Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.48/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4D_48/2008 /len

Urteil vom 2. Juni 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Sommerhalder,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitsvertrag,

Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom
14. März 2008.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Beschwerdegegnerin) arbeitete seit November 2005 in von A.________
(Beschwerdeführerin) geführten Restaurants. Am 8. Dezember 2006 kam es zwischen
den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten. In der Folge arbeitete die
Beschwerdegegnerin für den Rest des Monats nicht mehr. Mit Schreiben vom 12.
Dezember 2006 verwarnte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin und
kündigte den Arbeitsvertrag am 27. Dezember 2006 ordentlich auf den 31. Januar
2007. Nachdem die Beschwerdegegnerin vom 3. bis 5. Januar 2007 wieder
gearbeitet hatte, kündigte ihr die Beschwerdeführerin fristlos. Trotz der
Verwarnung habe die Beschwerdegegnerin ihr Verhalten nicht geändert. Sie habe
einem Gast gegenüber behauptet, es gebe keine Salamibrote mehr, obwohl noch
Salami und Brot vorhanden gewesen sei. Zudem habe sie mit zwei Gästen Streit
angefangen und schliesslich kämen generell weniger Gäste, wenn die
Beschwerdegegnerin im Restaurant im Service sei. Vom 11. bis 13. Januar befand
sich diese wegen eines operativen Eingriffs in Spitalpflege. Ein Arztzeugnis
attestierte ihr bis zum 21. Januar 2007 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit.

B.
Mit Eingabe vom 17. Februar 2007 an das Kantonsgerichtspräsidium Glarus
verlangte die Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin den Lohn für die
Monate Januar und Februar 2007, insgesamt Fr. 6'300.40, zuzüglich den
anteilsmässigen Ferienlohn und die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Der
Kantonsgerichtspräsident verpflichtete die Beschwerdegegnerin zur
Lohnnachzahlung von Fr. 6'300.40 brutto sowie der Ausstellung eines
Arbeitszeugnisses. Im Übrigen wies er die Klage ab.

C.
Mit Bezug auf die Lohnnachzahlung focht die Beschwerdeführerin den Entscheid
des Gerichtspräsidenten mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde an und ersuchte
um aufschiebende Wirkung. Diese gewährte der Präsident des Obergerichts des
Kantons Glarus unter der Bedingung, dass die Beschwerdeführerin als Sicherheit
Fr. 5'500.-- bei der Gerichtskasse hinterlege, was ungefähr dem streitigen
Nettolohn entspreche. Über die Verwendung dieses Betrages sollte mit dem
Beschwerdeentscheid befunden werden.

D.
Mit Urteil vom 14. März 2008 wies das Obergericht die Nichtigkeitsbeschwerde
ab, soweit es darauf eintrat. Bezüglich der hinterlegten Summe entschied das
Obergericht, diese sei der Beschwerdegegnerin weiterzuleiten, sobald Gewissheit
über den definitiven Bestand des obergerichtlichen Entscheides bestehe. Die
Beschwerdegegnerin habe sich den Betrag auf ihre Forderung gemäss dem Urteil
des Kantonsgerichtspräsidenten anrechnen zu lassen.

E.
Die Beschwerdeführerin erhebt Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt im
Wesentlichen, ihr den hinterlegten Betrag herauszugeben und die Angelegenheit
mit Bezug auf die Abweisung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde zu neuer
Entscheidung zurückzuweisen. Eventuell sei die Angelegenheit bezüglich der
Hinterlegung zu neuer Entscheidung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Ihrem Gesuch um aufschiebende Wirkung entsprach das Bundesgericht am 7. Mai
2008. Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Stellungnahme und schliesst
auf Bestätigung des angefochtenen Entscheides unter Verweis auf die Begründung
des Obergerichts. Dieses widerspricht in seiner Stellungnahme den Vorbringen
der Beschwerdeführerin, ohne formell einen Antrag zu stellen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass der für die Beschwerde in Zivilsachen
notwendige Streitwert nicht erreicht wird (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Sie
lässt offen, ob sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt
(Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) unter Hinweis auf die Literaturmeinung, wonach das
Bundesgericht darüber von Amtes wegen entscheiden könne (Rudin, Basler
Kommentar, N. 54 und 56 zu Art. 74 BGG). Materiell ist sie der Auffassung, die
Herausgabe des hinterlegten Betrages verletze die derogatorische Kraft des
Bundesrechtes, weil die Zwangsvollstreckung von Geldforderungen und
Sicherheitsleistungen vom Bundesrecht (SchKG) geregelt würden, und sei überdies
willkürlich. Bezüglich der Kündigung ist die Beschwerdeführerin der Meinung,
die Vorinstanz habe die gegenüber der Beschwerdegegnerin ausgesprochene
Verwarnung nicht berücksichtigt. Sie erwähnt in diesem Zusammenhang die
Wirtschaftsfreiheit, und sie rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör, des Willkürverbots und der Untersuchungsmaxime (Art. 343
Abs. 4 OR).

