Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.366/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_366/2008, 6B_367/2008/sst

Urteil vom 10. Oktober 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Zünd,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Albrecht,

gegen

A.________,
B.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Jeanne DuBois,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

Gegenstand
Mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 11. Dezember 2006, und gegen den Zirkulationsbeschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 2. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Am 15. Juli 1999 erhob die Bezirksanwaltschaft Bülach gegen X.________ Anklage
u.a. wegen mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern sowie wegen mehrfacher
sexueller Nötigung. Diesen Vorwürfen liegt im Wesentlichen der folgende
Sachverhalt zu Grunde:
Im Zeitraum vom Mai 1997 bis zum 1. Juli 1997 habe der Angeklagte X.________ zu
nicht mehr bestimmbaren Gelegenheiten und an nicht mehr bestimmbaren Tagen,
jedoch mehrmals und oft über mehrere Tage hinweg, die Brüder A.________ (geb.
am 1. August 1989) und B.________ (geb. am 12. September 1988) zu sich in die
Wohnung genommen, wobei die beiden Knaben jeweils bei ihm übernachtet hätten.
Dies sei - zumindest bis zur Klinikeinweisung der Mutter im Juni 1997 - in
ihrem Einverständnis erfolgt. Dabei sei es zu einer Vielzahl von sexuellen - im
Einzelnen nicht mehr bestimmbaren - Handlungen gekommen, wobei der Angeklagte
die beiden Knaben unter Anwendung von Gewalt und durch psychischen Druck
jeweils zum Widerstand unfähig gemacht habe.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 28. Oktober 1999 wurde X.________
u.a. der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern sowie der mehrfachen
sexuellen Nötigung schuldig gesprochen und mit 6 ½ Jahren Zuchthaus bestraft;
zudem wurde die Verwahrung angeordnet.
Auf Berufung hin entschied das Obergericht des Kantons Zürich am 27. Juni 2000,
es seien noch weitere Beweise abzunehmen und die Sache sei an die Vorinstanz
zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 15. November 2001 bestätigte das Bezirksgericht Bülach im
Wesentlichen sein erstes Urteil und reduzierte lediglich die ausgesprochene
Freiheitsstrafe auf 6 Jahre Zuchthaus.

B.
Auf erneute Berufung von X.________ hin sprach ihn das Obergericht des Kantons
Zürich mit Urteil vom 16. Mai 2002 von der Anklage der mehrfachen sexuellen
Handlungen mit Kindern und der mehrfachen sexuellen Nötigung frei, verurteilte
ihn aber wegen anderer Delikte zu 18 Monaten Gefängnis. Zur Begründung führte
das Obergericht im Wesentlichen aus, die Aussagen von A.________ und B.________
seien nicht verwertbar, weil der Angeklagte ihnen keine Ergänzungsfragen
stellen konnte; der Mangel lasse sich auch nicht mehr beheben, da eine erneute
Befragung nach so langer Zeit und aufgrund von Sekundäreinflüssen keine
zuverlässigen und schlüssigen Resultate mehr erbringen könnte. Und selbst wenn
von einer Verwertbarkeit der Aussagen auszugehen wäre, liessen sich Zweifel
nicht ausräumen, da die Kinder zahlreichen und vielschichtigen
Sekundäreinflüssen und suggestiven Fragen ausgesetzt gewesen seien. Es wäre
daher ein Gutachten zum Aussageverhalten erforderlich gewesen. Ein solches
könne aber nach beinahe fünf Jahren nicht mehr zu einem schlüssigen Ergebnis
führen.
Auf Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und der Geschädigten hin hob
das Kassationsgericht des Kantons Zürich das Urteil des Obergerichts mit
Beschluss vom 22. August 2003 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an das
Obergericht zurück. Das Kassationsgericht bestätigte zwar, dass mangels der
Möglichkeit des Angeklagten, den Zeugen Ergänzungsfragen zu stellen, deren
Aussagen nicht verwertbar seien; doch könne eine Beweisergänzung willkürfrei
nicht abgelehnt werden, weil antizipiert nicht ausgeschlossen werden könne,
dass sich die Zeugen erinnern und glaubhafte Aussagen machen würden, was auch
ihre früheren Aussagen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte; ebenso
wenig lasse sich, bevor die Kinder noch einmal ausgesagt hätten, der Beweiswert
eines Gutachtens ausschliessen.

C.
Nach Durchführung einer (weiteren) Befragung der beiden Kinder und Einholung
eines aussageanalytischen Gutachtens sowie eines ergänzenden psychiatrischen
Gutachtens über den Angeklagten sprach das Obergericht des Kantons Zürich mit
Urteil vom 11. Dezember 2006 X.________ der mehrfachen sexuellen Handlungen mit
Kindern, der mehrfachen sexuellen Nötigung sowie der mehrfachen
Freiheitsberaubung schuldig (auf weitere Anklagepunkte trat es infolge
Eintritts der Verjährung nicht ein oder bestätigte den Freispruch des
Bezirksgerichts) und bestrafte ihn mit Zuchthaus von fünf Jahren, unter
Anrechnung von 1771 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Zudem ordnete das
Obergericht eine ambulante Massnahme an und schob den Freiheitsentzug zu diesem
Zwecke auf.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen dieses Urteil wies das Kassationsgericht des
Kantons Zürich mit Beschluss vom 2. April 2008 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
X.________ reichte am 9. Mai 2008 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen
ein. Die Beschwerde richtet sich sowohl gegen den Beschluss des
Kassationsgerichts vom 2. April 2008 als auch gegen das Urteil des Obergerichts
vom 11. Dezember 2006. Er beantragt, die beiden Entscheide aufzuheben und die
Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Zudem beantragt er
die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

E.
Vernehmlassungen hat das Bundesgericht nicht eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das
Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Dieses
ist auf Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht nur anwendbar, wenn auch der
angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes
ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Das Urteil des Obergerichts wurde vor, der
Entscheid des Kassationsgerichts nach dem Inkrafttreten des
Bundesgerichtsgesetzes gefällt.
Der Beschluss des Kassationsgerichts ist ein kantonal letztinstanzlicher
Endentscheid in Strafsachen, gegen den die Beschwerde in Strafsachen zulässig
ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG).
2. Allerdings handelt es sich bei der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde an das
Kassationsgericht des Kantons Zürich um ein Rechtsmittel, mit dem nicht alle
Rügen überprüft werden, welche dem Bundesgericht unterbreitet werden können.
Sie ist zulässig namentlich wegen Verletzung gesetzlicher Prozessformen (§ 430
Ziff. 4 StPO/ZH), wegen aktenwidriger tatsächlicher Annahmen (§ 430 Ziff. 5
StPO/ZH) und grundsätzlich auch wegen Verletzung materieller
Gesetzesvorschriften (§ 430 Ziff. 6 StPO/ZH), aber gerade nicht soweit gegen
eine Entscheidung die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht wegen
Verletzung materiellen Gesetzes- und Verordnungsrechts des Bundes (§ 430b Abs.
1 StPO/ZH) gegeben ist bzw. die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des
Bundesgerichts wegen Verletzung eidgenössischen Rechts gegeben war.
Für den Fall, dass der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit einem
Rechtsmittel bei einer zusätzlichen kantonalen Gerichtsinstanz angefochten
werden kann, das nicht alle Rügen nach den Artikeln 95-98 BGG zulässt, sieht
das Bundesgerichtsgesetz in Art. 100 Abs. 6 BGG vor, dass die Beschwerdefrist
erst mit der Eröffnung des Entscheids dieser Instanz zu laufen beginnt. Das
bedeutet, dass der Beschwerdeführer mit dem Beschluss des Kassationsgerichts
noch das Urteil des Obergerichts mitanfechten kann, woran nichts ändert, dass
dieses Urteil vor Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes ergangen war und
damals hätte mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 278 BStP
angefochten werden müssen (vgl. BGE 133 III 687 E. 1.3 und 1.4; Urteil 6B_51/
2007 vom 3. September 2007, E. 1).

2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich nicht nur gegen den Entscheid des
Kassationsgerichts, sondern auch gegen jenen des Obergerichts und verlangt
dessen Aufhebung, was nach dem Gesagten grundsätzlich zulässig ist. Er erhebt
jedoch gegen das Urteil des Obergerichts keine Rüge, welche er nicht vorgängig
dem Kassationsgericht hätte unterbreiten können. Namentlich macht er mit keinem
Wort geltend, dass das Urteil des Obergerichts materielles Gesetzes- oder
Verordnungsrecht des Bundes verletzen würde, was beim Kassationsgericht des
Kantons Zürich nicht hätte gerügt werden können. Allerdings glaubt er, aufgrund
der Mitanfechtung des Urteils des Obergerichts noch Rügen erheben zu können,
die er dem Kassationsgericht zu unterbreiten unterlassen hat (Beschwerde, S.
6). Das ist nicht zutreffend, da die Beschwerde nur zulässig ist gegen
Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1 BGG), was für die
Rügen, die den Sachverhalt betreffen, die Ausschöpfung des kantonalen
Instanzenzugs erfordert. Soweit mit der Beschwerde das Urteil des Obergerichts
angefochten wird, ist daher mangels Rügen, die sich unmittelbar gegen dessen
Entscheid richten und dem Kassationsgericht nicht hätten unterbreitet werden
können, nicht einzutreten.

2.2 Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann die Feststellung des
Sachverhalts gerügt werden, allerdings nur, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn
die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 BGG). Auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht die
Feststellung des Sachverhalts, wenn dieser unter Verletzung von Bundesrecht
ermittelt worden ist, wozu das Bundesverfassungsrecht gehört. Dabei ist
allerdings zu beachten, dass das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten
nur insofern prüft, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Rüge der offensichtlich
unrichtigen Feststellung des Sachverhalts, mithin der Verletzung des
Willkürverbots (Art. 9 BV), prüft das Bundesgericht ebenfalls nur insoweit, als
sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet worden
ist (BGE 133 II 249 E. 1.4.3).

3.
Das Obergericht hat den Anklagesachverhalt grundsätzlich für erstellt erachtet,
allerdings mit Modifikationen. Es erachtete sexuelle Handlungen mit den beiden
Kindern für erwiesen, auch anale Penetration, allerdings könne anale
Penetration beim Nintendospiel nicht als erstellt gelten, ebenso wenig die
Anwendung körperlicher Gewalt durch Fesselung und Knebelung mit Klebband
(zusammenfassend Urteil Obergericht, S. 102). Die Beurteilung des Obergerichts
beruht (nebst weiterer Zeugenaussagen) auf der Einvernahme der Geschädigten vom
3. Februar 2004, bei welcher der Beschwerdeführer hätte Ergänzungsfragen
stellen können, diese Gelegenheit aber nicht wahrnahm, sowie namentlich auf
einer Glaubhaftigkeitsanalyse der früheren Aussagen, unter Einbezug der neuen,
durch die Gutachterin Dr. Vera Kling (vgl. Gutachten S. 62 f.; act. 178-5/6).
Aufgabe der Gutachterin war es namentlich, die durch suggestive Einflüsse
verfälschten Aussagen von den verwertbaren Aussageteilen zu scheiden und
letztere einer aussageanalytischen Beurteilung zu unterziehen.
Der Beschwerdeführer erhebt gegen die Feststellung des Sachverhalts eine Reihe
detaillierter Rügen, auf welche nachfolgend einzugehen ist. Dabei ist zu
beachten, dass Willkür im Sinne von Art. 9 BV nach ständiger
bundesgerichtlicher Rechtsprechung einzig vorliegt, wenn der angefochtene
Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen
Beweiswürdigung beruht bzw. im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen). Dass
das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht
übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder
gar vorzuziehen wäre, genügt praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht
(BGE 132 I 13 E. 5.1; 133 I 149 E. 3.1; 131 IV 100 nicht publ. E. 4.1; 127 I 54
E. 2b mit Hinweisen).

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aussagen der Geschädigten
enthielten Widersprüche und Unklarheiten, insbesondere hätten die Geschädigten
ihn bei bestimmten Einvernahmen entlastet. Diese entlastenden Aussagen seien
ihnen nicht vorgehalten worden, namentlich auch nicht bei der Befragung vom 3.
Februar 2004, was die Pflicht verletze, entlastenden Umständen nachzugehen und
die Zeugen zur Behebung von Unklarheiten und Widersprüchen zu veranlassen (§§
31 und 143 StPO/ZH). Der Beschwerdeführer räumt jedoch ein, diese Rügen dem
Kassationsgericht nicht unterbreitet zu haben (Beschwerde, S. 6). Darauf ist
deshalb mangels Erschöpfung des Instanzenzugs nicht einzutreten.
Der Beschwerdeführer erhebt im Zusammenhang mit der Aussage A.________ am 3.
Februar 2004, wonach er nie die Wahrheit gesagt habe, Rügen der
Gehörsverweigerung, der willkürlichen Beweiswürdigung und der Verletzung der
Unschuldsvermutung (Beschwerde, S. 6-9, insbesondere S. 9 oben). Diese Aussage,
nie die Wahrheit gesagt zu haben, beziehe sich auf seine Aussagen vom 26.
August 1997 im Kinderdorf gegenüber der Polizistin C.________, in welchen er
den Beschwerdeführer beschuldigt habe. Das Obergericht hätte bei seiner
Beweiswürdigung berücksichtigen müssen, dass A.________ diese Aussagen nunmehr
für unzutreffend erkläre.

3.2 Das Kassationsgericht führt dazu aus, die Aussage vom 3. Februar 2004 sei
vom Obergericht im Urteil wiedergegeben und somit nicht übersehen worden
(Beschluss Kassationsgericht, S. 24 oben), das Obergericht habe sie alsdann
aber nicht für wesentlich erachtet und sei darum nicht weiter darauf
eingegangen, was nicht zu beanstanden sei, zumal A.________ sich an diese
Befragungen kaum mehr habe erinnern können. Der Beschwerdeführer führe im
Übrigen auch nicht aus, wie sich diese Aussage zu den Belastungen des
Beschwerdeführers in derselben Aussage verhalte.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist weder eine Gehörsverweigerung
noch eine willkürliche Würdigung der Beweise oder eine Verletzung der
Unschuldsvermutung zu erkennen. A.________ hat am 3. Februar 2004 -
angesprochen auf die Befragung durch die Polizistin C.________ - ausgesagt, nie
die Wahrheit gesagt zu haben. Er könne sich zwar nicht erinnern, aber er habe
nie die Wahrheit gesagt, weil er Angst gehabt habe vor dem Beschwerdeführer,
und weil dieser sie gezwungen habe, nicht die Wahrheit zu sagen; nur einmal
hätten sie die Wahrheit gesagt, und dann seien sie ins Spital gebracht und der
Beschwerdeführer sei verhaftet worden (act. 178 3/6 S. 5 f.). Hält man sich den
Zusammenhang der Aussage, nie (bzw. nur einmal) die Wahrheit gesagt zu haben,
vor Augen, so ist offensichtlich, dass A.________ erklären will, seine früheren
Aussagen hätten insofern nicht der Wahrheit entsprochen, als sie den
Beschwerdeführer entlastet hätten, nicht umgekehrt. Dass er sich nicht mehr
daran erinnern konnte, bei welcher Gelegenheit er genau welche Aussage gemacht
hat, liegt auf der Hand, und es ist keineswegs zu beanstanden, wenn das
Kassationsgericht festhält, A.________ hätte sich an diese Befragungen "kaum
mehr erinnern" können; auch wenn er sich schliesslich noch zu erinnern
vermochte, dass eine Polizistin ihn befragte, so heisst dies keineswegs, dass
er sich auch erinnern konnte, was er bei welcher Befragung ausgesagt hatte.
Entscheidend ist vielmehr, dass er - wie aus dem Zusammenhang ersichtlich - die
für den Beschwerdeführer entlastenden Aussagen nicht mehr aufrechterhielt. Eine
Verfassungsverletzung ist somit nicht zu erkennen.

