Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1026/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_1026/2008

Urteil vom 1. Mai 2009
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Mathys,
Gerichtsschreiber Näf.

Parteien
X.X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Hugo Feuz,

gegen

1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
alle drei vertreten durch Fürsprecher Urs Hofer, Museumstrasse 10, 3006 Bern,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
Beschwerdegegner,
Generalprokurator des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Aufhebung der Strafverfolgung wegen Verjährung (fahrlässige Tötung,
Nichtanbringen von Sicherheitsvorrichtungen),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern,
Anklagekammer, vom 28. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Y.X.________ fuhr am 17. Juli 2004 mit seinem Traktor und einer Press-/
Wickelkombination auf ein zu seinem Landwirtschaftsbetrieb gehörendes Feld, um
dort Gerstenstroh zu Ballen zu pressen. Dabei trat eine technische Störung auf,
indem ein Strohballen nach dem Verlassen der Ballenpresse nicht durch den
Auswurfbügel weiterbefördert wurde, sondern inmitten der Konstruktion stecken
blieb. Das Wickelband konnte infolge der Störung - die Sensorplatte meldete
keinen Ballen - nicht weiterarbeiten. Y.X.________ stieg deshalb auf den Tisch
des Ballenwicklers und versuchte, den Ballen durch Zerren und Rütteln aus der
Blockierung zu lösen, wozu er sich unter den hydraulisch geöffneten, mehrere
hundert Kilogramm schweren Kammerdeckel der Ballenpresse bücken musste. Dieser
senkte sich in der Folge ab und klemmte Y.X.________ zwischen Deckel und
Strohballen ein, wodurch er einen zum Tod führenden Genickbruch erlitt.

B.
B.a Am 26. Oktober/18. November 2004 beschlossen das Untersuchungsrichteramt
Berner Jura-Seeland und die Staatsanwaltschaft I Berner Jura-Seeland, die
Strafverfolgung gegen verschiedene angezeigte Personen wegen fahrlässiger
Tötung und Nichtanbringung von Sicherheitsvorrichtungen nicht zu eröffnen. Zur
Begründung wurde ausgeführt, dass der Verunfallte verschiedene
Sicherheitsvorschriften nicht beachtet bzw. nicht eingehalten und dadurch den
tödlichen Arbeitsunfall selber herbeigeführt habe.
B.b Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern hiess am 27. Mai 2005
den von der Witwe des Verunfallten, X.X.________, gegen den
Nichteröffnungsbeschluss erhobenen Rekurs gut und wies die
Untersuchungsbehörden an, die Strafverfolgung wegen fahrlässiger Tötung zum
Nachteil von Y.X.________ zu eröffnen. Zur Begründung wurde unter anderem
festgehalten, dass es klare Indizien gebe, welche für das Vorhandensein von
Produktemängeln sprächen. Am 14./21. Februar 2006 erteilte der
Untersuchungsrichter der EMPA Materials Science & Technology den Auftrag zur
Erstellung eines Gutachtens über die Steuerung der Unfallmaschine. Das
Gutachten datiert vom 18. Mai 2006. Ein Ablehnungsgesuch und eine Beschwerde
gegen den Untersuchungsrichter wies die Anklagekammer des Obergerichts des
Kantons Bern am 17. November 2006 ab. Ergänzungs- und Zusatzfragen zum
Gutachten vom 18. Mai 2006 wurden vom Experten am 13. Juni 2007 und am 17.
September 2007 ausführlich beantwortet.
B.c Mit Verfügung vom 20. Mai 2008 beantragte das Untersuchungsrichteramt
Berner Jura-Seeland die Aufhebung der Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten
wegen Verjährung. Diesem Antrag stimmte die Staatsanwaltschaft Berner
Jura-Seeland am 22. Mai 2008 zu.
B.d Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern wies am 28. Oktober
2008 den von X.X.________ gegen den Aufhebungsbeschluss erhobenen Rekurs ab,
soweit sie darauf eintrat.