1.1 Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so ist in der Rechtsschrift
auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). Diesen
Anforderungen für die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen genügt die
Beschwerdebegründung nicht. Ob die Auffassung, das Bundesgericht könne das
Vorliegen dieser Voraussetzung von Amtes wegen feststellen, zutrifft, braucht
nicht näher behandelt zu werden, da sich offensichtlich keine Fragen von
grundsätzlicher Bedeutung stellen, so dass die Eingabe als subsidiäre
Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen ist.

1.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Soweit die
Beschwerdeführerin eine blosse Verletzung von Bundesrecht (namentlich der
sozialen Untersuchungsmaxime nach Art. 343 Abs. 4 OR) rügt, ist auf die
Beschwerde nicht einzutreten.

1.3 Der Beschwerdeführer muss angeben, welches verfassungsmässige Recht
verletzt wurde, und substantiiert darlegen, worin die Verletzung besteht (BGE
133 III 439 E. 3.2 S. 444 mit Hinweis). Das Bundesgericht kann die Verletzung
eines Grundrechtes nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde
präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn
die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts
zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was der Beschwerdeführer
präzise geltend zu machen hat (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III
439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).

2.
Den dargelegten Begründungsanforderungen genügt die Beschwerde über weite
Strecken nicht.

2.1 Die Vorinstanz erachtete die fristlose Kündigung unter Berücksichtigung der
vorgängigen Verwarnung und ordentlichen Kündigung als unzulässig. Die
Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, nach erfolgter Verwarnung dürfe auch bei
weniger schwerwiegenden Verfehlungen die fristlose Kündigung ausgesprochen
werden. Zudem habe die Vorinstanz nicht alle von der Beschwerdeführerin
vorgebrachten Begebenheiten zur Begründung der fristlosen Kündigung
berücksichtigt, diesbezüglich den Sachverhalt unvollständig festgestellt und
den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die Beschwerdeführerin legt in der
Beschwerdeschrift selbst aber nicht dar, welche Vorbringen nicht berücksichtigt
wurden, sondern verweist auf ihre Eingabe im kantonalen Verfahren. Damit genügt
sie ihrer Begründungspflicht nicht. Eine Ergänzung des Sachverhalts
beziehungsweise eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kommt nur mit Bezug auf
prozessrelevante Tatsachen in Betracht. Fehlen detaillierte Angaben zur
Prozessrelevanz, sind die Rügen von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Dasselbe gilt für einen allfälligen Willkürvorwurf, soweit nicht ausgeführt
wird, inwiefern der angefochtene Entscheid gestützt auf die darin enthaltenen
oder allenfalls in Verletzung verfassungsmässiger Rechte unberücksichtigt
gebliebenen Tatsachen offensichtlich unhaltbar ist. Dass allenfalls auch von
der Auffassung der Vorinstanz abweichende Lösungen denkbar oder gar vorzuziehen
wären, genügt nicht (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211 mit Hinweisen). Die
Beschwerdeführerin behauptet zwar, nach einer Verwarnung vermöchten auch minder
schwerwiegende Verfehlungen eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Sie
zeigt aber nicht im Einzelnen auf, welche prozesskonform vorgebrachten
Tatsachen die Annahme, die fristlose Kündigung sei unzulässig, als willkürlich
erscheinen liessen. Eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist nicht
dargetan.
2.2
Auch eine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts ist nicht
gegeben, denn das Bundesrecht regelt nur die Zwangsvollstreckung (Art. 38
SchKG). Es stand aber im Belieben der Beschwerdeführerin, die Sicherheit zur
Erlangung der aufschiebenden Wirkung zu leisten. Da die Zahlung freiwillig
erfolgte, kann aus der Regelung der Zwangsvollstreckung nichts abgeleitet
werden und liegt kein unzulässiger verkappter Arrest vor (vgl. demgegenüber BGE
86 II 291 E. 2 S. 295). Der Möglichkeit, dass die Summe bei einem ungünstigen
Ausgang des Verfahrens zu Gunsten der Beschwerdegegnerin verwendet würde,
musste sich die Beschwerdeführerin entgegen ihren Vorbringen bewusst sein,
zumal die Höhe nach Massgabe des zu zahlenden Nettobetrages festgesetzt wurde.
Damit war die Beschwerdeführerin einverstanden und hat den verlangten Betrag
hinterlegt. Mit der Zwangsvollstreckung oder der Arrestnahme hat dies nichts zu
tun.

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Beschwerdeführerin mit Blick auf die arbeitsrechtliche
Natur der Streitigkeit und den Streitwert reduziert kostenpflichtig (Art. 66
Abs. 1 und 65 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdegegnerin ist anwaltlich nicht
vertreten und beschränkt sich darauf, auf den angefochtenen Entscheid zu
verweisen. Unter diesen Umständen hat sie keinen Anspruch auf
Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. Juni 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak