Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.174/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_174/2008 /hum

Urteil vom 23. Mai 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
Gerichtsschreiber Stohner.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Willy Blättler,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Führen eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand; Vereitelung einer
Blutprobe,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer,
vom 31. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Luzern befand X.________ am 31. Oktober 2007
zweitinstanzlich des Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand und
der Vereitelung der Blutprobe schuldig und verurteilte ihn zu 200 Stunden
gemeinnütziger Arbeit.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 31. Oktober 2007 sei aufzuheben, und er sei
freizusprechen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1 Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in
ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff.
1 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen
Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in
Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG) richtet.

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Wendung
"offensichtlich unrichtig" entspricht dem Willkürbegriff im Sinne von Art. 9 BV
(Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4338). Die Rüge der offensichtlich unrichtigen
Feststellung des Sachverhalts, mithin der Verletzung des Willkürverbots, prüft
das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit, als sie in der
Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet worden ist.

2.
Den Verurteilungen des Beschwerdeführers liegt folgender Sachverhalt zugrunde
(angefochtenes Urteil S. 2):

Am Samstag, den 16. Oktober 2004 um 16.27 Uhr, meldete S.________ telefonisch
der Stadtpolizei, er halte den Beschwerdeführer auf dem Parkplatz beim
Restaurant Würzenbach bzw. beim Supermarkt Perry in Luzern fest. S.________,
der selber Stadtpolizist ist und am besagten Nachmittag zivil im Restaurant
Würzenbach weilte, schilderte, der Beschwerdeführer sei unmittelbar zuvor in
angetrunkenem Zustand mit einem Personenwagen rückwärts aus einem Parkfeld auf
die Würzenbachstrasse gefahren. Er habe sich daraufhin vor das Fahrzeug des
Beschwerdeführers gestellt, worauf dieser sein Auto wieder zurück auf den
Parkplatz gestellt habe.

Der Beschwerdeführer wurde in der Folge von der Polizei zwecks näherer
Abklärungen auf den Polizeiposten überführt. Der um 16.53 Uhr durchgeführte
Atemlufttest ergab einen Wert von 2,65 Gewichtspromillen. Auf eine Blutentnahme
wurde verzichtet, da sich der Beschwerdeführer dieser widersetzte.

3.
Der Beschwerdeführer stellt seinen Alkoholkonsum nicht in Abrede und räumt ein,
das Restaurant Würzenbach kurz vor 16.30 Uhr verlassen zu haben. Hingegen
bestreitet er, ein Fahrzeug gelenkt zu haben.

3.1 Der Beschwerdeführer macht vorab eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör geltend, da die Vorinstanz den von ihm beantragten
Augenschein auf dem Parkplatz abgelehnt habe.

Die Vorinstanz hat ausgeführt, es seien diverse Personen als Zeugen
einvernommen worden. Der massgebliche Sachverhalt sei damit hinreichend
erstellt und weitere Beweiserhebungen erübrigten sich. Insbesondere erweise
sich ein Augenschein am Ort des Geschehens als entbehrlich, da die örtlichen
Verhältnisse, soweit sie für die Beurteilung des Falls relevant seien, sich aus
den Akten ergäben und dem Gericht bekannt seien.

3.2 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör. Daraus
ergibt sich der Anspruch der Parteien, mit rechtzeitig und formgültig
angebotenen Beweisanträgen und Vorbringen gehört zu werden, soweit diese
erhebliche Tatsachen betreffen und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind
(BGE 129 II 396 E. 2.1; 120 Ib 379 E. 3b, je mit Hinweisen). Keine Verletzung
des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn ein Gericht darauf verzichtet,
beantragte Beweise abzunehmen, weil es auf Grund der bereits abgenommenen
Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener
Beweiswürdigung annehmen kann, seine Überzeugung würde durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 129 II 396 E. 2.1; 124 I 49 E. 3a, 241 E.
2, je mit Hinweisen).

3.3 Umstritten ist vorliegend einzig, ob der Beschwerdeführer am 16. Oktober
2004 kurz vor 16.30 Uhr in seinem alkoholisierten Zustand mit dem Auto vom
Parkplatz auf die Würzenbachstrasse gefahren ist. Die Argumentation der
Vorinstanz, ein Augenschein vor Ort vermöchte zur Klärung dieser Frage nichts
beizutragen, zumal der Sachverhalt aufgrund der Aussagen der Beteiligten als
erstellt angesehen werden könne, hält der bundesgerichtlichen Rechtskontrolle
stand. Die Vorinstanz konnte mithin ohne Verstoss gegen Art. 29 Abs. 2 BV in
antizipierter Beweiswürdigung auf den beantragten Augenschein verzichten, da
dieser keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn gebracht hätte.

3.4 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz des Weiteren eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung und eine willkürliche Beweiswürdigung vor.