C.
X.X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, der
Rekursentscheid des Obergerichts des Kantons Bern vom 28. November 2008 sei
aufzuheben und die Sache an den zuständigen Untersuchungsrichter zur
Überweisung an das urteilende Gericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in Strafsachen steht unter anderem dem Opfer zu, wenn es vor der
Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) und wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Opfer ist, wer durch eine
Straftat in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität
unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 2 Abs. 1 OHG). Dem Opfer ist in
Bezug auf die Geltendmachung von Verfahrensrechten unter anderem dessen
Ehepartner gleichgestellt (Art. 2 Abs. 2 OHG).
Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des Unfallopfers. Sie ist in dieser
Eigenschaft zur Beschwerde in Strafsachen gegen den angefochtenen Entscheid
jedenfalls insoweit legitimiert, als darin ihr Rekurs gegen die Aufhebung der
Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Tötung (Art. 117 StGB) zum Nachteil ihres
Ehemannes zufolge Eintritts der Verjährung abgewiesen worden ist. Ob sie auch
legitimiert ist, die Aufhebung der Strafuntersuchung wegen Nichtanbringung von
Sicherheitsvorrichtungen (Art. 230 StGB) zufolge Eintritts der Verjährung
anzufechten, kann hier dahingestellt bleiben, da ihre Beschwerde aus
nachfolgenden Gründen ohnehin abzuweisen ist.

2.
2.1 Gegenstand des angefochtenen Entscheids und des vorliegenden Verfahrens ist
einzig die Frage, ob allfällige strafbare Handlungen der Verantwortlichen des
Herstellers bzw. Lieferanten der landwirtschaftlichen Maschine, mit welcher der
Ehemann der Beschwerdeführerin den tödlichen Unfall erlitt, verjährt sind.
Dabei ist nach der zutreffenden und im Übrigen unbestrittenen Auffassung der
Vorinstanz das am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene revidierte
Verjährungsrecht (AS 2002 2993 und 3146), welches in den neuen Allgemeinen Teil
des Strafgesetzbuches (Art. 97 f. StGB) übernommen worden ist, anwendbar, da es
für die Beschuldigten im konkreten Fall milder als das frühere Verjährungsrecht
ist.

2.2 Gemäss Art. 98 StGB beginnt die Verjährung a) mit dem Tag, an dem der Täter
die strafbare Tätigkeit ausführt; b) wenn der Täter die strafbare Tätigkeit zu
verschiedenen Zeiten ausführt, mit dem Tag, an dem er die letzte Tätigkeit
ausführt; c) wenn das strafbare Verhalten dauert, mit dem Tag, an dem dieses
Verhalten aufhört.
2.2.1 Massgebend ist somit der Zeitpunkt des tatbestandsmässigen Verhaltens,
nicht der Zeitpunkt des Eintritts des allenfalls zur Vollendung des Delikts
erforderlichen Erfolgs. Dies bedeutet, dass fahrlässige Erfolgsdelikte
verjähren können, bevor der tatbestandsmässige Erfolg eingetreten und somit der
Tatbestand erfüllt ist (BGE 102 IV 79 E. 6; 122 IV 61 E. 2a/aa). Diese
Rechtsprechung hat das Bundesgericht jüngst mit eingehender Begründung
bestätigt (BGE 134 IV 297 E. 4.3). Sie wird von der Beschwerdeführerin nicht in
Frage gestellt.
Die Verjährungsfrist beginnt bei Begehungsdelikten an dem Tag, an welchem der
Beschuldigte gehandelt hat. Bei Unterlassungsdelikten beginnt sie an dem Tag,
an welchem oder bis zu welchem er hätte handeln sollen, und kann sie nicht
beginnen, so lange die strafbare Unterlassung andauert, der Beschuldigte also
seiner strafrechtlich relevanten Handlungspflicht nicht nachkommt (siehe BGE
134 IV 297 E. 4.4 mit Hinweisen; STEFAN TRECHSEL, in: Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 3 zu Art. 98 StGB).

