Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.193/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_193/2008/sst

Urteil vom 7. August 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiberin Binz.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Martin Egli,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 18. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
X.________ lenkte am 24. Juni 2005, ca. 21.40 Uhr, den Personenwagen "Porsche
Cayenne Turbo", Kontrollschild ZH AAAAA.________, auf der Schaffhauserstrasse
in Neftenbach, ausserorts, Fahrtrichtung Henggart. Bei einer signalisierten
Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überholte er einen auf der Normalspur
fahrenden Personenwagen. Dabei wurde er mit einer Geschwindigkeit von 114 km/h
gemessen. Eine zweite Messung wenige Sekunden später ergab wiederum den
gleichen Wert. In diesem Zeitpunkt war er mit seinem Fahrzeug bereits vor das
überholte Fahrzeug auf die Normalspur eingeschwenkt. Aufgrund des technisch
bedingten Sicherheitsabzuges von 4 km/h im Messbereich von 101 bis 150 km/h war
eine gefahrene Geschwindigkeit von 110 km/h während und unmittelbar nach
Abschluss des Überholmanövers erstellt.

B.
Die Einzelrichterin in Strafsachen des Bezirksgerichts Winterthur sprach
X.________ mit Urteil vom 18. Januar 2007 der groben Verletzung der
Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs.
1 SVG und Art. 4a Abs. 1 lit. b VRV schuldig und verurteilte ihn zu einer
Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 170.--, sowie zu einer Busse von Fr.
1'500.--. Der Vollzug der Geldstrafe wurde aufgeschoben. Die von X.________
dagegen erklärte Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, mit Urteil vom 18. Januar 2008 ab, reduzierte jedoch die Busse auf
Fr. 1'000.--.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben, und er sei der einfachen
Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG schuldig zu
sprechen und mit einer Busse von Fr. 1'000.-- zu bestrafen.

Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2007 ist der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches in
Kraft getreten. Dieses neue Recht gelangt jedoch auf Taten, welche noch unter
Geltung des alten Rechts begangen wurden, nur zur Anwendung, wenn es für den
Täter das mildere ist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Dies ist hier der Fall (vgl.
angefochtenes Urteil S. 10).

2.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Qualifizierung der
Geschwindigkeitsüberschreitung als grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90
Ziff. 2 SVG).

2.1 Die einfache Verkehrsregelverletzung wird gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG als
Übertretung mit Busse bestraft. Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer durch
grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit
anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
Der qualifizierte Tatbestand der groben Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne
von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige
Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die
Verkehrssicherheit ernstlich gefährdet. Wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit
ausserorts von 80 km/h um 30 km/h oder mehr überschreitet, begeht ungeachtet
der konkreten Umstände objektiv eine schwere Verkehrsregelverletzung (BGE 124
II 259 E. 2c S. 263, mit Hinweis).
In subjektiver Hinsicht wird nach der Rechtsprechung ein rücksichtsloses oder
sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten gefordert, d.h. ein schweres
Verschulden, bei fahrlässigem Handeln mindestens grobe Fahrlässigkeit. Diese
ist zu bejahen, wenn der Täter sich der allgemeinen Gefährlichkeit seiner
verkehrswidrigen Fahrweise bewusst ist. Grobe Fahrlässigkeit kann aber auch
vorliegen, wenn der Täter die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
pflichtwidrig gar nicht in Betracht gezogen, also unbewusst fahrlässig
gehandelt hat. In solchen Fällen ist grobe Fahrlässigkeit zu bejahen, wenn das
Nichtbedenken der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf Rücksichtslosigkeit
beruht. Rücksichtslos ist unter anderem ein bedenkenloses Verhalten gegenüber
fremden Rechtsgütern (BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136, mit Hinweisen). Je schwerer
die Verkehrsregelverletzung objektiv wiegt, desto eher wird die
Rücksichtslosigkeit zu bejahen sein, soweit nicht besondere Indizien dagegen
sprechen (Urteil des Bundesgerichts 6B_703/2007 vom 6. Februar 2008, E. 6.3).

2.2 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 90 Ziff. 2 SVG. Er habe
mit seinem zügig und völlig regelkonform ausgeführten Überholmanöver genau das
Gegenteil der ihm zum Vorwurf gemachten vorsätzlich begangenen groben
Verletzung der Verkehrsregeln bezweckt und die Geschwindigkeitsüberschreitung
sei subjektiv nicht als schwerwiegend zu qualifizieren. Die Verkehrsgefährdung
sei mit einem mit geringem Geschwindigkeitsunterschied ausgeführten
Überholmanöver sehr viel grösser, weil sich das überholende Fahrzeug wesentlich
länger auf der Gegenfahrbahn befinde. Auch ein Kolonnenfahren hinter einem
langsamen Verkehrsteilnehmer führe oft zu gefährlichen Situationen, weil
weitere Fahrzeuge aufschliessen und gleichzeitig zum Überholen mehrerer
Fahrzeuge ansetzen würden. Deshalb könne ihm nicht vorgewerfen werden, er habe
die Gefährdung fremder Interessen nicht bedacht und durch das Nichtbedenken der
Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer rücksichtslos gehandelt. Aufgrund dieser
besonderen Umstände sei die Geschwindigkeitsüberschreitung subjektiv nicht als
schwerwiegend zu qualifizieren.

2.3 Die zu beurteilende Geschwindigkeitsüberschreitung erfüllt objektiv
klarerweise den qualifizierten Tatbestand der groben Verletzung von
Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG. Der Hinweis des
Beschwerdeführers, er habe die Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h nur
erreicht (und nicht überschritten), ist unbehelflich. Gemäss der Rechtsprechung
des Bundesgerichts ist ausreichend, wenn die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h
um 30 km/h überschritten wird (vgl. E. 2.1 hiervor).
In subjektiver Hinsicht ist davon auszugehen, dass wer die
Höchstgeschwindigkeit in derart massiver Weise überschreitet, in aller Regel
vorsätzlich oder mindestens grobfahrlässig handelt (BGE 121 IV 230 E. 2c S.
234; 123 II 37 E. 1f S. 41; Urteil 6S.99/2004 vom 25. August 2004 E. 2.3). Die
Darstellung des Beschwerdeführers bestätigt, dass ihm bei Einleitung des
Überholmanövers klar war, dass er die Höchstgeschwindigkeit massiv
überschreiten werde, leitet er doch aus dem Umstand, dass das zu überholende
Fahrzeug knapp unter 80 km/h fuhr, ab, er hätte dieses "zügig" überholen
müssen. Bei solcher Sachlage geltend zu machen, nicht rücksichtslos gehandelt
zu haben, grenzt an Trölerei.

3.
Demgemäss ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind
die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. August 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:

Favre Binz