Die Vorinstanz hat erwogen, einzig der Beschwerdeführer und der Zeuge
S.________ könnten Angaben aus eigener Wahrnehmung dazu machen, was sich an
jenem Nachmittag auf dem Parkplatz abgespielt habe. Die beiden Zeugen
T.________ und U.________, welche sich zuvor gemeinsam mit dem Beschwerdeführer
im Restaurant Würzenbach aufgehalten hätten, hätten die Vorgänge auf dem
Parkplatz nicht beobachtet (angefochtenes Urteil S. 9 f.). Der Zeuge S.________
habe während des ganzen Verfahrens konstant und glaubhaft ausgesagt, dass der
Beschwerdeführer seinen Personenwagen auf die Würzbachstrasse gelenkt und nach
seiner Intervention wieder zurück auf den Parkplatz gefahren habe. Der Umstand,
dass S.________ den Standort des Fahrzeugs des Beschwerdeführers vor dem
Fahrmanöver im Untersuchungsverfahren leicht anders angegeben habe als bei
seiner Einvernahme vor Obergericht ("auf dem Taxifeld" respektive "gerade neben
dem Taxifeld"), vermöge keine Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Belastung
aufkommen zu lassen, denn es sei durchaus plausibel, dass aufgrund der
zeitlichen Distanz zum Ereignis in Detailfragen kleine Unterschiede zwischen
früheren und späteren Aussagen resultierten (angefochtenes Urteil S. 10 f.).
Demgegenüber habe sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf die Bestreitung
der ihm vorgeworfenen Tathandlung beschränkt, ohne darzulegen, was aus seiner
Sicht auf dem Parkplatz vor dem Restaurant tatsächlich vorgefallen sei
(angefochtenes Urteil S. 11). Des Weiteren sei am Wahrheitsgehalt der Aussagen
der beiden Zeugen T.________ und U.________, welche übereinstimmend ausführten,
das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei vor und nach ihrem Restaurantbesuch auf
dem gleichen Parkfeld gestanden, zu zweifeln, da es höchst unwahrscheinlich
erscheine, dass sich die beiden Zeugen fast zwei Jahre nach dem Tatereignis
noch an unbedeutende Einzelheiten wie den genauen Standort des parkierten Autos
erinnern könnten. Ferner seien die beiden Zeugen als gute Stammtischkollegen
des Beschwerdeführers nicht unbefangen. Es bestehe mithin der begründete
Verdacht, dass es sich bei ihren Aussagen um Gefälligkeitszeugnisse handle
(angefochtenes Urteil S. 12). Auf der anderen Seite fehlten Indizien, welche
auf eine wahrheitswidrige Belastung des Beschwerdeführers durch S.________
hindeuten würden. Zwar ergebe sich aus den Aussagen der Zeugin V.________, dass
der Beschwerdeführer und S.________ keine Freunde gewesen seien. Von einer
Feindschaft könne jedoch keine Rede sein. Zudem sei es wenig glaubhaft, dass
S.________, welcher seit rund 35 Jahren als Polizist bei der Stadtpolizei
Luzern arbeite, sich ohne Not dem Risiko einer Strafverfolgung wegen falscher
Anschuldigung und falschen Zeugnisses ausgesetzt habe, denn schliesslich habe
er damit rechnen müssen, dass Passanten an einem Samstag Nachmittag den Vorfall
auf dem Parkplatz beim Restaurant bzw. beim Supermarkt beobachteten
(angefochtenes Urteil S. 14 f.).

3.5 Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einzig vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht bzw.
im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 129 I 173 E. 3.1 mit Hinweisen). Dass das angefochtene Urteil mit der
Darstellung des Beschwerdeführers nicht übereinstimmt oder eine andere Lösung
oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt
praxisgemäss für die Begründung von Willkür nicht (BGE 131 IV 100 nicht publ.
E. 4.1; 127 I 54 E. 2b mit Hinweisen).

3.6 Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz
vorbringt, ist nicht geeignet, Willkür darzutun. Er wiederholt über weite
Strecken einzig seine bereits im kantonalen Verfahren erhobenen
Tatsachenbehauptungen und stellt der vorinstanzlichen Begründung lediglich
seine eigene Sicht der Dinge gegenüber, ohne näher zu erörtern, inwiefern der
Entscheid (auch) im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein sollte. Seine
Vorbringen erschöpfen sich mithin insoweit in einer unzulässigen
appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil und genügen den
Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nicht (vgl. E. 1.2
hiervor).

Soweit auf seine Rügen überhaupt eingetreten werden kann, sind diese nicht
stichhaltig. Dies gilt insbesondere für seine pauschale Kritik an der
Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen S.________ und an der Glaubhaftigkeit von
dessen Aussagen. Die Vorinstanz hat ausdrücklich auf die im Laufe des
Verfahrens divergierenden Angaben von S.________ zum genauen Standort des
Fahrzeugs des Beschwerdeführers vor dem Fahrmanöver hingewiesen. Sie konnte
jedoch willkürfrei folgern, die Schilderungen von S.________ seien im
Kernbereich - d.h. soweit den Vorwurf des Fahrens in angetrunkenem Zustand
betreffend - konstant, glaubhaft und realitätsnah. Nicht unhaltbar ist auch der
ausführlich begründete Schluss der Vorinstanz, die Ausführungen der beiden
Zeugen T.________ und U.________ zur Position des Fahrzeugs des
Beschwerdeführers auf dem Parkplatz seien wenig glaubhaft. Weshalb schliesslich
die Argumentation der Vorinstanz, es sei kein Motiv für eine Falschaussage von
S.________ erkennbar, willkürlich sein sollte, ist nicht ersichtlich und wird
vom Beschwerdeführer auch nicht näher substantiiert.

4.
Die Beschwerde ist folglich vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Mai 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Stohner