge nur als Bestandteil
therapeutischer Programme zulässig. Gemäss § 70 Abs. 2 JVV würden Urlaub und
andere Vollzugslockerungen gemeingefährlichen Straftätern nur gewährt, wenn
davon ausgegangen werden könne, dass sie nicht mehr gemeingefährlich sind oder
Dritte vor einer verbleibenden Gefahr durch begleitende Massnahmen ausreichend
geschützt werden können. Die Richtlinien vom 27. Oktober 2006 über den Vollzug
von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Massnahmen bei
gemeingefährlichen Straftätern und Straftäterinnen schrieben vor, dass die
Stellungnahme der Fachkommission eingeholt werde, wenn trotz
Gemeingefährlichkeit eine Vollzugsöffnung erwogen werde.
In der Verfügung vom 10. Februar 2006 sei die Gemeingefährlichkeit nicht
verneint, aber angenommen worden, Dritte könnten bei begleiteten Ausgängen
ausreichend geschützt werden. Die Vollzugslockerung sei jedoch ohne
Stellungnahme der Fachkommission bewilligt worden (oben E. B). Die einstweilige
Sistierung der therapeutischen Ausgänge der Stufen II und III sei angesichts
des besonders hohen öffentlichen Interesses am Schutz vor besonderer
Gewaltdelinquenz geradezu geboten. Das bestellte Gutachten werde auch die
Fragen der begleiteten Ausgänge beurteilen. Es sei nicht zu beanstanden, dass
das Gutachten und der Entscheid des Obergerichts abgewartet würden.

E.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt:
1. die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern vom 26. März 2008
(Ziff. 1 des Dispositivs) aufzuheben,
2. die Vollzugsbehörden anzuweisen, die mit Verfügung vom 10. Februar 2006
bewilligten Ausgänge der Stufen II und III durchzuführen,
3. eventualiter die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen mit der Anweisung,
die Durchführung der mit Verfügung vom 10. Februar 2006 bewilligten Ausgänge zu
prüfen bzw. prüfen zu lassen, sobald das im Rahmen der Verwahrungsüberprüfung
in Auftrag gegebene Gutachten vorliege und diesfalls die Akten sobald als
möglich der Fachkommission vorzulegen,
4. die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

F.
In der Vernehmlassung verweisen die Direktion der Justiz und des Innern sowie
der Justizvollzug des Kanton Zürichs auf die angefochtene Verfügung und
beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern ist ein
kantonal letztinstanzlicher Entscheid in Strafsachen im Sinne von Art. 78 Abs.
2 lit. b in Verbindung mit Art. 80 und Art. 130 Abs. 1 BGG. Auf die Beschwerde
ist somit einzutreten.

2.
Der Beschwerdeführer rügt Verletzungen von Art. 9 BV, der persönlichen Freiheit
(Art. 10 Abs. 2 BV), des Legalitätsprinzips (Art. 36 Abs. 1 BV), des
Verhältnismässigkeitsgrundsatzes (Art. 36 Abs. 3 BV und Art. 56 Abs. 2 StGB),
des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV) sowie des rechtlichen Gehörs und des
Anspruchs auf Begründung von Verfügungen (Art. 29 Abs. 2 BV).

2.1 Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem
Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2; 133 IV
286 E. 1.4). Dieses Rügeprinzip verlangt, dass in der Beschwerdeschrift
dargelegt wird, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur
rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen.
Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein
(BGE 133 II 396 E. 3.1).

2.2 Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 9 BV als
"selbständiges verfassungsmässiges Recht" geltend macht, ist darauf
hinzuweisen, dass das allgemeine Willkürverbot für sich allein keine geschützte
Rechtsstellung für die Beschwerdelegitimation begründet (BGE 126 I 81; 129 I
217 E. 1.3; 133 I 185). Ferner ist bei der Anwendung des kantonalen Rechts,
wozu auch das Konkordatsrecht (Art. 48 BV) zählt, die Frage der
Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV) ausserhalb des Schutzbereichs
spezieller Grundrechte grundsätzlich nur unter dem Gesichtswinkel des
Willkürverbots zu prüfen (BGE 134 I 153; vgl. Matthias Oesch, Das
Verhältnismässigkeitsprinzip in der Einheitsbeschwerde, in: Anwalts-Revue 6-7/
2008 S. 271). Einschränkungen von Grundrechten unterliegen den weitergehenden
Voraussetzungen von Art. 36 BV. Art. 56 Abs. 2 StGB betrifft hingegen die
Anordnung einer Massnahme und nicht die Vollzugsmodalitäten. Die Grundzüge des
Straf- und Massnahmevollzugsrechts regelt der Vierte Titel des Allgemeinen
Teils des Strafgesetzbuchs, wobei Art. 74 StGB den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit für das gesamte Straf- und Massnahmevollzugsrecht
statuiert. In diesem Umfang unterliegt die Rechtsanwendung der gegenüber der
eingeschränkten Willkürprüfung (Art. 9 BV; Art. 106 Abs. 2 BGG) weitergehenden
freien bundesgerichtlichen Kognition (Art. 106 Abs. 1 BGG), weshalb der Rüge
der Willkür hier keine eigenständige Bedeutung mehr zukommt.

2.3 Nach den verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen (Art. 29 Abs. 2
BV) ist es nicht erforderlich, dass sich eine Behörde mit allen
Parteistandpunkten einlässlich auseinander setzt und jedes einzelne Vorbringen
ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid
wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass
sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und
ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In
diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen
sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE
134 I 83 E. 4.1). Diese Begründungsanforderungen sind erfüllt. Es ist völlig
klar, aus welchen Gründen die Verfügung vom 10. Februar 2006 sistiert wurde.

3.
Das Obergericht des Kantons Zürich verwahrte den Beschwerdeführer
weisungsgemäss gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB (BGE 123 IV 1 E. 4d). Diese
Verwahrung wird zurzeit gemäss Ziff. 2 Abs. 2 der Schlussbestimmungen der
Änderung vom 13. Dezember 2002 des Strafgesetzbuches überprüft. Das Obergericht
hat dazu ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Übergangsrechtlich
sind die Bestimmungen über die Verwahrung nach neuem Recht anwendbar (Art. 388
Abs. 3 StGB).

3.1 Die erwähnte Vollzugsunregelmässigkeit eines Verwahrten führte zu einer
allgemeinen Überprüfung der Vollzugslockerungen, insbesondere zur sofortigen
Aussetzung und Neubeurteilung der Vollzugslockerungen mit unbegleiteten
Bewegungsmöglichkeiten für alle Verwahrten im Kanton Zürich (Urteil 6B_791/2007
vom 9. April 2008, Sachverhalt). Weil eine generelle Überprüfung vorgenommen
wurde, der somit nicht alleine der Beschwerdeführer unterlag, ist insoweit
Willkür bereits von vornherein ausgeschlossen. Ihn betreffend verfügte das Amt
für Justizvollzug am 15. Oktober 2007, die Frage der therapeutischen Ausgänge
der Fachkommission vorzulegen und die am 10. Februar 2006 bewilligten
therapeutischen Ausgänge der Stufen II und III bis zum Vorliegen dieser
Stellungnahme der Fachkommission zu sistieren (oben E. C).
Die Sistierungsverfügung vom 15. Oktober 2007 bewirkte zwar eine
Schlechterstellung des Beschwerdeführers. Nachträgliche korrigierende
Entscheidungen unterliegen aber nicht dem Verschlechterungsverbot. Sie dienen
der elastischen Ausgestaltung sowie der sach- und situationsgerechten
Handhabung der Vollzugsmodalitäten. Die Vollzugsbehörden fällen solche
Entscheide nach pflichtgemässen Ermessen. Negative Auswirkungen auf die
psychische Situation des Betroffenen sollen nach Möglichkeit vermieden werden.
Denn häufige Änderungen bilden Störfaktoren für die Resozialisierung. Es muss
auf eine gewisse Stetigkeit der Entwicklung und der Verhältnisse hingearbeitet
werden. Ausgestaltung und Vollzug einer Verwahrung bereiten indessen besondere
Schwierigkeiten (Marianne Heer, Strafrecht I, Basler Kommentar, 2. Auflage,
Basel 2007, Art. 90 N. 23).
Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz (Art. 9 BV) verleiht einen Anspruch
auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder
sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden. Er setzt
weiter voraus, dass gestützt auf berechtigtes Vertrauen nicht mehr rückgängig
zu machende nachteilige Dispositionen getroffen wurden und dass nicht
überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (BGE 129 I 161 E. 4.1). Der
Beschwerdeführer kann sich zwar auf ein durch die Verfügung vom 10. Februar
2006 begründetes Vertrauen berufen. Solche Verfügungen unterliegen aber der
kontinuierlichen Anpassung an die Vollzugsrealitäten, so dass mit Abänderungen
gerechnet werden muss. Insbesondere kann dem Vertrauen auf den Bestand einer
Vollzugsmodalität kein Vorrang vor den Notwendigkeiten der öffentlichen
Sicherheitsinteressen eingeräumt werden. Daran vermöchten auch Dispositionen
des Beschwerdeführers nichts zu ändern.

3.2 Der Beschwerdeführer zählt aufgrund seines sich in der Anlasstat und seinem
Vorverhalten manifestierenden Störungsbildes zu der Kategorie der besonders
gefährlichen Sexual- und Gewaltstraftäter (vgl. auch BGE 123 IV 1 E. 3a).
Allerdings unterzog er sich in der Zwischenzeit einer therapeutischen
Behandlung. Deren Wirkung wird zurzeit gutachterlich untersucht.
Die Erforschung der Täterpersönlichkeit, insbesondere ihrer Gefährlichkeit, ist
das zentrale Problem des Massregelvollzugs, weil es stets um diese
Gefährlichkeit bzw. ihre Abwehr geht (Heinz Schöch, Strafgesetzbuch, Leipziger
Kommentar, 12. Auflage, Berlin 2008, Vor § 61 N. 28). Individuelle
Kriminalprognosen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen über das künftige
Legalverhalten von Personen. Somit gibt es, wie dieser Autor darlegt (a.a.O.,
N. 145), prinzipiell keine sicheren Prognosen und damit keine einfachen Ja/
Nein-Antworten. Die Beantwortung dieser Frage konfrontiert Entscheidungsträger
mit ausserordentlichen Schwierigkeiten (dazu Heer, a.a.O., Art. 64 NN. 46 ff.).
Auch ist davon auszugehen, dass Gefährlichkeitsprognosen lediglich für den
Zeitraum eines Jahres relativ zuverlässig gestellt werden können (BGE 128 IV
241 E. 3.4). Entsprechend bedarf es bei jener Täterkategorie, zu welcher der
Beschwerdeführer gehört, der vertieften Abklärung der Gemeingefährlichkeit
(Art. 75a Abs. 3 StGB). Daran ändert nichts, dass es vorliegend nicht um eine
eigentliche Vollzugsöffnung gemäss dem (nicht abschliessenden) Wortlaut von
Art. 75a Abs. 2 StGB geht. Vollzugslockerungen wie die therapeutischen Ausgänge
müssen ebenfalls gesichert werden. Die erwähnte Richtlinie vom 27. Oktober 2006
zählt in Ziff. 2.2 denn auch in vertretbarer Weise begleitete und unbegleitete
Ausgänge zu den Vollzugsöffnungen. Bei Verwahrten stehen die besondere
Gefährlichkeit und der Schutz der Allgemeinheit vor besonderer Gewaltdelinquenz
im Zentrum des Interesses (Heer, a.a.O., Art. 75a N. 9). Diese Tatsache
determiniert die Vollzugssituation und damit letztlich jede Vollzugsverfügung
vollumfänglich.