3.3 Der Beschwerdeführer macht geltend (Beschwerde, S. 9-11), wenn A.________
bei der Befragung vom 3. Februar 2004 erklärt habe, einmal hätten sie doch die
Wahrheit gesagt, nachher seien sie ins Spital gebracht worden und X.________
hätten sie ins Gefängnis mitgenommen, müsse sich dies auf die Befragung vom 1.
Juli 1997 beziehen, und gerade die damaligen Aussagen seien für den
Beschwerdeführer entlastend gewesen. Das Kassationsgericht verfalle in
überspitzten Formalismus, wenn es in diesem Zusammenhang ihm zum Vorwurf mache,
in seiner Beschwerde nicht zu erklären, wie sich seine Interpretation,
A.________ habe die Aussagen vom 1. Juli 1997 als wahr bezeichnet, dazu
verhalte, dass er am 3. Februar 2004 gerade belastende Aussagen gemacht habe,
die mit jenen vom 1. Juli 1997 in Widerspruch stünden. Er macht ferner geltend,
das Kassationsgericht verweigere das rechtliche Gehör, wenn es seine
Rechtsbehauptung übergehe, es sei ein Kassationsgrund gegeben, wenn ein Gericht
nicht bekannt gebe, warum es eine Zeugenaussage für unrichtig oder nicht
beweiskräftig erachte.
Die Rügen sind unbegründet. Es kann jedenfalls willkürfrei davon ausgegangen
werden, dass mit der Erklärung B.________ vom 3. Februar 2004, einmal die
Wahrheit gesagt zu haben, nicht die Befragung gemeint sein konnte, bei der er
das Gegenteil dessen erklärte, was er am 3. Februar 2004 ausgesagt hat. Wenn
das Kassationsgericht ausführt, der Beschwerdeführer äussere sich nicht dazu,
wie sich die Aussage A.________ sie hätten einmal die Wahrheit gesagt, zu den
belastenden Aussagen in derselben Befragung verhalte, so verweist es gerade
darauf, dass die Auffassung des Beschwerdeführers nicht überzeugt, A.________
müsse die Befragung vom 1. Juli 1997 gemeint haben, bei welcher die Wahrheit
gesagt worden sei. Weshalb hier überspitzter Formalismus oder
Gehörsverweigerung vorliegen soll, ist nicht zu erkennen.

3.4 Der Beschwerdeführer bezieht sich auf einen Bericht des Kinderspitals
Luzern vom 7. Juli 1997 (act. 67 4/14), aus dem sich ergibt, dass B.________
anale Penetration durch den Beschwerdeführer verneinte. In Verbindung damit,
dass die Polizistin D.________ welche die Kinder am 1. Juli 1997 befragte, bei
einer Einvernahme durch die Bezirksanwaltschaft Bülach vom 16. Januar 2001
angab, die Kinder seien "offen" gewesen (act. 66 8 S. 2), erhebt der
Beschwerdeführer den Vorwurf der Willkür sowie der Verletzung des Gehörsgebots
und des Anspruchs auf ein faires Verfahren, weil die kantonalen Gerichte diesem
Umstand nicht mehr Gewicht beimassen bzw. ihn als unwesentlich erachteten.
Die Rügen erweisen sich ohne weiteres als unbegründet. Es ist nicht zu
beanstanden, dass das Kassationsgericht ausführt, diesen Angaben durch
Drittpersonen komme nicht derselbe Stellenwert zu, wie den direkten Aussagen
B.________s anlässlich seiner Befragungen und den persönlichen Zugaben des
Beschwerdeführers selber. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers liegt auch
kein Verstoss gegen das Gebot der freien Beweiswürdigung vor, denn es wird
dieser Aussage nicht jeder Beweiswert abgesprochen, sondern ihr lediglich im
Kontext der weiteren Befragungen wenig Überzeugungskraft beigemessen (vgl.
Beschluss Kassationsgericht, S. 24 E. 2.9 b). Der Beschwerdeführer macht auch
zu Unrecht Gehörsverweigerung geltend, weil das Kassationsgericht nicht auf
sein Argument eingegangen sei, das Obergericht hätte nicht hinnehmen dürfen,
dass die Gutachterin die Berichte des Kinderspitals nicht verwendet habe
(Beschwerde, S. 13, zweitunterster Absatz). Das Kassationsgericht musste auf
dieses untergeordnete Argument des Beschwerdeführers nicht eingehen, zumal für
ein aussageanalytisches Gutachten indirekte Aussagen wenig bedeutsam sind.

