Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.171/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_171/2008/sst

Urteil vom 17. Juni 2008
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Favre, Zünd,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Werner Marti,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus, Burgstrasse 16, 8750 Glarus,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Widerhandlung gegen das Umweltschutzgesetz,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus, vom 9.
November 2007.

Sachverhalt:

A.
Nachdem X.________ ein Strafmandat des Verhöramts des Kantons Glarus vom 28.
Juli 2005 nicht akzeptiert hatte, verurteilte ihn die Strafgerichtskommission
des Kantonsgerichts am 3. August 2006 wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen
das Umweltschutzgesetz im Sinne von dessen Art. 60 Abs. 1 lit. e und Abs. 2
i.V.m. Art. 29 sowie dem Anhang 4.5 Ziff. 33 Abs. 1 lit. b zur Stoffverordnung
zu einer Busse von 400 Franken. Sie hielt für erwiesen, dass er zwischen dem
11. und dem 22. Oktober 2004 im Gebiet "Riet" auf dem Oberstafel der
Mürtschenalp, einem Flachmoor von nationaler Bedeutung, Dünger ausgebracht
hatte.

Auf Appellation von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons
Glarus die vorinstanzliche Verurteilung im Schuldpunkt und verhängte in
Anwendung des revidierten Strafgesetzbuches eine unbedingte Geldstrafe von 8
Tagessätzen zu je 50 Franken.

Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, dieses obergerichtliche
Urteil aufzuheben.

Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht habe seinen Antrag auf Durchführung
eines Augenscheins abgelehnt und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt. Wie
er stets vorgebracht und an der Hauptverhandlung mit einem Foto belegt habe,
würden die vier Fotografien der Kantonspolizei Glarus, auf welche das
Obergericht die Überzeugung stütze, es sei auf dem Flachmoor Gülle ausgebracht
worden, die Situation nicht zutreffend wiedergeben.

1.1 Nach den aus Art. 29 BV fliessenden Verfahrensgarantien sind alle Beweise
abzunehmen, die sich auf Tatsachen beziehen, die für die Entscheidung erheblich
sind (BGE 117 Ia 262 E. 4b; 106 Ia 161 E. 2b; 101 Ia 169 E. 1, zu Art. 4 aBV,
je mit Hinweisen). Das hindert aber den Richter nicht, einen Beweisantrag
abzulehnen, wenn er in willkürfreier Überzeugung der bereits abgenommenen
Beweise zur Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei
genügend abgeklärt, und er überdies in willkürfreier antizipierter Würdigung
der zusätzlich beantragten Beweise annehmen kann, seine Überzeugung werde auch
durch diese nicht mehr geändert (BGE 122 V 157 E. 1d; 119 Ib 492 E. 5b/bb, zu
Art. 4 aBV).

Es ist somit zu prüfen, ob das Obergericht in willkürfreier Würdigung der
vorhandenen Beweismittel davon ausgehen konnte, dass Gülle aufs Flachmoor
ausgebracht wurde und ein Augenschein - notabene mehrere Jahre nach dem Vorfall
- an seiner Überzeugung nichts ändern könnte.