3.3 Der Beschwerdeführer wendet insbesondere ein, die Vorinstanz entscheide
willkürlich, wenn sie die Prüfung der Gefährlichkeit bzw. die Aktenüberweisung
an die Fachkommission vom Vorliegen des bestellten Gutachtens abhängig mache.
Sie verletze die persönliche Freiheit durch Verstoss gegen das
Legalitätsprinzip und den Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 36 Abs. 1 und 3
BV). Denn schwere Eingriffe in die persönliche Freiheit, wie das vorliegend der
Fall sei, bedürften einer rechtlichen Grundlage in Form eines Gesetzes im
formellen Sinn. Die Richtlinien der Ostschweizer Strafvollzugskommission
genügten diesen Anforderungen nicht. Der mit der Sistierung der therapeutischen
Ausgänge verbundene Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte sei im Hinblick auf
die "extrem geringe Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten" unverhältnismässig.
3.3.1 Für den Straf- und Massnahmevollzug sind die Kantone zuständig, soweit
das Gesetz nichts anderes vorsieht (Art. 123 Abs. 2 BV). Die Art. 74 ff. StGB
regeln nur die Grundzüge des Straf- und Massnahmevollzugs. Der Vollzug wird
durch das kantonale Recht näher bestimmt, so durch das Ostschweizer
Strafvollzugskonkordat, dessen oberstes Organ die Strafvollzugskommission ist,
die aus je einem Vertreter der beteiligten Kantone und damit auch des Kantons
Zürich zusammengesetzt ist. Diese Kommission ist befugt, Richtlinien zu
erlassen. Art. 48 BV ermächtigt die Kantone zum Abschluss solcher Konkordate.
Die auf dem ergänzenden kantonalen Recht beruhenden Freiheitsbeschränkungen
müssen in einem kantonalen Gesetz oder Reglement festgelegt sein. Sie bedürfen
mithin gemäss Art. 36 BV der gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein
öffentliches Interesse oder durch den Schutz der Grundrechte Dritter
gerechtfertigt sein, sie müssen verhältnismässig sein und dürfen den Kerngehalt
der Grundrechte nicht antasten. In ihrem Schutzgehalt knüpfen Kerngehalte der
Grundrechte an die Garantie der Menschenwürde von Art. 7 BV an und
konkretisieren jene Aspekte menschlicher Würde, deren Antastung keinem Menschen
zugemutet werden darf (Markus Schefer, Beeinträchtigung von Grundrechten, in:
Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier, Handbuch der Grundrechte, Band VII/2,
Heidelberg/Zürich/St. Gallen 2007, S. 184). Das Bundesgericht beurteilt diese
Fragen aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls (BGE 131 I 425 E. 6.1).
3.3.2 Vorliegend beruht die Einschränkung der persönlichen Freiheit auf Art. 43
Ziff. 1 Abs. 2 aStGB. Es ist sodann nicht ersichtlich, inwiefern die
kantonalrechtlichen gesetzlichen Vollzugsgrundlagen den verfassungsrechtlichen
Anforderungen nicht genügen sollten (vgl. BGE 129 I 74 E. 4.2 und 4.3
hinsichtlich der Glaubens- und Gewissensfreiheit). Der Beschwerdeführer stellt
die Gesetzmässigkeit von § 56 Abs. 1 und § 70 Abs. 2 JVV (oben E. D) nicht in
Frage (oben E. 2.1). Die erwähnten zwei Richtlinien vom 7. April und 27.
Oktober 2006 der Ostschweizer Strafvollzugskommission verweisen auf die
gesetzlichen Grundlagen im Strafgesetzbuch und finden ihre Stütze weiter in der
Justizvollzugsverordnung vom 6. Dezember 2006 (in deren Anhang sie aufgeführt
sind), die sich ihrerseits insbesondere auf das Straf- und Justizvollzugsgesetz
(StJVG) des Kantons Zürich vom 23. Juni 2006 stützt. Die Richtlinien verbleiben
jedenfalls im zu beurteilenden Umfang auch inhaltlich im Rahmen des
übergeordneten Rechts, so dass darauf nicht weiter einzutreten ist.
Insbesondere wurde auch die Fachkommission mit Richtlinie vom 27. Oktober 2006
in Ausführung von Art. 62d Abs. 2 StGB geschaffen.
3.3.3 Es kann offen bleiben, ob die Sistierung der therapeutischen Ausgänge der
Stufen II und III überhaupt als schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit
zu betrachten ist, wie das der Beschwerdeführer annimmt. Im Massnahmevollzug
ergeben sich im öffentlichen Interesse liegende Freiheitsbeschränkungen aus dem
Zweck dieser Institution. Über das hierzu erforderliche Mass dürfen sie aber
nicht hinausgehen (BGE 129 I 74 E. 4.2). Das Gebot der Verhältnismässigkeit
gemäss Art. 36 Abs. 3 BV verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das
Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Zieles geeignet
und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der
Grundrechtseinschränkung als zumutbar und verhältnismässig erweist.
Erforderlich ist eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation. Eine Massnahme ist
unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren
Grundrechtseingriff erreicht werden kann (BGE 132 I 49 E. 7.2 S. 62).
