Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.267/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_267/2008 /hum

Urteil vom 9. Juli 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
Xb.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Bauer,

gegen

Aa.________,
B.________,
C.________,
Beschwerdegegner,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Sutter,
Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh., Rathaus, 9043 Trogen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mittäterschaft zur versuchten Körperverletzung; Unterlassung der Nothilfe,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden, 1.
Abteilung, vom 10. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 28. August 2006 sprach das Kantonsgericht von Appenzell
Ausserrhoden Xb.________ von den Vorwürfen der Mittäterschaft zur versuchten
Körperverletzung, der Gehilfenschaft zur vorsätzlichen Tötung und der
Mittäterschaft zur vorsätzlichen Tötung frei. Hingegen befand es ihn der
Unterlassung der Nothilfe für schuldig und verurteilte ihn zu einer
Gefängnisstrafe von zwölf Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs
bei einer Probezeit von drei Jahren.

Auf Appellation des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft des Kantons
Appenzell Ausserrhoden hin sprach das Obergericht von Appenzell Ausserrhoden
Xb.________ mit Urteil vom 10. Juli 2007 von den Anklagen der Gehilfenschaft
zur vorsätzlichen Tötung und der Mittäterschaft zur vorsätzlichen Tötung frei.
Hingegen befand es ihn der Mittäterschaft zur versuchten Körperverletzung und
der Unterlassung der Nothilfe schuldig und verurteilte ihn zu einer
Freiheitsstrafe von 23 Monaten. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es
bedingt auf, unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

B.
Xb.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden vom 10. Juli 2007 sei aufzuheben, und
er sei von den Vorwürfen der Mittäterschaft zur versuchten Körperverletzung und
der Unterlassung der Nothilfe freizusprechen. Eventualiter sei die
Angelegenheit zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Subeventualiter sei im Falle einer Bestätigung eines Schuldspruchs die
ausgesprochene Strafe angemessen zu reduzieren, oder die Sache zu neuer
Strafzumessung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei seiner Beschwerde
die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, und ihm sei für das adhäsionsweise
Zivilverfahren eine angemessene ausseramtliche Entschädigung zuzusprechen.
Ausserdem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

C.
Das Obergericht und die Angehörigen des Opfers haben auf eine Vernehmlassung
verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten, da sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in
ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff.
1 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in
Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

2.
2.1 Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:

Am Nachmittag des 28. Februar 2005 gegen 15 Uhr kam es zwischen dem Bruder des
Beschwerdeführers, Xa.________, und Ab.________ in Herisau zu einer verbalen
und tätlichen Auseinandersetzung. Der Streit endete mit einem Nasenbeinbruch
von Xa._________. Dieser begab sich, nachdem er zunächst per Mobiltelefon mit
Y.________ - dem (Ex-)Freund einer seiner Schwestern - und dem Beschwerdeführer
telefoniert hatte, zur Behandlung der Verletzung ins Spital Herisau. Am Abend
besuchte Y.________ Xa._________ in dessen Wohnung. Um etwa 20.30 Uhr stiess
der Beschwerdeführer hinzu. In der Folge fuhren sie zu dritt im Personenwagen
von Y.________ zu einem Imbisslokal in Herisau. Um 20.44 Uhr meldete sich
S.________, der Schwager der Brüder X.________, telefonisch bei Y.________.
Kurz darauf kam er ebenfalls ins Imbisslokal. Dort berichtete Xa._________ den
drei andern von seiner Auseinandersetzung am Nachmittag. Die vier im
Imbisslokal versammelten Männer entschieden, Ab.________ einen "Denkzettel" zu
verpassen, und brachten deshalb dessen Wohnadresse in Erfahrung. Um ca. 21.30
Uhr klingelte Y.________ bei Ab.________ und bewog ihn unter dem Vorwand, er
müsse sein Auto umparkieren, dazu, seine Wohnung zu verlassen. Y.________
kehrte zu den übrigen drei zurück und machte diese darauf aufmerksam, dass
Ab.________ sehr wahrscheinlich bewaffnet sei. Die vier warteten alsdann
während 10 bis 15 Minuten auf der Strasse auf Ab.________. Da dieser nicht
erschien, beschlossen Y.________ und Xa._________, mit dem Auto von Y.________
in die Wohnung von Xa._________ zurückzufahren. Der Beschwerdeführer und
S.________ gingen gerade zum Wagen der Ehefrau von S.________, als sie doch
noch auf Ab.________ stiessen. Dieser sprach die beiden an, und der
Beschwerdeführer gab sich als Bruder von Xa._________ zu erkennen. S.________
zog in der Folge seine Waffe, welche er aus dem Auto geholt hatte, nachdem
Y.________ und der Beschwerdeführer den Ort des Geschehens bereits verlassen
hatten, und gab einen Schuss auf Ab.________ ab. Dieser brach augenblicklich
zusammen. Ohne sich um das Opfer zu kümmern oder die Sanität zu rufen, fuhren
S.________ und der Beschwerdeführer, welcher nicht gewusst hatte, dass
S.________ bewaffnet war, alsdann in die Wohnung von Xa._________ zurück. Kurz
nach 22 Uhr traf die von Dritten benachrichtigte Polizei am Tatort ein.
Ab.________ wurde ins Spital überführt, wo jedoch nur noch der Tod festgestellt
werden konnte (angefochtenes Urteil S. 4-6).

2.2 S.________ wurde wegen vorsätzlicher Tötung schuldig gesprochen und zu
einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren sowie zur Bezahlung von Schadenersatz und
Genugtuung an die Beschwerdegegner im Gesamtbetrag von Fr. 66'000.-- verurteilt
(in Rechtskraft erwachsenes Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden
vom 10. Juli 2007).

3.
3.1
3.1.1 Die Vorinstanz hat erwogen, es ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass die
vier Beteiligten über eine Tötung von Ab.________ gesprochen, geschweige denn
diese geplant hätten. Zudem sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer
nicht gewusst habe, dass S.________ bewaffnet gewesen sei. Der Beschwerdeführer
sei deshalb vom Vorwurf der Mittäterschaft bzw. der Gehilfenschaft zur
vorsätzlichen Tötung freizusprechen (angefochtenes Urteil S. 18 f.).
3.1.2 Die Vorinstanz hat weiter ausgeführt, die einfache Körperverletzung
stelle ein Antragsdelikt dar. Rechtsanwalt Peter Sutter habe mit Schreiben vom
8. April 2005 an das Verhöramt erklärt, dass ihn der Bruder des Opfers, welcher
sich im Strafverfahren betreffend Tötungsdelikt als Strafkläger konstituiert
habe, mit der Interessenwahrung beauftragt habe. Mit Eingaben vom 13. April
2005 und vom 23. November 2005 habe Rechtsanwalt Peter Sutter dem Verhöramt
weiter mitgeteilt, dass die Interessenwahrung auch die Schwester und die Mutter
des Verstorbenen umfasse. Mit diesen Erklärungen hätten die Beschwerdegegner
ihren Strafverfolgungswillen nicht auf den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung
beschränkt. Vielmehr dränge sich der Schluss geradezu auf, dass Personen,
welche einen Angehörigen durch ein Gewaltdelikt verloren hätten, den Willen
hätten, dass die Verantwortlichen unbedingt zur Rechenschaft gezogen würden.
Falls eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung scheitere, sei der Wille der
Angehörigen deshalb vermutungsweise darauf gerichtet, dass die Verantwortlichen
zumindest wegen eines anderen Straftatbestands gegen Leib und Leben
strafrechtlich belangt würden. Die Prozessvoraussetzung des gültigen
Strafantrags liege somit vor (angefochtenes Urteil S. 19-21).
3.1.3 Die Vorinstanz hat zudem festgehalten, die vier Beteiligten hätten ihren
Plan, Ab.________ einen "Denkzettel" zu verpassen, aufgegeben, als dieser
einige Zeit auf sich habe warten lassen. Zu prüfen bleibe damit, ob sich der
Beschwerdeführer der versuchten einfachen Körperverletzung schuldig gemacht
habe. Aufgrund der Vorgeschichte - dem Streit zwischen Xa._________ und
Ab.________ - und der Umstände - das Opfer wurde nachts unter einem Vorwand aus
seiner Wohnung gelockt - deute alles darauf hin, dass die Beteiligten
Ab.________ zusammenschlagen bzw. ihm ein ähnliches Übel hätten zufügen wollen,
wie dieser es am Nachmittag Xa._________ beigefügt habe. Der Vorsatz der
Beteiligten habe sich mithin auf eine einfache Körperverletzung gerichtet. Der