2.2.2 Die Straftat der fahrlässigen Tötung (Art. 117 StGB) ist in Anbetracht
der Tatbestandsumschreibung ("Wer ... den Tod eines Menschen verursacht...")
ein Begehungsdelikt. Dieses kann auch durch Unterlassen begangen werden ("per
omissionem commissum", sog. unechtes Unterlassungsdelikt). Ein unechtes
Unterlassungsdelikt ist gegeben, wenn im Gesetz wenigstens die Herbeiführung
des Erfolgs durch Tun ausdrücklich mit Strafe bedroht wird, der Beschuldigte
durch sein Tun den Erfolg tatsächlich hätte abwenden können und infolge seiner
Rechtsstellung dazu auch so sehr verpflichtet war, dass die Unterlassung der
Erfolgsherbeiführung durch aktives Tun gleichwertig erscheint. Erforderlich ist
mithin eine qualifizierte Rechtspflicht zum Handeln (Garantenpflicht), eine
besondere Rechtsstellung (Garantenstellung). Rechtsprechung und Lehre
unterscheiden im Wesentlichen zwischen Garantenpflichten, die auf den Schutz
eines bestimmten Rechtsgutes gegen alle ihm drohenden Gefahren gerichtet sind
(Obhuts- und Beschützerpflichten), und Garantenpflichten, die auf die Abwendung
aller von einer bestimmten Gefahrenquelle ausgehenden Bedrohungen gerichtet
sind (Überwachungs- oder Sicherungspflichten). Eine Garantenpflicht kann sich
unter anderem aus Gesetz, Vertrag und aus Ingerenz (Schaffen einer Gefahr)
ergeben (zum Ganzen BGE 108 IV 3 E. 1b; 113 IV 68 E. 5a; 117 IV 130 E. 2a; 120
IV 98 E. 2c; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil,
Die Straftat, 3. Aufl. 2005, § 14 N. 8 ff.). Das "Begehen durch Unterlassen"
ist nunmehr in Art. 11 StGB ausdrücklich geregelt.
2.2.3 Die landwirtschaftliche Maschine, mit welcher der Ehemann der
Beschwerdeführerin am 17. Juli 2004 den tödlichen Unfall erlitt, wurde Ende
1999 hergestellt und am 16. Februar 2001 dem Ehemann der Beschwerdeführerin
verkauft, welcher am 3. April 2001 bei der Verkäuferin einen Einführungskurs
zur Bedienung/Handhabung der Maschine absolvierte. Nach der Auffassung der
Vorinstanz begann die Verjährungsfrist von sieben Jahren spätestens am 3. April
2001 zu laufen, so dass die Verjährung spätestens am 3. April 2008 eingetreten
ist, es sei denn, dass den Beschuldigten über das Datum der Ablieferung der
landwirschaftlichen Maschine hinaus eine strafrechtlich relevante
Garantenpflicht zugekommen sei oder man von einem Dauerdelikt auszugehen habe,
was indessen nicht zutreffe.
2.3
2.3.1 Die Vorinstanz geht gestützt auf die Akten und namentlich das Gutachten
von H.________ von der EMPA Materials Science & Technology davon aus, dass die
Unfallmaschine bei ihrem Verkauf Steuerungsmängel und andere Mängel aufwies,
welche - zusammen mit dem Verhalten des Opfers - zum tödlichen Unfall führten.
Diese Mängel und die daraus resultierenden Gefahren seien prinzipiell für die
Verkäuferin erkennbar gewesen. Somit stelle sich die Frage, ob die
Angeschuldigten oder einzelne unter ihnen aufgrund kaufrechtlicher oder anderer
Gewährleistungspflichten auch nach dem Verkauf der Maschine im Februar 2001
gehalten gewesen seien, das Opfer auf allfällige Mängel, die ihnen bekannt
waren oder bekannt sein konnten, hinzuweisen oder allenfalls die Maschine
zurückzurufen. Die Vorinstanz verneint unter Hinweis auf das nicht amtlich
publizierte Bundesgerichtsurteil 6S.449/2004 vom 21. September 2005
("Garagenkipptor") eine strafrechtliche Garantenpflicht. Eine solche sei nur
gegeben, wenn der Schutz des betreffenden Rechtsgutes bzw. die Abwehr von
Gefahren den eigentlichen Gegenstand des Vertrages bilden und eine
"Hauptpflicht" darstellen. Blosse "Nebenpflichten", gerichtet auf Anzeige,