Die Prüfung der Verhältnismässigkeit der Sistierungsverfügung wird naturgemäss
stark durch das besondere Rechtsverhältnis der Verwahrungssituation des
Beschwerdeführers geprägt. Wie oben dargelegt, stehen sämtliche
Vollzugslockerungen für den Beschwerdeführer unter dem Vorbehalt seiner
besonderen Gefährlichkeit. Hier liegt der Sachverhalt vor, dass die Frage der
Gemeingefährlichkeit heute nicht eindeutig beantwortet werden kann. In diesem
Fall muss gemäss Ziff. 3.1 lit. b der Richtlinie vom 27. Oktober 2006 die
Stellungnahme der Fachkommission eingeholt werden (vgl. auch Art. 75a Abs. 1
lit. b StGB). Diese auch der rechtsgleichen Rechtsanwendung dienenden Regeln
sind zu beachten. Für die bewilligten Ausgänge der Stufen II und III fehlte die
Stellungnahme der Fachkommission. In ihrer Stellungnahme vom 7. Mai 2003 hatte
sie über die Stufe I hinausgehende Vollzugslockerungen für nicht vertretbar
gehalten (oben E. B).
Aufgrund der Einstufung als gemeingefährlich ist die persönliche Freiheit des
Beschwerdeführers von Gesetzes wegen massiv eingeschränkt. Vollzugslockerungen
bedürfen der Rechtfertigung. Dem Beschwerdeführer sind therapeutische Ausgänge
der Stufe I bewilligt worden. Therapeutische Ausgänge der Stufen II und III
führen zu einer quantitativen und qualitativen Ausweitung der
Bewegungsfreiheit. Deren Bewilligungsfähigkeit ist primär eine Frage der
Einstufung seiner Gefährlichkeit. Erst in zweiter Linie ist zu prüfen, ob diese
Ausgänge hinreichend gesichert werden können. Auch müssen Vollzugsöffnungen und
Sicherheitsmassnahmen in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Allerdings würde
ein allzu einengendes Sicherheitsdispositiv Sinn und Zweck der therapeutischen
Ausgänge entgegenstehen, da das AIP-Konzept 2001 von dem Postulat ausgeht, dass
in einem Behandlungssetting erreichte Fortschritte der Überprüfung, Erprobung,
Erweiterung und Stabilisierung in einem "In-vivo-Setting" bedürfen, um
dauerhaft zu sein. Dieses Konzept geht mithin bewusst gewisse notwendige
vertretbare Risiken ein.
§ 70 Abs. 2 JVV schreibt aber richtigerweise vor, dass Vollzugslockerungen
solchen Verurteilten nur gewährt werden können, wenn davon ausgegangen werden
kann, dass a) sie nicht mehr gemeingefährlich sind oder b) Dritte vor einer
verbleibenden Gefahr durch begleitende Massnahmen ausreichend geschützt werden
können. Kann nun entgegen dem Beschwerdeführer weder einfach davon ausgegangen
werden, dass er nicht mehr gemeingefährlich ist, noch dass sich die
verbleibende Gefahr eindeutig beantworten lässt, verbleibt kein anderer Weg,
als weitergehende Vollzugslockerungen zu sistieren, bis diese Frage hinreichend
geklärt ist. Hinreichend geklärt ist diese Problematik aber erst mit dem
Vorliegen des auf das neue Gutachten gestützten Gerichtsurteils. Denn die
Beurteilung der Gemeingefährlichkeit ist eine Rechtsfrage. Damit erweist sich
die Sistierung als verhältnismässig im Sinne der Geeignetheit und
Erforderlichkeit. In Abwägung der berührten Interessen, wobei den öffentlichen
Sicherheitsinteressen überwiegendes Gewicht zukommt, ist diese Massnahme dem
Beschwerdeführer auch ohne weiteres zumutbar. Sie trifft ihn weder in
unzumutbarer Härte noch tastet sie die Kerngehaltsgarantie seiner im Sinne von
Art. 36 Abs. 4 BV geschützten Grundrechtsposition im Rahmen seines besonderen
Rechtsverhältnisses an. Schliesslich ist nicht zu übersehen, dass ihm
therapeutische Ausgänge der Stufe I bewilligt sind, so dass weiterhin eine
privilegierte Situation besteht.

3.4 Das angefochtene Urteil ist somit nicht zu beanstanden. Weiter ist nicht
ersichtlich, wie das Bundesgericht ohne hinreichende Grundlagen für die
Gefährlichkeitsprüfung die Vollzugsbehörden anweisen sollte, die Ausgänge
entsprechend der sistierten Verfügung durchzuführen (Rechtsbegehren Ziff. 2).
Schliesslich lässt sich die Beschwerde auch nicht im Eventualpunkt gutheissen
(Rechtsbegehren Ziff. 3). Dieses Begehren entspricht inhaltlich im Wesentlichen
der von den Vollzugsbehörden festgelegten Vorgehensweise. Diese werden nach
Vorliegen des Gerichtsurteils die Frage der therapeutischen Ausgänge neu
beurteilen. Auf die diesbezügliche Kritik ist nach dem Gesagten nicht mehr
weiter einzutreten.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege kann gutgeheissen werden. Es sind keine
Gerichtskosten zu erheben und die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers ist
aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin Antigone
Schobinger, wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Direktion der Justiz und des Innern des
Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. September 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Briw