Beschwerdeführer habe zwar nicht die Rolle des "Drahtziehers" eingenommen, er
habe jedoch das Vorgehen aktiv unterstützt und mitgetragen. Er sei deshalb als
Mittäter zu qualifizieren. Indem die Beteiligten in einer bitterkalten
Winternacht 10 bis 15 Minuten auf ihr Opfer gewartet hätten, hätten sie den
letzten entscheidenden Schritt vollzogen, von dem es in der Regel kein Zurück
mehr gebe. Der Beschwerdeführer sei demnach der Mittäterschaft zur versuchten
Körperverletzung schuldig zu sprechen (angefochtenes Urteil S. 21-25).
3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, es fehle an einem rechtsgültigen
Strafantrag der Beschwerdegegner zur strafrechtlichen Verfolgung einer
einfachen Körperverletzung. Die drei von der Vorinstanz angeführten Schreiben
von Rechtsanwalt Peter Sutter hätten rein informativen Charakter und genügten
den inhaltlichen Anforderungen eines Strafantrags nicht. In den Eingaben teile
Rechtsanwalt Peter Sutter lediglich mit, dass ihn die Beschwerdegegner mit der
Interessenwahrung in dem von Amtes wegen bereits eingeleiteten Strafverfahren
wegen vorsätzlicher Tötung betraut hätten. Eine bedingungslose Erklärung des
Willens der antragsberechtigten Personen, es solle eine vom Beschwerdeführer
oder einem anderen Beteiligten am späten Abend des 28. Februar 2005 ausgeführte
oder geplante einfache Körperverletzung zum Nachteil von Ab.________
strafrechtlich verfolgt werden, könne hierin nicht erblickt werden, denn in
keinem der Schreiben werde eine allfällige versuchte Körperverletzung auch nur
erwähnt, geschweige denn näher umschrieben. Die Vorinstanz übersehe
insbesondere, dass die angeblich begangene versuchte einfache Körperverletzung
einen vom späteren Tötungsdelikt sachlich und zeitlich deutlich abgrenzbaren
Sachverhalt darstelle. Ebenso unbeachtlich sei schliesslich der vom
Rechtsvertreter der Beschwerdegegner am 28. August 2006 vor Schranken gestellte
Antrag, der Beschwerdeführer sei im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen.
Wollte man darin einen Strafantrag zur Verfolgung der erstmals in der
Überweisungsverfügung vom 30. März 2006 erwähnten versuchten einfachen
Körperverletzung sehen, so wäre dieser zweifellos deutlich nach Ablauf der
dreimonatigen Antragsfrist und damit verspätet gestellt worden (Beschwerde S.
8-14).
3.2.2 Der Beschwerdeführer hält weiter fest, falls wider Erwarten vom Vorliegen
eines gültigen Strafantrags ausgegangen werden sollte, so verletze seine
Verurteilung den Grundsatz "in dubio pro reo". Sein angeblicher Vorsatz,
Ab.________ am Abend des 28. Februar 2005 eine Körperverletzung zuzufügen, sei
in keiner Weise erstellt. Beabsichtigt gewesen sei einzig ein friedliches,
klärendes Gespräch, und er habe seinen Bruder Xa.________ nur begleitet, um zu
verhindern, dass dieser "etwas Dummes" mache. Aber selbst wenn ein
Verletzungsvorsatz bejaht werden sollte, so habe er jedenfalls die Schwelle zur
Tatausführung noch nicht überschritten gehabt (Beschwerde S. 15-21).