3.5 In ihren Aussagen vom 3. Februar 2004 haben die Geschädigten Kleben und
Fesseln durch den Beschwerdeführer verneint. Bei früheren Aussagen B.________s
war demgegenüber wiederholt hiervon die Rede. Der Beschwerdeführer macht
geltend, die Gutachterin (S. 48 unten und 49 oben) sowie das Obergericht (S.
71) übernähmen die Aussagen, der Täter habe geklebt. Doch sei dies aufgrund der
Aussagen vom 3. Februar 2004 zumindest fraglich. Es könnte sich um eine
Verwechslung handeln, und die Gutachterin sei darauf nicht eingegangen, während
das Obergericht schreibe, die Gutachterin habe sich mit der Möglichkeit immer
wieder auseinandergesetzt. Bezüglich des Klebens sei dies jedoch gerade nicht
der Fall; wenn das Obergericht auf seine diesbezügliche Beanstandung nicht
eingegangen sei, stelle dies eine Gehörsverweigerung dar. Wenn das
Kassationsgericht ihm wiederum vorwerfe, nicht zu bezeichnen, an welcher Stelle
die Gutacherin von einer Fesselung ausgegangen wäre, übersehe es, dass er in
seiner Beschwerde an das Kassationsgericht (Akten Kassationsgercht 1 S. 33) auf
Stellen hingewiesen habe, wo die Gutachterin entsprechende Aussagen
berücksichtigt habe.
Die Gutachterin war sich - namentlich bezüglich der Vorfälle in Embrach - der
Möglichkeit sehr wohl bewusst, dass die Kinder sexuelle Handlungen, die von
anderen Personen begangen wurden, dem Beschwerdeführer zugeschrieben haben
könnten. Sie hat denn auch wiederholt auf entsprechende Vermischungen in den
Aussagen hingewiesen. Zutreffend führt der Beschwerdeführer aus, dass dies
bezüglich des Klebens nicht der Fall ist, und dass die Gutachterin Aussageteile
für die Aussageanalyse berücksichtigte, in denen B._________ von Kleben sprach.
Dennoch vermag seine Rüge weder den Willkürvorwurf zu begründen noch
Gehörsverweigerung darzutun. Das Obergericht hat es nicht für erwiesen
erachtet, dass der Beschwerdeführer die Kinder durch Fesseln oder Kleben
gefügig gemacht hätte (vgl. Urteil Obergericht S. 88, S. 102), und auch das
Gutachten hält solches nicht fest. Die Gutachterin hat zwar Aussagen, in denen
B.________ von Kleben sprach, für die Aussageanalyse berücksichtigt, da diese
Aussagen nicht infolge suggestiver Fragestellung auszuscheiden waren. Das
Kassationsgericht hält dazu aber willkürfrei fest, dass es sehr wohl möglich
sei, dass eine Aussage unter einem bestimmten Gesichtspunkt für die
Aussageanalyse als geeignet erscheine, das mit der Aussage bekundete Erlebnis
aber schliesslich doch nicht als erstellt erachtet werde (Beschluss
Kassationsgericht, S. 39 f.). Es mag nicht auszuschliessen sein, dass
B.________ bezüglich des Klebens ein Erlebnis mit Drittpersonen auf den
Beschwerdeführer projiziert haben könnte. Das zieht die weiteren
Aussageelemente - zumal angesichts der Tatsache, dass die Erlebnisse von zwei
Personen, nämlich von ihm und seinem Bruder, geschildert wurden - nicht derart
in Zweifel, dass eine willkürliche Beweiswürdigung vorläge.

3.6 Der Beschwerdeführer macht geltend (S. 16 f.), eine aussagepsychologische
Analyse wäre wegen suggestiver Einflüsse, entstanden aufgrund der Information
der Mutter durch die Polizei, gar nicht durchführbar gewesen. Indessen ist es
keineswegs willkürlich, das diesbezügliche Suggestionspotential als geringfügig
einzustufen, zumal in der Situation der Erstbekundung die Kindsmutter in
Gegenwart des Beschwerdeführers eine offene Frage, was mit X.________ gewesen
sei, an B.________ gerichtet hat (Gutachten, S. 6; Befragung der Mutter, act.
11/4).
Ebenfalls beruft sich der Beschwerdeführer (S. 18 f.) auf weitere suggestive
Einflüsse im Kinderdorf ab dem 4. Juli 2007, dies rein spekulativ. Willkür
lässt sich dem Obergericht jedenfalls nicht vorwerfen, zumal die Ausscheidung
von suggestiv beeinflussten Aussageteilen durch das Gutachten sehr sorgfältig
erfolgte.

3.7 Der Beschwerdeführer macht geltend (S. 19 f.), die Gespräche bei der
Stadtpolizei Zürich vom 16. Juni 1997 hätten protokolliert werden müssen. Das
Kassationsgericht verwerfe diese Rüge zu Unrecht damit, dass damals der
Beschwerdeführer Dritte sexueller Handlungen mit den Knaben bezichtigt habe.
Denn am 20. Juni 1997 habe die Polizei gegenüber der Mutter der Kinder
Verdächtigungen auch gegenüber dem Beschwerdeführer geäussert. Spätestens dann
wäre es notwendig gewesen, die Gespräche vom 16. Juni 1997 nachträglich noch
festzuhalten. Weitere Gespräche mit den Knaben vom 1. Juli 1997 und vom 23.
Juli 1997 hätten nicht nur indirekt, sondern in vollem und genauen Wortlaut
festgehalten werden müssen.
Es entspricht einem aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV)
abgeleiteten allgemeinen Verfahrensgrundsatz, dass entscheidrelevante Tatsachen
und Ergebnisse schriftlich festzuhalten sind. Dazu gehört die Pflicht zur
Protokollführung über entscheidwesentliche Abklärungen, Zeugeneinvernahmen und
Verhandlungen. Wenn mit einem Verfahrensbeteiligten ein Gespräch geführt wird,
ist wenigstens der wesentliche Gehalt des Gespräches im Protokoll festzuhalten.
Im übrigen hängt die Protokollierungspflicht von den konkreten Umständen des
Einzelfalls ab (BGE 130 II 473 E. 4.1 und 4.2, mit Hinweisen). Diese
Protokollführungspflicht ist hier nicht verletzt. Es kann davon ausgegangen
werden, dass - soweit sich die Kinder überhaupt geäussert haben - dies bei der
Anzeigeerstattung durch den Beschwerdeführer vom 16. Juni 1997 selber bei der
Stadtpolizei Zürich gegen Drittpersonen nur in rudimentärer Weise geschah. Die
Befragung der beiden Knaben vom 1. Juli 2007 bei der Kantonspolizei Luzern
erfolgte deshalb, weil der Beschwerdeführer bei seinem Hausarzt vorsprach und
dieser alsdann die Kantonspolizei avisierte. Über diese Befragungen wurde eine
ausführliche Aktennotiz erstellt (act. 6/3), was ausreichend erscheint. Ebenso
liegt eine Aktennotiz über den Versuch vom 23. Juli 1997 vor, mit B.________
über den Beschwerdeführer zu sprechen (act. 68/7 S. 16). Auch dies ist nicht zu
beanstanden.

3.8 Der Beschwerdeführer bemängelt das Glaubhaftigkeitsgutachten insgesamt
(Beschwerde, S. 21). Zu Unrecht und jedenfalls nicht in der Weise, dass Willkür
dargetan wäre. Das Gutachten ist nicht einseitig erstellt worden, wie der
Beschwerdeführer meint. Die Gutachterin hat lediglich darauf hingewiesen, dass
sie indirekte Aussagen nicht in die Glaubhaftigkeitsanalyse einbeziehe, da
diese hierfür nicht geeignet seien.

3.9 Zusammenfassend macht der Beschwerdeführer geltend, es gebe keinerlei
Anhaltspunkte, warum die entlastenden Aussagen der beiden Knaben nicht die
zutreffenden gewesen sein sollten. Das Obergericht hat indessen willkürfrei
geschlossen, die Kinder hätten den Beschwerdeführer zunächst in Schutz nehmen
wollen. Und es hat aufgrund einer sorgfältigen Analyse der weiteren Aussagen
der Kinder sowie weiterer Beweise ebenso willkürfrei geschlossen, dass der
Anklagesachverhalt sich verwirklicht hat.

4.
Die Beschwerde ist demnach vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege. Da das Rechtsmittel von vornherein aussichtslos war, kann dem
Gesuch nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei der Festsetzung der
Gerichtsgebühr ist seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 10. Oktober 2008

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Arquint Hill