1.2 Aus den Fotos der Kantonspolizei ergibt sich, dass auf der Ebene unterhalb
(südlich) der Alphütten der Mürtschenalp, Oberstafel, Gülle ausgebracht wurde,
und zwar in dem Gebiet, das auf der Landeskarte 1:25'000 als "Riet" bezeichnet
und mit der entsprechenden Signatur versehen ist. Im Bundesinventar der
Flachmoore von nationaler Bedeutung ist es als Objekt 1919 (Anhang 1 der
Verordnung über den Schutz der Flachmoore von nationaler Bedeutung, SR 451.33)
enthalten und im Biotopverzeichnis des Kantons Glarus als Flachmoor von
nationaler Bedeutung ausgeschieden. Auf Vorhalt des Biotopverzeichnisses bei
der polizeilichen Befragung hat der Beschwerdeführer ausdrücklich anerkannt,
dass die gedüngte Fläche als "Riet und Moorgebiet" ausgeschieden ist. Auf den
Polizeifotos ist dies zudem auch für den Laien deutlich ersichtlich, beweist
doch schon das Vorhandensein der Entwässerungsgräben, in deren unmittelbarer
Nähe gedüngt wurde, dass es sich um feuchtes, nicht um trockenes Land handelt.
Mit einem grossformatigen Foto versucht der Beschwerdeführer nachzuweisen, dass
Kühe auf der gedüngten Fläche weiden, woraus zu schliessen sei, dass es sich
dabei nicht um eine Moorfläche handeln könne, da Kühe das darauf wachsende Gras
nur ungern frässen. Das Foto vermag diesen Entlastungsbeweis nicht zu leisten,
weil nicht ersichtlich ist, dass die darauf abgebildeten Kühe auf der damals
unzulässig gedüngten Stelle weiden. Auch wenn zu Gunsten des Beschwerdeführers
davon auszugehen ist, dass ihm die Ausscheidung des Gebiets als Flachmoor nicht
bekannt war, so konnte das Obergericht jedenfalls auf Grund der Akten ohne
Willkür davon ausgehen, dass er als gelernter Landwirt und erfahrener Älpler
hätte erkennen können und müssen, dass es sich bei der umstrittenen Fläche um
ein Feuchtgebiet handelt, auf dem das Ausbringen von Gülle verboten ist. Unter
diesen Umständen konnte es ohne Verfassungsverletzung von einem Augenschein
absehen.

2.
Unbestritten ist, dass das Ausbringen von Dünger auf Rietgebieten und Mooren
verboten ist (Art. 29 USG, SR 814.01, i.V.m. Ziff. 3.3.1 Abs. 1 lit. b Anhang
2.6 der Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung vom 18. Mai 2005, SR 814.81; im
Tatzeitpunkt war das Verbot in identischer Weise im Anhang 4.5 Ziff. 33 Abs. 1
lit. b der bis zum 1. August 2005 geltenden Stoffverordnung, AS 1986 S. 1254,
enthalten), und die fahrlässige Übertretung dieses Verbots mit Gefängnis bis zu
sechs Monaten oder Busse bestraft wird (Art. 60 Abs. 1 lit. e i.V.m. Abs. 2
USG). In objektiver Hinsicht ist der Tatbestand somit erfüllt, wenn der
Beschwerdeführer Gülle auf Moorgebiet ausgebracht hat. In subjektiver Hinsicht
ist erforderlich, dass er sich pflichtwidrig über das Verbot hinweggesetzt hat.
Nach den Ausführungen in E. 1 ist die obergerichtliche Feststellung keineswegs
unhaltbar, dass beim fraglichen Vorfall verbotenerweise Gülle auf einem Moor
ausgebracht wurde, welches für den Beschwerdeführer als solches erkennbar war.
Unbestritten ist, dass dieser die Pumpe bediente und der polnische Praktikant
die Gülle mit dem Rohr ausbrachte. Die Einschätzung des Obergerichts, dass der
Beschwerdeführer das Ausbringen der Gülle anordnete und dem Praktikanten die zu
düngenden Flächen zuwies, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es konnte seine
Behauptung, wonach der Alppächter - der Sohn des Beschwerdeführers - den
Praktikanten mit der Düngung beauftragt und er für diesen ausschliesslich die
Pumpe in Gang gehalten habe, ohne Willkür als reine Schutzbehauptung
zurückweisen, nachdem er in der polizeilichen Einvernahme noch
unmissverständlich erklärt hatte, sein Sohn habe mit dieser Sache nichts zu
tun, und er selber sei für die Alp verantwortlich gewesen. Dass der Kanton bis
anhin noch keine Beschränkungen für die Alpnutzung erliess - darüber sind seit
Jahren Verhandlungen zwischen dem Kanton und der Alpgenossenschaft im Gange -
vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Derjenige, der Gülle ausbringt,
ist dafür verantwortlich, dass er dabei die umweltrechtlichen Vorschriften
einhält. Seine Verurteilung verletzt damit Bundesrecht nicht, die Rüge ist
unbegründet.

3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesen Ausgang des Verfahrens trägt
der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Juni 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Schneider Störi