3.3 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie
verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen (Art. 30 Abs. 1
StGB). Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder
auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht
jedem Angehörigen zu (Art. 30 Abs. 4 StGB).

Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt ein gültiger Strafantrag vor, wenn die
antragsberechtigte Person innert Frist bei der nach kantonalem Recht
zuständigen Behörde und in der vom kantonalen Recht vorgeschriebenen Form ihren
bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters so erklärt, dass das
Strafverfahren ohne weitere Willenserklärung weiterläuft (BGE 115 IV 1 E. 2a).
Dazu ist erforderlich, dass der Sachverhalt, der verfolgt werden soll,
zweifelsfrei umschrieben wird. Hingegen ist es nicht Sache der
antragsstellenden Person, den Sachverhalt rechtlich zu qualifizieren. Die
rechtliche Würdigung obliegt der Strafbehörde (vgl. BGE 131 IV 97 E. 3.3; BGE
115 IV 1 E. 2a; 85 IV 73 E. 2; Christof Riedo, Der Strafantrag, Diss. 2004, S.
400 f.; vgl. auch derselbe, Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., 2007,
Art. 30 StGB N. 40). Weiss die antragsberechtigte Person zwar um das Vorliegen
einer Straftat, vermag sie aber aufgrund fehlender Detailkenntnisse noch nicht
einzuschätzen, ob es sich um ein Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt,
beginnt die Antragsfrist trotzdem bereits zu laufen. Ist etwa unklar, ob es
sich bei der zu beurteilenden Straftat gegen die körperliche Integrität um ein
Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt und will die antragsberechtigte Person
nicht nur ein Offizialdelikt, sondern auch ein damit allfällig einhergehendes
Antragsdelikt verfolgt wissen, so muss sie sicherheitshalber stets einen
Strafantrag einreichen (vgl. BGE 129 IV 1 E. 3.1; ferner auch Andreas Donatsch/
Brigitte Tag, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 8. Aufl., 2006, S. 411 Fn. 62;
Riedo, a.a.O., S. 452). Treffen verschiedene Tatbestände zusammen, steht es der
antragsberechtigten Person frei, falls sie eine Anzeige in Bezug auf
Offizialdelikte einreicht, auf eine Strafverfolgung von daneben einhergehenden
Antragsdelikten zu verzichten (BGE 115 IV 1 E. 2a; 85 IV 73 E. 2). Fehlt ein
rechtsgültiger Strafantrag, ist ein bereits begonnenes Verfahren einzustellen
(Riedo, a.a.O., Art. 30 StGB N. 71).

3.4 Die Argumentation der Vorinstanz, aus den Eingaben von Rechtsanwalt Peter
Sutter lasse sich ableiten, die Beschwerdegegner wollten die Verantwortlichen
unbedingt, d.h. wegen sämtlicher Delikte gegen Leib und Leben zur Rechenschaft
ziehen, vermag nicht zu überzeugen. Inhalt der Schreiben ist einzig die
Mitteilung der Mandatsverhältnisse im von Amtes wegen bereits eingeleiteten
Verfahren wegen vorsätzlicher Tötung. Eine Erklärung des bedingungslosen
Willens, der Beschwerdeführer solle wegen versuchter einfacher Körperverletzung
verfolgt werden, ist darin nicht enthalten, zumal der massgebliche Sachverhalt
weder erwähnt, geschweige denn näher umschrieben wird. Wie der Beschwerdeführer
überdies zutreffend einwendet, war zu diesem Zeitpunkt eine allfällige
versuchte Körperverletzung noch kein Thema im Verfahren. Eine Umschreibung des
massgeblichen Sachverhalts wäre auch deshalb unabdingbar gewesen, weil - wie
der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt - der Vorwurf der versuchten einfachen
Körperverletzung nicht auf dem gleichen Lebenssachverhalt wie die Anklage wegen
vorsätzlicher Tötung basiert, geht doch die Vorinstanz explizit davon aus, dass
der (angebliche) Versuch der einfachen Körperverletzung bereits abgeschlossen
war, als Ab.________ schliesslich erschien und es zu dem für diesen tödlich
endenden Aufeinandertreffen mit S.________ kam.