Aufklärung, Rücksichtnahme usw., die sich teilweise aus dem Gesetz, vielfach
allein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergäben, genügten nicht, ausser
allenfalls bei einer besonders engen, lang dauernden oder auf gesteigertem
Vertrauen beruhenden Verbindung der Vertragspartner. Daher seien die
Beschuldigten nicht im Sinne einer strafrechtlich relevanten Garantenpflicht
gehalten gewesen, über das Verkaufsdatum hinaus Mängel zu melden oder zu
beheben. Allfällige Unterlassungen der Beschuldigten zwischen dem Verkauf der
Maschine im Februar 2001 und dem Unfalltod des Opfers am 17. Juli 2004 hätten
deshalb keine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschuldigten begründet.
2.3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe lediglich eine
Garantenstellung aus Gesetz und aus Vertrag geprüft und verneint. Die
Möglichkeit einer Garantenstellung aus Ingerenz habe sie nicht überprüft,
obschon sie in ihrem Entscheid (S. 21) die Schaffung einer Gefahr festgestellt
habe. Wenn sich aber alle oder einzelne Angeschuldigte die Schaffung einer
Gefahr vorhalten lassen müssen, könne nicht ohne weiteres ausgeschlossen
werden, dass eine Garantenstellung aus Ingerenz vorliege. Die Vorinstanz habe
eine formelle Rechtsverweigerung begangen und damit Art. 29 Abs. 1 BV verletzt,
indem sie den Sachverhalt nicht auch unter diesem Aspekt überprüft habe. Der
vorliegende Sachverhalt unterscheide sich wesentlich vom Fall, der im
Bundesgerichtsurteil 6S.499/2004 vom 21. September 2005 ("Garagenkipptor")
beurteilt worden sei. In jenem Fall sei das Garagentor in Übereinstimmung mit
den damals geltenden Sicherheitsrichtlinien eingebaut worden. Demgegenüber
hätten die Angeschuldigten im vorliegenden Fall Maschinen mit
Konformitätserklärungen in Umlauf gebracht, ohne die Maschinen überhaupt
getestet zu haben. Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf
den Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für die Unfallversicherung
vom 22. September 2006, den sie der Beschwerde beilegt. Die
Konformitätserklärungen seien unrichtig gewesen. Die Angeschuldigten hätten
also das Opfer und die Käuferschaft wissentlich und willentlich arglistig mit
falschen Konformitätserklärungen über die geschaffene Gefahr getäuscht, im
Wissen darum, dass die Käuferschaft niemals über Fr. 70'000.-- für eine
lebensgefährliche Maschine ausgeben würde. Daher sei eine Garantenpflicht aus
Ingerenz zu bejahen bzw. jedenfalls nicht ohne weiteres auszuschliessen,
weshalb die Sache dem zuständigen Strafgericht zu überweisen sei. Die letzte
bekannte Aufforderung an die Angeschuldigten, ihre lebensgefährliche Maschine
zu verbessern, sei mit dem Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für
die Unfallversicherung vom 22. September 2006 ergangen. Dieser Entscheid dürfte
allenfalls den Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst haben, da den
Angeschuldigten eine Garantenstellung aus Art. 11 StGB zukomme.
2.3.3 Die Vorinstanz hat sich tatsächlich nicht explizit mit der Frage befasst,
ob im vorliegenden Fall eine Garantenstellung der Angeschuldigten aus
vorangegangenem gefährlichen Tun, d.h. aus Ingerenz, gegeben sein könnte. Die
Vorinstanz hat jedoch in ihren Erwägungen zur Garantenpflicht einleitend vorweg
auf die ihres Erachtens zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Entscheid
verwiesen. Das Untersuchungsrichteramt I Berner Jura-Seeland hat in seiner
Verfügung vom 20. Mai 2008, worin es unter anderem der Staatsanwaltschaft I
Berner Jura-Seeland die Aufhebung der Strafverfolgung gegen die Angeschuldigten
beantragt hat, unter Hinweis auf Erwägungen im nicht amtlich publizierten