Da es folglich an einem rechtsgültigen Strafantrag und daher an einer
Prozessvoraussetzung mangelt, erübrigt sich ein Eingehen auf die vom
Beschwerdeführer in materieller Hinsicht erhobenen Rügen.

4.
4.1 In Bezug auf die Anklage wegen Unterlassung der Nothilfe hat die Vorinstanz
erwogen, aus dem Ergänzungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin in St.
Gallen vom 9. Juli 2007 gehe hervor, dass Ab.________ einen Brustdurchschuss
mit Eröffnung des rechten Herzvorhofs und der Brustschlagader sowie eine
vollständige Zerfetzung des linken Herzvorhofs erlitten habe. Diese
Verletzungen hätten einen augenblicklichen Blutdruckabfall und damit einen
Durchblutungsstop sämtlicher lebenswichtiger Organe, wie insbesondere auch des
Gehirns, bewirkt. Innert Sekunden sei das Opfer bewusstlos gewesen, und nach
drei Minuten sei der Hirntod eingetreten. Weil die Herzverletzungen so
ausgedehnt gewesen seien, wäre eine Rettung am Tatort auch bei optimalen
Bedingungen, d.h. bei einem Chirurgenteam vor Ort und einer sofortigen
Operation, nicht möglich gewesen. Die Hilfeleistungspflicht bestehe jedoch auch
gegenüber einem Sterbenden. Ab.________ habe nach der Schussabgabe bis zum
Eintritt des Hirntods noch einige Minuten gelebt und damit in unmittelbarer
Lebensgefahr geschwebt. Die Hilfeleistung, vorliegend insbesondere das
Alarmieren der Sanität, wäre dem Beschwerdeführer ohne weiteres zumutbar
gewesen. Erfüllt sei zudem der subjektive Tatbestand, habe der Beschwerdeführer
doch ausdrücklich eingeräumt, um die allgemeine Nothilfepflicht zu wissen.
Überdies habe ihm in der konkreten Situation, als Ab.________ nach der Abgabe
des Schusses zu Boden gestürzt und regungslos liegen geblieben sei, das
Bestehen einer unmittelbaren Lebensgefahr bewusst sein müssen. Dies ergebe sich
auch aus seiner Aussage, dass er gehofft habe, das Opfer lebe noch. Der
Beschwerdeführer habe sich demzufolge im Ergebnis der Unterlassung der Nothilfe
schuldig gemacht (angefochtenes Urteil S. 25-29).

4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, aus dem Ergänzungsgutachten des
Instituts für Rechtsmedizin in St. Gallen vom 9. Juli 2007 ergebe sich, dass
eine Rettung von Ab.________ schlichtweg ausgeschlossen gewesen sei. Von einer
unmittelbaren Lebensgefahr, wie sie der Tatbestand der Unterlassung der
Nothilfe fordere, könne jedoch nur gesprochen werden, wenn sich eine Situation
sowohl schlecht (Eintritt des Todes) als auch gut (Überleben) weiterentwickeln
könne. Ab.________ aber habe sich im Moment, als er von der Kugel getroffen
worden sei, in exakt derselben Situation befunden wie ein Mensch, dem mittels
Guillotine der Kopf abgetrennt werde, trete doch auch bei einer Enthauptung der
Hirntod erst nach einer gewissen Zeit ein. Trotzdem käme in einer solchen
Konstellation niemand ernsthaft auf die Idee, es müsse Nothilfe geleistet
werden. Zwar könne auch einem Sterbenden Nothilfe geleistet werden, eine
Hilfeleistung könne allerdings nur geboten sein, wenn es darum gehe, dem Opfer
Schmerzen zu ersparen oder ihm seelischen Beistand zu leisten, was vorliegend
aufgrund des augenblicklichen Bewusstseinsverlusts von Ab.________ gerade nicht
der Fall gewesen sei. Ab.________ könne nach der Schussabgabe ohnehin nicht
mehr als sterbend, sondern müsse als tot bezeichnet werden. Ein Abstellen auf
den medizinisch-theoretischen Eintritt des Hirntods mute künstlich an. Denkbar
wäre damit einzig eine Verurteilung wegen versuchter Unterlassung der Nothilfe
verstanden als untauglicher Versuch bzw. Versuch am untauglichen Objekt. Ein
solcher Schuldspruch würde jedoch gegen das Akkusationsprinzip verstossen, da
eine versuchte Tatbegehung nicht zur Anklage gebracht und von der Vorinstanz
auch nicht in Erwägung gezogen worden sei. Demgemäss habe er auch zu keinem
Zeitpunkt Gelegenheit gehabt, sich zu einem derartigen Tatvorwurf zu äussern
(Beschwerde S. 21-26).

4.3 Gemäss Art. 128 StGB macht sich namentlich strafbar, wer einem Menschen,
der in unmittelbarer Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl es ihm nach den
Umständen zugemutet werden könnte. Der Tatbestand ist ein abstraktes
Gefährdungsdelikt und echtes Unterlassungsdelikt. Es genügt, dass der Täter der
verletzten Person nicht hilft. Ob die Hilfe erfolgreich gewesen wäre, ist
belanglos. Hilfe ist namentlich auch geboten, wenn es nur darum geht, einem
Verletzten oder Sterbenden Schmerzen zu ersparen (Peter Aebersold, Basler
Kommentar, Strafgesetzbuch II, 2. Aufl., 2007, Art. 128 StGB N. 14 und 25;
Martin Schubarth, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 1. Band: Delikte
gegen Leib und Leben, Art. 111-136 StGB, 1982, Art. 128 StGB N. 14). Die
Hilfeleistungspflicht entfällt indes, wenn offensichtlich kein Bedürfnis dafür
besteht, sei es, dass die verletzte Person selber für sich sorgen kann, dass
sich Dritte hinreichend ihrer annehmen, dass sie die Hilfe ausdrücklich ablehnt
oder dass sie tot ist (Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Kurzkommentar, 2. Aufl., 1997, Art. 128 StGB N. 5). Hilfe muss mithin als
geboten oder doch zumindest als sinnvoll erscheinen (Günter Stratenwerth/Guido
Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, Straftaten gegen
Individualinteressen, 6. Aufl., 2003, S. 91). Der subjektive Tatbestand
erfordert Vorsatz. Dies schliesst insbesondere die Kenntnis der eigenen
Verpflichtung und das Wissen um die unmittelbare Lebensgefahr ein.

4.4 Es ist erstellt, dass Ab.________ innert Sekunden nach der Schussabgabe das
Bewusstsein verlor und drei Minuten später hirntot war. In dieser Situation
waren nicht nur eine Lebensrettung, sondern auch eine Schmerzlinderung oder das
Leisten seelischen Beistands objektiv unmöglich. Da Ab.________ mithin vom
Schuss tödlich getroffen worden war, bestand objektiv auch keine strafbewehrte
Hilfeleistungspflicht.