Bundesgerichtsurteil 6S.499/2004 vom 21. September 2005 im vorliegenden Fall
auch eine Garantenstellung aus Ingerenz verneint (siehe Verfügung S. 7 Mitte).
Das Bundesgericht hat im zitierten Entscheid (E. 4.2.2) unter anderem erwogen,
der Umstand, dass das von der X. AG eingebaute Garagentor wegen allfälliger
Mängel allenfalls eine Gefahr darstellte, bedeute nicht, dass die X. AG nach
dem Einbau des Garagentors als dessen Herstellerin und Lieferantin andauernd
verpflichtet gewesen sei, das Garagentor zu überwachen. Die X. AG sei weder
Eigentümerin/Besitzerin noch Betreiberin des Garagentors gewesen.
2.3.4 Im vorliegenden Fall war die landwirtschaftliche Maschine allenfalls mit
Mängeln behaftet, welche unter gewissen Umständen eine Gefahr darstellten, die
sich in einem Verletzungserfolg verwirklichen konnte. Diese allfällige Gefahr
und der daraus resultierende Verletzungserfolg wurden durch die Herstellung und
Lieferung der allenfalls mit Mängeln behafteten Maschine herbeigeführt.
Herstellung und Lieferung sind keine Unterlassungen, sondern Handlungen (siehe
auch BGE 121 IV 10 E. 2b betreffend die Lieferung einer Hebebühne zu einem
Zweck, für welchen sie ungeeignet und gefährlich war). Es verhält sich insoweit
nicht anders als bei der Ablieferung eines Bauwerks, das etwa aufgrund von
Verletzungen der Regeln der Baukunde mit Mängeln behaftet ist, welche unter
gewissen Umständen zu einem Verletzungserfolg führen. Zwar mag der Hersteller
bzw. der Lieferant nach der Lieferung der Maschine andauernd zivilrechtlich
verpflichtet sein, die Mängel zu beseitigen und den Abnehmer auf allenfalls
gefährliche Mängel hinzuweisen. Diese Verpflichtung ist aber keine
qualifizierte Rechtspflicht im Sinne einer strafrechtlichen Garantenpflicht,
deren Missachtung eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für den eingetretenen
Verletzungserfolg durch Unterlassen begründet. Das strafrechtlich relevante
Verhalten besteht vorliegend in der Herstellung und Lieferung einer allenfalls
mangelhaften und daher unter Umständen lebensgefährlichen Maschine, mithin in
einem Tun. Es besteht nicht in der Unterlassung, nach Ablieferung der Maschine
allfällige Mängel zu beseitigen bzw. auf allenfalls aus den Mängeln
resultierende Gefahren hinzuweisen. Der Umstand, dass nach der Lieferung der
Maschine allenfalls eine Gefahr für deren Benützer besteht, begründet keine
strafrechtliche Garantenpflicht des Herstellers bzw. Lieferanten aus Ingerenz.
Wenn vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten eine Garantenpflicht zur
Abwendung der dadurch geschaffenen Risiken begründen würden, so könnte die
Verjährung immer erst beginnen, wenn diese Pflicht nicht mehr besteht, d.h.
wenn das Risiko in den Erfolg umgeschlagen oder auf andere Weise beseitigt
worden ist. Dies steht aber im Widerspruch zu Art. 98 lit. a StGB, wonach die
Verjährung mit dem Tag beginnt, an dem der Täter die strafbare Tätigkeit
ausführt, und kann daher nicht richtig sein (siehe GÜNTER STRATENWERTH, Die
Verjährung beim Unterlassungsdelikt, in: Festschrift für Franz Riklin, 2007, S.
245 ff., 250 f., vgl. auch FRANZ RIKLIN, Zum Straftatbestand des Art. 229 StGB
[Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde], Baurecht 1985, S. 44
ff.; siehe ferner HANS WALDER, Probleme bei Fahrlässigkeitsdelikten, ZBJV 104/
1968, S. 161 ff., 188). Weil somit allfällige Unterlassungen der Beschuldigten
nach der Ablieferung der Maschine strafrechtlich nicht relevant sind, haben sie
auch für den Beginn der strafrechtlichen Verjährungsfrist keine Bedeutung.

Allerdings hat das Bundesgericht in BGE 122 IV 61 erkannt, dass die Verjährung
erst am Unfalltag beginnt, wenn der für die Sicherheit einer Anlage (im
beurteilten Fall: einer Seilbahn) Verantwortliche den Betrieb trotz Kenntnis
eines Problems, welches die Benützer in Gefahr bringen kann, aufrecht erhält
und dies zu einem Unfall führt. Daraus lässt sich indessen für den vorliegenden
Fall nichts ableiten. Vorliegend besteht das tatbestandsmässige Verhalten in
der Herstellung und Ablieferung einer allenfalls mangelhaften Arbeitsmaschine;
in dem in BGE 122 IV 61 beurteilten Fall lag das tatbestandsmässige Verhalten
in der Aufrechterhaltung des Betriebs der Anlage.

2.4 Die Vorinstanz hat im Weiteren zutreffend erwogen, dass in einer
Konstellation der hier zu beurteilenden Art die Annahme eines Dauerdelikts
ausser Betracht fällt. Der Tatbestand der fahrlässigen Tötung (Art. 117 StGB)
ist kein Dauerdelikt, auch nicht, wenn sich im Eintritt des Todes eine Gefahr
verwirklicht, die durch die Ablieferung einer mangelhaften Maschine geschaffen
wurde und in der Folge mangels Behebung des Fehlers bzw. mangels warnender
Hinweise auf mögliche Gefahren fortbestand. Die Beschwerdeführerin macht denn
auch im Verfahren vor dem Bundesgericht nicht mehr geltend, die Verjährung habe
erst mit dem Eintritt des Todes begonnen, weil ein Dauerdelikt vorliege. Im
Übrigen ist auch die angezeigte Straftat der Gefährdung durch Nichtanbringung
von Sicherheitsvorrichtungen (Art. 230 StGB) jedenfalls in einer Konstellation
der vorliegenden Art nicht als Dauerdelikt zu qualifizieren, da die von der
Maschine allenfalls ausgehende Gefährdung nach deren Lieferung ohne weiteres
Zutun der Beschuldigten fortbestand.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt ferner eine Verletzung von Art. 29a und Art. 30
Abs. 1 BV sowie Art. 99 KV/BE. Die Strafgerichtsbarkeit werde im Kanton Bern
gemäss Art. 99 KV/BE erstinstanzlich durch die Gerichtspräsidenten und die
Kreisgerichte ausgeübt. Der angefochtene Entscheid der Anklagekammer des
Obergerichts verletze somit kantonales Verfassungsrecht, soweit er materielles
Strafrecht, etwa die Frage der Garantenstellung, betreffe, und die
Anklagekammer sei daher kein zuständiges Gericht im Sinne von Art. 30 Abs. 1
BV. Zudem sei insoweit die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) verletzt, da die
Anklagekammer lediglich Rekursinstanz und kein Strafgericht sei.
Die Rügen sind offensichtlich unbegründet. Erachtet die Untersuchungsbehörde,
dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung nicht vorliegen,
beantragt sie der Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Strafverfolgung (Art.
250 Abs. 2 StrV/BE). Stimmt die Staatsanwaltschaft zu, ist der Antrag zum
Beschluss erhoben (Art. 251 Abs. 1 StrV/BE). Die gesetzlichen Voraussetzungen
der Strafverfolgung können auch aus Gründen des materiellen Strafrechts nicht
erfüllt sein, etwa weil, wie im vorliegenden Fall, die Strafverfolgung aufgrund
der Art des in Betracht fallenden Delikts verjährt ist. Auch in einem solchen
Fall kann die Strafverfolgung gemäss den zitierten Bestimmungen durch Beschluss
des Untersuchungsrichteramts und der Staatsanwaltschaft aufgehoben werden,
wogegen der Rekurs an die Anklagekammer des Obergerichts zulässig ist. Dieses
Prozedere verstösst nicht gegen Art. 99 KV/BE, der die Gerichte bezeichnet,
welche die Strafgerichtsbarkeit ausüben. Aus dieser Bestimmung ergibt sich
nicht, dass allein die Gerichte, nicht auch die Untersuchungsbehörde und die
Staatsanwaltschaft in einem Aufhebungsbeschluss, über Fragen des materiellen
Strafrechts entscheiden können. Der Beschluss des Untersuchungsrichteramts und
der Staatsanwaltschaft, die Strafverfolgung wegen Verjährung aufzuheben,
verstösst auch nicht gegen Art. 30 Abs. 1 BV, wonach jede Person, deren Sache
in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch
Gesetz geschaffenes zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht hat.
Mit der Möglichkeit, den Aufhebungsbeschluss durch Rekurs bei der Anklagekammer
des Obergerichts anzufechten, ist die Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV
gewahrt, wonach jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung
durch eine richterliche Behörde hat.

4.
Da die Beschwerde somit abzuweisen ist, hat die Beschwerdeführerin die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den
Beschwerdegegnern ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihnen im
bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Anklagekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Mai 2009

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Näf