Allerdings ging der Beschwerdeführer, wie die Vorinstanz verbindlich
festgestellt hat, davon aus, dass dem Opfer noch hätte geholfen werden können.
Trotzdem sah er davon ab, sich um Ab.________ zu kümmern oder die Sanität zu
benachrichtigen. Diese Konstellation, in welcher der objektive Tatbestand gar
nicht verwirklicht werden kann, der subjektive Tatbestand jedoch erfüllt ist,
wird als untauglicher Versuch bezeichnet und führt gemäss Art. 22 Abs. 1 StGB
zu einer fakultativen Strafmilderung. Straflos bleibt gemäss Art. 22 Abs. 2
StGB einzig jener Täter, der aus grobem Unverstand verkennt, dass die Tat nach
der Art des Gegenstands oder des Mittels, an oder mit dem er sie ausführen
will, überhaupt nicht zur Vollendung gelangen kann (vgl. Kurt Seelmann,
Strafrecht Allgemeiner Teil, 3. Aufl., 2007, S. 120 f.).

Beim untauglichen Versuch liegt ein Sachverhaltsirrtum zuungunsten des Täters
vor, d.h. dieser stellt sich nicht vorhandene Umstände, an deren Fehlen die
Vollendung des Tatbestands zwangsläufig scheitern muss, fälschlicherweise als
gegeben vor (BGE 124 IV 97 E. 2a). Das Tatobjekt ist untauglich, wenn das vom
Täter angegriffene Objekt eine vom Gesetz geforderte tatsächliche
Beschaffenheit oder rechtliche Eigenschaft nicht aufweist. Dies ist namentlich
der Fall, wenn jemand mit Tötungsvorsatz einen Schuss auf einen ohne sein
Wissen bereits Verstorbenen abgibt, der nicht mehr als Mensch im Sinne des
Strafgesetzbuches gelten kann (Donatsch/Tag, a.a.O., S. 142 f.). Der
untaugliche Versuch ist sowohl bei echten Unterlassungsdelikten (Günther
Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl., 2005,
S. 442 ff.) als auch bei abstrakten Gefährdungsdelikten (Peter Albrecht, Der
untaugliche Versuch, Diss. 1973, S. 99 f.) - und damit auch beim Tatbestand der
Unterlassung der Nothilfe - möglich. Zu denken ist insbesondere an Situationen,
in welchen objektiv keine Lebensgefahr oder gar keine Hilfsmöglichkeit bestand
(Gunther Arzt, Verfolgungsverzicht und Unterlassung der Nothilfe, ZBJV 127/
1991, S. 445-465, 463; vgl. auch Peter Ullrich, Strafrechtlich sanktionierte
Hilfeleistungspflichten in der Schweiz, Diss. 1980, S. 105 f.).

Dementsprechend hat sich der Beschwerdeführer, welcher - obwohl er glaubte,
Ab.________ sei "nur" verletzt, nicht jedoch tödlich getroffen worden - keine
Anstrengungen unternahm zu helfen, der versuchten Unterlassung der Nothilfe
schuldig gemacht.

4.5 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verletzt eine Verurteilung
wegen eines versuchten statt vollendeten Delikts den Anklagegrundsatz nicht.
4.5.1 Der Anklagegrundsatz dient dem Schutz der Verteidigungsrechte der
angeklagten Person und konkretisiert insofern das Prinzip der Gehörsgewährung
(Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 EMRK; BGE 120 IV 348 E. 2b). Nach diesem
Grundsatz können Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens nur Sachverhalte sein,
die der angeklagten Person in der Anklageschrift vorgeworfen werden. Diese muss
die Person des Angeklagten sowie die ihm zur Last gelegten Delikte in ihrem
Sachverhalt so präzise umschreiben, dass die Vorwürfe im objektiven und
subjektiven Bereich genügend konkretisiert sind (Umgrenzungsfunktion). An diese
Anklage ist das Gericht gebunden. Zum anderen vermittelt sie der beschuldigten
Person die für die Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen
Informationen. Sie dient insofern dem Schutz der Verteidigungsrechte
(Informationsfunktion). Beiden Funktionen kommt gleiches Gewicht zu (BGE 126 I
19 E. 2a; 120 IV 348 E. 2b und c; Robert Hauser/Erhard Schweri/Karl Hartmann,
Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 50 Rz. 6 ff. und 16
ff.). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass
der beschuldigten Person eine für sie nachteilige Änderung des Prozessthemas
mitgeteilt und ihr Gelegenheit geboten wird, sich dagegen zu verteidigen.
Gleiches gilt, wenn der Betroffene wegen eines anderen Straftatbestands, als in
der Anklage beantragt, verurteilt werden soll und er nicht mit einer neuen
rechtlichen Würdigung rechnen musste (Hauser/Schweri/Hartmann, a.a.O., § 50 Rz.
19).

Gemäss Art. 166 Abs. 2 der Strafprozessordnung des Kantons Appenzell
Ausserrhoden bildet die Anklageschrift die Grundlage des Urteils. Will das
Gericht den Tatbestand rechtlich strenger qualifizieren, so soll es den
Angeklagten darauf aufmerksam machen und ihm die Möglichkeit geben, sich dazu
zu äussern.
4.5.2 In der Anklageschrift ist der Lebenssachverhalt detailliert umschrieben
und das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Delikt hinreichend konkretisiert.
Mit einer Verurteilung wegen untauglichen Versuchs der Unterlassung der
Nothilfe - anstelle des vollendeten Delikts - wird der eingeklagte Sachverhalt
weder unter eine schärfere Strafbestimmung gestellt noch zusätzlich unter einen
weiteren Straftatbestand subsumiert. Da die vollendete Tatbegehung die
versuchte mitumfasst, war es dem Beschwerdeführer ohne weiteres möglich, zu
allen Aspekten des objektiven als auch des subjektiven Tatbestands Stellung zu
beziehen, was er denn auch getan hat. Inwiefern in dieser Konstellation die
Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder dessen Anspruch auf rechtliches
Gehör tangiert sein sollten, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht
dargelegt.

5.
Die Beschwerde ist damit teilweise gutzuheissen und das angefochtene Urteil
aufzuheben. Im Übrigen, d.h. soweit der Beschwerdeführer einen vollumfänglichen
Freispruch vom Vorwurf der Unterlassung der Nothilfe beantragt, ist die
Beschwerde abzuweisen.

Soweit das Bundesgericht eine Beschwerde gutheisst, entscheidet es in der Sache
selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Art. 107
Abs. 2 BGG). In Anbetracht des der Vorinstanz bei der Strafzumessung wie auch
bei der Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen zustehenden
Ermessensspielraums kommt ein reformatorischer Entscheid nicht in Betracht. In
ihrem neuen Entscheid wird die Vorinstanz das Verfahren wegen Mittäterschaft
zur versuchten einfachen Körperverletzung einzustellen sowie den
Beschwerdeführer der versuchten Unterlassung der Nothilfe schuldig zu sprechen
und hierfür angemessen zu bestrafen haben. Des Weiteren wird sie die Kosten-
und Entschädigungsfolgen für das kantonale Verfahren regeln müssen.

Aufgrund der besonderen Umstände sind dem Beschwerdeführer, auch soweit er
unterliegt, keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Kanton
Appenzell Ausserrhoden können keine Gerichtskosten überbunden werden (Art. 66
Abs. 4 BGG). Hingegen hat er dem Beschwerdeführer eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG), die dem
Rechtsvertreter zuzusprechen ist. Die Gesuche um aufschiebende Wirkung der
Beschwerde und um unentgeltliche Rechtspflege werden damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts von
Appenzell Ausserrhoden vom 10. Juli 2007 aufgehoben und die Sache im Sinne der
Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergerichts von Appenzell
Ausserrhoden, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. Juli 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner